LORD VIGO – danse de noir

Kennt Ihr das auch? Viel zu viel neue Musik zu hören, und dass das ein oder andere Album erst einmal auf „Halde“ liegt? So erging es mir mit dem letzten Lord Vigo Album „Six Must Die“ (2018). Von allen möglichen Seiten wärmstens ans Herz gelegt, schließlich gekauft um dann doch in der Masse guter Releases unterzugehen. Erst viele Monate später, ich hatte gerade den Doom für mich entdeckt, und mit der Ankündigung eines neuen Albums wurde „Six Must Die“ aus seinem Dornröschenschlaf erlöst…und findet bis heute noch regelmäßig den Weg in meiner Tagesplaylist.

Die Musik der Pfälzer lässt sich grob im Zeiltupenuniversum, also im Doom Metal, verorten. Es wäre vermessen sie auf die üblichen Verdächtigen a la Candlemass (zu Zeiten mit Robert Lowe!) oder Solitude Aeternus zu reduzieren. Vielmehr ist auf der einen Seite epischer US Metal wie etwa Warlord oder alte Manowar, auf der anderen Seite Classic Rock ein wichtiges Stilmittel im Bandsound. Mit der Hinzunahme von mehr Classic Rock Elementen wurden die Kompositionen zunehmend weniger sperrig. Auch bei „Danse De Noir“ wurden die Stellschrauben weiter angezogen.

Bereits seit dem Debütalbum hat die Musik von Lord Vigo auch einen cineastischen Anspruch und ist unter anderem an alte Horrorfilmklassiker angelehnt. Dieses Mal erstreckt sich das Konzept nicht über einzelne Songs, sondern über das gesamte Album. Von der Atmosphäre her erinnert „Danse De Noir“ an das großartige Heart Of Cygnus Album „Utopia“ (2007), welches jeder Undergroundfanatiker (oder der es noch werden möchte) in seiner heimischen Plattensammlung haben sollte. Thematisch handelt es sich diesmal mehr um Science Fiction und künstliche Intelligenz als um Horror. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten!

Los geht es mit einem teils englisch, teils französisch gesprochenen Intro („The Voight Kampff Situation“), welches direkt in den Titeltrack übergeht. Der Song beginnt gemächlich und nach einem schönen Gitarrensolo nimmt dieser an Fahrt auf,  um wieder in einem epischen Refrain zu münden. Mit „Are You Human?“ gibt es das nächste kurze Intro. Etwas flotter als der Titelsong ist dann das starke, mit einem packenden Refrain ausgestattete „At The Verge Of Time“. Zu diesem, man kann es ruhig laut sagen, „Hit“ wurde übrigens ein sehr sehenswertes Video gedreht. Es folgt ein weiteres Intro („Fiery The Angels Fell“) und das ebenfalls sehr gelungene „Shoulder Of Orion“. Wieder mit einem gelungenen Refrain versehen, hält diese Nummer total abgefahrene Instrumentalparts bereit. Inklusive Neal Peart Gedächtnis Percussions am Ende des Songs. Hört Euch mal „The Trees“ von Rush an und Ihr wisst, was ich meine!

Und weiter geht es mit den Hits am laufendem Band… „And Then The Planets Will Align“ heißt der nächste. Dieser hat sogar noch mehr Soundtrack Charakter  als dieses Album ohnehin schon hat. Und auch hier gibt es sie wieder, die typischen musikalischen Soloabfahrten. Nicht nur diese Nummer lässt mich sofort an Iron Maiden zu „7th Son …“-Zeiten denken, sowohl beim Anfang als auch bei den Instrumentalparts. Vielleicht liegt es daran, dass die Basslinien bei sämtlichen Songs allgegenwärtig gleichberechtigt sind und eigene Melodien spielen? Wie bei Steve Harris eben.

Es folgt nahtlos übergehend der vielleicht absolute Höhepunkt des Albums: „Between Despair And Ecstasy“. Dieser Groover könnte direkt aus den Achtzigern stammen und ist irgendwie eine Mischung aus Scorpions „Rock You Like A Hurricane“ und dem New Wave /Indie Rock. Und das im positiven Sinne! Mit coolen Bass/Drumpart im Mittelteil. Danach wird es dann wieder etwas ruhiger und dramatischer. “As Silence Grows Old“ beginnt nahezu balladesk, wühlt einen im weiteren Verlauf immer mehr auf, hat einem sehr bedrückenden Refrain und endet so ruhig wie es begonnen hat. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die sich im nächsten und letzten Song „Momento Mori“ fortsetzt. Eine insgesamt schleppende Nummer mit einem einmal mehr erhabenen Refrain aufwartend, der bei aller Dramatik auch ein wenig Hoffnung versprüht. Natürlich gibt es auch hier wieder gelungene Instrumentalpassagen zu beklatschen, die auf das Ende des Songs und der Geschichte vorbereiten. Hoffnung? Pustekuchen! „All those moments will be lost in time like tears in rain. Time to die!“ heißt es …und der Spuk ist nach einer dreiviertel Stunde vorbei. ÖBEY  THE LORD!

Wertung: 9/10
Autor: Michael Staude