HITTMAN – destroy all humans

Mit den New Yorkern Hittman schickt sich nach Siren, Shok Paris und den übermächtigen Cirith Ungol, Glacier sollen noch im Oktober folgen, eine weitere legendäre US Metal Band an, um nach jahrzehntelanger Abwesenheit mit einem neuen Comeback Album um die Ecke zu kommen. Olli Weinsheimer und sein Keep It True Festival machen es möglich… Wie so oft war der Gig, in diesem Falle 2018, stark umjubelt und die Band konnte die Resonanz kaum fassen. Es flossen beim Sänger Dirk Kennedy sogar Tränen der Rührung. Außerdem konnte der leider 2013 verstorbene Original Bassist Mike Buccel nicht daran teilhaben. Umso mehr geriet der Gig zum vollen Erfolg und Hits wie „Metal Sport“ oder „You Will Be There“ wurden lautstark mitgesungen bzw. mitgebrüllt.

Hittman, 1984 gegründet, haben neben dem legendären Demo gerade mal zwei Studioalben veröffentlicht. Das selbst betitelte Debüt aus dem Jahre 1988 ist US Metal a la Queensryche oder Crimson Glory in reinster Form. Das Zweite, „Vivas Machina“ von 1993, war dagegen rockiger und progressiver, aber beileibe kein schwaches Album. Eher im Gegenteil. Es soll auch Leute geben, die das Zweitwerk dem Erstling vorziehen. Nach einigen schlecht besuchten Touren, auch hierzulande, löste sich die Band wie so viele andere Mitte der Neunziger frustriert auf.

Quo vadis Hittman? Die beiden Vorabsingles „The Ledge“ und „Breath“ waren doch eher ruhiger Natur und überzeugen vor allem durch Dirk Kennedys Gesang, der kein bisschen gealtert zu sein scheint. Die erste Single „The Ledge“ überrascht mit schönen Gitarrenharmonien (Stichwort „Twinguitars“), tribalmäßigen Drums und einem äußerst ergreifenden, melodischen Refrain. Die zweite Single „Breath“ dagegen scheint zunächst etwas farblos zu sein, könnte aber im Zusammenhang mit dem kompletten Album funktionieren und tut dieses dann auch. Denn es sollen die einzigen verkehrsberuhigten Nummern bleiben. Auch wenn natürlich keine Geschwindigkeitsrekorde gebrochen werden, sind die restlichen Songs alle im gehobenen Midtempo und liegen somit näher am legendären Debüt als am Zweitwerk. Generell fühlt man sich des Öfteren in die seeligen Spätachtziger zurück versetzt, wo Alben wie „Operation : Mindcrime“ , „Transcendence“ oder eben „Hittman“ das Maß aller Dinge waren, wenn es um melodischen, leicht progressiven US Metal geht. Interessanterweise war damals nach dem Erstling eigentlich ein Konzeptalbum namens „Precesions Killing“ geplant. Zur Veröffentlichung kam es aber nie. Probleme mit dem Management, Plattenfirmen etc. verhinderten dies. Außerdem gab es ja bereits schon ein Opus Magnum von einer sehr bekannten Band aus Seattle, dessen Schatten zu jener Zeit alles überragte. Die Veröffentlichung eines ähnlichen Konzeptalbums machte zu diesem Zeitpunkt einfach keinen Sinn.

Mehr als drei Jahrzehnte später sieht die Sache natürlich ganz anders aus. Und in der Tat hat man den Eindruck, dass es sich bei „Destroy All Humans“ um den verschollen geglaubten, kleinen Bruder von Queensryches „Operation: Mindcrime“ handeln könnte. Der eröffnende, über sieben Minuten lange Titelsong beginnt mit einem sphärischen Keyboardintro, bevor ein „Jesus Saves“-Gedächtnisriff (Savatage) den eigentlichen Song eröffnet, und eine orientalische Melodie diesen vorantreibt. Zwischendurch gibt es neben einem packenden Refrain auch exzellente Gitarrenharmonien und Tempowechsel.

Ein toller Opener, der zusammen mit dem ebenfalls siebenminütigen abschließenden „Love The Assassin“ (ebenfalls ein absolutes Highlight, welches mit einem schönen Pianopassage endet), so etwas wie die beiden Pole bildet und zusammen den Konzeptcharackter des Albums unterstreicht. Dazwischen befinden sich kürzere Songs, die allesamt kaum länger als vier Minuten sind. Die haben es aber dafür in sich. Einzelne Titel herauszupicken fällt schwer. Jeder einzelne Song steht exemplarisch für ein Melodienfeuerwerk mit Raffinesse und Biss und dürfte sowohl bei US Metal-, als auch Melodic Metal Fans für helle Begeisterung sorgen.

Hittman stehen anno 2020 mit „Destroy All Humans“ für US Power Metal, der völlig ohne Kitsch, Schmalz und Bombast daherkommt. Besser geht es kaum. Wenn es etwas an diesem Album zu kritisieren gibt, dann ist das höchstens die kurze Spielzeit von „nur“ etwas über vierzig Minuten.

Wertung: 9/10
Autor: Michael Staude