FLEISCHWOLF – gut geklaut

Muss man Musik bzw. Bands immer in Schubladen stecken? Muss man nicht. Kann aber, gerade bei einem Review, mal ganz hilfreich sein, wenn man die Mucke jemandem umschreiben will, der noch keinen Schimmer davon hat. Im Falle von Fleischwolf muss man sich aber gleich mehrerer Schubladen bedienen. Denn die drei sympathischen Chaoten aus Mettmann im Rheinland bezeichnen ihren Stil selbst als „Mettcore“. Was das ist? Das ist eine Mischung aus Metal, Punkrock, Hardcore und Rock ‘n’ Roll. Das wird alles einmal kurz durch den sprichwörtlichen Fleischwolf gedreht und heraus kommt: Mettcore halt… Ihre Einflüsse sehen die Bandmitglieder bei Bands wie Motörhead, Biohazard, Rage Against The Machine, Slime, Boskops, Slayer, Exploited und D.R.I. Aber das ist beileibe nicht alles.

Gegründet wurden Fleischwolf 2016 vom Multiinstrumentalisten Ollrich von Ollcore und dem ehemaligen 4-Promille Drummer Ziad aka Tröm Melsche. Man weiß nicht mehr genau, wer da jetzt wen angerufen hat (der Einfluss verschiedener alkoholischer Getränke kann da nicht ganz ausgeschlossen werden), auf jeden Fall kannte man sich schon lange und hatte Bock „was zusammen zu machen“. Kurze Zeit später fand man in Bassmann Eicky nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich einen kongenialen Partner, der das Trio Infernale wie Arsch auf Eimer komplettierte.

Fleischwolf lassen sich in keine Schublade pressen. Fleischwolf sind drei echte Freunde und machen einfach das, worauf sie Bock haben. Das war von Anfang an das Credo und das spürt man. Laut muss es sein, heftig und chaotisch. Diese drei positiv Bekloppten drehen einfach alles durch ihren Fleischwolf, was rockt, groovt und fetzt. Sie wollen Spaß. Für sich selbst und für ihre Zuhörerschaft. Und das konnte ich selbst bei einer ganzen Reihe von Live-Auftritten feststellen. Ernst nimmt man dabei auch sich selbst nicht allzu sehr. Alles, inklusive des Publikums und Fleischwolf selbst wird auf den Arm genommen. Das führt bei den Auftritten dazu, dass das Publikum regelmäßig mitgerissen wird und lautstark an der Fleischwolf-Show beteiligt wird. Da verschwinden die Grenzen zwischen Band und Publikum, wenn letzteres die Bühne entert und bei den Mitgrölnummern das Mikro übernimmt. Nix besonderes bei den Mettmannern und kein Problem für die Jungs. Trotz allem Spaß sind Fleischwolf aber nicht nur eine Comedy-Show, soweit darf man dann auch nicht gehen. Die Burschen bringen eine gehörige Menge musikalische Erfahrung mit und das merkt man ihnen an. Die Qualität ihrer Mucke muss stimmen. Wenn ihnen was wichtig ist, dann das. Aber auch die ein oder andere gesellschaftskritische und auch politische Message gegen Rechts ist ihnen durchaus wichtig.

Nach dem ersten Mini-Album „Mettcore“ erschien 2017 ihr erster Longplayer „Fleischwolf“, der 2019 mit dem Album „Von Uns Für Euch!“, einer Huldigung an ihre Fans, noch eine echte Steigerung erfuhr. War schon das erste Album nicht von schlechten Eltern, erfuhr die zweite Scheibe nochmal eine echte Qualitätssteigerung, was Songwriting und Sound betraf. Und jetzt das! Mit „Gut Geklaut“ setzen Ollrich, Tröm und Eicky nochmal ganz deutlich einen drauf! Das Fleischwolf-Konzept wird beim neuen Album nochmal auf die Spitze getrieben. Denn hier werden nicht nur verschiedene Musikstile „verwurstet“, hier werden mal eben eine ganze Reihe musikalischer Vorbilder und Einflüsse durch den allgegenwärtigen Hackfleischzerhacker gedreht. „Gut Geklaut“ heißt gut geklaut. Die Mettmanner haben sich einfach mal bedient, daraus machen sie auch gar keinen Hehl. “Gut Geklaut” ist nicht einfach ein Cover-Album, auf dem man Songs anderer Interpreten nachgespielt hat. Fleischwolf haben hier zwölf ganz eigene Songs geschrieben, bei denen sie ganz, ganz viel durch den (Nomen est Omen) Fleischwolf drehen, was in Sachen Metal, Punk, Hardcore und NDW bekannt und berüchtigt ist. Das macht einen solchen Spaß, wenn man beim Hören eines jeden Songs denkt: “Moment mal, das ist doch….” Genau: Iron Maiden! Mal eben das Gitarrenriff verwurstet… Oder Motörhead! (Nein, das ist KEIN Motörhead-Song, das ist original Fleischwolf, klingt aber genau wie Motörhead). Von Manowar die pathetischen Lyrics entführt und aus zwei Trio-Songs eine so geniale Hommage namens „Ja, Paul“ gemacht, dass sogar ein gewisser Herr Stephan Remmler davon ausgesprochen angetan gewesen sein soll. Mit „Hass ist deine Währung“ gibt es eine mächtige Breitseite inklusive Ohrwurmqualität gegen die Boulevard-Presse . Aber auch der Spaß und die Selbstironie kommen auf „Gut Geklaut“ wieder nicht zu kurz („Song mit Trompeten“).

Kurzum: Dieses Album kann man jedem Fan der genannten Musikstile nur wärmstens an Herz legen. Es gibt so viel (wieder-) zu entdecken, soviel Gespür für Musikalisches und für Songwriting, klasse! Man spürt einfach, die Jungs haben es drauf, die haben Bock und die wollen Gas geben. Und vor allem eins: Spaß haben!

Mit diesem Album könnten Fleischwolf durch die Decke gehen. Hammer! Und deshalb gibt es von mir satte neun von zehn Punkten! Sehr, sehr gut gemacht!

Line-up:
Ollrich von Ollcore – Gitarre, Vocals
Tröm Melsche – Drums, Vocals
Eicky – Bass, Vocals

Titel:
01  Malte The Pirat
02  Sturmflut
03  Revolution
04  Hass Ist Deine Währung
05  Alles Oder Nichts
06  Ja, Paul
07  Echter Scheißtag
08  Fuck The System
09  Der Teufel Hat Mich Heut Verführt
10  Motörhead
11  Song Mit Trompeten
12  Metal

Wertung: 9/10
Autor: Wolfgang Haupt