IRON MAIDEN, THE RAVEN AGE

Dortmund, Westfalenhalle,  25.07.2023


Tatsächlich kann sich ein Metal-Veteran auch mal damit rühmen, einem großen Konzerterlebnis nicht beigewohnt zu haben, wenn man die größten Bands des Genres eh schon sehr häufig live gesehen hat. Im Falle der eisernen Jungfrauen, die gleich zwei Tage nacheinander in der Westfalenhalle aufspielen, war das seitens des Unterzeichners auch so geplant. Kann man mal machen, zumal wir sie in den letzten Jahren in Newcastle und Aberdeen abgefeiert haben. Das hätte auch gut geklappt, wenn alle Freunde damit einverstanden gewesen wären. Nun ja, letztendlich standen wir dann nach langen Warteschlangen an den Bierständen doch im Infield in der Westfalenhalle. Auf der Bühne leisteten mal wieder The Raven Age das Eröffnungsprogramm, die Band von Steve Harris Sohn George. Ein paar Maidenanleihen in ihrem Songwriting überraschen da nicht wirklich, aber so wirklich mitgenommen wurden wir nicht.

Im Anschluss des regelmäßig Iron Maiden Konzerte einleitenden Ufo-Klassikers bekommen wir noch den „Blade Runner“ auf die Ohren und die ersten Takte von „Caught Somewhre In Time“, bis der Sechser live einsteigt. Die Stimme von Bruce ist top, muss er aber nicht vollumfänglich einsetzen, denn die ausverkaufte Halle singt den Chorus volles Mett mit. Es folgen im Set noch weitere vier Tracks des Albums, doch zunächst die zweite Single „Stranger In A Strange Land“ und die Vorabsingle „Writing On The Wall“ zum aktuellen „Senjutsu“. Das sechste Album wurde für die Liveauswahl bislang stiefmütterlich behandelt, doch es befinden sich heute noch alle einspielenden Protagonisten noch oder wieder in der Band. Ein kleines Eldorado für alle regelmäßigen Tourbesucher, diese Setlist, die dafür ein paar absolute Klassiker wie „Run To The Hills“ oder vielleicht auch „The Clansman“ außen vor hält. Irgendwann legt Bruce seinen Mantel und seine Brille auch mal ab, und flachst mit seinem Deutsch: „Wo ist der Hauptbahnhof?“ Einige der neuen Tracks kommen ziemlich gut an, denn beispielsweise „Days Of Future Past“ kriegt auch noch richtig viele Arme nach oben, während „Time Machine“ mit Vergleichen zu „Zurück In Die Zukunft“ performt wird. Zum 1983er Klassiker „The Prisoner“ geht alles steil, bis sich Bruce und der zum zweiten Mal auftauchende Eddie zu „Heaven Can Wait“ mit Leuchtmunition duellieren. Für die allermeisten Anwesenden ist das Highlight „Alexander The Great“, weil es noch nie zu Liveehren kam und jetzt mit leicht abgeänderten Leads aufwartet. Großartiger geht es kaum, von allen großen Bands ist Maiden einfach noch immer eine Macht. Die meisten von unserer Reisegruppe hätten auch noch gut auf „Fear Of The Dark“ verzichten können, aber bei dem Radio Bob!-Song geht halt immer alles steil, daheim auch die Hausfrau am Bügelbrett.

Im Anschluss des auf der Setlist in Stein gemeißelten „Iron Maiden“, inklusive den bekannten Spielchen zwischen Gitarrist Jannick und Eddie, diesmal im Senjutsu-Look vom aktuellen Albumcover, verschwindet die Band erst einmal, liefert aber noch drei Songs nach. Nach dem neunen „Hell On Earth“ ist die Halle bereit für alles, obwohl aber mehr Feuershow als Publikumsresonanz bemerkbar war. „The Trooper“ und das inzwischen hoffentlich etablierte „Wasted Years“ bilden den Abschluss eines ziemlich anständigen Konzertes, von dem man verstehen kann, dass so mancher Fan mehrere Konzerte der Tour besucht. (Joxe Schaefer)


Hier einmal ein paar kleine Gedanken zu Maidens „The Future Past Tour“, da mir für ein ausführlicheres Review leider die Zeit fehlt. Trotz holprigem Start mit Stau auf der Autobahn, nur noch einem schnellen Bier am Bergmann Kiosk, fehlender Currywurst auf dem Weg zur Halle war es ein sehr schöner Konzertabend. Die Vorband „The Raven Age“ reiht sich in die lange Reihe der Vorbands von Iron Maiden ein, die nicht weiter erwähnenswert sind. In guter Erinnerung habe ich immer noch Megadeth von der 1999er Ed Hunter und Rob Halford von der 2001er Tour. Ghost waren 2017 noch am dichtesten dran. Wenigstens war bei dem Gig der T-Shirt Stand ein bisschen leerer.

Um 20:45 Uhr kommt dann „Doctor, Doctor“ aus der PA und die Show geht quasi los. Das Blade Runner Outro wird zum Intro von „Caught Somewhere In Time“. Die Bühne ist im Stil dieses Albums gehalten und Bruce sieht mit der Sonnenbrille und dem abgerissenen Mantel aus wie eine Mischung aus Dee Snider und einem Blade Runner Charakter. Weiter geht es mit „Stranger In A Strange Land“, bei dem auch Eddie das erste Mal auf die Bühne kommt, aber in seinem Spacecowboy-Outfit nur ganz brav an der Seite steht. Weiter geht es mit einem Dreierblock aus dem „Senjutsu“ – Album, bei dem „Days Of Future Past“ und „The Time Machine“ sehr gut zum Thema des Abends passen. „The Prisoner“ ist ein selten gespieltes Highlight, von denen noch mit „Heaven Can Wait“ und „Alexander The Great“ zwei weitere folgen sollten. Irgendwie ist diese Maiden Show anders als die vorhergehenden Touren. Bruce rennt nicht wie von der Tarantel gestochen über die Bühne, was seiner Stimme sichtlich gut tut und es gibt auch nur sehr wenige Kostümwechsel. Der Fokus der Setlist liegt nicht auf den großen Hits der Band, es gibt dieses Mal kein „Number Of The Beast“ und kein „Hallowed Be Thy Name“. Mir kamen die Backing-Vocals recht laut vor. Die Band hatte sichtlich viel Spaß auf der Bühne und auch bei Maiden arbeiten nur Menschen. So versemmelt Bruce mal die komplette zweite Strophe von „The Trooper“. Mein Eindruck ist, dass wir hier nun Maiden am Beginn ihrer Spätphase gesehen haben. Das Tempo ist gemächlicher, die Band merkt, dass sie niemandem mehr etwas beweisen muss und einfach machen kann, worauf sie Bock hat. Es gab viel mehr Augenzwinkern, viel mehr Albernheiten und Blödsinn auf der Bühne, als ich es von Maiden gewohnt bin. Für mich hat es an diesem Abend sehr gut funktioniert. (Jens Wäling)

Autoren: Jens Wäling, Joxe Schaefer
Pics: Matthes Meier