Heavy Metal Maniacs Festival

Amstelveen, P60, 21.10.2022 – 22.10.2022


Tag 1, Freitag, 21.10.2022: Firmament, Portrait, Satan.

Unsere Freude war sehr groß, wieder dem Heavy Metal Maniacs Festival beiwohnen zu dürfen. Obwohl der ursprünglich angekündigte Headliner Jag Panzer letztendlich gar nicht spielt und adäquat durch Blaze Bayley ersetzt wurde, ist das Billing auch so stark genug, noch Gäste mit sehr weiten Anfahrten anzuziehen. Den Opener stellt ein Fünfer, etatmäßig mit drei ehemaligen Tension Leuten. Von allen Bands auf diesem Planeten, die sich den beliebten Namen Firmament gegeben haben, sind dies hier die metallischen Hardrocker aus deutschen Landen. Die Leipziger profitieren gleich schon vom pünktlichen Beginn an von voller Lightshow und legen auch gleich mit einem Judas Priest-mäßigen Riff a la „Steeler“ los. Der Gesang ist okay und der Riffsound ziemlich geil und nicht zu fett. Von daher ist bei den Leipzigern schon alles cool, aber das eine Quäntchen Eigenständigkeit mehr konnte nicht aufgerufen werden. Sie waren aber dennoch ein geiler Opener für dieses Festival, der den Großteil der Gäste mit Songs wie „Hide And Seek“ und einem Cover von Riots „Outlaw“ wachrütteln konnte. Blöd nur, dass sehr plötzlich Schluss war, aber die dreiviertelstündige Spielzeit wurde schon etwas überschritten. (Joxe Schaefer).


Hurra, endlich wieder Portrait. Die Schweden haben inzwischen einen arschvoll geiler Alben herausgebracht, waren aber noch nicht so häufig live unterwegs. Da kann schon mal der nicht unwichtige Faktor des eingespielten Auftretens zu kurz kommen, wie wir 2018 in Essen erleben mussten. Keine Ahnung, warum die Dunkelmetaller heute noch immer mit Mercyful Fate verglichen werden, aber das ist ein ganz anderes Thema. Jetzt beginnt das Quintett selbstbewusst mit „Beast Of Fire“ vom zweiten Album. Vorn in der ersten Reihe kommt der Sound nicht perfekt, aber geht man weiter zurück, wird es besser. Nur wurde der Sound vorne auch nicht viel matschfreier, als der Mischer den Regler für die zweite Gitarre gefunden hat. Aber auf jeden Fall besser als zuletzt, wie oben schon angeführt. Shouter Per unterstreicht seine Vocals mit großen Gesten für die passende Stimmung und macht in nicht zu greller Beleuchtung mächtig was los. Die Menge feiert das mit Armen unten, aber anders geht das in dieser Atmosphäre auch nicht. Und weil das alles so geil war, musste das Tourshirt abgegriffen werden. „At The Ghost Gate, „Burn The World“ und „Ashen“ beenden einen coolen Gig, jedoch war in der knapp einstündigen Spielzeit wieder kein „Darkness Forever“ drin, und vor allem auch kein „Martyrs“. Zum Abschluss sei noch erwähnt, dass mich drei Mädels nach Sänger Per gefragt haben… Für die Besprechung des Headliners gebe ich mal ab an unseren England-Fachmann Tino! (Jochen Schaefer).


Zu fortgeschrittener Stunde geht es dann auf die Zielgerade zu. Dazu gibt sich eine echte NWoBHM-Legende die Ehre. Dies sind keine geringeren als das Urgestein Satan aus dem idyllischen Newcastle Upon Tyne. Das letzte Mal ist schon einige Zeit her, dafür müsste ich tief in meinen Erinnerungen graben, was ich Aufgrund meines leichten Alkoholkonsums doch lieber lasse. Ziemlich pünktlich entert der Fünfer um Frontikone Brian Ross die große Bühne, die die Jungs von Beginn an komplett ausfüllen. Los geht es mit einem kurzen Intro und dem ersten Klassiker in Form von „Trial By Fire“. Die Menge ist sofort Feuer und Flamme und Brian ist zum Tourauftakt schon unglaublich gut bei Stimme. Auch seine Laune ist wie immer bestens, was sich in seinen bewährten lustigen Ansagen und der Interaktion mit dem Publikum zwischen jedem Song widerspiegelt. Mit einigen neueren Krachern wie „The Doomsday Clock“ und dem Burner „Burning Portrait“ des neuen Albums „Earth Infernal“ machen Satan keine Gefangenen. Die Jungs sind unglaublich aktiv auf der Bühne und die Stimmung steigt mit Songs wie „Twenty Five“, „Devils Infantry“ und dem grandiosen „Into The Mouth Of Eternity“. Die Menge weiß es auch, die Briten dafür gebührend abzufeiern. Über die nächsten Songs wie „From Second Sight“, „Cruel Magic“ und „Testimony“ geht es stetig dem großen Finale entgegen, welches in den Klassikern „Alone In The Dock“, „Kiss Of Death“ und dem abschließenden „Oppression“, das vom ersten Demo anno 1981 stammt und somit stattliche einundvierzig Jahre auf dem Buckel hat. Besonders Brian, der es sich nicht nehmen ließ, unseres Chefs Kutte überzuwerfen und der Saitenhexer Russ Tippins, der am heutigen Tag dank seines Screamer Shirts mein persönliches Highlight ist, zeigen sich in der Form ihres Lebens, wie es auch unser begeisterter Chefredakteur Joxe treffend auf den Punkt bringt. Dem bleibt nicht viel hinzuzufügen und wir freuen uns jetzt schon auf die kommende Woche, wenn wir Satan dann im heimischen Hamburg auf dem dritten Heavy Hamburg Halloween wiedersehen. (Tino Sternagel-Petersen).


Tag 2, 22.10.2022: Shuulak, Lions’s Pride, Memory Garden, Kevin Riddle’s Baphomet, Wolf, Blaze Bayley.

Am zweiten Festivaltag eröffnet pünktlich eine mysteriöse Band mit dem Namen Shuulak. Wer jetzt Fragezeichen im Gesicht hat, dem sei gesagt, er ist damit nicht alleine, denn das erging hier vielen so. Das Quintett besteht aus einer coolen Gitarristin und einer Barfußbassistin mit drei Quotenmännern und ihr Liedgut kann die Fragezeichen nicht zu Ausrufezeichen verbiegen. Auch durch den Sänger mit angeraut heller Schreistimme wird viel Groove bei eindimensionalen Atmosphären erzeugt und eine gewisses Maß von Psychedelic tut sich auf. Sie kommen mit recht wenig Licht aus, bieten aber Rauchsäulen zur optischen Unterstützung. Nur mit klassischem Metal hat das alles nur ansatzweise zu tun, deswegen bekommen die Südholländer nach fünfunddreißig Minuten zwar anständig Applaus, aber nur mit Not eine dichte Menge Leute vor der Bühne für ein Abschlussfoto zusammen. Mitglied des gastgeben Clubs ist unser Jörg, der nicht Uwe heißt, welcher aber auch keinen plausiblen Grund für das Signing dieser Band auf seinem Festival parat hat. Aber dafür soll die nächste Band doppelt so viel wegkloppen. (Joxe Schaefer).


Das Intro zieht sich, bis der Fünfer endlich loslegt. Lion‘s Pride aus Belgien zeigen sich mit ihrem melodischen Metal ganz anders als die Band zuvor. Hier singt die kräftigere Brüllstimme von Willy Beckers und es regieren höhere Tempi. Das ist reinrassiger Metal der Achtziger, weil ihr einziges Album aus dem Jahr 1984 stammt. Für eine belgische Band klingen sie sehr englisch, aber das Review hat trotzdem meine Wenigkeit übernommen und nicht Briten-Fan Kollege Tinomann. Die Brüsseler tragen auch unbekannte Songs vor, wie das neue „Devil’s Eyes“, ein deutliches Zeichen dafür, dass mit ihnen wieder zu rechnen ist. Durch ihre fünfundvierzigminütige Klasse-Performance sehen wir dem auch sehr entgegen und wir würden uns freuen, sähen wir die Jungs live bald wieder. Trotz der Ballade „Sound Of The Angels“ genau die richtige Wahl für das Billing, die positivste Überraschung des Festivals, alle Daumen hoch! Letztendlich musste natürlich die Neuauflage der „Breakout“ abgegriffen werden, zumal noch ‚ne Live-Single mit 1985er Zeug zusätzlich drinsteckt. Jetzt muss die Platte noch irgendwie ins kleine P60-Schließfach gehen, irgendwie diagonal und nochmal um 90 Grad gedreht passte sie dann auch irgendwann um Sackhaaresbreite. (Joxe Schaefer).


Vielen klassischen Metallern und besonders den Doomheads ist ein ähnlich klingender Titel von Trouble ein Begriff, nach dem sich die Schweden Memory Garden benannt haben. Sie bringen gleich noch so ein episches Intro, bevor sie wie Hölle zumindest durch tiefer gestimmte Gitarren grooven. Mit wieviel moderner Technik sie sonst noch die Oldschooler vergraulten, kann man schwer sagen, zumal das dargebrachte Liedgut ebenfalls dadurch zu ‚nu‘ kam und auch sonst wenig ansprechende Attitüde aufweisen konnte. Gleichermaßen beim als neuen Song angesagten „Distrust“ vom aktuellen Album. Gemessen daran, dass vor der Bühne noch zwei Meter Platz sind, kann das nicht die richtige Band für solch ein Festival sein und wir beobachten immer mehr Publikumsabgang, um nicht zu sagen, es wird der Laden leergespielt. Vielleicht nicht ganz fair an dieser Stelle Wolf Gitarrist Simon zu erwähnen, der auch hier für Riff und Soli zuständig ist, allerdings dazu eine Siebensaitige verwendet. Der Begriff Power Doom passt im marschierenden Titelstück des aktuellen Albums und Abschließer „1349“ am besten, während wir Blaze unten in der Bar antreffen und überlegen, ob wir ihm einen Bailleys ausgeben. (Joxe Schaefer).


Als nächstes kommen gute alte Bekannte an die Reihe. Kevin Riddles, den meisten bekannt von der britischen Heavy Metal Band Tytan, mit denen Bassriese Kev hier auf dem Heavy Metal Maniacs Festival bereits 2018 spielte. Da der herzliche Mann aber auch für das wohl wichtigste NWoBHM Album, nämlich dem selbstbetiteltem Angel Witch mitverantwortlich war, hat er mit seinen Tytan Mitstreitern die Band Kev Riddle‘s Baphomet ins Leben gerufen und spielt dabei ausschließlich Songs dieses Albums. Klar, dass dies ein Erfolg ist und so ist es auch kein Wunder, dass bereits zum Opener „Sweet Danger“ Meine Wenigkeit inklusive sämtlicher Old School Maniacs die Matte kreisen lassen. Fronter Tony Coldham mit neuer, etwas ungewohnter Frisur steht Originalfronter Kevin in nichts nach und bringt die Meilensteine mit völliger Selbstverständlichkeit und so viel Power auf den Punkt. Es ist die helle Freude dieser Band, die wir dieses Jahr bereits auf dem Headbangers Open Air bewundern konnten, auf der Bühne zu sehen. Mit „Baphomet“, „Confused“ und dem schleppenden „Sorceress“ wissen die Jungs zu punkten und das Publikum weiß diese Band gebührend zu feiern. „Gorgon“, „Atlantis“ und das gigantische „White Witch“, welches Kev mit Tränen in den Augen seiner Frau Julie widmet, geht es weiter auf der Setlist. Selten gehört das coole „Free Man“, welches Kevins’ Lieblingssong ist, wie er in der Ansage verrät. Klar, was jetzt noch zum Abschluss fehlt und worauf wohl jeder hier im Saal wartet: Nach dem Slayer inspirierendem „Angel Of Death“ performen Baphomet dann das legendäre „Angel Witch“. Was kann es besseres als Abschluss geben? Richtig, nicht sonderlich viel. Einziger Wermutstropfen für mich persönlich, dass mein Highlight „Doctor Phibes“, was als Opener auf der Setlist stand, wohl aus Zeitgründen herunterfiel. Schade, aber das ist Jammern auf ganz hohem Niveau, denn Kev und seine Mannen haben den Spirit der glorreichen NWoBHM Zeit so fantastisch auf den Punkt gebracht, dass mir auch an der einen oder anderen Stelle die Augen feucht wurden vor Freude. Absolut Top!!! (Tino Sternagel-Petersen)


Es ist exakt 21:00 Uhr und Zeit für „Shoot To Kill“. Die Schweden von Wolf haben im neuen Line-up zwar noch nicht alle alten Fans auf ihrer Seite, aber die Qualität und die Stageaction von Drummer Johan (live-Therion), Basser Pontus (King Diamond, Ronnie Atkins) und bereits erwähnter Simon, der hier sechs Saiten spielt, soll sich auszahlen. Dadurch klingt das Folgende „The Bite“ 2022 entspannter und runder als damals. Auffällig ist schon nach kurzer Zeit, dass kein Monitorsound zu hören war. Mit In-Ear-System ausgestattet, kriegen die Fans in den ersten Reihen eben nur Druck von weiter hinten, aber dafür hat Shouter Nik heuer mal ein Shirt an, trägt einen Bart und noch immer den Gitarrengurt mit den Wolf-Nieten aus den Anfangstagen. Es kommt „Evil Star“ schon sehr früh und offensichtlich nicht mehr als Zugabe. Schlimmer ist aber, dass dieser Titeltrack ihres dritten Albums der einzige der drei ersten Alben war. Kracher wie „Night Stalker“, „Genocide“ und natürlich „In The Shadow Of Steel“, fehlten leider gänzlich und mussten neuerem Material wie „The Raven“ weichen, und natürlich drei Stücken vom neuen Album „The Ill-Fated Mr. Mordrake“, „Dust“ und dem Titelstück „Shadowland“. Unverzichtbar der neueren Ära sind inzwischen allerdings „I Will Kill Again“ und die finalen „Voodoo“, „Skull Crusher“ und „Speed On“, da besteht gar kein Zweifel. Das muss wohl auch am nächsten Tag bei ihrem Gig in Belgien so gewesen sein, denn dort soll noch die PA explodieren. Nik begrüßt mich in seiner Ansage als „Fan from the old Days“ und gibt mir die Faust. Sehr ergreifend nach der langen Zeit. Derweil bangen wir zu definitiv hochwertigem Liedgut ab, feiern das professionelle Auftreten der Mannen und verzeichnen übrigens noch den ersten Crowdsurfer des Festivals. Muss wohl hinten im Saal auch Hammer sein. Blöd nur, dass auf meinem ergatterten Drumstick das Logo der anderen Band des Drummers graviert sein musste. Der anschließende Besuch am Merch nach fünfundsechzig schweißtreibenden Minuten ist Pflicht und so bekommen wir noch von der ganzen Band unser Vinyl signiert, nach dem Austausch ein paar alter Anekdoten selbstredend. Bei vierzig besuchten Wolf-Gigs gibt es halt einiges zu erzählen, dadurch verpassen wir den Start von Herrn Bayley, aber unser Tinomann ist da schon vor der Bühne am Start. (Joxe Schaefer).


Aufgrund von organisatorischen Gründen, wie es so schön heißt, stehen heute nicht Jag Panzer als Headliner auf der Bühne, sondern für mich etwas viel besseres. Nämlich ein guter, alter Bekannter, den wir dieses Jahr schon das ein oder andere Mal live gesehen haben und der bereits beim zurückliegenden Headbangers Open Air als Ersatz-Headliner eingesprungen ist. Die Rede ist von dem sympathischen Blaze Bayley, der für heute mal wieder mit seinem Iron Maiden Set gebucht wurde. Nach seinem umjubeltem Auftritt auf dem Der Detze Rockt Festival und dem bereits erwähnten HOA, freuen wir uns jetzt also auf die dritte Maiden Show dieses Jahr. Denn Bayley ist immer eine Bank, soviel steht mal fest und kaum ein anderer Künstler ist so fannah wie dieser Brite. Mit seiner Backing-Band Absolva war er gerade wieder auf Europa Tour und somit bestens aufeinander eingespielt. Das merkt man auch von Beginn an schon beim Opener „Sign Of The Cross“. Auch sein Titeltrack des aktuellen Albums „War Within Me“ fügt sich nahtlos in die Maiden Setlist, genau wie „Pull Yourself Up“ und „Warrior“. Dann geht es aber mit „When Two Worlds Collide“ auf die Überholspur und Bayley hat sichtlich Spaß, seine kleinen Geschichten zwischen den Songs zu erzählen, wobei man ihn einfach immer nur in den Arm nehmen will. Mit „Virus“ und „The Clansman“ hat er natürlich leichtes Spiel, die Menge auf seine Seite zu ziehen. Damals doch eher belächelt, sind auch bei mir die beiden Maiden Alben mit Bayley zu echten Klassikern gereift, besonders wenn sie so authentisch rübergebracht werden wie hier. Das ergreifende Gänsehautstück „Como Estais Amigos“ kann wohl auch nur Bayley mit so viel Gefühl vortragen. Danach ist Zeit für etwas mehr Tempo und „Man On The Edge“, bevor die Briten mit „Furureal“ das letzte Ausrufezeichen des Festivals setzen. Die Maniacs sind begeistert und ich glaube so wirklich ist hier keiner traurig, dass es Jag Panzer nicht geschafft haben. Blaze Bayley hat ein weiteres Mal gezeigt, dass er ein mehr als würdiger Headliner ist! Hut ab und auf ganz bald hoffentlich wieder Bayley! (Tino Sternagel-Petersen).

Autoren: Tino Sternagel-Petersen, Joxe Schaefer
Pics: Joxe Schaefer