THE IDIOTS – könig der idioten

Klassisch punkig-metallisch geht es mit „Darkness“ auf dem dritten Studioalbum seit der Reunion der Idioten aus Dortmund los. Auf „Terror“, das insbesondere textlich noch einen Zacken drauflegt, und dessen Refrain stark an The Exploited erinnert, wird ebenso abgeliefert, wie man es von den Herren kennt. In „Downtown Lover“ wechseln sich dann Hardcore und Rock´n´ Roll ab. Erst mit den folgenden beiden Tracks kommen dann die ersten deutschsprachigen Songs, bevor der Opener die B-Seite, nicht nur vom Titel her, an ganz frühe Idiots und somit natürlich an Iggy Pop erinnert. Danach schwachen die Songs etwas ab. Wohingegen „Psychopath“ noch einmal ein deutliches Highlight bietet. Und ja, auch „Punkrock Bunny“ kommt bei der kommenden großen „40 Jahre Idiots Records Tour“ live sicherlich amtlich rüber. Dennoch, die A-Seite klingt stärker. War das letzte Album eher eine gelungene Huldigung an alte Helden und musikalisch etwas gediegener, gibt es bei „König Der Idioten“ wieder voll auf die Fresse.

Wertung: 8/10
Autor: Martin Hil
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The Idiots gehören zu den ersten deutschen Punk-Bands, und Sänger Sir Hannes Smith ist nicht nur kreativer Kopf, sondern Workaholic, Chaot und lebende Legende zugleich. Nach den goldenen Achtzigern kam es zum Split, und Hannes hat sich mit den Phantoms Of Future und danach mit Honigdieb auf zu neuen musikalischen Ufern gemacht. Vor gut zehn Jahren kamen die Idiots zurück, und seit diesem Comeback erschienen drei Studioalben, von denen eins allerdings fast nur Neueinspielungen alter 80er-Gassenhauer enthält. Bezogen auf den Stil, den Sound und die optische Erscheinung (speziell die Cover-Artworks) sind diese Scheiben untereinander recht homogen. Der „König Der Idioten“ markiert hier eine Weiterentwicklung. Das Cover-Artwork zeigt eine Zeichnung eines Schweins (schon immer das Aushängeschild der Band) als böser Harlekin vor dem zerstörten U-Turm der alten Dortmunder Union Brauerei, einem der wichtigsten Wahrzeichen von Hannes’ Heimatstadt. Das Bild sieht wie eine alte Tuschezeichnung aus dem Mittelalter aus und schlägt damit die Brücke zum Gesamtkonzept des Albums, das den Rückfall der Menschheit in primitive Lebensweisen anklagt.

Kommen wir aber mal zur Mucke! Der Opener „Darkness“ nimmt kurz Anlauf, Hannes beschwört mit düsterem Sprechgesang „Death Is Coming“, und danach bricht die Hölle los. Der Sound ist kälter, sägender und härter als auf den drei Vorgängern, und das Aggressionslevel kann man im Punk-Bereich, wenn überhaupt am ehesten mit The Exploited vergleichen. So angepisst und energiegeladen klang schon lange keine Punk-Scheibe mehr, und auch bei den zwei folgenden Songs gibt es keine Atempause. „Ich Bin Böse“ beginnt dann sehr rock ’n’ rollig mit einem rotzigen Motörhead-Gedenk-Riff und ist der erste von übrigens nur drei deutschsprachigen Songs auf dem Album. Der Titelsong tanzt ein wenig aus der Reihe. Es gibt dezente Ska-Rhythmik, ein Stilmittel, dessen sich die Band schon öfter bedient hat, das aber auf dieser Scheibe sonst keine Rolle spielt und irgendwie auch nicht so richtig ins Gesamtbild passt. Aber vor allem der Text mit seinen Kinderreimen und die Melodie sind gleitzeitig schräg und fast schon unerträglich banal. Schaut man sich das Coverartwork mit dem Schwein mit Narrenkappe an, wird aber irgendwie wieder ein Schuh draus. Der folgende Fußball-Song „Never Give Up“ ist ein sehr eingängiger, grooviger Krawallsong mit reichlich Mitgrölparts und einigen Speedausbrüchen, der auf zukünftigen Konzerten nicht fehlen sollte. Ebenso groovig ist „Proud To Be An Idiot“, das wohl persönlichste Stück. Hannes lässt seine Jugend und seine Entwicklung Revue passieren und huldigt dazu seiner geliebten Heimatstadt Dortmund, auch wenn er diese oft als hartes Pflaster erlebt hat. „Psychopath“ beginnt mit einem lethargisch klingenden Akustikpart und nasalem Gesang, schlägt dann aber mit einem Killerriff in eine vor Energie fast explodierende Punkabfahrt um, bei der man nur vom Zuhören schon blaue Flecken und eine blutige Nase bekommt. Für mich der beste Songs der Scheibe und hoffentlich Pflichtprogramm in kommenden Livesets! Auch das „Punkrock Bunny“ startet ruhig, die dann einsetzenden Gitarren knallen abermals, sind aber ein gutes Stück melodischer als zuvor. Ein vergleichsweise fröhlicher Party-Punk-Song. Beim abschließenden „SchwArz“ schlägt die Stimmung wieder um. Das Stück pendelt zwischen fiesem, schleppendem Riffing mit angepissten Vocals und schnelleren Parts, die durch den schrägen Gesang echt psychomäßig rüberkommen.

Ein guter Abschluss eines Albums, dass zwar sehr aggressiv und angepisst ist, dank der erfahrenen Musiker (unter anderem Waldemar Sorychta) und dem außergewöhnlichen Facettenreichtum der Vocals zu keiner Zeit stumpf rüberkommt und auch nach mehreren Durchläufen unverändert Bock macht und zudem unglaublich straight gezockt ist. Authentizität, Rotz und musikalisches Können gehen hier Hand in Hand, und „König Der Idioten“ ist vielleicht das intensivste und härteste Punkalbum seit langem.

Dass wir seit Start dieser Seite in jedem Review einen Link zu Idiots Rercords haben, sei passenderweise an dieser Stelle einmal erwähnt! (Anm. d. Red.)

Wertung: 9/10
Autor: Felix Schallenkamp