ALICE COOPER – detroit stories
Vincent Damon Furnier, wie Alice Cooper mit gebürtigem Namen heißt, begleitet mich schon mein ganzes Leben. Das kann ich ehrlich und offen so sagen. Denn just als sich mein musikalischer Horizont im zarten Alter von neun Jahren von Dieter Thomas Heck’s Hitparade zu den internationalen Charts hin öffnete, hatte der Mann seinen (ersten) weltweiten Erfolg mit so unsterblichen Chartbreakern wie „School’s Out“, „Hello Hooray“, „Elected“ oder „No More, Mr. Nice Guy“. Später wurde es etwas ruhiger um den Urvater des Schockrocks, aber pünktlich Mitte der Achtziger traf er mit Alben wie „Raise Your Fist And Yell“, „Trash“ und „Hey Stoopid“ nicht nur meinen mittlerweile stark durch Punkrock und Heavy Metal beeinflussten Musikgeschmack wieder wie die Faust auf’s Auge. „Trash“ verkaufte sich millionenfach und wer seinen Welthit „Poison“ nicht kennt, der hat sich wohl versehentlich auf die „X-Crash“-Seite verlaufen.
Was Alice Cooper immer ausmachte und seinen Ruf als „Schockrocker“ zementierte, war seine unvergleichliche Bühnenshow, mit der er Legionen von Rock- und Heavy Metal-Bands beeinflusste. Ozzy Osbourne, King Diamond und Marilyn Manson seien da nur ansatzweise beispielhaft erwähnt. Und ich schwöre: diese Bühnenshow hat es in sich und sie steht Siegfried & Roy, was die Tricktechnik angeht, in nichts nach. Ich habe Alice Cooper ein paarmal live gesehen, habe mich in die erste Reihe vorgekämpft, um zu sehen, wie die das mit der Guillotine machen. Ich hab’s nicht herausgefunden! Die schnappen sich Alice und köpfen ihn! Würde er nicht anschließend jedes Mal im schneeweißen Outfit seine Auferstehung feiern, ich wäre davon überzeugt…
Aber kommen wir zum vorliegenden, aktuellen Album. Wer hier ausschließlich Heavy Metal und Hard Rock im Stil der genannten drei Alben erwartet, könnte an manchen Stellen enttäuscht werden. „Detroit Stories“ ist vielmehr… ja, was eigentlich genau? Eine Reise durch die Jahrzehnte mit Onkel Vincent, würde ich sagen. Eine Rückkehr zu seinen Ursprüngen in die Motorcity USA, in der für ihn vor über 50 Jahren alles begann und wieder zurück in die Gegenwart. Mit all seinen musikalischen Einflüssen bis hin zu Funk und Soul („1000 $ High Heel Shoes“ mit einer gewissen Mädelstruppe namens Sister Sledge), Blues („Drunk And In Love“ mit Joe Bonamassa), Rock ‚n‘ Roll („Shut Up And Rock“), Classic- bis Hard Rock („Sister Anne“, „Hanging On By A Thread“)… Der Meister bietet eine unglaubliche Palette an diversesten Musikstilen und Gastmusikern (u.a. Wayne Kramer von MC5) auf, die seinesgleichen suchen. Keine gnadenlos harten Riffgewitter, aber das rockt und groovt, dass einem wie mir das Herz warm wird. Klasse!
Produziert wurde das Ganze übrigens von dem Mann, mit dem Alice bereits in den Siebzigern erfolgreich zusammenarbeitete: Bob Ezrin, seines Zeichens für einige Alben so namhafter Acts wie Deep Purple, Kiss oder Pink Floyd verantwortlich. Und dieser Bob Ezrin bewältigt meiner Meinung nach eine gar nicht so einfache Aufgabe: er bringt auf „Detroit Stories“ zum Teil sehr viel Siebziger Jahre-Flair herüber, ohne das ganze altbacken klingen zu lassen. Man muss aber auch sagen, dass mich Alice Cooper selbst auch ziemlich beeindruckt hat. Der Mann klingt nicht wie ein 73jähriger, in keinem Moment! Da reißt sich einer dermaßen den Arsch auf, dass du keinen gesangstechnischen Unterschied zu seinen Alben aus den Siebzigern oder den Achtzigern hörst. Hammergeil!
Fazit: wer Gitarrenmusik der härtesten Gangart erwartet, sollte lieber nochmal antesten. Wer aber in der Lage ist, musikalisch über den Tellerrand zu schauen, starken Songs, erstklassigen Musikern, einem Alice Cooper in Bestform und einer tollen, klassischen und doch zeitgemäßen Produktion zugetan ist, der kann bedenkenlos zugreifen. Alice Cooper-Fans sowieso. Starkes Album!
Line-up:
Alice Cooper – Gesang
Wayne Kramer – Gitarre
Paul Randolph – Bass
Johnny Badanjek – Schlagzeug
Titel:
01 Rock & Roll
02 Go Man Go (Album Version)
03 Our Love Will Change The World
04 Social Debris
05 1000$ High Heel Shoes
06 Hail Mary
07 Detroit City 2021 (Album Version)
08 Drunk And In Love
09 Independence Dave
10 I Hate You
11 Wonderful World
12 Sister Anne (Album Version)
13 Hanging By A Thread (Don´t Give Up)
14 Shut Up And Rock
15 East Side Story (Album Version)
Wertung: 9/10
Autor: Wolfgang Haupt
Label: | EAR MUSIC / EDEL |
VÖ-Datum: | 26.02.2021 |
Running Time: | 50:20 |
Format: | CD, Vinyl, Mp3 |
Erhältlich bei:
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