Dragonslayer Festival

Attendorn, Schützenhalle Lichtringhausen, 09.11.2024


Junge, da bist du bloß fünfzig Kilometer von daheim entfernt, kommst in eine gut gefüllte Schützenhalle und triffst kaum bekannte Gesichter. Okay, wir sind hier im Sauerland, in einem niedlichen Vorort von Attendorn, immerhin eine gute Stunde mit dem Auto. Und hier wird in der Schützenhalle auf einer ziemlich hohen Bühne pünktlich begonnen. Bei unserem Eintreffen wird grad „Ship Of Fools“ von der Stange gelassen. Der Fünfer von Different Steel steht auf den Brettern und befindet sich bereits mitten in seinem Set. Durch die meist im Midtempo angesiedelten Songs kommen die ersten Gäste ins Mitwippen. Ihr Shouter raunzt sehr heiser und entschuldigt sich auch später für seine angeschlagene Stimme. Die Augen bekommen eine nicht ganz unstatische Performance, in der sich ihr Gitarrist auch mal unter die Zuschauer mischt. Vereinzelte Rufe nach Zugabe bleiben allerdings ohne Erfolg.


Die Axe Victims aus Wuppertal können sich auch heute noch einen auf ihre großartige Debütscheibe „Another Victim“ aus 1984 klarmachen. Wir haben sie zuletzt Anfang des Sommers auf einer kleinen Open Air Bühne in Herdecke live gesehen. Das hatte aber dort etwas von schunkeligem Stadtfestcharakter. Am heutigen Abend wird es hier auf dem Dorf etwas metallischer und Sänger A.H. Son zieht zu “I’ve Got The Power“ schon mal die Lederjacke aus. Das Mitsingspiel fällt kurz aus, die Anwesenden sind zur späten Nachmittagsstunde halt noch nicht warm. Dabei gibt es hier nur Kaltgetränke, und leider keinen Kaffee für die Autofahrer. Sehr Schade. Aber bevor wir uns hier auf Einzelschicksale versteifen, verfolgen wir lieber die Geschehnisse auf der Bühne, wo so gerockt wird, dass die ersten Anwesenden ihre Beine lockern. Bei dem Fünfer auf der Bühne läuft es mit ihrem melodischem, hardrockigen Metal recht gut, da darf man schon mal nach einem weiteren Album fragen, zumal das Debüt wahrlich vier Dekaden auf dem Buckel hat …


Die Umbaupausen dauern etwas länger, der Zeitplan rutscht weiter nach hinten. Als nächste sollen Broken Fate aus der Schweiz ihr erwartetes Pensum absolvieren, und die ballern schön knallig los. Die Vocals kommen clean und rough gesungen, wozu ein paar Growls ausgestoßen werden, auch vom Grünsaitenbasser. Der Vierer hat die Stage mit Aufstellern beträchtlich verkleinert, aber in einem großen Radius wird sich eh nicht bewegt, sondern man agiert lieber am vorderen Bühnenrand und sucht Kontakt zum Publikum. Das wiederum scheint noch immer nicht richtig warm geworden zu sein und lässt vorne respektvoll einige Meter Platz, als würden hier gleich noch Panzer durchrollen. Ein etwas moderner Anstrich kann den gebrachten Songs nicht abgesprochen werden, was zumindest schon mal einige Träger von Amon Amarth Shirts zum Bangen mobilisiert. Auf jeden Fall bekommen wir sehr sympathische Ansagen, und das nicht nur wegen des angenehm zu hörenden Dialektes, sondern auch wegen dem Dank an ‚Attendorf‘. Jedenfalls funktionieren die Mitmachspiele sehr gut und mit dem letzten Stück „Devil On Earth“ ist dann nach fünfzig Minuten Ende.


Den zweiten Teil des Konzertabends treten Stormage los, die als Lokalmatadoren nach dem Intro gleich in ein rund einstündiges, moderner angestrichenes Melodiefeuer einsteigen. Darunter auch ihre Single „Deniers Of Reality“ des aktuellen Albums „Ashes Of Doom“. Aber „In The Line Of Fire“ vom 2017er Vorgängeralbum „Dead Of Night“ kommt noch besser an. Richtig gut, ein echt starker Groover, der auch stattlich Applaus erhält. Die Höhen ihres Gitarristen und Sängers, dicke Schiffsketten hängen an seinem Mikrofonständer, klingen etwas angestrengt, aber dieser lässt es sich nicht nehmen und stimmt mit den Gästen schon mal deutliche Savage Blood Chöre an, die keinen Raum für eventuelle Rufe nach Zugabe lassen. Nicht schlecht, die Menge für die im Anschluss folgende Band so zu pushen. Geil auch die große Auswahl beim reichhaltigen Merchandise.


Der Chronograph schlägt Viertel nach neun und endlich wird es Zeit für Savage Blood. Der Hauptgrund unserer Anreise lässt sich auch nicht lange bitten und startet mit „Battle Cry“, das auch den Eröffner der 2023er Scheibe „Wheel Of Time“ stellt. Neue Songs wie „Lost Memories“, „Warriors Of The Fortress“ und der Titeltrack „Wheel Of Time“ bringen heute Abend endlich die klassische Metalkante und zünden bei uns wie die älteren Songs „Queen On The Run“ oder „Downfall“ vom gleichnamigen Debüt. Bewegungsreiche Bühnenaktionen mit viel Doppelgepose lässt die Fans stimmungstechnisch anständig mitfeiern, auch wenn wir es hier nicht mit der ausgelassensten Meute zu tun haben. Selbstredend suchen wir nach dem Gig den Merchstand auf und verlassen diesen nicht ohne Shakehands und dem Vinyl auf dem Arm. Ein grandioser, jedoch bloß dreiviertelstündiger Auftritt der Niedersachsen, den wir gerne wieder besuchen!


Als der Headliner ansetzt, verzeichnen wie bereits fünfzig Minuten Verzug. Okay, Zeitplan hin oder her, jetzt steht das Finale an. Die letzte Band heute ist auch gleichzeitig die schnellste. Der Fünfer von Scanner legt mit „The Earth Song“ startend auch actionmäßig eine fette Performance hin. Allerdings haben wir Dominik Rothe von Taskforce Toxicator an der zweiten Gitarre erwartet, der jedoch grad durch David von Atrides ersetzt wird. Die Gitarren harmonieren auch optisch gut miteinander und wir erleben sehr viele Doppelposen. Nach „The Judgement“ fragt der auf keinen Fall mit schüchternen Ansagen auffallende Sänger Efthimios ausgerechnet beim als erdigen Stampfer beginnendem „R.M.U.“ nach einem Circlepit, der aber gar nicht entsteht. Stattdessen werden vorn vor der Bühne Gruppenfotos geschossen. Okay, erfreuen wir uns am Raketentempo von „Fuck The Bastards“, ein Track, der bereits vor dem Konzert gewünscht wurde.  Schade, dass sich die Halle schon etwas leert, aber wer ihren absoluten Bandklassiker „Across The Universe“ noch mitgrölen will, muss sich gedulden, denn der wurde selbstredend ganz unten auf der Setlist platziert!

Autor & Pics: Joxe Schaefer