GIRLSCHOOL, ALCATRAZZ, KINGCROWN

Dortmund, Piano, 25.02.2024


Die bereits ausverkauften Girlschool-Tourshirts haben es nicht bis nach Deutschland geschafft, wir aber bis nach England. Bei unserem Besuch in Newcastle Upon Tyne vor zehn Tagen haben wir uns die beiden Headliner schon angesehen, zusammen mit Raven und Airforce. Heute gesellen sich Kingcrown dazu und wir treffen vor der Bühne noch Leute aus Newcastle wieder, welche den Tross noch in Manchester besuchten. Nach dem Synthieintro knallt es auf der Bühne sofort fulminant mit zwei weißen Flying V los. Der Fünfer macht ordentlich Action und nutzt die Bühne voll, womit sich der Applaus gerecht erkämpft wird. „City Light“ vom aktuellen Album „Wake Up Call“ wird zusätzlich mit dem Warlord Sänger Giles performt. Die Meldewege sind kurz, weil Keyboarder Jimmy ebenfalls bei den amerikanischen Power-Urgesteinen spielt. Auch wenn „Lost Prayer“ aus der Balladenschublade kommt; die schnellen Tracks sind gerne mit Doublebass getränkt. Zusätzlich deuten Hoho-Chöre stark zum Powermetal, bis uns Dios „Holy Diver“, sogar mit kurzem Intro, natürlich ohne Doppelfüße abholt. Das verursacht immer mehr Randale im Stall, aber mit „To The Sky And Back“ und dem Titelstück des oben angeführten Albums haben wir kurzweiliger Weise nach 37 Spielminuten schon den Finalsong hinter uns. Man sagt es ja nicht so gerne, wenn zwei beliebte Hochkaräter noch folgen, aber dieser Fünfer wird später die metallischste Band gewesen sein!


Die nächste Band heißt Alcatrazz und wird eher im klassischen Hardrock angesiedelt, ebenso wie ihre großen Idole Rainbow. Die Vergleiche kommen nicht von Ungefähr, denn Sänger Doogie White sang dort Mitte der Neunziger und Raven Lord Gitarrist Joe Stump, der auch noch bei den Manowar-Schoßhündchen Holy Hell aktiv ist, hat definitiv auch schon mal Blackmore erlebt. Er steht zwar meist ohne Miene wie angewurzelt an äußerer Bühnenfront, kann aber definitiv was an den Saiten. Was noch ziemlich gut ankommt, ist der stramme und voluminöse Sound vom Bass. Doogie zeigt sich am heutigen, letzten Tourtag gesanglich etwas besser als am Zweiten, variiert aber sehr mit laut und leise. Während seiner Performance beobachten wir seine Shakehands mit den ersten Reihen, während Joe mit dem Kabel seiner weißen ESP auf die Saiten haut und in die Knie geht. „Ariel“ haben wir in Newcastle gar nicht zu hören bekommen, ein Song vom „Stranger In Us All“ Album, dem letzten Studiowerk von Rainbow. Cool performt, wenn auch die Erhabenheit des Tracks nicht ganz rüberkommt. Dann ein kleiner Höhepunkt durch den Besuch von Girlschools Kim und Jackie plus Kingcrown Sänger Joe für Backing Vocals zu „Don‘t Get Mad Get Even“ vom aktuellen Album „Take No Prisoners“, das wird natürlich extra bejubelt. Überhaupt zeigt sich die Band in der zweiten Hälfte des Auftritts besser drauf und so konnte auch die intensive Version vom alten Rainbow-Cover „Temple Of The King“ gut wirken, inklusive eines Parts von Whitesnakes „Ain’t No Love In The Heart Of The City“. Danach ist Schluss und Doogie wirft seine Tourlederjacke ins Publikum. Die Band hat eine volle Headlinershow gezockt, aber in den 75 Minuten Stagetime gab es kein „Hiroshima Mon Amour“. Schade, ihren größten Hit nicht gehört zu haben.


Mal sehen, was Girlschool jetzt nachlegen, die wir auch als Headliner noch nie länger als 60 Minuten gesehen haben. Auch nicht 2017 in Sheffield auf dem NWoBHM Fest „Xmas-Rocka“ nicht. Drummerin Denise sitzt schon lange hinter ihrer Schießbude, als das Intro zu „Demolition Boys“ abgespielt wird. Mit extra langem Trommelintro zu „C‘mon Let‘s Go“ rifft es nahtlos rüber zu „The Hunter“. Gitarristin und Sängerin Kim hört man die Tourwochen an, denn stimmlich angeschlagen singt sie gerne kürzer und etwas tiefer. Die Tour hat eben ihre Spuren hinterlassen. Die Backings von Jackie und Tracy, die in der Vergangenheit zwischen Rock Goddess und Girlschool hin und her switchte, kommen fett, wie auch die Shouts aus den ersten Reihen. „Hit And Run“ bleibt im selben Tempo und Kim entschuldigt sich für ihre Stimme, was ihr aber auch niemand nachträgt. Bei dem neueren Song „Guilty As Sin“, gefolgt von „Future Flash“ mit getrecktem Mittelpart, lässt sich Jackie mal auf der anderen Bühnenseite sehen.

Weiter im Programm geht es mit „Kick It Down“ und „Nothing To Lose“ mit langen Bassdrumintro, wo natürlich alles automatisch mitklatscht und Jackie Mitsingparts inklusive Growls liefert. Es wäre laut Kim kein Girlschool Gig, wenn nicht irgendetwas schieflaufen würde, während Jacky ihre defekte Gitarre gegen eine Explorer eintauscht. Sie würden auch heute keine Hotelzimmer mehr smashen. Was sie heute täten, ist sie zu reinigen, weiß Kim währenddessen zur Erheiterung beizutragen. Nach dem Opener des neuen Albums „It Ist What It Is“ fragt Kim Drummerin Denise, ob sie ein paar Worte sagen möchte?“ – Ihr „No!“ konnte man auch ohne Mikrofon im Saal hören. „Take It Like A Band“ wird ihren Freunden von Motörhead gewidmet und Jackie wechselt ihre Gitarre wieder zurück. Aber nach „Race With The Devil“ kommt erst noch der Knaller, denn Motörheads „Bomber“, lässt das Piano durchdrehen. „Emergency“ und die rare Zugabe „Screaming Blue Murder“ machen nach 65 Minuten den Sack zu. Was ein geiler Scheiß, und zwar auch ohne viel Stimme. Egal, es ist definitiv weiterhin mit Girlschool zu rechnen, soviel ist mal klar!

Autor: Joxe Schaefer
Pics: Stefan Knöpker, Joxe Schaefer