AT THE GATES – the nightmare of being

Wer hätte wohl im Jahre 1990 daran gedacht, dass man einunddreißig Jahre später immer noch über diese Musik spricht. Nach der weitläufigen Meinung vieler unserer Erzeuger ist dieser „Krach“ ja eh nur eine Phase und irgendwann vorbei. Tja, liebe Eltern: Wir hören immer noch unseren Krach, sind immer noch stolz drauf und freuen uns bis heute auf neue Veröffentlichungen unserer Helden der Jugend – Fakt! Eine dieser Heldenband sind At The Gates aus dem schwedischen Götheborg. Jeder Death Metaller ist wohl damals beim Debüt “The Red In The Sky Is Ours” mit offenem Mund vor dem Plattenteller erstarrt. Für mich ist bis heute ihr 95er Werk “Slaughter Of The Soul” das Album, das mich am meisten beeindruckt hat. All ihre Frühwerke sind Klassiker des schwedischen Melodic Death Metals und ihren Landsleuten um Längen voraus aus meiner Sicht. Mitte der Neunziger wurde es dann ziemlich still um diese Ausnahmeband und erst 2014 kam das Slaughter-Nachfolgealbum “At War With Reality” mit einem Paukenschlag zurück. Eine Wahnsinnsscheibe, die nahtlos an alte Glanzzeiten anknüpfte. Anno 2021 ist es nun soweit und der dritte Longplayer seit ihrer Reunion steht in den Startlöchern. “The Nightmare Of Being” ist das siebte Full-Length Album der Schweden und bringt es mit zehn Songs auf gut eine dreiviertel Stunde Laufzeit.

“Spectre Of Extinction” startet mit einem schönen Akustikgitarrenintro, bevor der Fuß aufs Gaspedal gelegt wird. Geiler Drive und ein typischer At The Gates-Sound ballern einem hier um die Ohren. Druckvoll und dennoch melodisch, so wie man es von dem Quintett erwartet. Zum Titeltrack wird es zeitweise sehr ruhig, ungewohnt ruhig, was dem Song aber eine mächtige Spannung verleiht. Auch “Garden Of Cyrus” fällt mit seinem ruhigen verträumten Sound ziemlich aus dem Rahmen und um meine Verwirrung komplett zu machen, untermalen die Jungs den Song stellenweise sogar mit Saxophoneinsätzen. Weiß auch nach dem zweiten Durchlauf noch nicht, was ich davon halten soll. Ist mal was ganz anderes. Nach einem weiteren überraschenden Flötenintro zu “Touched By The White Hand Of Death” geht der Song aber dann doch gut ins Ohr und hält noch einige überraschende Momente bereit. Orchestral und bombastisch beginnt das schleppende “The Fall Into Time” und lässt mich einmal mehr stutzen, alleine schon durch seinen psychedelisch, progressiven Mittelteil. Sehr abwechslungsreiche Nummer, an die man sich gewöhnen muss, genau wie an die streckenweise ruhige Folgenummer “Cult Of Salvation”.

Jeder Song ist unverkennbar ein At The Gates-Song, alleine schon durch den charismatisch keifenden und unverkennbaren Tomas Lindberg Gesang. Dennoch weiß ich auch nach dem dritten Durchlauf nicht, was ich von diesem Werk halten soll. Wahrscheinlich habe ich schlichtweg etwas anderes erwartet. Handwerklich ist “The Nightmare Of Being” erstklassig, dunkel, abwechslungsreich und unvorhersehbar, soviel ist mal klar. Dennoch bleiben bei mir mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen zurück und ich weiß jetzt schon, dies wird nicht meine Lieblingsscheibe der Schweden und ich denke an diesem Album werden sich wohl die Geister scheiden.

Wertung: 7/10
Autor: Tino Sternagel-Petersen