IRONFLAME, COMANIAC, ICARUS WITCH
Aarburg (CH)-Musigburg, 31.07.2022
Da Ironflame und Icarus Witch beide für das diesjährige Headbangers Open Air gebucht wurden, entschied man sich, das Europa Unternehmen der beiden Gruppen zu einem Full Metal Weekend zu machen, und hängte nach dem Auftritt am Freitag in Brande-Hörnerkirchen noch zwei Shows an, bevor es am Montag wieder zurück nach Ohio bzw. Pittsburg ging. Am Samstag gastierte die Band auf eigenen Wunsch in der Zille zu Göppingen am Sonntag in der Musigburg in Aarburg. Bei beiden Shows amteten die Schweizer Thrasher von Comaniac als zusätzliche Support Band. Die Konstellation zwischen Ironflame und Comaniac scheint auf den ersten Blick soundmäßig etwas abwegig zu sein, funktioniert bekanntlich aber sehr gut. Beide Bands hatten bereits im Spätsommer 2019 zusammen in Zentraleuropa getourt, und sich dabei angefreundet. Was aus einer Label / Tourmanagement Kollaboration heraus begann, entwickelte sich zu einer tiefgründigen Freundschaft zwischen den beiden Bands. Den gegenseitigen Respekt und die gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung konnte man während des ganzen Abends permanent spüren. So stellten Comaniac das ganze Equipment für diese zwei Konzerte in Göppingen und Aarburg, was Andrew zu einer wahren Lobeshymne über die Jungs aus Aarau bewegte. Ohne Comaniac wären diese zwei Konzerte nicht möglich gewesen. Dem Dank kann ich mich nur anschließen: „Alles geili Sieche!“
Als ich gegen 19:00 Uhr in der Musigburg aufschlug, lümmelten gerade mal zwei Nasen vor der Location herum. Auf dem Weg vom Auto zum Venue traf ich dann auf Mister Ironflame himself, Ralf Stadler (größter Fan der Band), und dessen Tochter Saskia. Beide hatte ich das letzte Mal in Karlsruhe beim Night Demon / Sacred Reich Konzert im Dezember 2019 getroffen, aufgrund der Pandemie eine gefühlte Ewigkeit zurück liegend. Nach so langer Zeit hatten wir uns einiges zu erzählen und so wurde ein Teil der Wartezeit auf die Türöffnung durch Smalltalk mit den Stadlers überbrückt. Nach einem längeren Gespräche und Fachsimpeln mit ein paar anderen bekannten Undergound Ikonen wie Reto Henny (Steel Fortress Mailorder), Daniel Köbeli (Konzertphotograph) oder Mister Metalworld Alex Fontanini (Tourmanager von Ironflame und Comaniac) ging es dann um 19:45 Uhr bei brütender Hitze mit Icarus Witch endlich los. Dreiviertel der Band, nota bene Sänger Andrew, Gitarrist Quinn und Drummer Noah spielen auch bei Ironflame, so dass lediglich Basser Jason Myers nicht beim heutigen Headliner agiert. Ich verfolge die Band bereits seit einer Weile, aber irgendwie wollte es auf Platte bisher nicht so richtig zünden bei mir. Live gefielen mir die Songs dafür deutlich besser als auf Tonträger. Druckvoll, kompakt und filigran wurden die Songs rüber gebracht, wobei Andrew’s Stimme alles zu überragen schien. Er ist einfach ein Goldkehlchen! Da Andrew nur das aktuelle Album „Goodbye Cruel World“ (2018) eingesungen hat, lag der Fokus des Sets auf diesem Album, obwohl auch die anderen vier Vorgängerlaben mit mindestens einem Song berücksichtigt wurden. Außerdem wurde noch ein neuer Song namens „10’000 Light Years From Home“ präsentiert, welcher sich sehr gut in die restliche Setlist integriert hat. Nicht schlecht, all das in 35 Minuten Spielzeit zu packen. Ein guter und unterhaltsamer Gig, vor leider lichten Zuschauerreihen. Der Abend war nun definitiv lanciert.
Setlist: Misfortune Teller; Through Your Eyes; Tragedy; 10’000 Light Years From Home; Out For Blood; Black Candles; Lightning Strikes; Until The Bitter End; Storming The Castle.
Nach einer kurzen Umbaupause (mehrheitlich ein kurzer Line Check) legten Comaniac gegen 20:45 Uhr gewohnt druckvoll los. Leider hatten sich immer noch nicht mehr Leute eingefunden (verdammte Poser!), so dass ich zählenderweise auf nur 35 Zuschauer gekommen bin. Der positiven Einstellung des Aargauer Quartetts auf der Bühne tat dieser negative Nebeneffekt keinen Abbruch. Comaniac waren live schon immer eine Bank, aber die aktuelle, leider temporäre Konstellation ist kaum zu toppen, und dies trotz oder u.a. wegen Aushilfsbassist Thomas. Sein Bassspiel war jedenfalls ausgezeichnet und das aktive Stageacting hatte auch zum sehr positiv Gesamtbild beigetragen. Weshalb behaltet ihr den Kerl eigentlich nicht? Jedenfalls hatte die Band heute einen speziell druckvollen Sound. Angetrieben von Drummonster Steff Häberli, legten Schmirgel (Gesang & Gitarre) und Vali (Gitarre) ein gewohnt fettes Brett auf die Bühne. Die filigranen Basslinien, heute erstaunlich gut und differenziert hörbar, haben den Gesamtsound sehr positiv beeinflusst. Sauber und agil vorgetragen wie immer und mit viel Spaß in den Backen rockten sich die vier Streitgenossen am Tag vor dem Schweizer Nationalfeiertag souverän durch eine tolle Setlist, bei der alle drei Alben zum Zug kamen. Der Fokus lag jedoch auf dem aktuellen Nackenbrecher „Holodox“. Zu meiner großen Freude (gäll Schmirgel), kamen auch drei Songs vom Debütalbum zum Zuge (ja die alten Säcke im Publikum stehen auf die alten Songs!). Abgerundet wurden die kurzweiligen 45 Minuten durch zwei Songs vom Zweitwerk „Instruction For Destruction“. Die Bassposition bei Comaniac ist bekanntlich seit einer Weile vakant, was Schmirgel zu einem selbstironischen, verbalen Stelleninserat bewog: „Die Comaniac Songs sind alle so einfach, dass jeder im Publikum den Bass übernehmen kann. Also bewerbt Euch bei uns!“ Spaß in Kombination mit musikalischer Qualität standen schon immer hoch im Kurs bei Comaniac. Das war auch heute nicht anders. Der Debütkracher „Cut Throat“ eine echtes Meisterwerk in Sachen klassischem Thrash Metal, beendete einen tollen Auftritt, welcher vom heutigen Headliner im Publikum begeistert mitverfolgt wurde. Comaniac sind und bleiben eine sympathische, bodenständige und v.a. immer wieder sehenswerte Liveband. Catch them if you can!
Setlist: Intro; Coal; Suborned; Holodox; Art Is Dead; The New Face Of Hell; Sacred Seed; Love And Pride; 1, 2, Rage; Head Of The Snake; Cut Throat.
Ironflame zeigten dann eindrücklich ihre musikalische Qualität und weshalb sich ein Besuch eines ihrer Konzerte immer lohnt. Getragen von Andrew’s außergewöhnlicher Stimme und angetrieben durch Noah’s Power Drumming und James’ treibenden Basslinien wurden die Songs durch filigran vorgetragenen Gitarrenmelodien des Axtduetts Lukas / Scott ergänzt. Auch wenn Ironflame gerade ihr aktuelles Album „Where Madness Dwells“ promoten, welches am 21.07. 2022 veröffentlicht wurde, kamen lediglich zwei Songs vom aktuellen Longplayer zum Zuge. Zum Glück wurden die Bandklassiker wie z.B. „Firestorm“, das geniale „Marching On“, das brillante „Eternal Night“ oder Fallen Glory (alle vom Debütalbum „Lightning Strikes The Crown“ (2017)), „Bringer Of Fire“ und „Vengeance Rising“ (beide vom „Tales Of Splendor And Sorrow“ Album (2018)) oder „Blood Red Cross“ und „Graves Of Thunder“ (vom 2020er Album „Blood Red Victory“) nicht vergessen. Einer der Höhepunkte des heutigen Gigs war aber einer der neuen Songs: „Ready To Strike“ vom aktuellen Album „Where Madness Dwells“. Was für eine Granate! Ein Song, der live einfach funktioniert! So muss klassischer Heavy Metal in der aggressiven Form klingen. Die melodischere Version von Ironflame repräsentierten dann Songs z.B. à la „Marching On“ (ebenfalls eine tolle live Nummer). Die Kombination der eingängigen Melodien und den harten/schnelleren Soundelementen machen eine talentierte Band wie IronFlame unschlagbar! Heavy Metal at its best. Ich liebe alle Alben der Band und so verging der einstündige, abwechslungsreiche Set wie im Fluge. Als Abschluss des offiziellen Sets gab es den Klassiker „Fallen Glory“ vom Debütalbum zu hören. Das Publikum, leider kleiner in der Zahl, aber treu und großartig in der Unterstützung, forderte lautstark eine Zugabe. Ein Wunsch, dem die Band mit viel Freude in Form des genialen „Shadow Queen“ (heute ihrem Tourmanager und Alex Fontanaini gewidmet) nachkam. Eine Ironflame Show ohne diesen brillanten Song ist quasi unvorstellbar. Es ist immer wieder ein Vergnügen (musikalisch und menschlich), einem Auftritt des Quintetts von der US Ostküste beizuwohnen. Die Spielfreude und die musikalische Qualität sprechen für sich! Jeder Tonträger dieser Band gehört in eine gut sortierte Plattensammlung. Unterstützt den Untergrund und kauft die Tonträger der Bands. Währenddem die Szenegrößen von ihren Touraktivitäten sehr gut leben können, brauchen Undergroundbands wie Ironflame jeden möglichen Support (Verkauf von T-Shirts, CDs, LPs, etc.), um überleben zu können. Das aktuelle Album „Where Madness Dwells“ gibt es bei High Roller Records oder auf der Bandcamp Seite der Band zu beziehen. Eine Vinylversion des Albums ist für November dieses Jahres angekündigt. Buy or die!
Setlist: Firestorm; Bringer Of Fire; Marching On; Eternal Night; Everlasting Fire; Blood Red Cross; Vengeance Rising; Graves Of Thunder; Ready To Strike; Fallen Glory, Shadow Queen.
Nach Konzertende konnte man alle drei Bands im Barbereich der Musigburg oder vor der Bühne treffen für Fotos und/oder Unterschriften. Ein Abend, der wieder einmal zeigte, dass Underground Heavy Metal mehrheitlich von Fans für Fans gemacht wird. Eine solch tolle Bandkonstellation hätte definitiv einen größeren Zuschauerzuspruch verdient gehabt. Hey, ihr Schweizer Metalfans, wo wart ihr eigentlich? Es sind Fans aus dem süddeutschen Raum angereist, um diese drei Bands live zu sehen, und ihr wart mehrheitlich nicht da? Schande über all diejenigen, welche dieses tolle Package verpasst haben. Das war der einzige negative Aspekt eines ansonsten begeisternden, ja fast legendären und perfekten Abends.
Autor & Pics: Steph Bachmann