Erntedrunkfest
Rauschenberg, Grillplatz, 27.09.2024 – 28.09.2024
Das Erntedrunkfest findet nun zum zweiten Mal statt und wir sind zum ersten Mal dabei. Der Grillplatz hier oben auf dem Berg mit seiner windgeschützten Lage und seinen Hütten taugt was. Und wir finden es immer schön, wenn lokale Acts ein Festival eröffnen. Am heutigen Freitag sind das Insomniak aus Gießen, die nach einem Technointro fiesriffiges Gedresche ablassen. Der Dreier punktet weiter mit einem Vollknarzbass, und auch uncleanes Geshoute zieht die Fans vor die Bühne. Das Anthem der Band wurde ziemlich weit vorne im Programm platziert. Der Gitarrist startet seine Riffs gerne mit Lärmattacken, das geht chic auf die Lauscher. Der nicht ganz doppelfußarme Stampfer „The Neckbreaker“ animiert ein paar Kreisläufer, dass man sagen kann, das Publikum wird langsam warm. Ungestüm straightes Zeug gleich zur Eröffnung. Blöd nur, dass die Rabauken bereits nach einer halben Stunde schon wieder aufhören müssen. Schade.
Keine schlechte Wahl, Devastruction ins Billing geholt zu haben. Zuletzt haben wir sie in Unna gesehen und wir empfinden es als positiv, den Mannen mal ferner der Heimat live beiwohnen zu dürfen. An diesem Thrashfreitag wollen wir noch positiv vermerken, dass schon beachtlich Publikum da ist, als sonst bei ersten Festivaltagen mit kleinerem Billing. Der Fünfer geht mal wieder voll auf Kante. Es wird noch voller vor der Stage, an einem Speedster wie „Titan Rain“ kommt man auch nicht vorbei. So fällt ein kurzer Circle Pit schon etwas fülliger aus. Auf Rufe nach Zugabe wird bekanntgegeben: „Wir haben nix mehr und sind auch durch!“ Tja nu … dann ist das eben so! Übrigens wird es nach fünf Jahren mal Zeit für ein neues Album …
Ein weiterer Grund für unsere Anreise sind auf jeden Fall Victim. Ihre erstklassige Leistung auf dem diesjährigen Full Metal Osthessen hat einfach überzeugt, und heute erleben wir hier auf dem rauschenden Berg ihr Metallicageschrubbe. Der Dreier hat alles im Griff, scheint aber gegen kältere Open Air Temperaturen von elf Grad doch machtlos, denn ihre Saitengeräte müssen dauernd gestimmt werden. Trotzdem gehen zu „Nuclear Nightmare“ die Arme hoch bis zum Pult. Die Temperaturen scheinen der Menge egal zu sein und sie hat Laune, denn es wird zünftig gefeiert und anständig abgebangt. Zum Glück bleibt der angesagte Regen aus. Schon wieder hätten wir von den Jungs aus Weimar noch mehr vertragen können, wäre auch verdient gewesen, aber so waren es leider bloß vierzig Liveminuten.
Kommen wir nun zu den Koblenzern des Abends. Die steigen mit Vollgas ein und entsprechend wird auch gebangt. Überall, auch an der Grillbude. Fabulous Desaster glänzt auch mit markanten Ansagen: „Heute ist Freitag, das ist immer noch am weitesten entfernt von Montag!“ Das können wir so stehen lassen. Mit ihrem Hochgeschwindigkeitsgezocke überzeugen sie jedoch wesentlich mehr und so gibt es ordentlich Action mit Haarefliegen, auch vor der Bühne. Selbstredend sind zahlreiche Pits die logische Folge. Wir haben von den Mittelrheinthrashern nichts anderes erwartet und kommen langsam zum Ende. „Seid ihr bescheuert…?“ ruft der sonst geistesabwesend durchbangende Typ im Shirt von Avatar neben mir. Na guck, da wurde noch jemand bekehrt, stellen wir fest. „Thrash Metal Symphony“ vom ersten Album macht den Sack nach einer Dreiviertelstunde zu.
Es ist Zeit für den Headliner des heutigen Tages. Traitor müssen jetzt reinhauen und liefern. Nach dem Vorprogramm bleibt den Baden-Württembergern auch nichts anderes übrig. Sie hämmern höllisch und der Titeltrack des aktuellen Albums „Exiled To The Surface“ kommt auch entsprechend beim Pulk an. Trotz der Temperaturen scheint es null Abwanderungstendenzen zu geben. Gemessen an den mäßigeren Fanreaktionen, als bei den Band zuvor gab, konnte der Dreier aber nicht ganz mithalten, auch wenn „Venomizer“, das Titelstück vom zweiten Album, sowie der „Mad Dictator“ und das unbedingte „Reactor 4“ ziemlich geil gebracht wurden. Dafür haben sie aber natürlich wieder alle Vinyls am Merch und sogar ein geiles Logoshirt im Merchangebot. So ein Open Air bei kleinen Plusgraden fordert schon, ist aber noch nichts gegen das Muskelrock im Mai 2015, damals hatten wir plus zwei Grad und leichten Schneefall beim Headliner. Mal sehen, wie es morgen wird…
An heutigem Festivaltag Nummer zwei scheint schon mal die Sonne, obwohl es nach Wetterberichten noch kälter als gestern werden soll. Finden wir uns damit ab, dass sich die kalte Jahreszeit nähert. Warm machen sich auf der Bühne Phantoms United, eine Kinderband mit ihrem ersten Auftritt. Offensichtlich sind sie gerade dabei, ihre Instrumente noch besser zu lernen, kriegen aber ein paar grundlegende Sachen bereits sicher hin, darunter auch zweimal „T.N.T.“, ein Song einer aufstrebenden australischen Nachwuchsband. Ihr Auftritt kommt schon mal so auf zwanzig Minuten und es gibt besonders von der anwesenden Dorfbevölkerung Applaus. Das erinnert an unsere Kindheit früher, die ersten Schritte auf einer Bühne vor Publikum, und wie wir das dann auch ganz schnell wieder sein gelassen haben. Doch wünschen wir dem Hort viel Glück, mögen sie auf den Brettern in Zukunft noch viel Spaß haben!
Erst um halb vier geht es weiter, eineinhalb Stunden später. Und zwar mit einer Band, die uns noch recht unbekannt ist. Erste Hörproben im Netz haben uns schon Tage vor dem Festival auf die vor sechs Jahren Gegründeten neugierig gemacht. Also sind wir mal gespannt, was die Jungs aus der Stadt der Puppenkiste nun auf die Bretter bringen. Olymp aus Augsburg sind mit gröberer Kante und mit hohen Geschwindigkeiten unterwegs, das kleine Festival in Schwung zu bekommen. Erste Banger treten hervor und wippen zu Songs wie „Fire And Fury“ von ihrem ersten und bislang einzigem Album mit. Der Vierer legt über vierzig Minuten anständig vor und wir bewerten die Darbietung der Newcomer mit den Daumen nach oben! Das aktuelle, selbstbetitelte Vinyl muss am Merch natürlich noch eingesackt werden, für eine anständige Nachbereitung vor der heimischen Anlage.
Aufhorchen lässt das vom Band abgespielte Intro der nächsten hochgeschwindigkeitsliebenden Band, wegen der wir hauptsächlich angereist sind. Und genau jetzt ist es endlich soweit, die Berserker von Intöxicated starten los. Nur der tätowierte Bierbauch unter der Moppedjacke von Shouter Mariano, den er gerne vorzeigt, sehen wir häufiger als Doppelhalsgepose der Klampfer. „Speed Metal Bastards“ ist Programm und Schweiker, die geile Sau, zockt grandiose Leads drüber, einfach zum Durchdrehen! Mit dem neuen „Red Light Ripper“ von ihrer in Kürze erscheinenden EP geht es los, und danach darf der Speedrocker „Rock ‘n` Roll Hellpatrol“ auf keinen Fall fehlen. Das ergibt ordentlich Bewegung und Gepose, es geht vor der Bühne immer mehr ab. Unser Favorit „Sadistic Nights“ ist natürlich voll der Reißer und entpuppt sich auch live als Obergranate. Wir erleben dabei so einiges an Gemosche und sich umarmenden Kutten, was ein geiler Scheiß und zum Finale knallen sie noch den Stampfer „Bad Habits“ raus. Übrigens am 29.11.2024 live on Stage in Essen anzutreffen, zusammen mit Deathfist und Blood Atonement! Dann aber hoffentlich länger, als wie bloß vierzig Minuten hier.
Ebenso lange wird die nächste Band spielen. Running Maiden machen jetzt ein ganz anderes Programm. Obwohl der Bandname ganz schön nach Iron Maiden klingt, haben sie mit den uns allen sehr bekannten Briten wenig zu tun. Das Publikum wechselt vor der Stage, die Banger gehen an den Bierstand. Mittig an der Bühnenfront steht ein singendes Mädchen mit Rickenbacker, packt aber bloß ganz zärtliche Anschläge in die dicken Strings. Die beiden Flying V an ihren Seiten dreschen zünftiger. Jedoch ergibt das alles einen anständigen Oldschoolsound, den alle Metaller der ersten Stunde abfeiern. Das kommt an, schließlich werden die ähnlich klingenden Amethyst aus der Schweiz, ihre Landsleute übrigens, derzeit auch zurecht gut abgefeiert. Mal sehen was in Zukunft bei Running Maiden passiert, deren einziger Output bislang, eine selbstbetitelte EP, leider nicht auf Vinyl abgreifbar ist.
Ach, wir mögen das einfach, wenn man gleich mit Highspeed einsteigt, wie grad dieses Quartett. Von allen Bands auf diesem Planeten, die sich den beliebten Namen Spitfire gegeben haben, kommen diese Jungs aus Karlsruhe. Es werden wieder einmal die Oldschool Metaller angesprochen, Speedheads und Freunde von derberer Kante. Mit „Chrystal Collapse“ wird ein neues Stück von der in Kürze erschienenen neuen Scheibe gebracht, zusammen mit reichlich Action auf der Bühne. So etwas geht an den Oldschoolern natürlich nicht emotionslos vorbei. Das geringfügig gemächlichere „Pointless Ways“ mit seinem amtlichen Riffing auch nicht. Die Süddeutschen spielen kurz „Seek And Destroy“ von Metallica an, und während das vorletzte Stück nur anfänglich noch was von Iron Maidens „Running Free“ aufweist, stehen wir zum Schluss noch in einem kleinen Pit. Sehr cooler Auftritt und trotz einiger Spitfire-Rufe musste doch endgültig Schluss sein. Zeit, ihr Vinyl am Merch einzusacken. Stark!
Eine weitere Oldschoolband, die noch ein paar Einflüsse der Siebziger mit reinbringt, ist Midnight Prey. Die drei Jungs berufen sich noch immer in erster Linie auf „Uncertain Times“, ihrem bereits fünf Jahre altem Album, und treten damit und mit Kapuze gegen die Kälte in Rauschenberg an. Es ist nun deutlich weniger los vor der Bühne, als im hinteren Bereich des Grillplatzes ein Lagerfeuer gegen die Kälte entfacht wird. Wer sich grad lieber einen warmen Arsch holen will, bekommt weniger gut mit, was die Hamburger grad auf der Bühne tun. Sie bringen ihre Lyrics auch mal in deutscher Sprache, ziehen ihren Stiefel aber konsequent durch und kommen auf fast fünfzig Minuten Spielzeit.
Ja, man muss sagen, es ist es soweit. Unsere Ruhrpottler haben inzwischen Headlinerstatus erreicht, zumindest auf den kleineren Metalfesten, wo noch viele Kutten zu sehen sind. Außerdem dürfen wir zusätzlich anführen, dass die Jungs von The Night Eternal offensichtlich immer gerne eingeladen werden, so häufig wie wir sie bislang auf Festivals gesehen haben. Es kommen wieder mehr Fans vor die Bühne, etwas anderes haben wir bei dem Opener, unserem Favoriten „Between The Worlds“, auch nicht erwartet. Sympathikus Ricardo ist der Aktivposten, seine agile Performance steckt einfach an und man muss irgendwie im Takt mitwippen. Hinten wird aber auch am Lagerfeuer gestanden, sonst wäre hier vorn, wo die Musik spielt, noch mehr los gewesen. Aber wo kann man sich schon auf einem Festival am Feuer wärmen und dabei eine Band gucken?
Jetzt gehts ans Eingemachte. Wer bis jetzt ausgehalten hat, hat sich den geilen Headliner auch verdient. Für eine kurze Zeit waren Stallion von der Bildfläche verschwunden, Sänger Pauly musste sich einer Hüft-OP unterziehen. Jetzt sind die Süddeutschen wieder auf den Brettern und schließen das Rauschenberger Grillfest ab. Nach dem ekelhaften Rap-Intro, wenn das vorbei ist, kann man sich nur freuen, macht uns auch die Ankunft der immer beliebter werden Speedster aus Süddeutschland glücklich. Logischerweise wird es jetzt sehr voll vor der Bühne und wir dürfen einen anderen Gitarristen begrüßen. Weil Claudio heute nicht dabei sein kann, sprang mal eben Buruc von Indian Nightmare ein, der sich das Zeug in zwei Tagen draufgeschafft hat und sich mit seiner Flying-V auch an die Soli wagt. Auf die Omme knallt uns „No Mercy“ und das schnelle „From The Dead“, bis natürlich das nicht ganz unwichtige Statement „Kill Fascists“ kurz kundgetan wird. Weil das rhythmische „Time To Reload“ etwas erdiger gestampft wird, macht der Anschluss an an ein Drumsolo Sinn. Abgefeiert wird hier alles, bis hinten am Feuer. Alles in allem ein würdiger Headliner eines ziemlich coolen Festivals auf einer brutal geilen Location. Hoffentlich bis nächstes Jahr!
Autor & Pics: Joxe Schaefer