Endzeit Festival

Essen, Zeche-Carl, 23.02.2019


Natürlich ist der Begriff Endzeit besonders hier in Essen und Umgebung ein klangvoller Name für Oldschooler, Thrasher und andere traditionsbewusste Metaller. Dem können die vier thrashigen Bands, die heute in der ehrwürdigen Zeche Carl aufspielen, lang entsprechen. Und dennoch befinden sich unter den Besuchern nicht wenige, die einfach bloß aus Tradition angereist sind. Obwohl es im Foyer gut gefüllt ist, zieht der Opening Act viele Gäste vor die Bühne. Auf sich aufmerksam machte das Sextett zuvor schon am Einlass und verteilte CDs an die ersten fünfzig Gäste, wie auf dem Nord Open Air im vergangenen Jahr. So ungewöhnlich das Bild auch ist, bei Decaptacon fünf Mann nebeneinander auf der Bühne zu sehen, können sie straight und mit Groove die Anwesenden packen und nach vierzig Minuten ziemlich kräftig Applaus abernten. Respektables Ergebnis, weiter so!


Der Name Kreator schwingt hier und heute in allen vier Bands mit. Gibt es bei Decaptacon ein Artwork von Ventor, steht sein Sohn Jerome Reil (Final Depravity, Manifestic, The Very End…) als Drummer bei den Lokalpatrioten von Destroy Them im Fokus, zusammen mit dem derzeitigen Despair Basser Marius Ickert. Seit vergangenem Jahr haben sie die Dreitrack-EP „Use Hate“ am Start, von der nicht nur das Titelstück in der Setlist berücksichtigt wird, sondern auch die neuen “Life In Suicide“ und „Shut The Gates“, welche das Quartett der Menge auffe Omme gibt. Geprägt von vehement geschimpften Vocals auf Doublebassteppichen wird ihr Sound aufgesogen, bis man nach zwanzig Minuten plötzlich die Bühne verläst. Auch ihr projeziertes weißes Logo verschwindet im Hintergrund. Sollte das schon alles gewesen sein? Schließlich kommt man zurück und bringt den Auftritt letztendlich auf fast vierzig Minuten Spielzeit. Nach Einschalten des Hallenlichts sind  zufriedene Gesichter erkennbar, wie bei unserem Redakteur Wolfgang. Der ist recht angetan und fühlte sich in die Achtziger zurückversetzt.


Danach geht es für fünfzig Minuten mit Traitor einen Schritt weiter. Zuletzt haben wir die Balinger um den shoutenden Drummer Andreas beim Rock Hard Festival und auf dem Metal Forces Attack in Kamen gesehen. Jetzt sind erst drei Monate vergangen und sie tauchen schon wieder in unseren Breiten auf. Gut so, Essen bietet den Süddeutschen einen stattlichen Empfang mit einem sehr frühen Pit. Dadurch, dass die lauten ‘Traitor’ Sprechchöre heute wie ‘Kreator’ klingen, ist auch hier der Bezug zum Pott bewiesen. Es dauert auch nicht lange, bis Stagediver die Bretter stürmen und das Quartett dazu aufruft, auf der Bühne mitzurocken. Davon dürfen auch gleich zwanzig Kutten für einen Song Gebrauch machen. Kracher wie „Teutonic Storm“ und “Reactor IV“ werden sofort erkannt und heizen die Stimmung weiter an. Ihr Anthem macht heute wieder den Oberspeedkiller und mischt alles auf. Im Finale wird sogar noch das “Blitzkrieg Bop“ Cover  abgeschossen, wäre aber auch ohne der Abriss gewesen. Für viele die Band des Abends. Bislang …


Hat schon mal jemand Desaster ohne Drummer Husky gesehen? Das war bis vor kurzem auch kaum vorstellbar, übrigens genauso für den Protagonisten selbst, der nach seinem Einstieg bei Sodom eine seiner Bands aus zeitlichen Gründen verlassen musste und sich dazu nicht für Asphyx entschied. Der neue Mann an den Drums heißt Hont, war mal bei Monastery und Jupiter Jones und macht hier oberkörperfrei einen anständigen Job. Der Gute kann erstmal garnix dafür, dass nun heute schon wieder ein Drummer im besonderen Fokus steht, haha. Denkt auch anscheinend grad keiner drüber nach, denn offenbar steht trotzt weniger gedrängt voller Halle saumäßiges Abrocken ganz vorn. Kein Wunder, die Zeche Carl wurde durch die drei Bands zuvor optimal angeheizt. Im Pott regiert Thrash und dementsprechend häufig werden von den Muckern heute gerne Darkness Shirts getragen. Gitarrist Infernal, der die angeblackten Desaster vor dreißig Jahren gegründet hat, reiht sich da mit ein. Soundmäßig kommt es heute bei allen Bands eher brummig und verwaschen. Doch die Ansagen sind klar, und dennoch hat niemand verstanden wie der neue Song nach „The Splendor Of The Idols“ wirklich heißt, der phonetisch als „Primal …irgendwas“ verstanden wurde. Im Gegensatz zum frisch geschlüpften „Black Celebration“, das nicht nur klar ausgesprochen wurde, sondern auch gleich blendend ankommt. Sicher auch deswegen, weil bei diesem zweiten neuen Track keine technische Panne für eine Zwangspause sorgt. Beim Doublebasstorpedo „Hellbangers“ drehen trotz Bandvorstellung in seiner Mitte alle durch, noch mehr als zu den Gassenhauern „Nekropolis Karthago“ und “Satan’s Soldiers Syndicate“. Davon, dass der Chorus von „Metalized Blood“ mit einer sehr hellen Fanstimme geschrien wird, als Sataniac sein Mikro in die erste Reihe hält, lässt sich der Pit nicht entmutigen. Eine zünftige Version von Slayers „Black Magic“ für den verstorbenen Jeff Hannemann schließt das Desaster ab. Allerdings haben wir die Band heute doch mit Husky gesehen, denn den konnte man in mitten der Audienz treffen. Zum Schluss sei noch ein Lob für die fantastischen Fotos an unserem Wolfgang ausgesprochen … Glück Auf!

Autor: Joxe Schaefer
Pics: Wolfgang Haupt