COBRA SPELL – 666

Cobra Spell sind seit einigen Jahren eine feste Nummer im Heavy Metal Underground. Die Band um Masterminderin Sonia Anubis, die einen doch recht hohen Verschleiß an Mitmusikerinnen hat, hat sich in kurzer Zeit auf Touren mit Ross The Boss, Enforcer oder Evil Invaders sowie auf einigen von Europas renommierten Festivals eine beachtliche Fanbase erspielt. Seit ihrer Gründung 2019 wurden fleißig EPs und Singles veröffentlicht, auf denen man so großartigen und eingängigen Nummern wie „Come On Tonight“ oder „Addicted To The Night“ findet. Nun ist also Zeit gekommen, um das Debütalbum auf die Menschheit los zu lassen.

„666“ heißt das Teil und mit eben diesem betiteltem Synthie-Intro geht die 80er Retroreise los und fungiert als Einleitung zu „S.E.X.“, der mit netten Gitarrenläufen doch eher dahin plätschert. Mittlerweile sind Cobra Spell noch rockiger und sleaziger geworden, was sich auch im Folgetrack „Satan Is A Woman“ deutlich zeigt. Im kuscheligen Schunkelmodus im Midtempo geht es durch die Nummer. Nach dem nächsten Intro „Hotline 666“ gehen die Mädels über in das rockige „Bad Girl Crew“, der auch nur durch die kraftvolle Stimme von Kris Vega und einigen Gitarrensoli von Sonia Aufmerksamkeit erregt. Mit „The Devil Inside Of Me“ bekommt die Scheibe erstmals Drive und Power. Das ist bislang der beste Song der Scheibe und mein Anspieltipp für euch. Coole Melodien und sägende Gitarren, starkes Teil. „Love Crime“ hat dann auch noch etwas Feuer und ballert ganz gut. Knappe fünfzig Minuten mit mehr Schatten als Licht, aber zumindest wird der Rundling zum Ende hin noch ganz ansprechend mit „Warrior From Hell“ oder dem rockig, straighten Abschluss „High On Love“.

In guter alter Manier hätte man dieses Album zu einer weiteren coolen EP zusammen schrumpfen können. Nun ja, glücklicherweise muss ich für diese Scheibe meine seit Wochen fertige Top Ten für 2023 nicht mehr ändern. Für mich klingt das Debüt der Cobras eher nach einer zahnlosen Blindschleiche und kann mich auch nach mehrmaligem Durchlauf nicht wirklich begeistern. Einige kleine Lichtblicke sind vorhanden, aber mir hat „666“ (sorry, aber den Satz kann ich mir hier nicht verkneifen) einfach zu wenig Eier. Weil grad Weihnachten ist, runde ich meine Punkte sogar noch auf…

Wertung: 7/10
Autor: Tino Sternagel-Petersen


Als die Mädels im März beim „Return Of The Riff Fest“ im heimischen Junkyard die Bühne enterten, war mein erster Gedanke zugegebenermaßen „Na, wer hat Euch denn gecastet?“ Aber die gemischte niederländische/spanische/südamerikanische Truppe konnte musikalisch voll überzeugen und hat eine geile Metal-Party abgefeuert. Seitdem freue ich mich auf das Album, das nun endlich vorliegt. Das Cover, die Songtitel und das Outfit der Band triefen derart vor Klischees, dass höchstens Manowar noch dagegenhalten können. Musikalisch bewegen sich Cobra Spell im Spannungsfeld zwischen Glam, Hard Rock und melodischem Metal. Insbesondere Kiss standen stilistisch deutlich Pate, gleichzeitig hat die Scheibe aber auch sehr viel 80er-Flair. Die Musik stammt komplett aus der Feder von Gitarristin Sonia Anubis, die mit ihren zarten 25 Lenzen schon in einigen anderen Bands (u.a. Burning Witches und Crypta) aktiv war. Diese Erfahrung ist nicht zu überhören. Das Songwriting ist mehr als gelungen, die Musikerinnen können definitiv zocken, und es gibt eine ganze Reihe an echten Hits auf „666“ zu hören, die unterstützt durch die gute Produktion gehörig knallen. Ein weiterer Trumpf ist Sängerin Kristina Vega, die mit ihrem kräftigen Organ streckenweise fast wie die rockige, freche, kleine Schwester von Floor Jansen klingt.

Nach dem Synthesizer-Intro geht mit „S.E.X.“ tierisch die Post ab (also musikalisch…), und der groovende Rocker „Satan Is A Woman“ steht dem Opener in nichts nach. Die sich über 12 Songs (inklusive Intros) erstreckende, musikalische Achterbahnfahrt hat durchgehend keine Schwächen und punktet immer wieder mit Riffs und Refrains, die echt stadionrocktauglich sind. Mit „Fly Away“ ist den Damen eine sehr schöne, melancholische Ballade gelungen, bei der einem der tolle Gesang eine wohlige Gänsehaut verschafft. „Love=Love“ beginnt ebenfalls ruhig, baut nach und nach immer mehr Spannung auf und gipfelt in einem genialen Mitgrölrefrain. Als Überraschung gibt es hier plötzlich sogar ein Saxophonsolo, das sich perfekt in den Song einfügt und ihm ein ungewohntes Flair verleiht. Unwiderstehlich ist auch „Warrior From Hell“, wobei hier erwähnt werden könnte, dass die bereits erwähnten Kiss-Einflüsse mehr als nur durchschimmern … erinnert Euch an „War Machine“, und ihr wisst, was ich meine. Angesichts des Gesamteindrucks von „666“ kann man da jedoch auch gelassen drüber hinweg sehen.

Ich hoffe, Cobra Spell bald wieder auf der Bühne erleben zu können. Wenn alles richtig läuft und die Band ihr Niveau hält, oder besser noch ausbauen kann, dann sollten ihr die Türen in die große weite Rock ’n’ Roll-Welt offen stehen. Diese Platte ist mitreißend, authentisch und sprüht vor Leidenschaft! Für mich ist „666“ das Gute-Laune-Album des Jahres!

Wertung: 9/10
Autor: Felix Schallenkamp