Full Metal Osthessen XI

Niederjossa, DGH, 01.03.2024 – 03.03.2024


Tag 1: B-S-T, Ira Tenax, Act Of Creation, Victim, Atomwinter, Knife.

Endlich einmal lassen wir uns bei Markus und Co auf ihrem liebevoll ohne fremdhilfe organisierten Full Metal Osthessen sehen. Das war immer wieder geplant, doch erst jetzt wird das Wirklichkeit. Einige frühen Gäste im DGH warten schon auf die erste Band, während grad noch die Bierfässer richtig angeschlossen werden. Auf der Bühne wird es nebelig, als uns B-S-T Doom um die Ohren kloppen. Doom als Anheizer zum Wachwerden … äh, ja. Nun ist es ja nicht so, als würden wir keine Riffs mögen. Teilweise genügt Blut-Schweiß-Tränen die Zeit zwischen zwei Abschlägen, um einen ausgiebigen Schluck aus der Astra-Dose am Mikrofonständer zu nehmen. Es bleibt alles deutlich unterhalb Midtempos, aber auch deutlich in deutscher Sprache, wo man so gut wie jedes Wort versteht. Kommt aber gut an, und es gibt nach ganzen 55 Minuten Spielzeit, der Vierer fing zehn Minuten früher an, anständig Applaus. Auch wenn wir zu Beginn des Festivals gerne mehr Tempo gewollt hätten, sind wir nicht unzufrieden.


Zur Tagesschauzeit wird ein Intro eingesamplet und die Hessen Ira Tenax legen los. Die Hanauer geben uns amtlichen Metal mit uncleanen Shouts auf die Zwölf, was für einige allerdings schon zu deftig ist. Das darf aber so erwartet werden, schließlich ist Shouter Martin mal bei Discreation gewesen. Der Basser spielt seinen Tieftöner im Sitzen, weil er die Tage scheiße die Treppe runter gekommen ist. Zwar mussten wir schon im Soundcheck feststellen, dass die Snare klöngt, bleibt aber später erträglich. Obwohl ein Gitarrist krankheitsbedingt fehlt, ja, das leider auch noch, agieren hier immerhin noch dreizehn Saiten zusammen. Jetzt reißen sie noch nicht die Heringe vom Teller und die Fans stehen nicht allzu dicht vorn. Da muss jetzt aber was kommen, denn schließlich steht eine Band mit fünfundzwanzig Jahren Erfahrung auf der Bühne. Und siehe da, die zweite Hälfte des Gigs kommt besser an. Die Dreiviertelstunde ist nochmal gut gegangen! An der Umbaupausenmusik muss aber noch gearbeitet werden, denn es wird tatsächlich Rob Zombie abgespielt.


Ebenfalls aus Hessen kommen Act Of Creation. Der Fünfer aus Haiger bewegt sich nach dem Rabenintro im moderneren, deathigen Thrash-Bereich, zumal Shouterin Jess, in einem mönchskuttenähnlichem Kleid unterwegs, Cleanes mit Growls mischt. Der Fünfer legt einen sehr quirligen Auftritt hin, besonders Jess legt so einige Meter zurück. Somit bekommen die Protagonisten ordentlich Feedback aus der Audienz. Daraus könnte Jess in den Ansagen noch mehr machen, dann müsste sie dazu auch durch keinen Gitarristen unterstützt werden. Seis drum, wir erleben immer wieder sehr gute Phasen, und es kommt vom Feeling her richtig gut. Rausgehen an die frische Luft oder zum Merchzelt können wir nicht, sondern wir müssen dem Programm lauschen. Also hat der Fünfer definitiv irgendwas richtig gemacht und das ist sehr gut so. Der ganze Applaus von den Oldschoolern hier gibt ihnen für ihren achtunddreißigminütigen Auftritt Recht!


Kommen wir nun zu Victim aus Weimar. Die drei Jungs haben definitiv schon einmal alte Metallica gehört, und somit bleiben wir im Thrash. Die Thüringer stehen auf der Bühne weit auseinander positioniert. Sie liefern das volle Brett, und das sehr breitbeinig, obwohl mit einer Gitarre weniger als die Vorbilder aus San Franzisco. Das heißt, mehr Riffs! Was ein geiler Scheiß, das DGH rockt, dass die Zeit im Fluge verrinnt. Der Typ neben uns, der sich Olli James Dio nennt, bangt sich die Seele raus. Zum Schluss des Sets wird mit „Pinnacle Of Amorality“ noch ein neuer Song gebracht und trotz Zugaberufen war nach vierzig Minuten leider Ende. Der direkte Gang zum Merchandise war im Anschluss ein absolutes Muss. Ihr aktuelles Selbstvertrieb-Vinyl „Planet Of Graves“ sowie Shirts gehörten zur Beute. Klasse Ding! Mal sehen, was Atomwinter jetzt draufsetzen.


Der Hauptgund für unsere Anreise zum Full Metal Osthessen ist Firma Atomwinter. Zu geil war ihr Auftritt mit Slaughterday vor ein paar Monaten in Hamburg, da musste zeitig Nachschlag her. Auch hier wird zu Anfang wieder ein Intro abgespielt, bis die Death Metal Macht einsetzt. Die Niedersachsen können in Sachen Tiefe deutlich Akzente setzen und voll den Hammer fahren. Überhaupt ist der Sound das ganze Wochenende ziemlich geil, ein Lob an den Tonmeister! Die ‚Uhs‘ und ‚Ahs‘ von Shouter Florian, der sonst bei Burden Of Grief den Bass zupft, kommen vollpassend. Nach dem knackigen „Iron Flesh“ und nach einer amtlichen Ansage folgt natürlich und glücklicherweise noch der Titeltrack vom „Catacombs“ Album, unserer absoluten Faveplatte. Hat übrigens schon mal jemand den Eiskratzer von Atomwinter verwendet? Also wenn man morgens früh mal wirklich seine Frontscheibe enteisen muss, und auf dem Teil den Bandnamen liest, hat das definitiv eine erheiternde Wirkung!


So! Und als wäre das in Sachen durchschlagender Härte noch nicht genug, springen die derzeit angesagten Überall-Abräumer von Knife für die leider krankheitsbedingt abgesagten Fateful Finality ein. Warum auch nicht, dann können sie auch gleich den Headlinerslot spielen, so wie auf dem letzten Metal Force Attack in Unna. Nach Mitternacht erklingt, na klar, wieder ein Intro und Shouter Vince Nihil macht schon Jubelanimationen zum Opener „Heaven Intro Dust“. Tatsächlich rücken auch gleich ein paar Fans näher an die Bühne, zumal es beim grandiosen Opener schwierig ist, wie angewurzelt zu stehen. Der Saal ist voll und es feiern auch Members der Bands zuvor im Pulk mit. Die Marburger machen richtig was los, sympathisch auch ihre getragenen Shirts von Satan, Motörhead und Possessed. Natürlich kommt auch hier ihre Action mit viel Gerenne und Seitenwechsel sehr gut an. Gemessen daran, wie das Publikum die Band aufnimmt, kann der Vierer nicht einfach bloß als ein Ersatz abgestempelt werden. Obwohl die Blackspeeder erst kurz vor dem Festival angekündigt wurden, gehen hier sehr viele Hände hoch. War aber klar, das die Band hier funktioniert, ebenfalls als Headliner des härteren Freitags. Darauf noch ein Licher vom Fass, morgen geht es weiter!


Tag 2: Welded, Rainforce, Powergame, Sceptor, Trance, Wytch Hazel, Screamer, Haunt.

Also das Wetter hier im Landkreis Hersfeld-Rotenburg zeigt sich heute von seiner besten Seite, denn wir gehen im kurzen T-Shirt zum Bürgerhaus und tragen unsere Jacken auf dem Arm. Es ist der zweite Festivaltag und es haben sich bereits zwei Handvoll Leute in der Halle eingefunden, als auf der Bühne doch recht plötzlich gegen 14:28 Uhr die metallisch thrashigen Welded loslegen. Die Mucker der ersten Band kommen natürlich aus Hessen und sie haben ihr einziges Album „Time Is Winding Down …“ im Gepäck. Hörten wir vorher noch leicht unstimmige Vocals auf der Platte, holen ihre griffigen Riffs einige Fans vor die Bühne, und das mit nur einer Gitarre. Der sanft beginnende Stampfer „Nightmare Just Begun“ macht locker und die Ersten zappeln mit. Na klar, hier kommt der Gesang auch wesentlich besser als auf Platte, und die Animationen zu Hey-Rufen funktionieren auch jetzt schon vorzüglich. Für die erste halbe Stunde des heutigen Festivaltages haben wir einen schön breitbeinigen Opener gesehen, so kann man starten!


Draußen ist schönes Wetter; die Kraft des Regens ergießt sich nur auf der Bühne. Ob das hier trocken bleibt, wird abzuwarten sein, zumindest hören wir im Soundcheck schon mal die AC/DC-mäßigen Riffs. Rainforce sind eine multinationale Truppe aus der Schweiz, Deutschland und Malta. Moment mal, da war doch was … Marc Storace kommt auch von dort … und nach Krokus klingt hier auch viel….kommt wohl nicht von ungefähr. Ihr hardrockiger Riffgitarren Metal macht um diese Uhrzeit schon mal Bock und lässt gut Mitzappeln, das geht einfach easy rein. Sänger Jordan von Nomad Son liest zwar die Lyrics ab, kommt stimmlich aber kräftig und unangreifbar. Die Band hat seit sieben Jahren aktuelles Album „Lion’s Den“ raus, da sollte außer Singles oder EP mal wieder etwas erscheinen. Auf jeden Fall bekommen wir schon mal das neue Stück „Rocking Through The Night“, und das ist auch gleich ein Ohrwurm. Eine weitere kleine Überraschung ist der Schlussakkord von Megadeth’s „Smphony Of Destruction“, mit dem sich die Band nach fünfundvierzig Minuten unter Beifall verabschiedet.


Mal sehen wie gut die Stimme von Gitarrist und Shouter Mätty heute drauf ist. Letztes Mal in Oberhausen als Vorgruppe von Traveler war die Mucke cool, nur die Vocals etwas schräg. Powergame spielen aber genau den richtigen Speedscheiß, nur können die Vocals auf dem Niveau einfach nicht mithalten. In einigen Parts geht es dann wieder, und er kann auch im Priest Cover „Desert Plains“ zunächst einiges retten, zumindest durch die klasse Wahl, nicht einen Song aus der ersten Reihe der Briten zu spielen. Eine Gruppe Die-Hard Banger vor der Stage scheint das völlig Mumpe zu sein, die feiern einfach den Speed wie er kommt, oder sind mit den Members persönlich befreundet. Übrigens soll das heute das letzte Konzert von Drummer Klaus-Gerald gewesen sein und es gehen nach „Legion Of The Dead“ die Arme hoch bis nach hinten. Wir können sagen, Osthessen hat fünfzig Minuten gefeiert!


Für die nächsten klassischen Metaller begrüßen wir Sceptor aus Süddeutschland. Ein langes Intro vom Band wird die Spielzeit auf fast eine Stunde hochschrauben, bis  die Members, die noch in Bands wie Ivory Night, Hell Patrol und Ritual Steel tätig sind oder waren, dann endlich loslegen. Ihr Sänger ist mit einer schneidend starken Stimme gesegnet, trifft aber nicht alle Töne. Keine Ahnung, ob er deswegen immer von so weit hinten aus der Nähe des Drumkits performt, aber er könnte sich trotzdem öfter am vorderen Bühnenrand bewegen. „Shadows In The Maze“ bekommen wir erst wieder mit, davor waren wir für eine Zeit mehr mit Essenfassen und Sabbeln beschäftigt, denn schließlich müssen wir uns die nächste Band komplett reinpfeifen, weil die immer erstklassig aufspielen und man wieder Großes erwarten darf.


In der Tat sind Gitarrist Kalli und Drummer Neudi in so einigen Bands aktiv. Zusammen nur noch in sechs Bands, wie uns Kalli vor dem Gig vorrechnete, als wir ihm das neue Sentry Vinyl vom Rücksitz abgeschwatzt haben. Diesmal erscheinen sie mit dem heimischen Urgestein Trance, das FMO aufzumischen. Der Fünfer bringt einiges an Action und Gepose und hat sichtlich Spaß, das Volk auch, schon beim Mitshouter „We Are The Revolution“ vom 1985er „Victory“ Album. Endlich ist hier wieder mal ein amtlicher Sänger auf der Stage und es geht volle Kanne ab. Der Junge ist richtig gut, das haben wir auch schon beim Ironhammer Festival 2021 in Andernach erlebt. Der Saal ist voll, trotz des am selben Wochenende stattfindenden Hell Over Hammaburg Festivals, wo viele unserer Freunde grad sind. Die Arme gehen hoch, und der ganze Laden steht dicht gedrängt und hört gespannt zu! Sehr bemerkenswert. So voll wurde es danach hier nicht mehr. Das ist auch genau die passende Band für dieses Festival, dementsprechend groß fällt der Jubel nach jedem Song aus. Sei es der Titeltrack vom aktuellen Album „Metal Forces“, oder zum Klassiker „Loosers“ inklusive Bandvorstellung, in dem Sänger Nick noch einen draufsetzt und easy mit den Höhen spielt, großartig! Was ein geiler Scheiß, das ging alles auch zu Recht etwas über eine Stunde!


Aber jetzt wird es anders. Noch vor ein paar Jahren sind wir mit Wytch Hazel mal so überhaupt nicht klargekommen, und das lag noch nicht mal an ihrer christlichen Einstellung. Na ja, passen vielleicht auch ganz gut hier hin, denn hier findet morgen noch ein Gottesdienst statt. Unser Olli James Dio gibt dazu an, das könne nicht sein, für ihn fände kein Dienst statt. Als im Jahr des Herrn 2020 das Album „III: Pentecost“ erschien, mussten wir plötzlich feststellen, die ‚Haselnuss‘ hat geliefert. Auch das neue Album „IV: Sacrament“ ist wieder ziemlich stark, und so geben wir dem Quartett aus England noch mal eine Chance. Auf der Bühne machen sie gutgelaunt Action und offensichtlich verbreiten die Weißgewänder mit ihrem seichteren Metal ziemlich gelöste Stimmung. Folgerichtig findet nach ihrer Stunde Stagetime das Vinyl am Merch starken Absatz.


Tja Leute, was sollen wir zur eigentlichen Headlinerband des Festivals noch große Worte verlieren? Wir haben ja die blutigen Anfangstage von Screamer hautnah miterlebt, die Jungs um Drummer Henrik haben einfach ihren Weg gemacht, und auf diesem alle erdenklichen Höhen und Tiefen erlebt, und sind noch immer mit Gigs auch in unseren Breiten fleißig unterwegs. Inzwischen sind die fünf Schweden ziemlich profimäßig unterwegs und können sich auch heute über einen erstklassigen und fetten Sound freuen. Daher gebührt ihnen auch ohne Neid der Headlinerslot. Zumindest war das heute so geplant, aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Haunt verspäten sich und daher spielen die Schweden halt etwas früher. Kann man mal machen, schließlich sind beide Combos derzeit für einige Gigs zusammen unterwegs. Klassiker, Hits und Mitgröler wie „Hellfire“, „Highway Of Heroes“, „Kingmaker“ und „Keep On Running“ reihen sich aneinander und beide Gitarristen liefern sich immer wieder Duelle und gehen zusammen auf die Knie. Also wird auch optisch einiges geboten und die Menge geht sowas von mit, auch wenn ihr famoses „Rock Bottom“ noch immer nicht von UFO ist, haha. Henrik hat es vorher gesagt, die Spielzeit soll heute über eine Stunde sein, und so kommt man auch als nun vorletzte Band auf satte 65 Glückseligkeitsminuten. Chapeau!


Die grad bei unterwegs befindlichen Kalifornier von Haunt sind auf der Autobahn stecken geblieben und können nicht pünktlich in Niederjossa ankommen, also tauschen die Schweden Screamer freundlich mit ihnen die Positionen auf dem Billing, und die Amimetaller spielen den Festivalabschluss. Für die Fans jetzt kein großes Ding, zumal beide Bands mit Spannung erwartet wurden. Nur irgendwie wissen wir grad gar nicht, welche Platte von Haunt gerade ihre aktuelle ist. Ist auch nicht verwunderlich, wenn man in den sieben Jahren ihres Bestehens schon zehn Alben raus hat. Da kann der geneigte Fan schon mal den Überblick verlieren. „Dreamers“ heißt das neue Teil, haben wir gerade bei dem bewegungsfreudigen Mädel neben uns erfragt, das permanent zu den Takten robotet. Aber auch ältere Songs wie „Hearts On  Fire“, „Mind Freeze“, und „In Our Dreams“ sind auch live geile Tracks. Dazu liefert Gitarrist Andy viele fette Backings, aber Gitarrist und Shouter Trevor bringt lahme Ansagen. Also wenn schon der Headlinerslot gespielt wird, dann auch bitte eine etwas zackigere Kommunikation mit dem Publikum. Ganz zum Schluss erscheint Mitveranstalter Markus für eine Ansage auf der Stage, mit Dank an alle Beteiligten. Das nächste Full Metal Osthessen findet von 14.03.2025 bis zum 16.03.2025 in diesem Kino statt.

Zum am Sonntag stattfindendem Gottesdienst haben wir allerdings schon das Dorf in Richtung Heimat verlassen, wo wir sicher auch die Kirche verpassen werden, haha. Vielen Dank an alle Beteiligten für dieses grandiose Wochenende, bis zum nächsten Jahr!

Autor & Pics: Joxe Schaefer