FABULOUS DESASTER, FLESHWORKS, OLD RUINS, REACTORBLAST

Oberhausen, Helvete, 08.04.2023


Jetzt wird es fett. Vorher noch schnell ne dicke Pizza reingeschoben, fehlt jetzt nur noch die ordentliche Watsche auf die Lauscher. Zu diesem Zweck begeben wir uns ins Helvete, wo die Ruhrpott Metallians vier Bands auftischen, dass du die Eier gepellt kriegst. Und genau so isses schon zum opening Speed Thrash Trio Reactorblast. Nach der Aufforderung in der Eröffnungsansage seitens der Veranstalter: „Zieht dem Osterhasen die Ohren lang“, macht das Youngstertrio aus Mettmann von Anfang an keine Gefangenen und knallt uns das erste Brett des Abends vor den Latz. Erstmal eine ausgiebige Shredderorgie vorweggeschickt, wechselt Shouter und Gitarrist Persecutor mehrmals pro Minute die Bühnenseiten. Der Junge hat definitiv schon mal was von Hendrix gehört und hält sein wildes Acting über die 42 Minuten hinweg rennend, springend, hüpfend und kniend durch. Dabei kommt er ohne viel Verzerrung aus; immer auf hohes Tempo fokussiert. Außerdem punktet er durch sein voluminöses Organ. Es wird einen Grund haben, dass er die restlichen Saiten aus seiner Stratocaster reißt, sich seine Ersatzklampfe greift und den restlichen Auftritt ohne Shirt absolviert. Dass es für eine erste Band schon Rufe nach Zugabe gibt, spricht für einen begeisterten Pulk. Was ein genialer Auftakt, so kann es weiter gehen.


Als die nächsten Recken an dieser Stelle bereits Ende 2021 eröffneten, war der Kapuzenfaktor noch höher. Darauf verzichten Old Ruins heute, aber der aktuelle Output ist noch immer die selbstbetitelte EP von 2020. Der Sound macht gewaltig Druck und geschmeidige Soli bringen etwas Farbe. Dieser Metal mit ordentlich Urwuchs und uncleanem Geshoute aus tiefster Sohle kommt aus Gelsenkirchen. Gitarrist und Shouter Kraje nennt das Black Metal: „Bei uns geht es nicht so um Geschwindigkeit, sondern um Riffs, so fett wie mein Arsch!“. Geprägt von einem erhabenen Sound finden sich einige Banger vor der Bühne ein, also ergibt das offensichtlich Zufriedenheit in der Audienz. Wir erinnern wir uns noch einmal an die schönen weißen Shirts am Merch der Band zuvor, als ein Fan im Pulk mit freiem Oberkörper abfeiert, was einer Gästin zu akzeptieren nicht gelingt. Wohl aber konnte sie ihn dazu bringen, erstmal sein Shirt wieder überzuziehen …


Aus Branded Skin wurde Fleshworks. Das ist zwar schon gut fünfzehn Jahre her, jedoch zählen wir erst zwei Longplayer von den Osnabrückern. Völlig egal, solange die Livefront funzt. Außerdem wurde ein brandneues Stück angesagt, dessen Titel in der Ansage jedoch unverständlich gegrunzt wurde. Auf reichlich Synchrongebange des Fünfers reagieren die vorderen Reihen ebenfalls mit Gebange und Fistraising, dass man getrost formulieren kann, hier geht die Post ab. Die Metzgerschürze von Shouter Dirk, noch bei Ripped 2 Shreds aktiv, ist nicht das einzige an Debauchery Erinnernde, denn jene blutigen Stuttgarter Death ‚n‘ Roller haben die Niedersachsen gewisslich schon einmal gehört. Auch dieser Death rockt und darf sich als nicht zu oldschool bezeichnen. Den Fans gefällt das und die von Dirk geforderten Hände bekommt er, und zwar bis in die hinteren Reihen. So muss das sein, so kann es weitergehen.


Tut es auch, aber jetzt wird es richtig kantig. Der Hauptgrund unserer Anreise ist der Headliner des heutigen Abends, denn zuvor konnten uns Fabulous Desaster zum Bleistift auf dem Der Detze Rockt Open Air überzeugen, sowie im Vorprogramm von Iron Fate in Lünen. Heute sehen wir sie endlich einmal top of the Bill, das wurde auch mal höchste Zeit. Wir zählen zwar noch immer bloß zwei Alben von ihnen im Regal, aber an der Livefront rappelt es. Nun wird es auch im Helvetekeller wieder voller als bei der Band zuvor, das ist schon mal ein gutes Zeichen. Unser favorisierter Vierer fährt die volle Thrashkante und besonders Gitarrist Mathes mosht sich die Hölle aus dem Schädel. Sie gönnen sich lange Pausen zwischen den Songs und einige Ansagen kommen auch von Basser Andi. Sie erklären uns, bereits genug neues Material für ein ganzes Album zu haben, aber sie müssten nach Aufnahme eines neuen Songs immer gleich zwei Wochen in Reha. Na klar, demnach ist der Verzug natürlich völlig nachvollziehbar. Aber immerhin bekommen wir heute einen brandneuen Song präsentiert, der nicht nur früh im Programm gespielt wird, sondern auch ruppig reinflutscht. So vergeht die Zeit wie im Flug und wir müssen gehen, wenn es bekanntlich am Schönsten ist. Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden dieses gelungenen Abends und würden uns freuen, an diesem Samstag zwischen den toten Feiertagen im nächsten Jahr wieder auf einer Live Attack Easter Edition abfeiern zu können. Für dieses Jahr sind die Eier gepellt.

Autor & Pics: Joxe Schaefer