Ironhammer Festival
Andernach, JuZ, 13.09.2019
Trotz einiger nicht unwesentlicher Parallelveranstaltungen wie dem zeitgleich stattfindendem Stormcrusher Festival, findet bei sommerlichen Temperaturen eine stattliche Anzahl Banger den Weg ins JuZ nach Andernach. Nur wer noch von der Warm-up Party in der Nacht zuvor im Florinsmarkt Koblenz angeschlagen ist, erscheint hier etwas später und verpasst einen interessanten Opener. Von diesem Quartett haben viele noch nichts gehört, jedoch sind die Mönchengladbacher zum zweiten Mal hier und zünden als Opener ziemlich gut. Denn offensichtlich scheinen sich große Teile des Publikums an Rising Glory zu erinnern und machen früh mit. Zeigt man sich anfangs im Acting noch sehr verhalten, kann man aber schon den Applaus begrüßen, der viel größer ausfällt. Der Vierer kommt bei seinem melodiegetränktem Metal noch sehr erdig und das gefällt den Besuchern des Ironhammer Festivals. Die Band selbst nennt das true heavy Rock ‘n’ Roll und lässt es sich noch immer nicht nehmen, mal eine bekannte Hymne ins Solo einzubauen. Übrigens kann man auf dem Festival beobachten, dass sehr viele Rising Glory Shirts getragen werden. Da hat man wohl erfolgreich etwas an seinem Bekanntheitsgrad gedreht.
Die Hochgeschwindigkeitsblacker von Infernal Assault haben wir schon mal hier im Juz gesehen. Damals als Opener vor dem furiosen Satan Gig im Dezember 2017 konnten die Koblenzer derart Ausrufezeichen setzen, dass wir uns gerne dran erinnern. Seit dem hat sich einiges getan, das Trio tritt selbstbewusster auf und es scheppert extremes Motörhead und Venom Worshipping aus den Boxen, dem man noch Undergroundgeriffe a la Hellhammer attestieren kann. Dabei bleibt es auch im Cover “Die In Fire“ von Bathory. Der Dreier macht auch mit dem alten „Black Vomit“ alles genau richtig und erntet somit auch dann noch mehr als Höflichkeitsapplaus, als der Bass ausfällt. Mit dem roten Viersaiter der bereits angereisten Vulture geht es munter weiter und die beiden Fronter wechseln häufig die Seiten. Leider wurde das Mikrofon auf der rechte Seite wesentlich leiser eingepegelt, dass sein schräges Lemmy-Geraunze kaum hörbar kommt. Nach vierzig Minuten wundert sich niemand mehr über Rufe nach Zugabe, dem im strikten Zeitplan nicht entsprochen werden konnte. Leider gab es am Merchandise keine Shirts, aber Infernal Assault war ein erstes Highlight am noch jungen Abend.
Seit ihrer ersten Single “Sleeping With Wolves” kloppen Spitefuel amtlich ins modern powermetallische Mett. Letztendlich haben auch die beiden Longplayer “Second To None” und “Dreamworld Collapse” dazu beigetragen, heute ins Billing gerutscht zu sein. Nach einem begrüßenden “Geht’s euch gut?” erklärt Shouter Philipp im Adidas Shirt, mit welchem er zunächst noch seinen tätowierten Körper bedeckt, ihre schwierige Anfahrt aus ihrer Heimat Heilbronn und man habe mächtig Bock, nun Dampf abzulassen. Die Songs haben Mitgrölcharakter und die Chöre sitzen. Das Quintett schreckt vor höheren Härtegraden nicht zurück, denn es knallt gut und man genehmigt sich den ein oder anderen uncleanen Shout, bevor nach fast einer Dreiviertelstunde Schluss sein muss.
Weil es auf dem Festival heute streng nach Zeitplan geht und kaum Abweichungen spürbar sind, dürfen als nächstes Ignition aus Duisburg ziemlich pünktlich ran. Der Fünfer zockt zügigen Metal mit coremäßigen Einlagen, beeindruckt aber durch ein hohes Laufpensum besonders von Shouter Dennis. Die mächtige Erscheinung tritt in Kutte auf, kann auch stimmgewaltig einige Besucher auf seine Seite ziehen und bekommt durch den Bassisten neben ihm noch starke Zusatzvocals, auch wenn es zu „Into The Fire“ mal etwas seichter wird. Es kommt Bewegung in die Audienz und der Auftritt entpuppt sich als kurzweilige Angelegenheit. Das war alles schon mal nicht zu verachten, aber gemessen an den Lücken in den ersten Reihen warten die meisten Besucher wohl auf die letzten Bands des Abends.
Eine davon wären ganz sicher Metal Inquisitor gewesen. Besonders nach ihrem schweinegeilen Auftritt auf dem Deaf Forever Birthday Bash vor einer Woche schmeckt es den Fans besonders bitter, dass der Fünfer heute krankheitsbedingt nicht auftreten kann. Der Doc hat dem Gitarristen Blumi strengste Bettruhe verordnet, doch immerhin lassen sich El Rojo und TP unter den Zuschauern blicken. Von der laufenden Tour mit Ram sind alle drei Bands hier vor Ort und es dürfen Vulture den Slot von Metal Inquisitor übernehmen. Die ballern direkt los und schrauben in ihrer bekannt ungestümen Art das Energielevel gleich um ein vielfaches hoch. Den Bass haben wir heute schon bei Infernal Assault gesehen, jetzt auch noch mit seinem Besitzer A. Axetinctör dazu. Erstmal, denn für die letzten zehn Minuten übergeben Vulture ihre Instrumente an Indian Nightmare und es geht gleich nahtlos weiter. Coole Sache, die wir hier erleben dürfen. Bleibt nur noch dem Blumi Gute Besserung zu wünschen.
Ein größeres Drumkit ohne Resonanzfelle wird aufgebaut, Ram kündigen sich an. Wer das nagelneue Album der Schweden bereits schon gehört hat, zeigt sich ziemlich begeistert. “The Throne Within”, übrigens schon der längste Titel einer Scheibe des Quintetts bislang, liefert einfach ab und das auch heute Abend. Die Schweden sind eine Bank, auch wenn sie mit dem noch ziemlich unbekannten Midtempotrack “Spirit Reaper” vom neuen Album eröffnen und Oskar obskur mit einer silbernen Maske auf die Bühne kommt. Das Publikum, heute irgendwie nicht das wildeste, das haben wir hier schon ausgelassener gesehen, wird deswegen von Oskar ermahnt: “This Is A Heavy Metal Concert, So Bang Your Head Or Lose It!“ Kracher wie das neue „Ravnell“, das unbedingte “The Usurper” und das zügige “Eyes Of The Night” machen es der Menge danach leichter, die Band abzufeiern. Wie zur Belohnung wird dann das dicht gefüllte JuZ Zeuge, wie Mister Russ Tippins auf die Bühne gebeten wird, der die Leads zu „Gulag“ spielt. Sehr deutlich spürbar bekommen wir nun in dem Song drei Gitarren auf die Omme. Sehr geile Aktion, sehr geiler Sound. Zum vorletzten Song „Machine Invaders“ kommt eine gehörnte Gestalt auf die Bühne, ein Gimmick, der irgendwie an Night Demon erinnert. Nach dem finalen „Infuriator“ verhallen die Rufe nach Zugabe, denn die Fans müssen sich mit knapp 55 Minuten Spielzeit zufrieden geben.
Auch die derzeit geilste aller aktiven Bands der alten NWoBHM haben wir noch vor einer Woche in Hamburg gesehen. Und vor allem erinnern wir uns noch an ihren furiosen Headlinergig hier vor zwei Jahren, als das komplette Juz durchdrehte. Sicherlich war das ein Grund dafür, Satan noch einmal einzuladen und diesmal sind sie top of the Bill des Ironhammer 2019. Auch diesmal schafft es der Opener “Trial By Fire” wieder, es sofort knallen zu lassen. Shouter Brian zieht heute schon zu “The Doomsday Clock” seine Jacke und Handschuhe aus, scheint also gut in Fahrt zu kommen. Der Pflichtsong “Twenty Twenty Five” zündet wie immer und auch die Chöre von Gitarrist Russ sitzen perfekt. Das Publikum lauscht den langen Ansagen von Brain Ross gespannt mit einer Disziplin wie in der Schule, dass Brain öfters fragen muss, “Are You Still Out There?” Nur ein Zwischenrufer verlangt nach “Pull The Trigger“. Die Wirkung von Tracks wie “Into The Mouth Of Eternity”, “Devils Infantry” und der nächste Oberspeedster “Break Free” lassen die Stimmung weiter anheben und nach “Ophidian”, „Cruel Magic“, „Legions Hellbound“ und “Testimony” sind die Briten mit dem regulären Set durch und verlassen die Bühne. Für die Zugabe “Kiss Of Death“ kommen sie zurück, wobei Steve Ramsey und Russ Tippins nicht nur ihre Gitarren getauscht haben, sondern auch ihre Bühnenseiten. Inzwischen füllte sich auch der Fotograben mit abfeiernden Fans. Zwar verlangt ein Besucher noch immer “Pull The Trigger“, doch es wird nach fünfundachtzig Minuten mit “Alone In The Dock“ eine letzte Zugabe gespielt, zu dem ein Crowdsurfer über den Köpfen der Menge seine Runde durch die Halle macht.
Leider trat El Rojo schon vorzeig den Heimweg an. Er teilte uns gegenüber leicht angefressen mit, es habe seine Laune etwas nach unten gezogen, hier heute nicht gespielt haben zu können. Schade sicherlich und auch nachvollziehbar, besonders bei dem Billing heute, aber hoffentlich wird der Auftritt nachgeholt. Trotz des Ausfalls von Metal Inquisitor, auf die viele Fans gewartet haben, sprechen wir von einem gelungenen Ironhammer 2019. Für die nächste Ausgabe streichen wir uns schon mal den 12.09.2020 im Kalender an!
Autor & Pics: Joxe Schaefer