Charity Unleashed
Oberhausen, Druckluft, 25.05.2024
Pünktlich und wie angekündigt geht es um 16:20 Uhr los mit Scraper aus Marl. Diesmal nicht im Parkhaus Düsburch, sondern im Druckluft in Oberhausen. Diesen Corefünfer haben wir bereits als Opener des guten, alten Nord Open Airs im Jahre 2022 gesehen und auf dem Thrash Speed Burn. Um diese frühe Zeit ist der Laden schon recht gut gefüllt und wir finden die ersten Banger vor der Stage. Die Band spendet alles an Gage für den Anlass, denn es geht bei diesem Benefiz heute darum, einen möglichst großen Erlös zu Gunsten der Kinderhospiz Dienste zu erwirtschaften. In den gut verständlichen Ansagen wird noch kundgetan, einen Teil der Merchverkäufe ebenfalls spenden zu wollen. Nach der Frage, ob wir bereit für eine Ballade wären, bekommen wir die Antwort: „Wir auch nicht!“ und das neuere „Cold Resistance“ auf die Omme. Alle profitieren von gutem Sound und einem anständigen Bassdruck. Das geschossene „Hunters March“ macht unter Hey-Rufen nach vierzig Minuten den Deckel drauf. Das sehr spät aufgetaute Publikum bekommt trotz seinen Rufen danach jedoch keine Zugabe mehr.
Das zarte Intro lässt noch nicht erahnen, dass Frostshock aus Haltern am See gleich das volle Brett liefern. Weil wir den Vierer aber schon 2023 auf dem Metal Force Attack gesehen haben, wissen wir, gleich kommt die Wand. Und zwar jener Hochgeschwindigkeitsthrash mit Tempowechseln und Doppelfußattacken. Das lässt alles ordentlich mitwippen und macht wach. Arme gehen hoch, aber der geforderte Circle Pit bleibt noch aus. Noch. Die Thrasher nehmen aber mit und setzen Ausrufezeichen. Cool auch, meist ohne Ansagen klar zu kommen, es steht die Mucke im Vordergrund. Wirklich laut fällt der Applaus nach jedem Song aus, als letztes „A Weapon Called …“ Astrein, so muss das! Sehr schade, dass am Merch keine Shirts mit Backprint zu bekommen sind, und auch kein Vinyl. Eine der geilsten Bands des Abends, großartig! Und um es vorweg zu nehmen, so voll wie jetzt wird die Halle danach irgendwie nicht mehr …
Im Jahre 2017 haben wir Orphalis aus Dortmund gleich zweimal gesehen, einmal beim Bergkamen Metalized und einmal in unserer alten Dortmunder Stammkneipe. Das ist schon etwas her. „Erwartet von euch jemand etwas anderes als Blastbeats?“ fragen sie in die Runde, denn ab jetzt gibt’s nur noch Geballer! Insgesamt sind hier übrigens zwanzig Saiten auf den Brettern, die linke Gitarre hat allein schon acht. Und tatsächlich macht der progressivere Death Fünfer keine Gefangenen, weiß bei allem Getrete aber noch Filigranes einzustreuen, auch wenn Shouter Thomas in seiner Ansage keine Gefühle in Aussicht stellt. An sich alles gar nicht unser Ding, kommt aber recht cool rüber. Warum der Saal jedoch nicht so gut gefüllt ist wie zuvor, erschließt sich uns nicht wirklich. Die Band ackert amtlich, bekommt auch intensiv Zuspruch aus den ersten Reihen, nur sorgen zwischen den Songs die klinisch toten Synthie-Einspieler etwas für stilistische Verwirrung. Für alle Interessenten, deren Stiefel das ist, wechselt das aktuelle Vinyl am Merch für dreißig Euronen den Besitzer.
Ehrlich gesagt haben wir jetzt keine Ahnung, wie oft wir die Haudegen von Messerschmitt schon live gesehen haben. Immer wieder tauchen die Jungs mal auf, und legen speedmetallisch kleine Festivals in Schutt und Asche. Heute treten sie als Trio an und beginnen zwar eine Viertelstunde später, aber ein Massengebange vor der Bühne lässt nicht lange auf sich warten. Bock haben sie gemessen am Posing auf jeden Fall und es wird auch mal kurz „Alice In Hell“ angespielt. Auch wenn Basser Flo erst kurz vor Schluss sein Shirt wegwirft, müssen wir von einem gelungenen Auftritt sprechen, der nach fünfundvierzig Minuten endet. Okay, allerdings könnte das bereits vier Jahre alte Album “Consumed By Fire” mal einen Nachfolger vertragen …
Glauben wir einer Konzertbesucherin, dann heißt die nächste Band Error Diktaor. Tatsächlich sind Eradicator derzeit ziemlich aktiv. Zuerst haben wir sie auf dem Bäääm Festival gesehen und auch kürzlich in Unna, doch leider hat ihr letztes Album „Influenced Denied“ schon drei Jahre auf dem Buckel. Doch der Opener „Beyond The Shadows‘s Void“ gibt schon mal einen Vorgeschmack auf das demnächst erscheinende, sechste Album „The Paradox“. Kleine technische Probleme zu Anfang werden professionell und kurzweilig mit einem Drumsolo überspielt. Zwar wird dreimal gefragt, ob wir Bock auf Thrash Metal haben, doch weitere Ansagen, auch bezüglich ihres Zwanzigjährigem, fallen geerdeter aus. Vor Ablauf der Stunde Spielzeit werden einige Hits angespielt, wie den „Painkiller“ und „Ride The Lightning“, „Raining Blood“ und „Ace Of Spades“, aber für den Feuilleton Teil dieses Berichtes sei noch das auf der Bühne getragene weiße Space Balls Shirt erwähnt, das wir als Hinweis darauf deuten, dass man beim Thrashen um das alte Bilstein noch immer Spaß hat.
Doch es wird noch besser, und wir kommen ins Finale, denn es wartet der Höhepunkt des Abend auf uns. Schon mit einem höheren Maß an Spannung erwarten wir den Headliner des Events. Die alten Düsseldorfer gehören zur ersten germanischen Thrashgarde der Achtziger und wir alle kennen ihr „The Upcoming Terror“ Album auswendig. Sehr geil der Assassin Auftritt 2019 im Vorprogramm von Sodom in der Turbohalle. Nach dem Intro gibt uns der Fünfer, seit einiger Zeit ist auch Sodom Gitarrist Frank Blackfire mit von der Partie, während Shouter Ingo nicht mehr zusätzlich bei Bonded ist, das erwartete Vollspeedgehämmer auf die Glocke. Klampfer und letztes verbliebenes Originalmitglied Jürgen Scholz sehen wir häufiger bei Shakehands mit den ersten Reihen, ein sehr freundschaftliches Happening hier. Möglicherweise sorgen die Bus- und Bahnfahrpläne für ein merkliches Leeren der Halle, jedenfalls stehen die verbliebenen Fans im Pulk zusammen vor der Stage und feiern ihre Band. Es bangen sich die ersten Reihen heiß, bis das Bandanthem in einer Megaversion inklusive Mitgrölpart den regulären Set abschließt. So geht das diesjährige Charity Unleashed würdig zu Ende und wir gucken in nur glückliche Gesichter.
Autor & Pics: Joxe Schaefer