E-FORCE, FLAMING WRECKAGE, DEVARIEM

Hamburg, Bambi-Galore, 28.09.2018


Irgendwie will der Sommer einfach nicht gehen. Wieder mal kann ich meinen Text mit den Worten beginnen „Es ist ein lauer Spätsommerabend … von mir aus könnte es gerne so weiter gehen, aber so ist es ja nicht. Es steht ein toller Konzertabend auf dem Zettel. Leider folgen dem Ruf des legendären Bambi Galores an diesem Abend nicht sonderlich viele, obwohl es kaum einen besseren Wochenausklang geben könnte als hier. Einige sind sogar von weiter her angereist, so auch ein alter Freund von mir, der ganz allein aus Darmstadt hergekommen ist. Die, die hier sind, haben an diesem Abend alles richtig gemacht, soviel schon mal vorweg und der Rest kann sich mal schön ärgern.

Am heutigen Abend lädt eine kleine Legende zum Kopfkreisen ein. E-Force ist leider nicht sonderlich bekannt in unseren Landen, aber das sollte sich spätestens seit ihrem grandiosen Auftritt auf dem diesjährigen Hell Over Hammaburg geändert haben. Bis zu diesem Tag wusste ich auch mit dem Namen nicht viel anzufangen, war dann aber völlig weg, als ich Eric Forrest auf der Bühne sah und dieser auch noch eine Best of aus seiner Zeit bei Voivod zum Besten gab. Von ’94 bis ’01 war er bei dem progressiven Thrash Metal Flaggschiff an Bord und lieh dem kanadischen Quartett in dieser Zeit auf “Negatron” und “Phobos” seine Stimme und seinen Viersaiter. Nach seinem Ausstieg gründetet er E-Force, um den eingeschlagenen Weg auf seine Weise fortzuführen. Mit dieser Band kann er inzwischen auf vier reguläre Veröffentlichungen zurück blicken, aber mehr Erfolg hat er natürlich, wenn er seine großen Voivod Zeiten wieder zum Leben erweckt.

Nach diesem kleinen Schlenker wieder zurück nach Hamburg Billstedt, wo heute also meine zweite E-Force Show auf dem Zettel steht. Damit Eric und Co nicht alleine auf Europa Tour gehen müssen, hat Daniel vom Roadmaster Booking die (noch) unbekannten Flaming Wreckage aus Australien mit auf das Billing gepackt. Dazu stehen im Bambi mit Devariem noch ein wiederbelebter lokaler Opener bereit. Heute ist Tourauftakt und dazu noch Daniels Geburtstag – also kann es ja nur ein guter Abend werden.


Nach einem Intro und einem etwas ominösen ersten Bühnenauftritt betreten Devariem aus Lübeck pünktlich um 21:00 Uhr die Bambi Bühne und liefern mit ihrem modernen Thrash Metal ein ordentliches Brett ab. Für meinen Geschmack zu modern, aber das ist ja zum Glück Geschmackssache. In ihrem Thrash Metal Stil sind immer wieder Anleihen von Machine Head und Slayer zu erkennen. Damit haben die Jungs die Meute vor der Bühne im Griff. Der mit neuem Line-Up erstarkte Vierer aus der Stadt des Marzipans, hat eine ansehnliche Fangemeinde vor der Bühne versammelt und so wird der erste Auftritt ein echter Erfolg. Auch am Merchtisch ist vor und nach der Show einiges los.


Nach einer kurzen Umbaupause entert der nächste Vierer die Bühne. Flaming Wrekage aus Sydney sagen mir nix und nach einem kurzen Gespräch mit Booker Daniel bin ich überzeugt, dass ich mir diese Band auf jeden Fall angucken muss. Auch wenn die Bezeichnung Melodic Death Metal mich etwas abschreckt, zugegebenermaßen. Aber das flammende Wrack weiß mich schnell eines Besseren zu belehren. Die Jungs zocken sich unglaublich tight durch ihre Setlist. Geile Grooveparts, die gespickt sind mit verspielten Gitarrenläufen, lassen auch einige Köpfe vor der Bühne kreisen. Schnell steht auch fest, dass der Melodic Death Anteil am Songwriting eher gering ist, zumindest bei dieser Setlist und eher groovender, moderner, energischer Thash Metal überwiegt. Ein verpatzter Song wird bei dem ansonsten routiniert agierendem Trupp sympathisch überspielt und einfach neu begonnen. Technisch spielen Flaming Wrekage in einer sehr hohen Liga, dazu die leicht progressiven Ansätze, machen die Jungs zu einem echten Ohrenschmaus. Präzise und energiegeladen sind noch Stichworte, die mit während der Show immer wieder in den Kopf schießen. Starke Show und ich hoffe, diese Band mal wieder zu sehen. Nach dem Auftritt ist nun auch bei den Australiern am Merchstand einiges los und ich kann es mir auch nicht entgehen lassen, mir ein kleines Potpourri an Merch zuzulegen. Dies verkaufen die Jungs übrigens direkt nach dem Auftritt selber- cool.


Nun ist es also Zeit für den Headliner E-Force. Eric hat beim Opener Song “Rise” eine Monstermaske auf, die er sich aber schnell vom Kopf reißt. Sofort kommt wieder diese besondere Feeling auf und die aus halb Europa engagierten Mitmusiker wirken eingespielt und professionell. Mit Songs wie “M-Body”, “The Tower” und “Forlorn” werden schon echte Kracher vom ’97er “Phobos” Album in die begeisterte Menge gefeuert. Wahnsinn, was die Jungs hier an Energie rüber bringen. So wird auch fleißig die Rübe geschüttelt in den ersten Reihen, mir eingeschlossen. Zu Voivod habe ich lange gebraucht, um einen Zugang zu finden, aber heute muss ich sagen, dass diese Musik echt großes Tennis ist. Progressiver Metal ist zwar normal nicht so mein Ding, aber Voivod haben dabei eine ganz eigene Art, diesen doch recht wirre Musikstil mit klassischem Thrash Metal so zu kombinieren, dass man es einfach gut finden muss. Dazu ist Fronter Eric einfach ein Typ mit Ausstrahlung. Mit “Project X”, “Meteor”, “Planet Hell”, “Nanoman” und “Insect” wird dann auch das ’95er Highlight “Negatron” gehuldigt. Absolut fantastisch was E-Force hier abliefern. Als Zugabe nachdem, die Jungs noch kurz von der Bühne gegangen sind, wird mit dem Venom Cover “In League With Satan” noch einmal verbrannte Erde hinterlassen und so verabschieden sich die Jungs in den verdienten Feierabend weit nach Mitternacht. Morgen werde ich sicher Nackenschmerzen haben, das war es aber auf jeden Fall wert.

Autor & Pics: Tino Sternagel-Petersen