EXODUS, ULTRA-VIOLENCE

Kassel, K19, 09.07.2018


Okay, da sind wir mal wieder im K19 an der Uni, wo wir zuletzt 2015 dem Masters Of Cassel beiwohnten. Das war ziemlich schnuckelig, das soll es heute auch wieder werden, nur leider liegen von damals zu heute gefühlte vierzig Grad dazwischen und es gibt diesmal keinen Tee oder Kaffee. Na gut, dann trinken wir halt Whiskey oder das sogenannte Luxus-Bier. Von allen Bands auf diesem Planeten, die sich den Namen Ultra-Violence gaben, sind dies hier die Thrasher aus Italien, dem Land, das gar nicht an diesjähriger Fußball WM teilnahm. Egal, dieses Quartett ist sportlich genug, hat aber auf der Bühne vor dem Exodus Drumkit nicht viel Platz für Action. Bei ihrem Namen denkt man eher an das Debütalbum von Death Angel als an diese Band. Und vom heutigen Sound her wird sich das auch so schnell nicht ändern, denn es fehlt der Druck, die Vocals sind im schlanken K19 nicht überall wahrnehmbar und man kann auch hören, dass die Drums am linkem Bühnenrand stehen. Zunächst aber wartet man, bis das klinisch tote Synthieintro vorbei ist, dann geht’s aber zack zack und vor der Bühne fliegen die Matten. Jene Akustikgitarre vor “In The Name Of Your God” kommt aus dem Off, aber man kann den Jungs anmerken, dass sie sehr motiviert zocken, wie ihr Drummer in Pausen gern noch einen kleinen Beckenanschlag dazwischen tickt. Der kleinere Gitarrist und Shouter mit der großen röhrigen Stimme fordert einen Moshpit und bekommt ihn, wenn der auch nur recht kurz ausfällt. Bei den Temperaturen sinkt in der Audienz die Motivation zu viel Bewegung. Die neue Scheibe “Operation Misdirection” steht in den Startlöchern, es dominieren jedoch Tracks wie „Lost In Decay“ und „Fractal Dimension” vom 2015er “Deflect The Flow” Album, von dem sie auch Shirts mit dem bunten, an “Clockwork Orange” angelehnten Coverartwork dabei haben. In ihrer Dreiviertelstunde bekamen die Turiner viel Zuspruch und Sprechchöre der Die-Hard Thrasher, der große Enthusiasmus blieb jedoch aus.


Weil die von der Tour abgesprungenen Solstice fehlen, was die thrashenden Amis gewesen wären und nicht die zur Zeit ziemlich angesagten britischen Doomer, geht es gleich weiter mit dem Headliner aus Frisco, für den wir weit fahren mussten, denn diese Tour macht unverständlicherweise in der Thrashhochburg Ruhrpott keinen Halt. Exodus supporten noch immer ihr Album “Blood In Blood Out” aus 2014, diesmal ausgiebigst auf einer langen Tour. Aus den Boxen schallt vorweg “Let It Go” von Def Leppard und das Intro, dann wird mit dem aktuellen Titelstück eingestiegen und das eben noch gut belüftete K19 wird augenblicklich in eine Sauna verwandelt. Dazu ist die Location so dermaßen dicht bevölkert, dass der Bierstand nur mit Schwierigkeiten erreicht werden kann. Die Menge schränkt deswegen vielleicht Bewegungen ein, nicht jedoch Gegröle, denn es sind kernig laute Exodus Rufe von Anfang an zu hören. Es wird alles bejubelt was Zetro im wie immer bis oben zugeknöpften Hemd sagt, die komplette Menge frisst ihm aus der Hand. Das gelingt Gitarrist Lee Altus mit Blicken. In ihrem Anthem stürmt ein Fan die Bühne, brüllt den Schlusspart in Zetros Mikrofon und verschwindet als Stagediver. Bei „Body Harvest“ fällt im Anschluss mal wieder auf, was für ein fantastischer Gitarrist dieser Kragen Lum ist, der aber wohl Gary Holt so lange ersetzt, bis der mit Slayer fertig ist. Nach “And Then There Were None“ sagt er “Parasite” an.

Danach bedankt sich Drummer Tom Hunting für die geile Clubstimmung, die nichts gegen ihre großen Open Air Auftritte seien. Nach dem Pflichtsong “A Lesson In Violence“ folgt das offensichtlich sehr beliebte, in einem durch bejubelte “Blacklist” gefühlt mitten im Set, läutet aber tatsächlich mit der unverzichtbaren Stimmungsgranate “Bonded By Blood” schon das Finale ein. Der sonst gespielte Encore-Block mit dem Metallica-Cover “Motorbreath” und “Piranha” fällt flach und man spielt einen Song aus dem regulären Set als Zugabe, indem man nach “The Toxic Waltz“ die Bretter verlässt und zu “Strike Of The Beast” zurückkehrt. Zu deftigen Rufen nach Zugabe wird das Publikum nach einer sehr intensiven Show entlassen. Exodus kamen vor achtzig Minuten mit Shakehands der ersten Reihen auf die Bühne und verlassen diese auch so. Es kommt lediglich noch einmal Tom Hunting zurück und erklärt sich noch einmal herzlichst bedankend, dass nun wirklich Schluss ist. Trotzdem ein Hammerkonzert – die Kalifornier sind eine Macht und das Verlangen nach einem neuen Album wird immer größer!

Autor & Pics: Joxe Schaefer