BLITZKRIEG – same

Anhänger der altehrwürdigen NWOBHM dürfen sich im September gleich zweimal freuen. Beinahe zeitgleich erscheint neben dem neuen Satan Album „Songs In Crimson“ auch ein neues, selbst betiteltes Album der Band Blitzkrieg. Im Dreh- und Angelpunkt des Geschehens steht selbstredend ein gewisser Brian Ross, der mit seiner unverwüstlichen Stimme (der Gute muss in den Zaubertrank gefallen sein) auch bei seinem zweiten musikalischen Standbein vollends überzeugen kann. Und man darf sich sogar noch einmal mehr freuen: „Blitzkrieg“ ist mit Sicherheit im vorderen Bereich der Diskographie anzusiedeln. Selbstredend gibt es dort keinerlei Ausfälle zu beklagen, aber nur selten gibt es Ausreißer nach oben, die es sogar mit einem Satan Album aufnehmen können. Dieses Kunststück ist zuletzt 2013 geglückt, und es hat bis zum September 2024 gedauert, bis es wieder soweit war. Sicherlich darf man beide Bands nicht 1:1 vergleichen, denn lediglich die Stimme ist beiden Bands gemein. Sowohl im Songwriting als auch vom Sound her gibt es deutliche Unterschiede. Ist der Sound bei Satan in den letzten Jahren sehr organisch und „naturbelassen“ gewesen, ist dieser bei Blitzkrieg relativ zeitgemäß. Die Kompositionen sind oft variabel gestaltet, erzählen kleine (Horror/Fantasy-)Geschichten und greifen nur selten sozialkritische oder aktuelle gesellschaftliche Themen auf. Letzteres ist eher bei Satan der Fall. Es macht durchaus Sinn dieses Album schlicht und ergreifend „Blitzkrieg“ zu nennen, denn hier werden alle Facetten der vergangenen Alben gebündelt und die Stärken noch mehr herausgearbeitet. Was beim Vorgänger „Judge Not“ (2018) etwas fahrig wirkte, ist jetzt wie aus einem Guss. Insgesamt ist alles stimmiger und runder geworden. Zudem geizt man nicht mit Ohrwürmern.

Gleich das Eröffnungsdrittel macht da keine Gefangenen, allen voran Single Nummer eins „The Spider“ hat Hit Potenzial. Sein nicht unwesentliches Scherflein trägt bestimmt Neugitarrist Nick Jennison dazu bei. Hört euch nur den furiosen Mittelpart von „Dragon’s Eye“ an. Oder das Eröffnungsriff des Openers „You Won’t Take Me Alive“, welches offensichtlich eine Hommage an den Madman aus Birmingham zu sein scheint. Wer denkt hier nicht sofort an Ozzy‘s Hit „Bark At The Moon“? Riffs so schneidig wie Miraculix’ Sichel möchte man meinen. Die zweite Single „If I Told You“ ist dagegen eher stampfend, hat aber ein klasse Gitarrensolo in petto. „Vertigo“ ist im gehobenen Midtempo angesiedelt und verfügt über eine zunächst recht schräge Bridge, die allerdings nach kurzer Eingewöhnung super „funktioniert“ und diesen Song zu einem echten Earcatcher macht. Auch hier ist die Gitarrenarbeit die vielzitierte Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Das mit Radiosequenzen durchsetzte „Above The Law“ ist bei oberflächlicher Betrachtung, durch seine melodische und eingängige Ausrichtung, zunächst unscheinbar. Beim genauen Hinhören findet man dann doch die nötigen ‘Twists and Turns’ und selbstverständlich Kabinettstückchen seitens der Sechssaitenfraktion wieder. „I Am His Voice“ kommt wesentlich harscher daher und am Ende des Songs gibt es gar „Ohohoho“-Chöre, die hier passend sind und mit einem Gitarrensolo verschmelzen. Insgesamt eine Nummer, die für Aufbruchstimmung sorgt und zum nächsten Albumhighlight führt. Wurde auf „Unholy Trinity“ (1995) und „Back From Hell“ (2013) Jack The Ripper thematisiert, handelt „The Night He Came Home“ von Mike Myres aus der Halloween Saga. Musikalisch perfekt umgesetzt und stark an der Soundtrack Melodie orientiert. Diese Mini-Epen machen das „gewisse Etwas“ bei Blitzkrieg aus. Der Einfluss von Alice Cooper, ein großes Vorbild von Herrn Ross, ist unüberhörbar. Es ist eine wahre Freude, wenn Brian sich anschickt, sein „Steven“ zu kreieren. Das Grand Finale bildet eine großangelegte Ballade mit dem Titel „On Olympus High – Aphrodite’s Kiss“, welche trotz über acht Minuten Spielzeit, nicht zu lang ausgefallen ist. Was ebenfalls für das gesamte Album gilt.

Neun Songs und fünfzig Minuten Blitzkrieg in Reinkultur und ohne Firlefanz- mehr braucht es nicht. Jetzt müssen Satan nachlegen.

Wertung: 8,5/10
Autor: Michael Staude