Bergkamen Metalized Vol. 6
Bergkamen, Soundclub Yellowstone, 11.10.2019
Bereits zum sechsten Mal heißt es Bergkamen Metalized, mit vier Bands, die sich aus dem metallischen Untergrund der umliegenden Regionen hervor drücken. Die Opener des heutigen Konzertabends kommen aus Gelsenkirchen und nennen sich Death Metal Sickos. Und tatsächlich sehen Rotting Demise auch gar so gesund nicht aus, wie der Vierer mit Facepaintings bei vollem Licht leichenstarr vor dem Publikum steht, bis man nach Ablauf des Intros loslegt. Die Gesamtoptik wird durch eine Bühnendeko mit aufgehangenen Gummikörperteilen abgerundet. Wo das alles eher nach Black Metal aussieht, erkennen die Ohren jedoch tatsächlich eher Death. Während Shouter Damian Growls und grindige Squeals bringt, steht er zusammen mit seiner Optik plus blutverschmiertem Messer im krassen Gegensatz zu seinen sehr freundlichen Ansagen. Das musikalische Tiefenfeuer lodert gut untenrum und zu „The Arrival Of The Apocalypse“ wird der Ruppfaktor noch einmal erhöht. Das neueste “Arachnophobia“, welches auf dem neuen Album im nächsten Jahr erscheinen soll, beschließt den regulären Set, bevor das noch nachgeschobene Titelstück „Casket Birth“ die Spielzeit auf vierzig Minuten erhöht.
Spiker wurde als Fun Projekt gestartet und sicher fegen die Jungs nicht gänzlich ohne Spaß durch ihren Set, auch wenn man trotz Sonnenbrillen nicht ganz ohne Nervosität auf den Brettern steht. Mit Leistungsträger Max von Erazor, der inzwischen auch bei Attic in die Saiten greift, hat der Vierer einen soliden Axtmann in seinen Reihen, der flink Riffs, Leads und Soli nahtlos aneinander tackert. Mit einer Gitarre klingt es in den Leads und Soli etwas dünner, liegt aber in der Natur der Sache. Nicht nur Songtitel wie „Sensenmann“, „Saufen An Der Meile“ und „Kiste Bier“ haben schon einen punkigen Einschlag, sondern auch der metallische Heavy Rock der Essener. Das qualitativ hochwertige Startriff mit den einsetzenden Drums des Songs „Rock Der Es Bringt“ ist tatsächlich auf den Punkt das, worum es im Metal geht und leider auch das, was reineren Metalbands nicht immer gelingt. Den Essenern doch egal, die grad mit dem “Der Straßenblitz” tempomäßig noch ne Schippe Kohlen drauflegen. Im Gesamtergebnis schon eine ziemlich fette Sache, und das nicht nur deswegen, weil mit einer Achtungsversion von Priests „Hell Bent For Leather“, in der Max die Griffe von Tipton und Downing gleichermaßen übernimmt, abgeschlossen wird. Warum auch immer, jedenfalls fällt der Applaus für die Stachelgang nach fünfundvierzig Minuten wesentlich zu knapp aus.
Hinter dem Bandnamen Treibstoff kann man deutschsprachige Texte vermuten und liegt damit schon mal richtig. Nicht ganz korrekt dagegen ist die Triostärke auf der Bühne, denn “Unser Gitarrist ist im Urlaub, normalerweise mach ich nur Gesang!” erklärt Flo, der Mann in der kurzen Adidas Sporthose, welcher seinen Doppeljob allerdings anständig erledigt. Würzig auch seine Ansagen wie “Wir kommen aus der Kloake Dortmund” und zum Songtitel “Attackier Mich”: Das würde auf dem Rücken ihrer Shirts ganz gut kommen, wenn man damit durch die Fußgängerzone läuft. Musikalisch geht man etwas moderner zu Werke, ordnet sich im Groove Metal ein und kann Nuancen von Core nicht verleugnen. Höhepunkt allerdings, bevor die Westfalen mit ihrem Trio-Auftritt nach gut vierzig Minuten über die Ziellinie gehen, ist noch nicht einmal ihre verzackte Version von Westernhagens “Sexy“, sondern dass Flo als ehemaliger Veganer zu “Friss Fleisch” ein Stück rohe Leber verzehrt. Ob’s zuvor von Rotting Demise tranchiert wurde, wurde vor Ort nicht mehr ermittelt.
Die Dorstener hatten mal Matthias an den Fellen sitzen, der heute bei Exumer trommelt. Jetzt haben sie mit Pieter Hengst ein frisches Talent am Start, der heute Abend auch noch in seinen Geburtstag reinspielt. Den gesamten Gig durch immer wieder bemerkenswert, welche Leistung der Mann abruft. Zu hervorragenden Soundverhältnissen rappelt’s im Karton, denn als die Maschine von Dipsomania erst läuft, wird es richtig tight. Die Songs gehen ineinander über , “One Second Of Existence“ ertönt und es knallt mal so richtig. Das Quartett beherrscht inklusive uncleanen Shouts und einem sicher nicht zu leise eingestelltem Bass jedes Obertempo. Die Dorstener Thrasher gründeten sich schon Ende der Achtziger, haben aber erst im vergangenen Jahr mit “Uncompromising” ihr Debüt veröffentlicht. Außerdem stellt Shouter Dirk Karwinski, mit einer Mikrostange wie Chuck von Testament bewaffnet, für nächstes Jahr eine neue EP in Aussicht. Schön, dass sie wieder am Start sind, zumal sich der Vierer heute als absoluter Glücksgriff erweist, auch wenn wie bei allen Bands heute Abend eine Gitarre im Line-up zu wenig ist und bloß fünfzig Minuten Spielzeit plus Zugabe „Konzentrationslager“ für einen Kracher wie Dipsomania nun echt zu wenig sind. Dem Quartett hätte man noch lange zuhören können, deswegen schauen wir doch mal nach ihren nächsten Auftritten.
So neigt sich Bergkamen Metalized Vol. 6 dem Ende zu und es darf resümiert werden, einen gelungeneren Freitagabend hätten wir heute in der Region nicht verbringen können. Das Datum für Vol. 7 sollte in Kürze auf diesen Seiten in Erfahrung zu bringen sein.
Autor & Pics: Joxe Schaefer