DESTRUCTION, POLTERGEIST, TOTAL ANNIHILATION – Pratteln (CH), Z7, 04.07.2020

Pratteln (CH), Z7, 04.07.2020


Währendem im umliegenden Ausland Liveaktivitäten nach wie vor mehrheitlich auf Eis liegen, schreitet die Schweiz avantgardistisch voran und erlaubt (unter gewissen Auflagen) Veranstaltungen bis zu 1000 Personen. Für solche Anlässe muss den Behörden ein Sicherheitskonzept vorgelegt werden, welches dann bewilligt werden muss. Das Sicherheitskonzept der unter dem Titel “The Summer Of 2020” fungierenden Konzertserie in der Konzertfabrik Z7 beruht darauf, dass nur 300 Zuschauer in die 1500 Besucher fassende Halle zugelassen werden. Zudem muss jeder Besucher ein ausgefülltes Formular mit den korrekten Kontaktangaben unterschreiben und abgeben, so dass man die Leute im Falle eines positiven COVID-19 Falles unter den Besuchern jederzeit kontaktieren könnte. Die Korrektheit der angegebenen Personalien wurde durch Kontrolle des Personalausweises gewährleistet, so dass niemand unter Pseudonymen wie Donald Duck oder Ähnlichem (so geschehen in einem Poserclub in Zürich) Zugang zum Konzert erlangen konnte. Aufgrund der geringen Anzahl an zugelassenen Fans war das Konzert ratzfatz ausverkauft und die Sicherheitsabstände ließen sich erstaunlich gut einhalten. Zudem war ich erstaunt wie gut sich das Publikum an die Vorgaben hielt. Auch in dieser Beziehung scheint die Metalgemeinde anders zu ticken und sich bewusst zu sein, dass ein Verstoß gegen die Auflagen dazu führen könnte, wiederum auf unbestimmte Zeit auf Konzerte verzichten zu müssen. Man konnte es den hungrigen Gesichtern der Konzertbesucher richtig ansehen: Endlich wieder Livemusik!

Mit dem heutigen Opening Act, den Basler Jungthrashern von Total Annihilation,  schließt sich für mich quasi der Konzertzyklus 2020. So war ausgerechnet die Plattentaufe des Quintetts vom Rheinknie am 6. Februar dieses Jahres mein letztes Livekonzert vor dem COVID-19 Lockdown. Zufälle gibt es… Die fünf Jungspunde machten von Anfang an gleich ordentlich Alarm auf der Bühne, und lockten damit einige Zuschauer vom schönen Wetter draußen in die ausnahmsweise nicht so stickige Halle. Der Schwerpunkt der Setlist lag ganz klar auf dem aktuellen, sackstarken Longplayer “… On Chains Of Doom”, welcher im Februar 2020 veröffentlich wurde. Die Band macht bereits seit 2006 den Underground unsicher und hat bisher drei tolle Alben veröffentlicht, die alle in eine gut sortierte Sammlung eines jeden Metalheads gehören. Obwohl die Rhythmussektion des aktuellen Line-ups erst seit ein paar wenigen Jahren mit von der Partie ist, merkt man der Band ihre umfangreiche Liveerfahrung und damit verbundene Routine deutlich an. Da ist viel Bewegung auf der Bühne und Sänger Daniel Altweg sucht den Kontakt zum Publikum bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Gegen Ende des Sets wurden auch ältere Songs der Diskographie eingestreut, auch wenn Die-Hard Fans der Band gerne noch ältere Tracks durch die Gehörgänge gepfeffert bekommen hätten. Man kann es nie allen recht machen. Den guten Auftritt des Quintetts kann man frei nach den deutschen Tyrant unter dem Motto “Making Noise And Drinking Beer” wohlwollend auf den Punkt bringen. Ein super Einstand für diesen Abend.


Nach einer kurzen Umbauspause war die Reihe dann an meinen Freunden von Poltergeist. Als eine der wenigen, echten Basler Metalbands der 1980er Jahre kennt man sich natürlich seit einer gefühlten Ewigkeit. Interessanterweise, musste ich nach der Reunion 2013 bis nach Würzburg (Thrash Assault 2014) fahren, um meine Lokalmatadoren nach über zwanzig Jahren wieder mal live erleben zu können. Die Reise nach Würzburg hatte sich mehr als gelohnt, und die Reunion war nicht nur exquisit, sondern auch nachhaltig. Auch wenn die Rhythmusfraktion mittlerweile eine andere ist, blieb das Songwriting Team zusammen, so dass man Poltergeist durchaus eine späte aber nachhaltige Entwicklung nachsagen kann. Tags zuvor wurde der neue Longplayer “Feather Of Truth” veröffentlicht und aufgrund der großen Nachfrage für Tickets des heutigen Abends in einem Zusatzkonzert am Vortag getauft. Natürlich wurden ein paar Songs dieses neuen Longplayers auch heute Abend gespielt, aber das Hauptaugenmerk des heutigen Abends lag zum Glück auch auf den Klassikern. Mir sollte das nur recht sein, kenne ich doch diese Songs am besten und liebe die drei Platten der 80er und 90er Jahre innig, vor allem das dritte Album “Nothing Lasts Forever” (sinnbildlich das Ende der ersten Ära der Band) ist eines meiner absoluten Lieblingsalben. Nachdem ich mir am Nachmittag vor dem heutigen Gig das neue Album einmal einverleibt hatte, muss ich zugestehen, dass die neuen Songs live deutlich besser rüber kommen als auf Konserve. Vielleicht brauche ich noch ein paar Durchläufe mehr, aber irgendwie sind mir die Gesangspassagen auf dem Album zu eintönig, währendem André sie live deutlich variabler einfließen lässt. Zufall oder Absicht? Wie dem auch sei, die Band war in perfekter Spiellaune und besonders die relativ neue Rhythmussektion hat eine Sahneleistung abgeliefert. Nachdem Poltergeist vor allem in ihren Anfangstagen immer wieder Schwierigkeiten hatten, gute Drummer zu finden, ist die jüngere Bandgeschichte geprägt von Ausnahmekönnern hinter der Schießbude. Sowohl Sven Vormann (Megora, ex-Destruction, Poltergeist 2013-2017) wie auch der aktuelle Stockschwinger Reto Crola (seit 2017) sind echte Könner ihres Fachs, und es war ein echtes Vergnügen, Reto beim Spielen zuzusehen. Die Filigranität der Rhythmussektion und die Präzision des Gitarrenduos Pulver/Wanner wurde durch die geile und markante Stimme von Sänger André veredelt. Eine perfekte Kombination, welche durch eine sichtbare Spielfreude komplettiert wurde. Man konnte den Hunger auf Liveperformance regelrecht spüren und erst recht hatte V.O. ein permanentes Grinsen ins Gesicht getackert. Die Jungs hatten sichtlich Spaß und trafen auf ein hungriges und williges Publikum. Metallerherz, was willst Du mehr? Leider war aufgrund des engen Zeitplans nach “Nothing Lasts Forever” der tolle Set vorüber und es blieb keine Zeit mehr für den Titeltrack des Debütalbums “Depression”. Trotzdem eine mehr als überzeugende Darbietung des Quintetts. Polter Till Death!

Setlist: Three Hills, The Attention Trap, Empty Inside, Back To Haunt, And So It Has Begun, Time At Hand, Saturday Night’s Alright For Rockin’, Writing On The Wall, Behind My Mask, Feather Of Truth, Phantom Army, Nothing Lasts Forever.


Nach einer etwas längeren Umbaupause war die Reihe dann an Destruction, dem klaren Headliner des heutigen Abends. Man kann die Band mögen oder nicht, aber eines muss man der neuerdings als Quartett fungierenden Band um Schmier und Mike zugestehen: Respekt für die Resilienz und Beharrlichkeit über die letzten fast vier Dekaden hinweg. Für die aus Weil am Rhein stammende Band war es ebenfalls ein Heimspiel, und Destruction waren sicherlich für den “internationalen” Touch des heutigen Abends zuständig, reisten doch einige Fans aus dem süddeutschen Raum in erster Linie wegen Destruction nach Pratteln. Nachdem ich Destruction in den frühen 2000er Jahren regelmäßig live gesehen hatte, haben mich deren jüngeren Platten nicht mehr wirklich aus den Socken gehauen. Als Konsequenz habe ich die Band seit der 2005er Tour (nota bene ebenfalls im Z7) zusammen mit Candlemass (was für eine Kombination!) nicht mehr live gesehen. Daher war ich umso gespannter, wie das aktuelle Line-up auf der Bühne agieren und klingen würde. Um es vorwegzunehmen, die Hinzunahme von Randy Black (u.a. ex-Annihilator, ex-Primal Fear, ex-W.A.S.P.) an der Schießbude (seit 2018) und die Verstärkung an der Gitarrenfront in Form von Damir Eskic (Gomorra, seit 2019) hat sich sehr positiv auf den Livesound der Truppe ausgewirkt. Da wurde einem eine derartige Soundwand entgegengeknallt, dass einem die Kinnlade runter rutschen wollte. Die Setlist, welche eine tolle Mischung aus aktuellen Songs und den vielen obligaten Klassikern darstellte, hatte es ebenfalls in sich. In den vorderen Reihen war es nun deutlich enger als noch bei den beiden vorangegangenen Bands, wodurch ein fast normales Konzertgefühl aufkommen wollte. Unterstützt durch eine Bombenlightshow ergab die heutige Darbietung ein tolles Liveerlebnis, die keinen Fan der Band unzufrieden zurück gelassen haben dürfte.

Setlist: Born To Parish, Nailed To The Cross, Armageddonizer, Tormentor, Total Desaster, Rotten, Mad Butcher, Thrash Till Death, Betrayal, Inspired By Death, Life Without Sense, Release From Agony, Bestial Invasion, The Butcher Strikes Back, Thrash Attack, Curse The Gods.

Ein Abend, der für die vielen Verzichte der letzten Monate entschädigen sollte, ging somit erfolgreich zu Ende. In einem intimeren Rahmen durften wir drei klasse Bands erleben, die Appetit auf mehr Liveatmosphäre in der nahen Zukunft machten. Hoffen wir, dass der heutigen Abend ein Schritt in die richtige Richtung darstellen sollte. Thrash till Death!

Autor & Pics: Steph Bachmann