JUDAS PRIEST – firepower

Es ist bereits eine ganze Weile her, dass angekündigt wurde, Judas Priest würden noch mal angreifen und ein neues Album aufnehmen. Als Fan habe ich das natürlich mit Interesse vernommen, ohne allerdings nennenswerte Mengen an Adrenalin auszuschütten. Dafür waren die Vorgänger „Redeemer Of Souls“ und „Nostradamus“ einfach zu schwach auf der Brust. Seit ein paar Wochen kursieren aber erste Vorboten im Internet, und der erste vollständig zur Verfügung gestellte Song „Lightning Strike“ hat meine Erwartungen dann doch deutlich gesteigert. Spätestens als ich dann auch noch das Cover (mega-klischeehaft, aber urtypisch und einfach nur geil) gesehen habe, war ich überzeugt: Das kann unmöglich schlecht werden!

Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Im Spektrum von „gut“ bis „weltklasse“ ist auf “Firepower” alles dabei. Natürlich sind Rob Halfords spitzen Schreie nur noch extrem rar gesäht, und auch Hochgeschwindigkeitsorgien wie „Painkiller“ sind nicht vertreten. Aber wer möchte das den ja nun nicht mehr gerade jungen Herren übel nehmen? Zumal das dem Album ohnehin keinen Abbruch tut. Halford ist immer noch der Metal God, die Gitarren spalten auch mit K.K. Downing-Nachfolger Richie Faulkner jeden Schädel und der Sound ist so, wie er sein sollte: fett, druckvoll und Metal pur! Besonders positiv ist noch eins hervorzuheben: In den letzten Jahren ist es ja leider immer häufiger zu verzeichnen, dass die ganz großen Bands einen latenten Hang dazu haben, übermäßig viele Endlos-Songs auf den Hörer loszulassen, die viel zu sehr in die Länge gezogen sind. Die besten Beispiele dafür sind, neben den letzten Veröffentlichungen von Priest selbst, Iron Maiden und Metallica. Diesen Fehler haben Judas Priest dieses mal aber erfolgreich vermieden. Nicht ein einziger Song erreicht die sechs-Minuten-Marke. Alle dreizehn Stücke (plus ein Intro) kommen direkt auf den Punkt und enthalten keine unnötigen Füllstoffe!

Kommen wir mal auf die Songs selbst, ohne jeden einzelnen zwingend zu analysieren: Einige wenige davon finde ich persönlich solide, aber unspektakulär (“Children Of The Sun”, “Flame Thrower”, “Spectre”, “Lone Wolf”). Das restliche Material hat es aber in sich! Geile Gitarrensoli, fette Grooves, Nackenbrecherriffs, erhabene Epik – alles ist dabei! Der Opener „Firepower“ springt dich direkt an, lässt die Nackenmuskeln zucken und die geballten Fäuste in den Himmel steigen! Kein Schnickschnack, sondern direkt in die Fresse! Das ändert sich auch bei den folgenden „Lightning Strike“ und „Evil Never Dies“ nicht. Danach kommt „Never The Heroes“. Dieser Song hat mir beim ersten Riff eine Gänsehaut verpasst, an der man eine Muskatnuss hätte reiben können, und bei dem unwiderstehlichen Refrain hatte ich tatsächlich Pipi in den Augen! Solche Songs können nur die ganz großen schreiben! Das folgende „Necromancer“ geht wieder ohne Ende nach vorne und sollte ebenfalls kein Auge trocken lassen. Bis auf die erwähnten unspektakulären Songs geht es munter weiter, ohne langweilig zu werden. Die epischen „Rising From Ruins“ und “Traitors Gate“ lassen abermals die Gänsepelle sprießen. Mit „No Surrender“ kommt noch mal ein richtiges Highlight – ein knackiger, weniger als drei  Minuten langer Gute-Laune-Rocker, den ich mir sehr gut live im Zugabenteil in Allianz mit „Living After Midnight“ vorstellen könnte! Hammer-Song! Nach dem von Black Sabbath-Riffs getragenen „Lone Wolf“ kommt der würdige Abschluss. Mit „Sea Of Red“ werden noch mal ruhigere Töne angeschlagen. Ein schönes, emotionales Epos. So etwas konnten Judas Priest schon immer gut, und sie haben es nicht verlernt.

Fazit: Die neue Judas Priest ist besser geworden, als ich mir vor einiger Zeit jemals erhofft hätte! Die Messlatte für das Metal-Album des Jahres ist hiermit sehr hoch gelegt. THE PRIEST IS BACK!!!!

Wertung: 9/10
Autor: Felix Schallenkamp