JAG PANZER, SEVEN SISTERS, AMULET
Essen, Turock, 31.05.2019
Irgendwie ist das immer so, dass man das Wetter an einem Konzertabend im Turock als besonders gut bezeichnen kann. Am heutigen Tag registrieren die Wetteraufzeichnungen fett Sonne und deutliche Temperaturen über 20°C. Genauso angenehm fluppt der Einlass und die höheren Gradzahlen auch im Club laden zum kühlen Bierchen ein, die Zeit zum einer halben Stunde nach hinten verschobenen Beginn zu überbrücken. Dann legen Amulet, deren Liveauftritten wir in der Vergangenheit bereits mehrmals beiwohnen durften, mit dem Opener “The Satanist” vom neuen Album “The Inevitable War” los. Unser Redakteur Steph Bachmann lobt die Platte mit neun Punkten ab. Der Fünfer aus der Hauptstadt des Vereinigten Königreiches ist seit seinen Auftritten auf dem Brofest und dem Frost And Fire in London weiter gereift und Asgard Shouter Frederico scheint sich inzwischen eingelebt zu haben. Seine gestenreiche Performance wirkt sicher, er bekommt bei den vorderen Reihen die Hände hoch und Amulet können der Audienz erste Bewegungen entlocken. Wo Gitarrist Marek sonst gerne Shirts von Bands der Siebziger trägt, bleibt es heute bei einer Joppe, aber dafür schwingt diese Epoche in ihrem Sound um so mehr mit, neben so einigen Maiden-Zitaten. Das Flitzesolo in “Running Out Of Time“ sitzt und wenn ein Track „Riot Night“ heißt, dann muss das auch so schnell sein wie der Titel klingt. Leider vergessen die Oldschooler dabei nur, beim Acting angemessen flotter zu werden. Ihr solider Auftritt endet nach etwas über vierzig Minuten.
Ebenfalls aus London kommen Seven Sisters, die sich offensichtlich in immer mehr Metallerköpfen festsetzen. Anfang März diesen Jahres haben wir sie auf dem German Swordbrothers Festival live gesehen, wo sie mit ihrem hochmelodischen und tight gezockten Material viele Freunde fanden. Heute Abend hier im Turock soll das nach einem zügigen Start bei klaren Soundverhältnissen nicht anders werden. Die Songauswahl ihrer beiden Alben kann über die gespielten vierzig Minuten das Publikum erreichen und aufheizen. Neben den beiden langen Blondmähnen an den Gitarren und in Oberhemden sorgt ein kleinerer Bartträger am Bass für Stimmung, der dadurch nicht nur optisch auffällt, sondern sich auch deutlich für das actionreichere Geschehen verantwortlich zeichnet. Zum Schluss begibt er sich mit seinem Tieftöner in die Audienz und rockt dort mit den Fans ab. Klasse Konzert der Siebenschwestern, die tatsächlich nur zu viert sind.
Glücklicherweise fallen die Umbaupausen sehr kurz aus, reichen aber zum Luftschnappen, Bierholen und für einen Besuch am Merchandise. Für das Erstehen eines Shirts berappt man heute fünfzehn Euro bei den Supports und zwanzig beim Headliner. Die in eingefleischten Metallerkreisen ziemlich angesagte Coloradotruppe taucht in unseren Breiten nicht sehr häufig auf, weswegen das Turock heute angenehm voll wird. Jag Panzer, in deren Namen auf diffuse Weise irgendwann mal ein ‘d’ mit einem Leerzeichen getauscht wurde, haben wir zuletzt auf dem Headbangers Open Air gesehen. Wie gut die Stimmung auch heute Abend ist, zeigen die Jag Panzer Rufe schon im Intro. Zum Klassiker “Chain Of Command” ist sofort das Eis gebrochen und das Turock singt geschlossen mit. Da muss Shouter Harry Conklin, der unter den Fans als der Größte gilt, gar nicht viel machen. Zwar wird er wegen seiner neuen hellen Haarfarbe nicht von allen sofort erkannt, was sich aber nach Einsetzen seiner Vocals schnell gibt. Wie wir hier erleben dürfen, büßte seine Beteiligung zusammen mit Ripper Owens an Sean Pecks eher durchschnittlicher The Three Tremors Klamotte kaum an Glanz ein.
Etwas die Fahrt heraus nehmen immer wieder Sprachintros, doch Knaller wie “Licence To Kill”, “Harder Than Steel“ und “King At A Price“ holen die Atmosphäre einer Jag Panzer Show immer wieder hoch. Obwohl Mister Joey Tafolla noch zum Line-up der Band zu gehören scheint, wird er durch Gitarrist Ken ersetzt, welcher eindrucksvoll das Intro zum rhythmischen “Foggy Dew” ansingt, einem irischen Folkslied vom aktuellen Album “The Deviant Chord”. Sichtlich Spaß hat Ur-Gitarrist Mark Briody, der allein schon wegen seiner positiven Ausstrahlung die Fans auf seine Seite zieht und keinen Publikumskontakt scheut. Die Bandhymne “Shadow Thief“ verursacht noch einmal riesig Stimmung und Mitsingchöre, hätte deswegen als Schlussnummer das dickere Ausrufezeichen gesetzt. Wenn auch die Spielzeit klar über neunzig Minuten hinausgeht, passen unmöglich alle Klassiker ins Programm. Vermisst wurden die göttlichen “Take To The Sky”, Fate’s Triumph” oder ein paar alte Kracher mehr, aber irgendwas ist ja immer. Der Tourtross bewegt sich im Anschluss weiter zum ebenfalls an diesem Wochenende stattfindenden Metalheadz Open Air. Wer noch nix geplant hat, wird nach diesem Konzert drüber nachdenken …
Autor & Pics: Joxe Schaefer