Charity Unleashed
Duisburg, Parkhaus-Meiderich, 06.05.2023
Für diese Veranstaltung wurde im Vorfeld viel Werbung betrieben, und es sollte sich gelohnt haben, wie sich später herausstellte. Dazu weiter unten mehr. Sunshine spielen demnächst vor Misery Index und sind heute eingesprungen für Wolfskull. Nach dem pünktlich um 16:20 Uhr gedrückten Knopf zum Abspielen des Intros der ersten Band folgt schon ziemlich munteres Acting, und der Basser kommt mit dem Korpus seines Gerätes ganz runter bis auf den Boden. In die Menge geworfen wird direkt zu Anfang schon ohne große Vorwarnung die knallharte Corekante, wie auch von Shouter Martin, der sich auf eine hellere und eine dunklere Stimmfarbe beruft, alles Störende von der Bühne, wie einen leeren Bierbecher und eine Kette Gästeblümchen. Und weil so früh am Tag noch keine gewünschten Reaktionen aus dem Kreise der Anwesenden erkennbar sind, fragt er, ob wir alle eingefroren wären. Wahrscheinlich eher nicht, denn draußen herrschen zwanzig Grad vor. Auch wohl deswegen ist der Fünfer aus Essen häufig nur zu viert auf der Bühne, weil die beiden bereits Genannten ausgiebige Ausflüge in Audienz und Biergarten unternehmen. Nun ja, das Wetter lädt ja auch wirklich dazu ein. Die Metallica und Slipknot Kutten vor uns bangen sich in diesen fünfunddreißig Minuten schon mal warm.
Die nächste Band sieht nach Black Metal aus. Man trägt schwarze Gewänder und Facepaintings, während uns ein Blick auf das Programm verrät, das sind Convictive aus dem hiesigen Umkreis. Eigentlich Schade, dass es draußen noch hell ist, aber als gewöhnlich erscheint hier gar nicht so viel. Grelle und geile Soli sind nicht gerade Usus im Schwarzmetall, werden hier aber sehr gern genommen. Shouterin Nova bringt die Ansagen auch clean. „Ich finde das cool, dass sie blond ist“, sagt die Dame im Metal Inquisitor Shirt neben mir. Im Black Metal wird nicht viel gequatscht, daher ist es in den langen Pausen zwischen den Songs recht ruhig. Derweil gibt es ein Aufatmen an der Theke, denn das Bier läuft wieder. Später mussten noch Fässer nachgeholt werden, schließlich sind Metaller als Konzertbesucher im allgemeinen recht durstige Gesellen. Von der Bühne schallt eine knappe Ansage: „Aaaascheeee! Punkt. Damit ist alles gesagt, den Rest erledigt der Song vom noch immer aktuellen 2018er „Schemen“ Album. Basser Benjamin, noch mit Drummer Marius bei Krähenfeld aktiv, lässt sich gern auf beiden Bühnenseiten sehen. Das kommt alles ziemlich gut an und der Fünfer bekommt so schon früh mächtig Applaus. Viele Samples von Erzähltem und einem Piano werden verwendet, aber sonst wird das kalte Brett gefahren. Das kommt alles richtig, richtig gut! Schade bloß, dass die Band am Merch kein Vinyl am Start hat.
Zeit für Death Metal, Zeit für die Jungs vom Niederrhein. Es waren schon einige Battlesword-Shirts in der Menge zu sehen, das verspricht doch schon mal einen stimmungsvollen Gig. Shouter Axel moniert zwar erst beim Publikum, dass es wie eine Stehparty wirkt, bekommt jedoch problemlos seinen geforderten Circle Pit. Er nennt das Körpergulasch und man bollert sich durch den Set. Das reißt den vorderen Teil im Saal mit, dass Pits jetzt von alleine entstehen. Selbst in leiseren Slowparts geht es mit Kreislaufen weiter. Damit darf auf jeden Fall der Laden jetzt als gut aufgemischt bezeichnet werden. Draußen auf der Wiese wird danach mit einer Ansage auf die Charityidee für Obdachlose hingewiesen und die Herzenswärme-Duisburg e.V. mit dem Hinweis vorgestellt, dass noch Lose zu erwerben sind, deren Verkaufserlös ebenfalls dieser Sache zu Gute kommen.
Gerade noch bei der Verlosung für den guten Zweck nen Eiskratzer von Atomwinter ergattert, spielen auf der Stage ein Shirt von Accept und ein Sänger mit Maiden-Kutte auf. Der Name Ignition steht für sehr hymnisches und nachvollziehbares Material aus der Powermetal-Schublade, mit Titeln wie „Warrior Of The Night“ oder „Unstoppable“. Es wird zu agilem Acting eine positive Stimmung verbreitet und man kann das Zeug des Quintetts locker Mitsingen. Sänger Dennis nennt die gute Sache im Eifer des Gefechts zwar „Charity Unchained“, aber das juckt niemanden, zumal ja jeder weiß, was er meint. Er habe eine coole Stimme, meint die bereits genannte Dame mit dem MI Shirt, wenn auch bei „Whisper From The Dark“ nicht alle Chöre exakt sitzen. Aber die Menge feiert ihre lokalen Helden und Drummer Lukas wird noch vorgestellt, bevor die Duisburger mit „We Are The Force“ in den Sack hauen.
Jetzt wird es für eine Stunde sportlich. Es werden einfarbig schwarze Turnhemden getragen und es wird viel gehüpft. Wir sehen einen LED beleuchteten Gitarrenhals und schräge Frets an dem des Basses. Okay, Words Of Farewell kümmern sich um modernen und leicht progressiven Death Metal, da gibt es keine Missverständnisse. Ihr Shouter ist gesundheitlich angeschlagen und kündigt an, wenn er nicht mehr könne, würde er seine Gesangsparts an den Bassmann übergeben. Doch er zieht aber bis zum Schluss durch, das dürfen wir mal vorwegnehmen. Obwohl er die Audienz nach dem Pegel fragt, trinkt er selbst aus einem Maxi-Tetrapak Grünen Tee. Der Mann hat Humor und läuft wie hyperaktiv über die Bretter. Sein Verweigern der vom Keyboarder bestellten Biere wird zum Running Gag, dafür dürfen wir zwischen den Songs trotzdem sanften Synthieklängen lauschen. „The Midnight Star“ von der aktuellen EP wird noch angesagt, während wir erfahren, das Parkhaus wäre inzwischen ausverkauft. Super Sache, ein voller Erfolg also!
Der zweite Headliner des heutigen Abends hört auf den Namen The Very End, und zelebriert bei einem hyperspeed Einstieg eine Art Familienfest mit vielen alten Freunden. Das modernere Groovematerial der schwarzen Oberhemden, Shouter Björn singt mit zwei Stimmen, clean und unclean, lässt sich nicht einfach auf einen Stil festlegen, sorgt aber mit einiges an Action auf der Bühne für Bewegung davor. Leider müssen wir feststellen, um diese Uhrzeit tun sich in der Menge größere Lücken auf, wahrscheinlich wollten manche Besucher noch den letzten Bus erwischen. Andere feiern noch draußen, aber auf der Bühne ist Feuerwerk, da geht echt was. Das Tempo stimmt und die Personenanzahl genügt noch für kleine Pits. Wir konnten die Band in den letzten Jahren bereits einige Male live sehen, doch
leider haben sie uns noch nie komplett abgeholt. Aber heute Abend kommt ihr Auftritt schon ziemlich geil, für uns wahrscheinlich ihr bester Gig heute. Nach dem Klassiker „Rat Nation“ wird noch einmal ein Applaus für Ausverkauft eingefordert und sich damit bei allen Beteiligten an dieser guten Sache bedankt. Für die bunt eingeladene Mischung an Bands heute, besonders unserem Tagesfavoriten Convictive, gehört auch dem Veranstalter applaudiert, wie auch dem Publikum, das alles abfeierte. Außer Speed, Thrash, Hardrock und NWoBHM-Soundalikes war alles da und wir halten mal für das nächste Charity Unleashed die Augen auf.
Autor & Pics: Joxe Schaefer