IRONHAMMER FESTIVAL
Andernach, JuZ, 08.09.2018
Das Ironhammer Festival im JuZ zu Andernach etabliert sich im Kalender der klassischen Metaller zu einer festen Größe. Wieder einmal werden weite Anreisen in Kauf genommen, also hat das Billing mächtig Anzugskraft. Viele Gesichter hat man schon am Vorabend in Lünen gesehen, wo die tourenden Screamer und Night Demon stoppten. Als erstes dürfen heute Wildrider aus dem benachbarten Bad Breisig ran. Ihr AC/DC-mäßiger Hardrock kommt fett mit zwei Gitarren und wird durchschnitten von einer kreischigen Stimme. Der Fünfer verbreitet gute Laune und animiert die noch lichten Reihen. Dadurch gehen die ersten Arme hoch, obwohl sich die Wellblechhalle noch füllt. Nicht schlecht für einen Opener. Neu ist der komfortabel große Fotograben, der durch Absperrgitter entstand, welche aber wohl mehr für Sicherheitsabstand sorgen sollen, da für die finale Band einiges an Installationen und Pyros aufgefahren wurde. (Joxe Schaefer).
So hat der kleine Fotograf bei den ersten Bands vor der Bühne mehr Platz als benötigt, und Wolfen Gitarrist Andi schaut bei uns mit durch den Sucher. Als ob er noch nicht genug Jobs hätte, wo er doch jetzt zusätzlich bei Steelpreacher zockt, sich aber sonst mit Basser Nico brav vor ihrem Aufsteller am rechten Bühnenrand positioniert. Sonst zeigt sich der Fünfer breitgroovig mit ganz sicher nicht zu wenig Bass im Gesamtmix. Ihr bereits sechstes Album “Rise Of The Lycans” steht in den Regalen und wird mächtig beworben, jedenfalls sind die Jungs derzeit fleißig auf den Bühnen unterwegs, dass jeder Interessent Gelegenheit haben sollte, einem ihren Gigs beiwohnen zu können. (Joxe Schaefer).
Etwas einfacher geht es bei Iron Jaws zu, die ohne sich mit Firlefanz aufzuhalten ihr Hauptaugenmerk auf höhere Tempi legen. Dieser italienische Fünfer bietet Geradeausgerase zwischen Excitergesäge und Running Wild Beats, die bei der Audienz nicht ganz ohne Wirkung bleiben. Ein Songtitel wie “Speed Metal Command” kommt also nicht von ungefähr. Shouter Andrea spuckt Wasser in die Luft und fährt auch sonst selbstsicher den großen Hof mit mächtig viel Gestik. Mit „Evil Bringer” und “Nuclear Disaster” geben sie weiter mit zwei fetten und herrlich kratzenden Gitarren auf die Fresse. Dagegen kommen die Soli nicht immer sicher, schneiden sich aber deutlich hörbar durch den Abreißer „Predator“. Der auf die Bühne gekletterte “Gastsänger“ war übrigens Bandbuddy Marius, der für X-CRASH den grandiosen Nachruf für Mark Shelton schrieb. (Joxe Schaefer).
Es haben erst drei Bands gespielt und der gelbe Ball am Himmel denkt noch nicht ans Untergehen. Zu dieser Zeit stehen Screamer heute viel zu früh auf dem Billing, besonders nach dem furiosen Co-Headlinerauftritt am Vortag in Lünen. Weil aber offensichtlich alle um die hohe Qualität der Schweden wissen, wird die Halle flugs so rappelvoll wie heute noch nicht und die Luft darin schnell zum Schneiden dick. Ein sicheres Zeichen dafür, heute scheint es wieder extrem gut zu werden. Der Fünfer zieht vom Leder und bringt das JuZ in Feierlaune. So oft wie wir die Band live gesehen haben, laufen wir schnell Gefahr, in jedem Livereview das Gleiche zu schreiben. Allerdings ist es nun mal nicht von der Hand zu weisen, dass die Schweden einen Arsch voll geiler Abfeierhits haben, etwas anderes kann man von Songs wie „On My Way“ und “Keep On Walking“ nicht behaupten, zu denen die ganze Halle mitmacht. Nur die Becken hängen nicht mehr ganz so hoch wie sonst. Drummer Henrik verrät uns, dass nun die Gesundheit seiner Schultern vor der unbestreitbar geileren Optik Priorität haben. Nicht wie gestern, wo man vor den Zugaben die Bühne verließ, wird nun “Monte Carlo Nights“ im Set gespielt, ebenso wie das als letztes Stück angesagte „Rock Bottom“, welches die grandiose Dreiviertelstunde über die Ziellinie trägt. Da wird es die nächste Band schwer haben, die früher im Billing besser gepasst hätte. (Joxe Schaefer).
Sie hüllten sich in seltsame Gewänder und irren planlos umher. So oder so ähnlich könnte man das bei Midnight Rider nennen, denn die beiden bekannteren Hauptakteure kleiden sich nicht nur anders, sondern bewegen sich auch ungewohnt. Aber damit noch nicht genug, denn Räucherstäbchen in Attic-Ausmaßen verhindern, das offensichtlich doch okaye Liedgut nochmals anzuchecken, da gebe ich ab an unseren Fachmann und verlasse die Wellblechhalle … (Joxe Schaefer).
Nachdem die schwedische Heavy Metal Walze Screamer das erste musikalische Highlight an diesem Tag waren, versuchen jetzt die Lokalmatadore Midnight Rider in diese Fußstapfen zu treten. Der Vierer um die beiden Metal Inquisitor / Metalucifer Saitenhexer „Cliff“ und „Blumi“ haben im vergangenen Jahr mit ihrem Debüt “Manifestation” ordentlich für Furore gesorgt. Ebenfalls im letzten Jahr haben die Jungs auf dem „Der Detze Rockt“ gezeigt, dass mit ihnen in der Zukunft zu rechnen ist. Ihr 70er beeinflusster Heavy Metal kommt total fett rüber und begeistert schnell die Anwesenden, mich eingeschlossen. Das Outfit von Basser „Cliff“ ist an diesem Abend schon einmal herausstechend. Eine orangefarbene Schlaghose und dazu das für mich beste Shirt des Abends. Auf dem gelben Leibchen prangt das rote Tyrolen-Logo; für alle Muskelrock Fans ein Grund, feuchte Augen zu bekommen und Heimatgefühle zu verspüren. Dass alle auf der Bühne routinierte Musiker sind, zeigt sich schnell und Fronter „Wayne“ rundet diese musikalische Zeitreise perfekt ab. Die Hommage an die britischen Helden Judas Priest sind unverkennbar und einfach klasse umgesetzt. So qualitativ hochwertig kann es an diesem Abend gerne weiter gehen. (Tino Sternagel-Petersen).
Irgendwie haben wir Stallion schon länger nicht mehr live gesehen. Shouter Pauly trägt noch immer seine Hose im Muster der Japansonne, legt ein unheimliches Lauf- und Bangpensum ab und meistert die Höhen scheinbar mühelos, obwohl er mir mal geflüstert hat, dass das aber wohl nicht so einfach wäre wie es ausschaut. Die Süddeutschen packen mit dem Titeltrack „Risse And Ride“ sofort die Kanone aus und reißen die ganze Halle mit. Es fühlt sich so an, als hätte das Quintett an Härte zugelegt, denn es knallt und scheppert angenehm mitten in die Fresse. Das liegt sicher nicht nur am Sound oder an einem Kracher wie “Underground Society” vom aktuellen Album “Form The Dead” allein. Ehe man sich versieht, schließt ihre Granate „Canadian Steel“ schon den absolut kurzweiligen Gig ab. Fünfzig absolut starke Minuten, die mit zu den besten des Tages gehören. Mit Stallion ist weiter zu rechnen. Dass das jetzt so hochwertige Programm bei der nächsten Band seine Fortsetzung finden wird, dürfte sich inzwischen rumgesprochen haben. (Joxe Schaefer).
Und wer den eigentlichen Headliner des hiesigen Festivals gestern im Lükaz gesehen hat, kann heute gar keine Zweifel mehr haben, sondern nur noch hohe Erwartungen. Night Demon binden den Bär los und Speedkiller wie „Maiden Hell“ treffen die Banger mitten im Gesicht. Jarvis zeigt sich bestens bei Stimme, als ob er auf der Aftershowparty gestern in Lünen nur Wasser getrunken hätte. Mal sehen, ob die Spielzeit für ein paar Überraschungen im kürzeren Programm ausreicht. Das in “Dawn Rider” übergehende Cover “Overkill“ von Motörhead haben sie jedenfalls mit drin, ebenfalls nur angespielt wie gestern in Lünen. Durch ihr Laufpensum bei doppelter Flying-V Attacke füllen die Kalifornier die gesamte Bühnenbreite aus und selbstredend erscheint zum unverzichtbaren “The Chalice” der kapuzte Umhangträger mit dem Kelch, der heute mal von Jarvis mit einem Tritt in den Allerwertesten von den Brettern verabschiedet wird. Nach ihrem Anthem “Night Demon” wirft ein wie geduscht klatschnasser Jarvis seine Schweißbänder ins Publikum, die bei ihm ganz sicher die korrekte Bezeichnung tragen. Im Gegensatz zu gestern eine sehr kurze Vorstellung, aber eine sehr intensive. Der eigentliche Hauptact der Veranstaltung. (Joxe Schaefer).
Denn alles, was jetzt noch kommt, kann nur noch Aftershowprogramm sein. Und einen anderen Charakter kann man der nächsten Band auch nicht anhängen. Dazu wurden die Feuersäulen und sonstigen entzündlichen Gimmicks früh getestet. Sie funktionieren einwandfrei und erwärmen die Halle noch mehr. Nun hat es sich ja schon längst herumgesprochen, dass Iron Thor in letzter Zeit ziemlich abgeräumt haben. In diesem Zuge kam für den Veranstalter die Idee nicht ungelegen, dass die Raubkatzenoutfits samt Schwanz wieder ausgepackt werden und für das JuZ noch einmal der Wildcat Porno Heavy Metal zelebriert wird. Für Metaller mit schlechterem Hörvermögen sei noch einmal deutlich gemacht, wir reden hier nicht von Def Leppard, sondern von Sex Gepard. Sie sind lange nicht mehr auf der Bühne gewesen und wer ihre Show damals schon gesehen hat, spricht von einem Rock Bitch ähnlichen Untermalungsprogramm, das man heute allerdings entschärft bringt und mit Steelpreacher Schlagzeuger Hendrik performt. Nach “Heat Of Savannah” geht es damit in “Summercamp Gangbang” los. Es kommen Schulmädchen auf die Bühne, später ringen sehr leicht bekleidete Leopardenmädchen um ein rohes Stück Fleisch, das ebenso wie eine aufblasbare Gummipuppe ins Publikum fliegt (und von dort wieder zurück). Ein on Stage inszenierter Biersaufwettbewerb zweier Fans aus dem Publikum endet mit der Siegerehrung des eigentlichen Verlierers und diverse Verkleidungen wie bierbäuchige Statisten in Henkersmasken oder Songtitel wie “Tanks And Tangas” bleiben auf eben diesem Niveau. Nach über fünfzig Minuten ist der Spaß vorbei und wer noch in der Halle ausharrt, bekommt noch etwas aus der Schnipselkanone mit. Unser Merchstandoberheimsucher Tino konnte beim diesjährigen Ironhammer einige Shirts abgreifen, darunter auch eins von Sex Gepard. Muss also gut gewesen sein heute. Gut soll auch wieder das nächste Ironhammer werden, das für den 14.09.2019 angesagt wurde. Kalender raus und Eintragung vornehmen! (Joxe Schaefer).
Autor & Pics: Tino Sternagel-Petersen, Joxe Schaefer