KADAVAR – for the dead travel fast

Dieses Album enttäuscht mich. Die wandelbaren Berliner von Kadavar haben sich bislang durch hörenswerten Proto-Metal und altmodischen Doom-Rock hervorgetan. Jetzt versucht sich das Trio aus Berlin an einem Grusel-Album. Doch bei viel Stückwerk und Pseudo-Spuk bleibt diesmal nur wenig hängen.

Der Titel dieses Albums mit Konzept (kein Konzept-Album) ist der in der Tat gruseligen Ballade “Lenore” des deutschen Dichters Gottfried August Bürger entlehnt. Ihr im Krieg gestorbener Verlobter nimmt eben jene Lenore als Geist mit auf einen Ritt durch die Nacht – und schließlich auch ins Totenreich. Und was soll ich sagen: Das ist zigmal unheimlicher als alles, was Kadavar auf diesem Album abliefern.

Die Platte ist – logisch – düsterer als seine drei Vorgänger. An die Derbheit stoischer Doom-Rocker wie “Into The Wormhole” kommt deshalb auch kaum eines der neuen Stücke heran. Dass die Band nichts Neues versucht hätte, kann man ihr indes nicht vorwerfen: Synthies (“Children Of The Night”) und der mitunter noch höhere Gesang von Lupus (“Evil Forces”) fallen hier auf. Und auch das Cover – Kadavar vor Draculas Schloss in Transsilvanien – ist äußerst stimmig.

Dennoch wirken die Songs immer wieder eher uninspiriert aus Ideenfetzen zusammengeschustert, denn wirklich komponiert (“Poison”). Das führt dazu, dass auch nach mehrfachem Hören kaum etwas hängen bleibt. Zudem nehme ich der Band die Geschichtenerzähler-Nummer wie in “Children Of The Night” nicht ab. Das Kunststück, kruden Rock mit düsterem Unterbau zu verquicken, haben Atomic Rooster bereits 1970 mit einem einzigen Song (“Dead Walks Behind You”) erheblich besser hinbekommen.

Erst ganz zum Schluss der gut produzierten Platte lässt der “Long Forgotten Song” aufhorchen. “Starkes Riff”, denkt man sich zunächst, Refrain und Solo sitzen auch. Bis einem einfällt, dass man die Anfangsmelodie fast eins zu eins aus dem Seal-Song “Kiss From A Rose” (1994) kennt. So “long forgotten” ist der Song also auch wieder nicht.

Lässt man das Brimborium (analoge Produktion, Grusel-Motto) weg, bleibt unterm Strich ein wahrlich durchschnittliches Rock-Album. Von einer Band wie Kadavar darf man durchaus mehr erwarten.

Wertung: 5/10
Autor: Florian Forth