Baden In Blut Open Air
Weil am Rhein, Dreiländergarten (Grün 99), 22.07.2022 – 23.07.2022
Das Baden in Blut Open Air hat sich über die Jahre hinweg zu einem meiner absoluten Lieblingsfestivals entwickelt. Einerseits aufgrund der geographischen Nähe (nur wenige Kilometer von meinem Wohnort), andererseits aufgrund der eher kleinen, aber feinen Festivalgemeinde (2000-2500 Besucher) und der damit verbundenen, familiären Atmosphäre. Zusätzlich, und eigentlich am Wichtigsten, brilliert das Baden in Blut durch ein stetig starkes Billing! Als eines der wenigen Festivals in dieser Größe kann man am Baden in Blut praktisch das ganze Spektrum des Metals, von der traditionellen Metal Kapelle, über eher progressive Acts bis hin zu den derben Death oder Black Metal Bands ziemlich alles bestaunen. Nach den ganzen Pandemiekapriolen und einer abgespeckten Festivalversion im letzten Jahr, welche unter dem trefflichen Namen „The Devil’s Plague Ground“ stattfand, war das Line-up der sechzehnten Festivalausgabe eigentlich jenes vom 2020er Event. Das Festivalgelände ist im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz ideal gelegen, um aus allen drei Ländern Metalfans anzulocken. Aufgrund der Nähe zu Basel trifft man auch immer genügend Vertreter der lokalen Metal ‘Prominenz‘ an, so dass das Festival für mich auch immer zu einem Meet & Greet wird. Auch in diesem Jahr waren Bandmitglieder von u.a. Total Annihilation, Poltergeist, Megora oder Mnemocide auf dem Gelände anzutreffen.
1. Tag, Freitag, 22.07.2022: Toward The Throne, Destiny, Bodyfarm, Desaster, Rotting Christ, Destruction.
Am Freitagnachmittag gegen 15:30 Uhr startete das Festival bei brütender Hitze mit den Franzosen von Toward The Throne, wiederum ein Gewinner der im Vorfeld stattfindenden Blood Battle. Ich kannte die 2012 gegründete Band vorher nicht, der abwechslungsreiche Death Metal hat mir aber gut gefallen und ich denke ich werde das im vergangenen Jahr erschiene Debütalbum „Vowed To Decline“ mal anchecken. Alle dargebotenen Songs stammten von diesem Album, wobei das Quartett noch eine 6-Track EP („Claiming The Sun, Bringing the Darkness“ (2017)) und ein Demo aus dem Jahre 2013 vorzuweisen hat. Mir hat speziell das eher schleppende Song „Still, Denial“ sehr gut gefallen, aber auch das abschließende Stück „The Inevitable Trail Fall“ konnte mit seinen Blastspeedelementen überzeugen. Leider hatten sich erst ein paar wenige Fans vor der Bühne eingefunden, um sich die Band anzusehen. Die vier Franzosen hätten definitiv mehr Zuspruch verdient gehabt.
Setlist: The Sorrow; From Contempt To Graves; Still, Denial; The Ashes Of Pain; The Inevitable Trail Of Fall.
Mit Destinity folgte die nächste Band aus Frankreich, genauer gesagt aus Lyon. Mittlerweile hatten sich an diesem frühen Freitagabend etwas mehr Leute eingefunden. Das Quintett mühte sich amtlich, aber der Funke wollte bei den Zuschauern noch nicht so richtig zünden, obwohl sich in der ersten Reihe etwas mehr abspielte als zuvor noch bei „Toward The Throne“. Der Sound von Destinity, die bereits 1996 gegründet wurden und mittlerweile neun Alben veröffentlich haben, erinnert mich bei den jüngeren Songs etwas an Dark Tranquillity, bei den älteren Teils an frühe Amon Amarth. Der Fokus des Sets lag auf dem aktuellen Longplayer „In Continum“, der 2021 auf die Menschheit losgelassen wurde und auf dem 2012 veröffentlichten Album „Resolve In Crimson“. Mir haben speziell der Opener „Aiming A Fist In Eternity“ vom 2012er Album „Resolve In Crimson“, „The Sand Of Time“ vom aktuellen Longplayer „Reflection“ (2021) und das abschließende „The Hatred“, wiederum vom „Resolve In Crimson“, zugesagt. Die Alben kann ich jedem (Melodic) Death Metal Fan wärmstens empfehlen.
Setlist: Aiming A Fist In Enmity; Reflections; The Sand Remains; Only Way; A Scent Of Scorn; Black Sun Rising; Reject The Deceit; The Hatred.
Als nächstes waren die Holländer Bodyfarm an der Reihe. Die Band wurde 2009 in Utrecht gegründet und kann vier Alben, zwei EPs und eine Split-7“ mit Carnation vorweisen, die am Folgetage spielen werden. Es wurden alle Longplayer der Band mit mindestens einem Song berücksichtigt, auch wenn der Hauptfokus des Sets auf dem aktuellen Album „Dreadlord“ aus dem Jahre 2019 lag. Mit „Slaves Of War“ kam gar ein wahrer Bandklassiker zum Zuge, welcher auf der 2010er EP „Bodyfarm“ zum ersten Mal veröffentlich wurde. Das Quartett lieferte einen brachialen und sauberen Set ab, der mir gut gefiel und für erste kleinere Circle Pits im Publikum sorgte. Die Sonne ging dabei langsam unter, so dass nicht mehr jede Bewegung gleich zu ultimativen Schweißausbrüchen führte. Mir haben das melodische „Prince Of Wallachia“ vom 2015er Album „Battle Breed“ und das brachiale „Charlatan Messiah“ vom 2012er Debütalbum „Melevolent“ sehr gut gefallen. Wiederum eine Band, die ich nicht auf dem Schirm hatte und mich positiv überrascht hat.
Setlist: Unbroken; Manhunt; Well Of Decay; Slaves Of War; Woods Of Dismay; Der Landkreuzer; The Last Crusade; Charlatan Messiah; Prince Of Wallachia; The Dark Age; Dreadlord.
Desaster aus Koblenz wären der Headliner des letztjährigen, aufgrund der zu dem Zeitpunkt geltenden Corona Maßnahmen auf 800 Besucher limitierte Festival gewesen. Weshalb wären? Weil kurz vor dem Start ihres Sets ein dermaßen heftiges Gewitter niederging, dass an eine Fortsetzung des Festivals nicht zu denken war und das Gelände geräumt werden musste. Dieses Mal ging zumindest bei Desaster alles gut und die Band konnte ihren Auftritt ohne Wetterkapriolen wie geplant durchziehen. Das Quartett wurde bereits 1988 gegründet, und hat mittlerweile neun Studioalben veröffentlicht. Ich habe die Band in der Vergangenheit mehrfach live gesehen und hatte sie stärker in Erinnerung als der Gig, den sie an diesem Abend gezeigt haben. Die Band agierte routiniert und hat die Songs auch sauber gespielt, aber eventuell lag es an der Hitze, dass der Funke nicht richtig auf mich und den Rest der Anwesenden überspringen wollte. Die Band hatte trotzdem Spaß und es war cool vor allem die alten Klassiker der Band wie „Teutonic Steel“ oder „Metallized Blood“ wieder einmal live gesehen bzw. gehört zu haben.
Was dann in Form von Rotting Christ folgte, war Heavy Metal in Reinkultur. Der warme, atmosphärische Black Metal, angereichert durch orchestrale und klerikale Soundelemente, besticht eher durch Punch und Groove und als durch Tempogebolze. Ich habe die Band in der Vergangenheit mehrfach live gesehen und das Quartett aus Athen hat immer überzeugt und geliefert. Heute haben sie das Festivalgelände jedoch regelrecht in Schutt und Asche gelegt. Rotting Christ haben sich zu einer echten Undergroundlegende entwickelt. Gegründet in den späten 1980er Jahren, waren sie eine der Pioniere der damals frisch aufkommenden Black Metal Szene und die erste griechische Metalband überhaupt, die außerhalb Griechenlands für Furore und Beachtung sogen konnte. Damit haben sie die Türen für später folgende Bands wie Suicidal Angels oder Diviner geöffnet. Das Quintett bestehend aus den Tolis Brüdern Sakis (Gesang und Gitarre) und Tolis (Drums) wird live durch die wild propellerbangenden Kostas Helitos (Bass) und Kostis Foukarakis (Gitarre) ergänzt. Zusammen ergab dies eine ultimative Livekonstellation, die mich richtiggehend weggeblasen hat. Einerseits spielten die vier Griechen eine abwechslungsreiche Setlist, die eine Vielzahl an Klassikern kombiniert mit aktuelleren Songs berücksichtigte. Andererseits hatten Rotting Christ eine Kompaktheit und einen Druck in ihrem Sound wie keine zweite Formation im Laufe des Festivals. Ein qualitativ hochstehender und sympathischer Auftritt, der niemanden unzufrieden zurück gelassen haben dürfte. Für mich waren die brachiale Darbietungen der Klassiker „King of A Stellar War“ (1996) und das grandiose „Grandis Spiritus Diavolos“ (2013) eine echte Offenbarung. Der Auftritt hat der Band definitiv ein paar neue Anhänger verschafft, habe ich doch von einigen Fans, welche die Band vorher nicht kannten, nur positives Feedback bekommen. Wer nach Rotting Christ eine Bühne entern muss, kann eigentlich nur den Kürzeren ziehen. Eine Tatsache, welche auch der heutige Headliner Destruction anerkennen musste.
Destruction feierten auf dem Baden in Blut 2022 einerseits 40 Jahre (!) Bandbestehen und andererseits eine lupenreines Heimspiel. Die 1982 in Weil am Rhein gegründete Band ist eine der Speerspitzen der (deutschen) Thrash Metal Szene. Leider ist nach dem Abgang von Mitgründungsmitglied Mike Sifringer von der Originalbesetzung nur noch Sänger/Basser Schmier mit von der Partie, was der Stimmung im Publikum aber keinen Abstrich tat. Die mittlerweile als Quartett agierende Band zeigte viel Spielfreude und man brannte im wahrsten Sinne ein amtliches Feuerwerk in Form einer entsprechenden Pyroshow ab. Trotzdem wollte der Funke bei mir nicht richtig zünden. Die Band bemühte sich amtlich und zauberte auch eine tolle Setlist aus dem Ärmel, trotzdem konnte man die geniale Performance von Rotting Christ nicht toppen. Für die (einheimischen) Fans ließ die Band zudem alle ehemaligen Bandmitglieder (z.B. Harry Wilkens (Gitarre, 1987-1990), Sven Vormann (Drums, 1999-2001) oder Thomas Rosenmerkel (Gesang, 1993-1998)) für einen Song mitspielen, so dass die Jubiläumsfeier auch in einer Art freundschaftlichem Rückblick gipfelte. Bei „Total Desaster“ durfte auch der Stammproduzent und quasi fünftes Bandmitglied V.O. Pulver (Gurd, Poltergeist) die Axt mitschwingen. Dass bei der ganzen Aktion ex-Gitarrist Mike nicht mit von der Partie war, konnte man aufgrund der jüngeren Ereignisse durchaus nachvollziehen. Während des Destruction Gigs zogen rund um das Festivalgelände bedrohliche Gewitterwolken auf und es konnten zahlreiche beeindruckende Blitzabfolgen bestaunt werden, die einen tollen Kontrast zur Pyroshow auf der Bühne gaben. Nach ca. 2/3 des Sets setzte dann auch ein kurzer Platzregen ein, was die Festivalorganisatoren dazu veranlasste, das Festival, wie bereits im Vorjahr, abbrechen zu müssen. Rundum eingekesselt von Gewitterzellen war das eine schmerzhafte, aber wohl richtige Entscheidung. Durch den Abbruch fiel dann leider der letzte verbliebene Gastauftritt von Poltergeist Frontmann André Grieder (er hat Cracked Brain (1990) eingesungen) sprichwörtlich ins Wasser. Schlussendlich ereilte das Festival wiederum ein ungewolltes, vorzeitiges Ende des Tages (festivus interruptus sozusagen), aber die Sicherheit der Bands und Fans geht definitiv vor. In der Hoffnung auf stabileres Wetter am Samstag machte ich mich recht zügig auf meinen kurzen, ca. sieben Kilometer langen Heimweg.
Setlist: Intro; Diabolical; Deathtrap; Nailed To The Cross; Mad Butcher; Repent Your Sins; Release From Agony; Live Without Sense; The Butcher Strikes Back; Tormented Soul; Eternal Ban; Fuck The USA; Total Desaster; Curse The Gods.
Tag 2. Samstag, 23.07.2022: Vanish, Striker, Khors, Carnation, Suicidal Angels, Long Distance Calling, Necrophobic, Primordial, Soilwork.
Nach einer durch stundenlangem Regen kühleren Nacht machte ich mich bereits sehr früh auf den Weg zurück zum Festivalgelände. Von Basel her kommend, kann man sehr bequem per Bus vom Claraplatz in ca. zehn Minuten direkt vor das Festivalgelände fahren. Der Bus war zur Hälfte mit Metalfans gefüllt, und so kam ich rechtzeitig am noch recht ruhigen Festivalgelände an, um die erste Band zu sehen. Zum ersten Mal an einem Baden in Blut Festival war ich rechtzeitig vor Ort!
Die bereits im Jahre 2000 gegründeten Vanish aus Stuttgart hatten die undankbare Aufgabe, den zweiten Festivaltag kurz vor Mittag zu eröffnen. Die Band gewann die 2021er Blood Battle und konnte sich dadurch den Eröffnungsslot am diesjährigen Baden in Blut ergattern. Die Band hat drei Alben, zwei EPs und ein Demo zu Buche stehen, und kann daher nicht als Newcomer Band gesehen werden, was auch der ziemlich professionelle Auftritt erklären dürfte. Der leicht progressiv angehauchte Heavy Metal (erinnerte mich teilweise etwas an Brainstorm), wollte aber den Schlaf noch nicht aus den Augen der erst spärlich anwesenden Fans treiben. Die Band hatte trotzdem Spaß und spielte ihren 30minütigen Set sauber und gekonnt zu Ende. In der bereits recht heißen Mittagssonne war schon das Zuschauen schweißtreibend. Als Start in einen heißen zweiten Festivaltag war es jedenfalls ein guter Auftritt, und die mir komplett unbekannten Songs wussten zu gefallen. Eine Band, die ich sicherlich genauer begutachten werde. Dass man das mitgebrachte Merchandise nur bei der Signing Session, welche kurze Zeit später stattfinden sollte, käuflich erwerben konnte, sei gemäß Sänger Bastian (tolle Stimme!) wirtschaftlich vielleicht nicht der cleverste Schachzug, aber sie hätten sich zu diesem Schritt nun mal entschieden. Ich denke, wer ein Shirt wollte, hat dieses auch bekommen. Die Band weiß zumindest was sie will, und zieht ihr Ding schnurgerade durch. Und dass man sich als Schwabe auch in Baden wohlfühlen kann, auch dieser Seitenhieb an die Rivalität der zwei Regionen Baden und Württemberg, sei dem Quintett verziehen.
Setlist: Pale King; Follow; Disbelief; Silence; Make-Believe; Crowdpiercer.
Kurz darauf folgte dann ein weiteres Highlight des diesjährigen Baden in Bluts. Striker aus Kanada hatte ich zuletzt am Headbangers Open Air im Jahre 2011 live gesehen. Leider hatte die Band in der jüngeren Vergangenheit trotz stets starker Alben immer wieder mit Line-up Problemen zu kämpfen, so dass aktuell nur noch Sänger Daniel Cleary und Gitarrist Chris Segger vom Original Line-up übrig geblieben sind. Das aktuelle, sechste Album „Play To Win“ stammt aus dem Jahre 2018 und wird auf einer kurzen Tour durch Europa promotet. Alle Studioalben der Band aus Edmonton sind qualitativ hochstehend und gehören in jede gut sortierte Plattensammlung. Der Qualität der Musik haben die Besetzungswechsel glücklicherweise keinen Abbruch getan und das Quintett startete um kurz nach halb eins am Nachmittag in der prallen Sonne in einen fulminanten Gig. Tolle Melodien, gepaart mit einer agilen und selbstsicheren (wenn auch nicht immer bierernsten) Bühnenshow, lockten dann doch einige Fans aus dem Biergarten vor die Bühne, so dass die Kanadier den frühen Festivalslot als vollen Erfolg verbuchen durften. Frei nach dem Motto „Full Speed Or No Speed“ (von 2010er Album „Eyes Of The Night“) bangte und poste sich die Band in sympathischer Manier durch ihren 35 Minuten Slot und konnte dabei auf sehr gute Publikumsresonanzen zählen. Ich hoffe, es dauert nicht wieder mehr als zehn Jahre, bis ich die Band wieder live zu Gesicht bekomme. Hymnen wie „Fight For Your Life“ (vom „Armed To The Teeth“ Album (2012)), sind einfach tolle Livesongs, die man sofort mitgrölen kann, und auf jedem Festival für gute Stimmung sorgen.
Nach der Absage von Sulphor Aeon konnten Khors aus der Ukraine relativ kurzfristig verpflichtet werden. Diese Verpflichtung wurde im Netz im Vorfeld kontrovers diskutiert. Wie kann man eine Band aus einem Kriegsgebiet an ein Festival mit diesem Namen bringen, war einer der Kommentare. Die Organisatoren wollten aber bewusst ein Zeichen setzen und eine ukrainische Band verpflichten. Kohrs wurden 2004 in Kharkiv gegründet und können sieben Studioalben vorweisen. Als die Band am frühen Nachmittag in langen, schwarzen Ledermänteln, die immer noch in der prallen Sonne stehende Bühne betraten, bekam ich schon beim Anblick einen Hitzeschock. Nach der positiven Energie, welche Striker zuvor verbreitet hatten, war der relativ primitive Black Metal des ukrainischen Quartetts doch ein arger Kontrast. Der Fokus der Setlist lag auf eher neuerem Material, wobei der abschließende Track „My Cosack Way“ (2015) der älteste Song darstellte, der heute zum Besten gegeben wurde. Ich fand den Sound zu eintönig und dadurch für mich langweilig. Aber vielleicht ist es genau diese Eintönigkeit, welche die Magie der Band ausmacht? Mir blieb diese allerdings verschlossen. Trotzdem war es ein solider und musikalisch sauberer Auftritt.
Setlist: Starvation; Blissforsaken; The Mist; Beyond the Bestial; Frigit Obscurity of Soul; My Cossack Way.
Carnation aus Belgien kamen dann deutlich beweglicher aus den Pötten als die Ukrainer zuvor. Passend zum Bandnamen (fleischfarben) war Sänger Simon Duson ganzkörperlich in (Kunst?)-blut getränkt. Die Band aus Antwerpen wurde im Jahre 2013 gegründet und spielt mit Ausnahme von Drummer Vincent Verstrepen (stieß 2016 zur Band) noch im Original Line-up. Neben zwei Longplayern („Chapel Of Abhorrence“ (2018) und „Where Death Lies“ (2020)), hat das Quintett auch mehrere (Split) 7“-Singles (u.a. mit Bodyfarm, welche gestern gespielt haben), eine EP (2015) und zwei Livealben (2017 und 2021) in der Diskographie stehen. Der Fokus des heutigen Sets lag ganz klar auf dem aktuellen Album „Where Death Lies“. Auch die aktuelle Single „Stench Of Death“ (2022) kam zum Zuge, ein Song der mir sehr gut gefiel und für amtliches Kopfnicken vor der Bühne sorgte. Mit „Plaguebreeder“ bekam das Publikum auch ein Song des Debütalbums zu hören. Die technisch anspruchsvollen Songs (höre nur ich hier Chuck Schuldiner’s Death als Einfluss?), welche eine gute Prise Thrash Metal enthalten, wurden sauber zum Besten gegeben und die Matten der Seitenfraktion waren praktisch permanent in Bewegung. Bei „Sepulcher Of Alternation“ durfte man tatsächlich coole Gitarrenmelodien genießen. Ich kannte die Band im Vorfeld nicht, werde mir aber die Tonträger der fünf Belgier sicherlich mal zu Gemüte führen. Ein starker Auftritt in der sengend heißen badischen Sonne, der weiteren Durst nach Kellerbier (nicht Blut!) nach sich zog.
Setlist: Reincarnation; Iron Discipline; Plaguebreeder; Malformed Regrowth ; Necromancer; Sepulcher Of Alternation; Stench Of Death; Where Death Lies; Fathomless Depths.
Suicidal Angels aus Athen wurden 2001 gegründet und über die Jahre hinweg habe ich die Band schon mehrfach live gesehen, und wurde dabei nie enttäuscht. Das letzte Mal ist aber eine gefühlte Ewigkeit her. Daher war ich gespannt, wie sich die Griechen aus der Affäre ziehen würden. Auch wenn viele behaupten, dass Suicidal Angels unspektakulären Thrash Metal spielen würden, so tun sie dies zumindest mit einer beachtlichen Tightness und Präzision. Das Triolengewitter des Openers „Endless War“ war schon beeindruckend. Solche Songelemente erinnern mich immer wieder an die guten alten Annihilator. Als bekennender Jünger von Jeff Waters (Annihilator’s Mastermind) und seinen wechselnden Side Kicks muss ich wohl Suicidal Angels gut finden? Beim anschließenden „Born Of Hate“, wurde das Gaspedal mal so richtig durchgedrückt. Der Fokus des heutigen Sets lag ganz klar auf dem aktuellen Longplayer „Years Of Agression“ aus dem Jahre 2019, aber auch der Vorgänger „Division In Blood“ (2016) wurde mit drei Songs berücksichtigt. Neben den erwähnten Annihilator waren Slayer als klarer, omnipräsenter Einfluss der Griechen deutlich herauszuhören (siehe z.B. „Front Gate“, „Eternally To Suffer“ oder „D.I.V.A.“). Mit Songs à la „Bloody Ground“ oder dem über siebenminütigen „The Sacred Dance With Chaos“ konnte die Band aber auch durchaus Eigenständigkeit an den Tag legen. Leider wurde kein Song des fulminanten Debütalbums „Eternal Damnation“ (2007) berücksichtigt, dafür bekam man in Form von „Apokathilosis“ (vom „Sanctify The Darkness“ Album (2009)) eine echte Abrissbirne als Rausschmeißer vorgesetzt. Es scheint das Festival der Griechen gewesen zu sein, denn neben den brillanten Rotting Christ vom Vortag, zählten auch Suicidal Angels für mich zu den stärksten Bands des ganzen Wochenendes.
Setlist: Intro (Jaws); Endless War; Born Of Hate; Years Of Aggression; Front Gate; Eternally To Suffer; Bloodbath; Bloody Ground; D.I.V.A.; Capital Of War; Reborn In Violence; The Sacred Dance With Chaos; Apokathilosis; Outro (Sharp Dressed Man).
Ein echter Kontrast zu den Griechen von Suicidal Angels zuvor waren dann Long Distance Calling. Die Band wurde 2005 gegründet und hat bereits acht Alben veröffentlicht, wovon vor allem die letzten Alben Top Ten Platzierungen in den deutschen und schweizer Charts verzeichnen konnten! Eine beachtliche Leistung für eine Band, die reine Instrumentalisierung ohne Gesang zelebriert. Long Distance Calling bestehen aus ausgezeichneten Musikern (wie andere Bands auf diesem Festival ebenfalls), produzieren aber einen Sound, der irgendwie nicht so recht auf ein Festival passen will. Zu vertrackt und langatmig erscheinen die Instrumentalstücke, um das Publikum richtig abgehen zu lassen. So zumindest meine unqualifizierte Meinung im Vorfeld, welche die Band elegant zu widerlegen wusste. Die Stücke wurden punktgenau und mit einer beachtlichen Präzision gespielt und in einem druckvollen Soundgewand auf das Publikum losgelassen. Soundtechnisch nicht meine Baustelle, aber trotzdem war es toller Auftritt des Quartetts aus Münster, der auch im Publikum ausgezeichnet ankam. Für mich eine der Überraschungen des Festivals, aber auch ein willkommener Zeitpunkt, sich im spärlich vorhandenen Schatten des Infields ein kühles Lasser Kellerbier (Vorsicht Suchtgefahr) zu genehmigen, und dem Treiben auf der Bühne aus sicherer Distanz zuzuschauen.
Setlist: Curiosity Pt 1 & 2; Hazard; Giants Leaving; Ascending; Black Paper Planes; Skydivers; Out There; Arecibo; Metulsky Curse Revisited.
Necrophobic aus Stockholm legten einen der professionellsten Gigs aufs Parkett des diesjährigen Baden in Bluts. Hätte man zur Mittagszeit das ausgeprägte Corpse Painting noch als zu viel Sonnencreme auslegen können, passte die Gesichtsfärbung zur Dämmerung nun deutlich besser, auch wenn die fünf Schweden eigentlich komplette Dunkelheit für ihren düsteren Sound gebraucht und verdient gehabt hätten. Auch wenn die Band bereits 1989 gegründet wurde, und neun Studioalben vorzuweisen hat, hatte ich das Quintett bisher noch nie live gesehen. Was ich aber an diesem Tag gesehen habe, hat mir ausgezeichnet gefallen. Eine gut eingespielte Band, die für amtlich Rabatz auf der Bühne und den entsprechenden Resonanzen im Publikum sorgte. Vor allem die Mimiken von Sänger Anders und das Stage Acting der ganzen Band passten perfekt zum Sound. Ein Band, die ich definitiv mal auf Tonträger anchecken werde. Dem Publikum hat es auch sichtlich Spaß gemacht, so dass amtlich Bewegung in den vorderen Reihen herrschte. In der Setlist wurden primär das aktuelle Album „Damn Of The Damned“ (2020), dessen Vorgänger „Mark Of The Necrogram“ (2018) und das Zweitwerk „Darkside“ (1993) berücksichtig, so dass eine gute Balance zwischen alten und aktuellen Tracks entstand. Zum Anschluss des tollen Sets wurde mit „The Nocturnal Silence“ ein ultimativer Klassiker vom gleichnamigen Debütalbum ausgepackt, ein mehr als würdiger Abschluss eines ausgezeichneten Auftritts! Wer auf gut strukturierten Death Metal mit speedigen Elementen steht, sollte diese Band unbedingt (live) antesten. Für mich zusammen mit den Griechen von Rotting Christ und Suicidal Angels die beste Band des Festivals.
Setlist: The Infernal Depths Of Eternity; The Call; Black Moon Rising; Mirror Black; Mark Of The Necrogram; Devil’s Spawn Attack; Tsar Bomba; Revelation 666; Blinded By Light, Enlighted By Darkness; Darkside; The Nocturnal Silence.
Irgendwie sind Primordial bei mir mit angrenzenden deutschen Festivals verknüpft. Das erste und bisher zumindest bewusst zum letzten Mal sah ich die Band im November 2008 als Headliner des Metal Forces Festival im Wasserwerk zu Lörrach, nur wenige Kilometer vom heutigen Festivalgelände entfernt. Die Band aus Dublin wurde bereits 1992 gegründet und kann auf bereits neun Studioalben zurückgreifen, wobei der Fokus der heutigen Setlist auf dem 2007er Album „To The Nameless Dead“ lag und nicht auf dem aktuellen Album „Exile Amongst The Ruins“ (2018). Der durch keltische Elemente angereicherte Black Metal kam nicht nur bei mir gut an, sondern sorgte auch im Publikum für gute Resonanzen. Nachdem die Sonne nun endlich das Infield verlassen hatte, war die schier unerträgliche Hitze des Nachmittags Vergangenheit, was den anhaltenden Durst nach Kellerbier aber (noch) nicht mildern wollte. Die fünf Iren spielten sich gekonnt durch ihren abwechslungsreichen Set, wobei der Fokus des Bühnengeschehens klar auf Frontman Alan lag, der das Publikum jederzeit gut im Griff hatte, wodurch die teils langen Songs zu keiner Zeit langweilig wurden. Die Highlights des Sets waren für mich das toll gesteigerte, treibende „To Hell Or The Hangman“, der einzige Song vom aktuellen Album „Exile Amongst The Ruins“, das schleppende „Wield Lightning To Split The Sun“ vom 2014er Album „Where Greater Men Have Fallen“ und das abschließende „Empire Falls“ vom „To The Nameless Dead“ Album. Ein musikalisch hochstehender, tighter und kompakter Auftritt, der mir richtig Spaß gemacht hat.
Setlist: Where Greater Men Have Fallen; No Grave Deep Enough; Sons Of The Morrigan; As Rome Burns; Traitors Gate; To Hell Or The Hangman; The Coffin Ships; Heathen Tribes; Wield Lightning To Split The Sun; Empire Falls.
Soilwork werden nie meine Band werden. Auch wenn ich ihrer Karriere durchaus Tribut zolle, will der Funke bei der Musik einfach nicht zünden bei mir. Erklären kann ich dies zwar nicht, aber so ist es nun mal. Die Band wurde 1996 in Helsingborg gegründet und hat dieses Jahr mit Övergivenheten ihr mittlerweile 12. Studioalbum veröffentlicht. Mit dem eingängigen Titeltrack startete die Band dann heute Abend auch in ihren Set, der für dichte besetzte Ränge im Infield sorgte. Der Hauptfokus der Setlist lag allerdings auf dem Vorgängeralbum „Verkligheten“ aus dem Jahre 2019. Im Großen und Ganzen spielte die Band aber einen repräsentativen Querschnitt durch ihre Laufbahn und berücksichtigte auch drei Songs vom 2005 er Album „Stabbing The Drama“. Die Band wirkte eingespielt und routiniert, und die Songs wurden sauber gespielt. Das Publikum war zwar zahlreich erschienen, aber wohl schon zu müde, um noch komplett durchzudrehen. Bei mir zeigten dann die ganztägige Hitze und das Kellerbier ihre Wirkung und ich beschloss mir den Headliner nicht mehr bis zum Schluss anzusehen und den Heimweg anzutreten. Was ich von Soilwork gesehen habe, war gut und dem Publikum schien es zu gefallen, was ja die Hauptsache war, unabhängig meinen persönlich Präferenzen. Generell haben alle Bands abgeliefert, und ich habe keinen schlechten Auftritt an diesen beiden Festivaltagen gesehen.
Setlist: Övergivenheten; This Momentary Bliss; Stabbing The Drama; Full Moon Shaols; Like An Average Stalker; The Living Infinite I; The Crestfallen; The Nurturing Glance; Bastard Chain; The Bringer; Nous Sommes La Guerre; The Ride Majestic; Witan; Death Diviner; Nerve; Arrival; Stålfågel.
Das Baden in Blut war auch in der 2022er Ausgabe wieder eine echtes Highlight des Festival Sommers. Die Organisatoren haben es wiederum geschafft, ein ausgezeichnetes Billing zusammenzustellen, bei dem ich einige für mich neue Bands entdecken konnte, aber auch Bands bewundern durfte, die ich seit längerem auf keiner Bühne mehr gesehen hatte. Wir durften zudem ein Zweitagesfestival erleben, bei dem durchwegs die Qualität im Vordergrund stand, sei es bei der Musik oder auch bei der Verpflegung. Zwei friedliche Tage ohne Stress wobei die Aggressionen ausschließlich von der Bühne kamen. Dem damit verbundenen Dank ans OK folgt sogleich die Drohung, dass ich nächstes Jahr wieder kommen werde.
Autor: Stephan Bachmann
Pics: Daniel Strub