Rock & Metal Open Air
Unna, Freibad Bornekamp, 10.07.2021
Bereits deutlich vor Einlasszeit findet sich das Freibad Bornekamp im Herzen Unnas schon von vielen Rudeln Schwarzshirtträgern bevölkert. Nach einem absolut stressfreiem Einlass wird gleich mal ne frische Waffel vorweg vertilgt, kommen wir bei dem einladenden Geruch nicht dran vorbei. Es werden ganz normale Hygieneregeln eingehalten, was auch Sinn macht, zumal es dem Virus scheißegal ist, welche Vorschriften grad gelten.
Im letzten Jahr haben wir den Zug verpasst. Das sollte sich nun diesmal ändern, denn es standen zunächst wieder die Rocker mit dem Namen D-Zug auf dem Billing. Doch leider musste die Band krankheitsbedingt absagen und so eröffnen die eingesprungenen Cryptic Lane mit ihrem straighten Hardrock, den man sich auch auf Straßenbühnen eines Stadtfests vorstellen kann. Griffige Riffs und ein lebendiger Beat locken die ersten Fistraiser vor die Bühne und offensichtlich ist die Freude groß, endlich wieder Livemusik erleben zu können. Denn der Groove wirkt nicht unansteckend, wie die ersten Tischreihen zunächst noch sitzend zum bekannten “Rebel Yell“ mitwippen. Ein paar Regentropfen zu etwa 23° Grad Lufttemperatur scheinen gegen Ende des fünfzigminütigen Auftritts niemanden wirklich zu interessieren.
Auf der 2017er Ausgabe des Ironhammer Festivals in Andernach haben wir Sober Truth zuletzt gesehen. Sie treten hier im Freibad mit neunzehn Saiten an und zocken einen längeren Soundcheck, bei dem zuerst keiner so genau wusste, wann der beendet ist und es nun losgeht. Der Regen ist längst vorbei und Sänger und Gitarrist Torsten holt sich sofort die Arme der Audienz vor der Bühne nach oben, doch es dauert noch ein wenig, bis man seine Einführung gezockt, sich mit härteren Riffs eingegroovt und sich die Macht der beiden Gitarren entfaltet hat. Die Vocals werden etwas rougher gebracht und die Siegburger sind die härteste Band heute. Auch die Vielseitigste. Einerseits erarbeitet sie sich mächtig Gebange vor der Bühne und spielt den “Painkiller” im kurzen Drumsolo an, den wir heute schon vor der ersten Band aus der Konserve gehört haben, und andererseits covern sie ein bekanntes Stück aus der Neuen Deutschen Welle. Keine Ahnung, wie viele Fremdkompositionen sie im Proberaum angespielt haben müssen, bis sie beim “Goldener Reiter” von Joachim Witt hängengeblieben sind. Jedenfalls hat es das Cover ins Programm geschafft und es sind im Publikum Mitsingende zu erkennen. Für ihre fünfzig Minuten erntet das Quartett ordentlich Applaus.
Die Italiener von Tarchon Fist müssen im Soundmix erstmal ohne Gitarre auskommen, da sollte der Mann am Mischpult alsbald mal etwas nachbessern. Die Bärte aus dem Stiefelland, für die wir heute hauptsächlich nach Unna gereist sind, bringen mit zwei Klampfen einen maidenmäßigen Power Metal und zeigen sich auch bei ihren synchronen Bewegungen sehr gut eingespielt. Und Riffs können sie ebenfalls sehr gut, wenn mal zu Judas Priest rübergeschaut wird und nicht zu den Eisernen Jungfrauen, wie unser Jensenmann treffend bemerkt. Shouter Mirco agiert sehr lebhaft und führt gerne gestikulativ Dialoge mit unserer Handykamera. Forciert er Sprechchöre, funktioniert das überwältigend gut. Es geht im Partyvolk gut was ab und Mirco holt sich zu “Run To The Hills“ Unterstützung aus dem Publikum auf die Bühne. Lange nicht mehr gesehen sowas. Die Profis bringen es exakt auf fünfzig Minuten Stagetime, waren für viele Fans heute die beste Band und standen wohl nur aus Bescheidenheit nicht an der Headlinerposition, wie uns ein Vögelchen zwitscherte. Super Auftritt, hoffentlich bald wieder!
Somit auf den finalen Slot gerutscht, bekommen die paar hundert Besucher nun noch einmal maidenmäßigen Metal. Wie die Band zuvor haben es auch Fairytale aus Recklinghausen drauf, mit Melodic Metal zu begeistern. Mitreißende Speedeinheiten machen richtig Laune, lassen bei der Menge vor der Bühne die Fäuste nach oben schnellen und es wirbeln Haare durch die Luft. Kuttenträger und Shouter Carsten, noch bei den Frühachtziger Veteranen von Javelin aktiv, von denen auch mal wieder Album kommen dürfte, animiert mit Ruhrpottcharm, während im Becken nebenan tatsächlich noch Badegäste ihre Bahnen ziehen. Am meisten Applaus bekommen die Ruhrpottler zu “Living After Midnight” und das, wo es noch nicht mal dunkel ist. Doch dann folgt nach das starke “Heavy Metal” (kein Cover von Judas Priest). Bei diesen von Carsten als letztes Stück Angesagtem unternimmt er einen Ausflug ins Publikum und lässt ein paar Fans in sein Mikro brüllen. Getoppt wurde das nur noch vom finalen Abriss “Hail And Kill”, der Manowar Song holte sich von allen Besuchern Gezappel ab. Fairytale spielen bis kurz nach 22:00 Uhr eine Stunde voll. Was für ein cooles kleines Festival. Dank an Rainer und allen helfenden Händen. Hoffentlich bis zum nächsten Mal!
Autor & Pics: Joxe Schaefer