ENFORCER – live by fire II

Zu Enforcer brauche ich wohl nicht viel an Vorworten zu verlieren. Es gab Zeiten, da ist man gerade live um den Vierer gar nicht herum gekommen. So war es bei mir auch damals im Jahr 2010, als ich die Jungs zum ersten Mal auf der Bühne sah. Mir war die Band natürlich geläufig und der erste Longplayer “Into The Night” lief regelmäßig bei mir, aber eigentlich war ich wegen Cauldron und Steelwing auf der Power Of Metal Tour. Enforcer haben mich den Abend aber mit ihrer Energie und Bühnenpräsenz so vom Hocker gehauen, dass Suicidal Angels als Headliner nur noch Statisten waren. Das Marx, der kleine Saal der legendären Hamburger Markthalle, war regelrecht am Kochen und Schweiß und Bier lagen in der Luft. Seitdem habe ich Enforcer viele Male live gesehen und die Jungs waren immer eine Bank. So war es auch 2015 nicht verwunderlich, als die erste Livescheibe der Nordmänner erschien. “Live By Fire II” bringt die Dynamik und Spielfreude erstklassig rüber und so war und ist dieser Release eine meiner Lieblingsveröffentlichungen und lief Wochenlang bei mir. Nach dem zwiespältigen 2019er Album “Zenith” habe ich doch etwas das Interesse an der Band verloren. Das hält die Jungs aber nicht davon ab, mit “Live By Fire II” ihr zweites Livealbum an den Start zu bringen. Aufgenommen wurden diese siebzehn Tracks umfassende Scheibe auf der Zenith World Tour 2019 in Mexiko City.

Mit dem Zenith Opener “Die For The Devil” geht es auch live los. Die Soundqualität ist der Hammer und sticht gleich positiv hervor. Jedes Instrument ist einzeln raus zuhören und das enthusiastische Publikum tut sein übriges zu einem unglaublichen Live-Feeling. Mit “Searching For You”, “Zenith Of The Black Sun” und “One Thousand Years Of Darkness” sind vier Zenith Songs vertreten, die live sogar stärker sind als auf dem Album. Interessant wird es dann aber bei solchen Krachern wie “Undying Evil”, “Mesmerized By Fire” oder meinem persönlichen Fave “Take Me Out Of This Nightmare”, die so fett aus den Boxen braten, dass man am liebsten gleich seine Kutte überwerfen und mit ‘nem Bier in der Hand aufs nächste Konzert rennen möchte. Bei dem Publikum hat man selbst bei einem langsameren Song wie “From Beyond” das Gefühl, ein ganzes Stadion mitsingen zu hören. Enforcer sind wohl buchstäblich auf ihrem Zenith angekommen, wenn man diese Scheibe hört. Diese unglaubliche Kraft und Freude sowohl auf, als auch vor der Bühne spürt man in jeden Takt. Fronter, Gitarrist und Bandgründer Olof Wikstrand heizt die Menge mit seinen Ansagen dazu noch gewohnt souverän an. Wie es sich für eine große Metal Band gehört, darf natürlich auch ein Gitarrensolo, das hier in einem “City Light Jam” mündet, nicht fehlen. Genauso wenig darf ein Drum Solo fehlen, das genauso abgefeiert wird wie jeder andere Enforcer-Song, wie etwa das anschließende “Run For Your Life”. Olof interagiert immer wieder mit dem Publikum und so wird abschließendes “Take Me Out Of This Nightmare” zu einem Gemeinschaftssong mit der gesamten Metalgemeinde in der Halle – Gänsehaut pur! Natürlich lassen dann auch die Zugaberufe nicht lange auf sich warten und der geneigte Fan weiß, dass jetzt noch was kommt. “Destroyer” ist der erste von drei Zugaben. Die Meute ist auch nach über einer Stunde noch fit wie zu Beginn und singt jede Textzeile sicher mit. “Katana” wird auch wieder mit den Metal Maniacs angemessen geteilt und noch mit einem geilen Gitarrensolo aufgemotzt, bevor es mit “Midnight Dice” dann endgültig über die Zielgerade geht.

Diese mittelamerikanischen Metalheads sind so gierig auf geilen Heavy Metal, da merkt man selber erst mal, wie verwöhnt man hierzulande mit Konzerten ist. Ein Riesenlob an Enforcer für ein grandioses zweites Livealbum und an die Metaller in Mexiko, die diese Scheibe mit ihrer unbändigen Power zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Enforcer haben es mit “Live By Fire II” geschafft, mich wieder in ihren Bann zu ziehen. Pflichtkauf!

Wertung: -/10
Autor: Tino Sternagel-Petersen