BULLET, SCREAMER, ’77, REXORIA

Bochum, Matrix, 06.05.2018


Draußen voll das Sommerwetter, bei dem alle Eis essen und grillen, während es die überwiegend schwarz gekleidete Metallerbrut in dunkle Katakomben zieht, um dem Sound von Stromgitarren zu frönen. Und tatsächlich geht’s in der Bochumer Matrix ins Kellergewölbe, denn oben im Rockpalast spielen zeitgleich Tri State Corner. Gleich pünktlich um 19:30 Uhr erscheint mit Rexoria die erste Band der Schweden-Riege auf der Bühne. Gerade mal zwei Jahre sind sie existent und haben bereits zwei melodische Metalalben am Start. Aushängeschild mit der tiefen Stimme ist Sängerin Frida, die mit einstudierten Posen zur Animation eher sich selbst anfeuert, als das Publikum in der sich noch füllenden Location. Frida ruft trotzdem dreimal “How Are You Tonight” in die spärlich gefüllten Reihen. Was gut für die Selbstinstruktion ist, wirkt sich positiv auf die Performance aus, denn Rexoria kommen immer besser an. Der Sound des Vierers basiert auf Melodie und diese wird mit stattlichem Groove gebracht. Besonders cool wirkt das Titelstück ihres neuen Albums „Queen Of Light“. Ob aber das Gejodel im Abschlusstrack “Hurricane“, der einen fast vierzigminütigen Auftritt beendet, wirklich sein muss, würde eher im Mutantenstadl positiv beantwortet.


Nun sind wir aber in der Matrix zu Bochum, wo grad ’77 zum Intro auf die Bühne laufen. Diese Spanier waren schon oft in unseren Breiten live zu Gast und machten mit ihrer AC/DC Attitüde von sich reden, haben sich aber mit ihrem aktuellen Album “Bright Gloom” noch etwas mehr vom “Powerage” Sound der Australier entfernt. Live strotzen sie aber vor Querverweisen an Angus & Co, das gilt auch für das „The Jack”-mäßige „Who‘s Fighting Who“. Im Gegensatz zur Band zuvor benötigen sie nur ein deutlich abgespecktes Drumkit, kommen dafür aber mit oberdeutlichem Punch ihres wilden Drummers, der sich später noch Duelle mit dem Publikum liefert. Überhaupt erreichen die Iberer über die Distanz fast einer Dreiviertelstunde die Fans und könnten wohl beliebig erfolgreiche Mitgrölparts mit anständiger Resonanz platzieren. Daumen hoch! Dabei war es mehr der Zufall, der es wollte, dass die Jungs hier heute spielen. An sich wollten sie als Gäste dem Gig beiwohnen, wurden aber kurzerhand verpflichtet, das Billing anzureichern. Gute Idee, weil’s passt und Laune macht.


Ganz so neu ist die Fünferbesetzung von Screamer nicht mehr, wirkt aber auch immer sicherer und reißt offensichtlich jedes Mal mehr Leute mit. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Schweden besitzen ausschließlich qualitativ hochwertiges Songmaterial. Mit ihrem Anthem „Screamer“ geht die Achterbahnfahrt los und natürlich sind auch die Kracher „Can You Hear Me“ und der Titeltrack “Adrenalin Distructions” vom ersten Album in der Setlist. Da hebt sich die Temperatur im Gewölbe, als ob für sie der Ausfall der Klimaanlage in ihrem Nightliner noch nicht genug wäre. Von der schon temporeich durchgerockten Audienz folgen Screamer-Rufe zwischen den Songs. Nach dem Speedkarren erscheint die Midtemponummer „Keep On Walking fast schon wie eine Ballade, doch die Begeisterung hält auch beim Neueren “Monte Carlo Nights“ an. Dann ein amtliches “Rock Bottom“ und Poff … die Band verabschiedet sich und verlässt die Bühne. Der prall knallige Auftritt des Fünfers wirkt eher wie abgebrochen als beendet, waren wir doch grad alle so schön in Fahrt. Mal sehen, wie Bullet diese fünfundvierzig Minuten toppen wollen.


Wo sich die Jungs von Screamer mit weißen Shirts uniformieren,  trägt man bei Bullet nichts unter der Moppedjacke. Neubasser Gustav Hector zeigt sich optisch ebenfalls oldschool und trägt wenigstens ein löchriges Thor-Shirt darunter, fällt sogar sonst durch sein Rickenbacker Gehämmer mehr auf, als die Bassisten vor ihm in der Band. Neben Rauchsäulen und viel Licht, welches bei allen Bands heute ganz sicher nicht zu wenig war, treten die Växjö Rocker natürlich noch immer unter ihrem Logo mit den Glühlampen auf, haben aber den “Storm Of Blades” Schleifstein daheim gelassen und setzen dafür diesmal auf eine Seifenblasenmaschine, die in “Rolling Home” zum Einsatz kommt. Danach muss ein Roadie auf die Bühne und erstmal aufwischen.

Auch bei Bullet ist die Stimmung bestens, es wird mitgegrölt und abgebangt, wie sich das gehört. Unter bewährte Kracher wie „From Dusk Til Dawn“ mischen sich viele Tracks vom neuen Album wie die Vinylsingle “Fuel The Fire”, “Wildfire” und der der Ohrwurm “Highway Love”, in dem Shouter Hell Hofer gleich die Band vorstellt. Das letzte Stück in der regulären Setlist gehört passenderweise dem erhabenen Titeltrack “Dust To Gold“, dem besten Stück der Scheibe und wohl genialsten der Band ever. Auch das Solo darin, vom Drumpodest ins Publikum gezockt, bringt live die komplette Message rüber. Der Zugabenblock schließt nahtlos an und nach „Turn It Up Loud“ und „Bite The Bullet“ ist der Drops gelutscht. Fünfundsiebzig Spielminuten sind nicht sehr üppig für einen Headliner, darin aber drei Zugaben. Der stattliche Abschluss einer sehr guten Show des Quintetts, die mit dem Tourtross nun weiter über Belgien nach Spanien und Portugal reist.

Autor & Pics: Joxe Schaefer