Keep-It-True Rising II

Würzburg, Posthalle, 30.09.2022 – 02.10.2022


Tag 1, Freitag, 30.09.2022: Witch Cross, Kev Riddles‘ Baphomet, Mythra, Saracen, Holocaust, Steve Grimmet Tribute.

Es ist genau halb sechs, das Warm-Up zum Keep-It-True Rising II startet unter dem Banner „The Night Before“, wobei die namensgebenden Tokyo Blade nicht zugegen sind, und Shouter Kevin Moore trägt wieder sein rotes Shirt mit dem weißen Kreuz. Bei schon gut gefüllter Posthalle tragen Witch Cross ihr Liedgut vom Vortrag. Die Band um Basser Little John Field, dem letzten Originalmitglied, stammt zwar nicht aus der NWoBHM, wird aber zu solchen Festivals immer gerne eingeladen. Wegen ihrem riffbetonten und völlig trendfreien Material passen sie gut dazu, zumal sich ihr erstes Album „Fit For Fight“ mit dem coolen Stampfer „Killer Dogs“ noch an der Zeit orientiert. Die unter dänischer Flagge Fahrenden bekamen anfänglich vom Publikum kaum Zuspruch, aber zum Schluss nach einer Dreiviertelstunde Spielzeit dann doch mächtig Jubel. (Joxe Schaefer).


Einige Besucher philosophierten zunächst bezüglich des Bandnamens, ob es sich dabei vielleicht wie so oft um Streitigkeiten über Namensrechte handeln könnte. Aber die Lösung des Rätsels ist viel einfacher, denn bei Kev Riddles‘ Baphomet handelt es sich um eine Band des Songwriters der Angel Witch Songs, bestehend aus Tytan Leuten. Tytan sollen Sonntag noch einmal ran, aber jetzt stehen erstmal die allseits bekannten und geliebten Tracks wie „Confused“ mit mächtigem Riffbrett, „Sorcerers“ und natürlich auch die „White Witch“ auf der Agenda. Dieser Auftritt ist schon eine ganz andere Hausnummer als der Opener zuvor, auch wenn man deutlich hört, dass die Chöre definitiv live sind. Leider lässt sich Basser Kevin zwischen den Songs zu viel Zeit für Ansagen, aber müßig zu erwähnen, dass beim etwas langsamer gespielten „Angel Witch“ der ganze Laden mitgrölt. Das Resultat nach vierzig Minuten ist der Gang zum Merch, wo das coole Shirt mit ziemlich fettem Bandlogo abzugreifen Pflicht war. (Joxe Schaefer).


Für die nächsten fünfundvierzig Minuten heißt es „Let It Burn“. Mythra treten mit neuem Sänger an und ihr fetter Sound mit obergesunder Härte bezieht mit „Still Burning“ losgehend Position. Mythra haben wir zuletzt auf dem Der Detze Rockt Festival gesehen und sonst immer in Newcastle, damals aber noch mit dem Vorgänger Vince am Mikrofon. Neusänger Kevin bedankt sich gefühlte tausend Mal beim Publikum und was sollen wir sagen, Mythra sind einfach eine Bank für die Begeisterung von Festivalbesuchern. „Stabbed In The Back“ bringt sicher die Arme hoch und die Obersympathischen reißen auch mit weniger gut bekannten Stücken für die Masse ordentlich was weg und wir sind froh, sie mal wieder gesehen zu haben. (Joxe Schaefer).


Saracen ist auch eine dieser noch sehr aktiven Bands … die haben wir auf dem Brofest mehrfach gesehen und man erkennt sie auf jeden Fall am sehr präsenten Keyboard wieder. Das verleiht den Haudegen zwar einen sehr eigenständigen Sound, aber das ist auch der Grund, warum viele die Zeit zum Rauchen und einem Toilettengang nutzen. Auf der Männertoilette steht das Fenster offen. Zwar kann man von draußen nicht alles sehen, doch aufgrund der Körperhaltung sehr wohl die grad ausgeübte Tätigkeit der dort Stehenden erahnen. Das veranlasst einige Besucher vor dem Gebäude dazu, zur Erheiterung aller die sich Erleichternden anzufeuern. Aus der Halle schallt dazu der Soundtrack „Heroes, Saints And Fools“. (Joxe Schaefer).


Zu den Schotten von Holocaust ist gut was los. Diese Band auf nur eine Handvoll Hits zu reduzieren, passt weder mit dem abrockenden Pulk vor der Bühne überein, noch tut man der noch immer sehr aktiven Band einen Gefallen. Außerdem wird heute alles vom „The Nightcomers“ Album gebracht, und dementsprechend von den Fans abgefeiert. Zwar steht Neugitarrist Gogs mit seinem gepunkteten Shirt optisch nicht so ganz im Kontext, rockt aber mächtig und schmeißt Soli mit angenehmen Zwischentönen. Ein Hit fehlt noch, und wir wissen alle, welcher denn das wohl ist. Shouter, Gitarrist und Gründungsmitglied John Mortimer bezeichnet den verstorbenen Steve Grimmet als den True Metal Champion und widmet ihm „Heavy Metal Mania“, wohl die Hymne der Bewegung schlechthin. (Joxe Schaefer).


Die Schockmeldung über den Verlust von einem der größten NWoBHM Sänger ist nun schon ein paar Wochen alt, doch in dieser exorbitant kurzen Zeit haben Veranstalter, beteiligte Musiker und seine Familie einen sehens- und hörenswerten Steve Grimmet Tribute auf die Beine gestellt. Eine lange Ansage von Gitarrist Nick vorweg, singt Steves Sohn Russel den ersten Teil des Sets und steigt dazu mit „Rock You To Hell“ ein. Der zweite Sänger hört auf den Namen Harry Conklin und musste als der wohl beliebteste Sänger bei den KIT-Festivalbesuchern natürlich diesen Job übernehmen, einsteigend mit „Suck It And See“. Dann tritt für den dritten Teil des Auftritts noch ein Sänger in Erscheinung, Olof Wikstrand von Enforcer. Alle zusammen haben zwar hellere Stimmen als Steve, doch ihr Engagement wissen hier alle zu schätzen. Und obwohl die Angelegenheit systembedingt schon etwas Covercharakter hat, wird noch das eh im Set befindliche „Don‘t Talk To Strangers“ von Dio performt, und ausgerechnet von Olof gesungen. Der Feierwille unter den Fans bleibt weiter hoch und es gibt auch während der Ansage von Frau Grimmet immer wieder Steve-Rufe. Zum Finale singen alle drei Sänger zusammen und würdig waren die eineinhalb Stunden auf jeden Fall. Der abschließende Oberhit „See You In Hell“ wurde noch beim Verlassen der Halle bis tief in die Nacht weiter gesungen, Rest In Peace, Mister Steven Grimmet“ (Joxe Schaefer).


Tag 2, Samstag, 01.10.2022: Konquest, Riot City, Wytch Hazel, Demon Pact, Blitzkrieg, Avenger, Quartz, Tygers Of Pan Tang, Paul DiAnno, Diamond Head, Saxon.

Den Samstag eröffnen Konquest, eine Art Solo Projekt von Alex Rossi aus Italien. Wo auch sonst, wenn nicht bei „NWOTHM – Full Albums“ hat man Konquest mit ihrem bis dato einzigen Longplayer „The Night Goes On“ aus dem letzten Jahr kennengelernt. Die zweite Scheibe steht aber wohl schon in den Startlöchern. Es geht auch sofort mit Volldampf mit „Theme Of The Konqueror“ los und gleich das zweite Stück trägt den Titel des neuen Albums „Time And Tyranny“. Ich freue mich auf eine energiegeladene Dreiviertelstunde direkt zu Beginn. Zu nicht nur meiner Enttäuschung ist nach achtundzwanzig Minuten und insgesamt sieben Stücken aber auch schon wieder Schluss. Ich könnte dafür keinen Ausnahmegrund feststellen, aber nun gut. Lieber eine knappe halbe Stunde aufs Fressbrett, anstatt irgendwann langweilig zu werden. (Janosch Besen).


Schon vor der Pandemie waren die Kanadier in aller Munde, traten auf einschlägigen Undergroundfestivals auf und verzückten die Oldschooler mit hochwertigem Speed für Ohr UND Auge. Wer das neue Album „Electric Elite“ schon gehört hat, hält weiterhin die Daumen hoch, auch wenn das meiste Obertempo zu Gunsten Tiefgang  raus ist. Unter Jubel kommen Riot City auf die Bretter, mal eine größere Bühne als sonst. Ein langer heller Schrei läutet „The Hunter“ ein, Shouter Jordan prostet allen zu und die Kommunikation mit der Audienz bleibt weiter top! Auch das Publikum ist auf Zack, verpasst seine „On Our Way“-Einsätze in „Warrior Of Time“ nicht. Wir sehen Arme hoch bis zum Merch und hören rhythmische Hey Rufe nach „Steel Rider“. Bei diesem hohen Energielevel wäre der Fünfer später im Billing besser aufgehoben gewesen, aber so ist früh die Halle voll. Nur leider gibt es in den Speakern rechts ein Knarzen, das auf dem Festival immer wieder mal auftaucht. Jordan ist hier bester Sänger bis jetzt … jaaa, genau das darf so gesagt werden und er widmet das langsam beginnende „In The Dark“ Steve Grimmet. Das ergibt zum Schluss Riesenapplaus – verdient! Denn das waren fünfzig Minuten Höchstqualität. (Joxe Schaefer).


Nach Riot City werden die Christen aus UK es wohl oder übel etwas schwer haben – könnte man meinen. Allerdings machen ihnen Soundprobleme mit ausfallender Technik deutlich mehr Probleme, als nach den Kanadiern dem hohen Anspruch gerecht zu werden. Mittlerweile mit bereits drei Longplayern hat man Wytch Hazel nun schon ein paarmal live gesehen, aber im Umfeld des Verfassers ist man sich einig, dass die letzte Scheibe „Pfingsten ;-)“ wohl mit Abstand am Besten gefällt. So haben auch die vier Kreuzritter auf der Bühne überwiegend Songs von dem letzten Silberling im Programm. Zwischendurch fällt dann nochmal die Gitarre vom Sänger aus, was aber doch recht zügig von der Stagecrew behoben wird und „I Am Redeemed“ dann doch noch stark durchgezogen werden kann. Mit „Archangel“, Dry Bones“ und „Spirit And Fire“ geht es dann nicht weniger fulminant weiter. Starker Auftritt und willkommene Abwechslung zum rasenden Roland von vorher. Gern wieder. (Janosch Besen).


Ein roter, dreieckiger Patch. An den mit seiner gehörnten Fratze muss ich als erstes denken, immer wenn der Name der nächsten Band irgendwo auftaucht. Natürlich gibt es trotz vieler Konzertbesuche auf der Insel noch immer Bands aus der Bewegung, die wir noch nicht live gesehen haben, zumal viele davon lange nicht mehr aktiv waren. Demon Pact zum Beispiel, die hier gewaltig losrupfen und damit einen starken Kontrast zur Vorgängerband bilden. So beginnt das gute alte „Escape“ zwar oberzärtlich, aber das bleibt ja nicht lange so. Mit seinen abgeschrägten Riffs und richtig geiler Naturaggressivität baut der Fünfer mit Songs wie „Raiders“ von der 1981er „Eaten Alive“ B-Seite grad eine kleine Fanbase auf, gemessen wie die Menge abgeht. Schön, sowas zu sehen. Die Menge antwortet mit „Demon Pact“-Rufen. Ein Hingucker auch, wie der Shouter mit Armen unten ins Mikro bellt. „Auf die nächsten 42 Jahre“ ruft er nach fünfunddreißig Minuten. Ein kurzer Auftritt, aber ein richtig geiles Comeback! (Joxe Schaefer).


Zu der Band, die jetzt auf die Bretter steigt, muss man nichts mehr sagen: eine absolute Institution aus der NWoBHM. Es würde jetzt zu lange dauern aufzudröseln, wann Brian Ross früher bei Blitzkrieg war und wo er sonst war, wenn er mal nicht da war. Daher belassen wir es dabei, dass er nun seit 2001 das konstanteste Mitglied ist, gefolgt vom Sohnemann Alan an der Gitarre seit 2012. Offensichtlich hat man auch die Setlist dem ganzen Line-Up des Festivals angepasst: Nur alte Songs und ein Highlight jagt das nächste. Das Ragnarok-Intro läutet ein und man ahnt schon, dass es mit „Armageddon“ weiter geht. Und man kommt aus dem Bangen gar nicht mehr raus: „Hell To Pay, „Time Of Changes“, „Buried Alive“, „Pull The Trigger“… und so weiter. Den Abschluss macht der wohl bekannteste Song, der so heißt wie die Band. Soll wohl von irgend so ‘ner Ami-Kapelle mal gecovert worden sein…who cares? Brian Ross ist so gut drauf wie immer eigentlich, für mich einer der stärksten Sänger der NWoBHM und so freut man sich, ihn am nächsten Tag nochmal mit seiner anderen Band zu sehen. Aber ich will hier nicht unterschlagen, dass mir besonders positiv auch der vergleichsweise junge Schlagzeuger aufgefallen ist: sehr tight und hat richtig nach vorne gepeitscht. Hut ab! (Janosch Besen).


Wo Neuauflagen ihrer Vinylplatten im Online Versand verramscht wurden, gibt es sie hier am Merch wieder für 18 Euronen. Aber wie auch immer, Avenger mit dem markanten Logo werden immer ein Geheimtipp bleiben. Mein auf dem Brofest erworbenes „Blood Sports“-Shirt muss heute herhalten und ab ins Getümmel. Obersympath Ian, der schon bei Satan, Tysondog und Atomkraft aktiv war, weiß seine Energie zu Performen nach vorn umzusetzen, springt mal eben in den Fotograben und umarmt alles und jeden. Natürlich waren „Enforcer“ und „Victims Of Force“ mit im Programm, doch der Höhepunkt war, noch zwei Leute im Avenger Shirt zu treffen und das dazugehörige Foto mit der Band am Tresen aufzunehmen. Avenger … immer wieder sehr gerne! (Joxe Schaefer).


Der Zeitplan an sich ist gar nicht so stramm, aber wie genau sich dran gehalten wurde schon. Jetzt freuen wir uns auf Quartz mit der hellen Ozzystimme, einem Quartett, wo über 250 Jahre auf der Bühne stehen und ziemlich junge Mädels die Band in den ersten Reihen abfeiern. Na logo tun sie das, schließlich knallt es ja auch derbe trendfrei und es ist ein Erlebnis, auch wenn der Bewegungsradius der Akteure nicht mehr der Größte ist. Das bleibt nicht aus, wenn man schon vor Beginn der Bewegung musikalisch unterwegs war. Da gehören Klassiker wie „Stand Up And Fight“ und „Wildfire“ schon zu ihren ‚neueren‘ Stücken. Wie erwartet dürfen wir uns noch an „Street Fighting Lady“ und dem Bandhit „Satans Serenade“ erfreuen. Schön auch, noch „Heaven And Hell“ gehört zu haben… (Joxe Schaefer).


Bei einigen aktiven Bands in der Bewegung hat ihr heutiger Sound (und Besetzung) nicht mehr viel mit damals zu tun, Cloven Hoof oder Tank zum Beispiel, nur um zwei zu nennen. Bei den Tygers Of Pan Tang ist das ähnlich, nur können sie das Feeling der alten Songs ins Heute transportieren, wie sie hier in Würzburg zeigen. Neuere Songs wie „Living On The Edge“ stehen ebenso auf der Setlist, wie die alten Klassiker. „Slave To Freedom“ vom „Wild Cat“ Album wird mit coolem Impro-Mittelteil gezockt. Unser Fave „Suzie Smiled“ ist mit drin und klingt glatter als auf Platte, aber beim Klassiker „Hellbound“ wird natürlich amtlich mitgegrölt. Die einzigen Backingvocals auf der Bühne kommen vom Originalmitglied Robb Weir, und der bekommt aus der Halle fett Unterstützung. Zum Schluss als Fun-Song angekündigt, wird das Clovers-Cover „Love Potion No. 9“ gebracht. Das steht zwar schon auf ihrem 1982er „The Cage“ Album, aber die Tygers hätten besser aus dem Fundus ihrer eigenen Songs schöpfen können, und „Euthanasia“ rauskramen können, aber nun gut. Zufrieden ist die Audienz allemal. (Joxe Schaefer).


Ich glaube jeder, der Paul Di’Anno in den letzten zehn Jahren mal gesehen hat und verfolgte, wie es um den armen Kerl so gesundheitlich stand bzw. steht, sieht dieser Show mit gemischten Gefühlen entgegen. Kann er noch? Was wird das geben? – ich nehme mal so viel vorweg: bei mir ist es auch nach dem Konzert nicht anders: gemischte Gefühle. Wie man ja schon vermuten konnte, ist Paul auch heute noch im Rollstuhl unterwegs und kommt auch im selbigen auf die Bühne. Er hat aber dieses Mal eine andere Backing Band dabei und nicht die Architects Of Chaos wie früher mal. Auf dem Programm steht ein Special Maiden-Set, wo er seine Hits aus der Maiden Ära zum Besten geben will. Und das ist auch das, was passiert: Jeder Song, der heute auf dem Tableau steht, ist und bleibt ein Hit. Insgesamt zwölf Stücke hat man sich vorgenommen und auch durchgezogen. Von „Sanctuary“, über „Purgatory“, „Prowler“ und „Murders In The Rue Morgue“ sind auch weiter im Set,  dann noch „Killers“ und „Transylvania“ weiter im Programm und es wird mit „Running Free“ abgeschlossen. Die Hymne mit dem Titel seiner Ex-Band „Iron Maiden“ spart er sich jedoch. Die Performance von Paul passt sich leider immer mal wieder seinem Gesundheitszustand an. Umso humorvoller geht er aber selbst damit um und entschuldigt sich öfter mal, den Text vergessen zu haben. Andere kleine Gesangspausen werden dann durch das mitgrölende Publikum ganz gut aufgefangen. Alles in allem finde ich, dass er das so gut gemacht hat wie er eben konnte und einen Tag aus dem Krankenhaus direkt auf die Bühne zu gehen, ist auch einfach respektabel. (Janosch Besen).


Ganz besonders groß ist die Freude beim Verfasser dieser Zeilen, mal wieder Diamond Head zu sehen. Die Band hat Headlinerstatus und darf jetzt für eine Stunde als Co-Headliner ran. Nicht ganz unschuldig an dem Erfolg ist Shouter Rasmus Andersen, als Sänger eine absolute Ausnahmeerscheinung. Was für eine geniale Gesangsleistung er auch hier und heute wieder bringt, entgeht offensichtlich auch dem breit grinsenden Brian Tatler nicht, dem Rasmus manche Zeile gerne ins Ohr schreit. Schon die ersten vier Songs meißeln ein ganz breites Grinsen ebenfalls in mein Gesicht, besonders mit „The Messenger“ und „Belly Of The Beast“ vom grandiosen 2019er „The Coffin Train“ Album. Dann geht es an ihr achtziger Debütalbum „Lightning To The Nations“, grad neu eingespielt wiederveröffentlicht. Das unverzichtbare „Am I Evil“ ist als letztes dran, sonst wurde sich an die Songreihenfolge des Albums gehalten. Unterm Strich bleibt nichts anderes zu sagen, als grad einen Megaauftritt gesehen zu haben. Nicht nur für meine Wenigkeit die Band des Festivals, und das bei dem hochkarätigem Billing. (Joxe Schaefer).


Für viele um mich herum ist es jetzt kurz vor Saxon nur schwer vorstellbar, dass auch nur irgendwer Diamond Head noch toppen könnte. Aber wenn es einer kann, dann die allmächtigen Saxon. Biff ist nach wie vor unfassbar stark in Form und man kann schon erwarten, dass für dieses besondere Konzert wohl auch eine Setlist mit den alten Klassikern zusammengestellt wurde. Dem ist auch so: Mit „Motorcycle Man“ geht’s schon krass los. Danach folgte ein Song, der wohl noch nie live gespielt wurde, nämlich das Titelstück der neuen Scheibe „Carpe Diem“. Dann geht’s aber mit dem Besten vom Besten weiter: „Wheels Of Steel“, „Heavy Metal Thunder“, „Strong Arm Of The Law“, „Never Surrender“, „Dallas 1PM“, „Denim And Leather“ … Wahnsinn, was hier abgeht und die Band hier für eine Stimmung auf der Bühne macht. Biff wär ja nicht Biff, wenn nicht so was verrücktes passieren würde und er das Publikum nach Wünschen fragt. Irgendwer hat dann wohl laut genug „Broken Heroes“ geschrien und so wird das kurzerhand gezockt und danach gibt’s doch tatsächlich noch das Christopher Cross Cover „Ride Like The wind“.  Ist das alles verrückt gut hier, ich bin im Himmel. Bis zum vorläufigen Ende mit „747“ haben, wir jetzt schon vierzehn Stücke auf der Uhr stehen. Aber no Saxon no Action, gibt es natürlich nochmal zwei Zugaben. „The Pilgrimage“ ist wohl auch wieder ein Live-Debüt und zum goldenen Abschluss fehlt natürlich noch die „Princess“. Das wars dann aber. Ölige Gesichter laufen eins nach dem anderen mit einem Grinsen bis über beide Ohren nach einem dreizehn Stunden Tag aus der Halle. Dat war Arbeit, aber man, was geiler Scheiß! Morgen nochmal so‘n Tag, danach müssen wir alle in Kur. (Janosch Besen).


Tag 3, Sonntag, 02.10.2022: Iron Fate, Tentation, Tytan, Torch, Cloven Hoof, Gravestone, Tyrant, Satan, Riot V, Venom Inc.

Die progressiveren Melodicmetaller von Iron Fate aus Goslar haben jüngst mit ihrem starken „Crimson Messiah“ Album auf sich aufmerksam gemacht, und mit diesem Titelsong geht es am dritten Festivaltag los. Die Band haben wir sofort am Doom-Shirt vom Basser erkannt, denn das hat er damals beim Auftritt im Lükaz zu Lünen schon getragen. Kleine Mikrofonprobleme werden schnell behoben, hat kaum wer bemerkt. Der Iron Fate Sound seinerseits wird getragen von starken Queensryche Komponenten im Songwriting, wie vor allem auch von der Stimme von Sänger Denis. Der Schlepper „We Rule The Night“ geht mal besser rein und bleibt auch hängen, sonst klingt alles eher wie aus einem Guss. Vielleicht wären noch etwas mehr voneinander unterscheidbare Songs für eine Band dieser Klasse wünschenswert, doch es gibt so früh am Tag schon mehr als Achtungsapplaus. Aber ein Queensryche Cover war die logische Konsequenz und wir durften ein perfektes „Walk In The Shadows“ erleben. Daumen hoch für die Niedersachsen! (Joxe Schaefer).


Ihr noch aktuelles Debütalbum „Le Berceau des Dieux“ ist auch bei uns eingeschlagen und jetzt wollen wir doch mal sehen, was der Vierer mit einer Gitarre live auf dem Kasten hat. Zunächst lassen wir ein klinisches Synthieintro über uns ergehen, aber dann fliegen bei Hau-drauf Faktor und Fistraiseattitüde Haare. Bei der riffbetonten Härte von Tentation fallen auch die französischen Lyrics nicht negativ ins Gewicht und unser Schreiber Janosch möchte an dieser Stelle seinen Kommentar eingebracht wissen, dass die ganz gut sind, obwohl sie aus Frankreich kommen. Shouter Patrice verfügt über eine angenehm kräftige Singstimme, aber sein Sex Geppard Shirt ist diskussionswürdig und wird nur noch von Merchverkäufer Ulf getoppt, der heute ein ‚Nanowar Of Steel‘ Shirt trägt, aber sonst einen super Job macht! Tja, mit solchen Shirts fällt man hier auf. Wir sehen auf dem Rücken von Basser Guix einen Gitarrengurt wie ein umgehangenes Maschinengewehr. Der Mann prügelt auch gut auf seinen Tieftöner ein, dass bei Soli niemand eine Riffunterlage vermisst. Es folgt nach 45 Minuten Riesenapplaus – zu Recht! (Joxe Schaefer).


Kevin Riddles scheint ja wirklich ein Tausendsassa zu sein. Mal eben Freitags aus England mit dem Auto nach Würzburg, um den Baphomet-Gig zu spielen, dann kurz pennen und ab nach Frankreich, um dasselbe da nochmal zu machen. Liegt ja auf‘m Rückweg könnte man meinen. Aber nö, es geht wieder zurück nach Würzburg, weil man da ja noch mit Tytan auftreten soll. Ich kenne einige Musiker, die nicht halb so alt sind und trotzdem nicht so eine Dedication an Tag legen. Respekt. Nun zum Gig: Tytan ist ja eigentlich die Hauptband von Kevin. Nun ja, eigentlich von allen anderen Baphomet Members auch. Mit „Rough Justice“ hat man 1985 ja auch einen Meilenstein geschaffen, der natürlich am KIT Rising auch gebührend gefeiert werden soll. So geht’s dann auch direkt im Kaltstart los mit „Money For Love“ und in der Setlist sind auch weiter alle Gassenhauer der Scheibe vertreten: „Cold Bitch“, „Blind Men and Fools“, „Women On The Frontline“, „The Watcher“ und ganz am Schluss gibt’s noch die „Ballad Of Edward Case“ oben drauf. Is ja klar, was da los ist vor der Bühne: Fäuste oben und Songtexte aus voller Kehle mitbrüllen. Wer Tony Coldham bereits von The Deep kannte, weiß ja auch, was da gesanglich los ist: der hat den Scheiß einfach drauf. Ganz starke Performance. Kevin selbst lässt sich dabei natürlich die ein oder andere Songansage nicht nehmen, aber die Songs wurden von Tony echt perfekt interpretiert. Gut, dass der jetzt fest bei Tytan dabei ist. Da geht was. (Janosch Besen).


Beschauen wir uns doch zur Abwechslung mal eine schwedische Band, die grad niemand so wirklich auf der Uhr hat. Außerdem behaupten Torch, ‘first time in Germany‘ zu sein, obwohl sie grad in Bayern sind. Na ja, lassen wir mal die Grenzen weg, zumal sich irgendwie jetzt jeder mehr für ihr selbstbetiteltes 83er Album interessiert, dass auch mit einer ganzen Hand voll Tracks berücksichtigt wird. Dagegen wird das noch immer aktuelle Album „Reignited“ nur mit „Collateral Damage“ und dem Opener „Knuckle Duster“ bedacht. Das Flammenartwork des Albums prangt fett nicht nur auf zwei riesigen Aufstellern, sondern auch auf einem keinesfalls kleinerem Backdrop. Dadurch wirkt das Auftreten recht pompös, doch unsere Aufmerksamkeit wird wieder auf die Soundprobleme des Knackens in den rechten Speakern gelenkt, die heute zum ersten Mal auftauchen. Schade, dass das bislang noch niemand beheben konnte. Aber in Sachen Schweden fiele uns auch eine Band mit größerem Hitpotential ein, die auch erst einmal beim KIT war und in der kleinen Halle in Dittigheim abgeräumt hat … nur um den Namen ‚Wolf‘ noch einmal ins Spiel zu bringen. (Joxe Schaefer).


Zuletzt auf dem X-mas Rocka in Sheffield live gesehen haben wir Cloven Hoof. Bei ihnen hat sich einiges geändert, denn sie treten heute ohne Backdrop an und haben jetzt einen neuen Sänger. Der heißt Chris Dando, spielt auch gleich Keyboard und legt auf den Bretten einige Meter zurück. Dieser Fünfer zaubert gut was weg, dass die Menge beeindruckend nach vorn geht. Das von den Zuschauerreaktionen nicht ganz unbeeindruckte Originalmitglied Lee Payne sagt „Cloven Hoof“ selbst an und es ist ganz schön was los in der Halle. Erwartungsgemäß steigert sich das noch beim Bandhit „Lay Down The Law“. „Reach For The Sky“ geht danach auch völlig super und … am Ende bleibt ein Riesenapplaus mit Cloven Hoof-Rufen! (Joxe Schaefer).


Das „O Fortuna“ aus der „Carmina Burana“ von Carl Orff kennen wir als Intro unter anderem von Pretty Maids, und jetzt auch von Gravestone. Von allen Bands auf diesem Planeten, die sich diesen beliebten Bandnamen gegeben haben, sind dies hier die bayrischen Lokalmatadore, in den Siebzigern unter ‘Heizkörper‘ gegründet. Das ist lange her. Sie ziehen hier und heute schnell den halben Saal auf ihre Seite. Es raspelt das Riff von „Back To The Attack“ los und es riecht sofort nach 80er Underground, und genau dieser Charme muss ihnen nicht erst angedichtet werden. Es gibt auch mit „Flames“ ein neues Stück, und das gleich als zweites. Der Fünfer is „Creating A Monster“ und holt so einige Fans in der Halle ab, denn die Band hat so etwas wie ein Heimspiel. An dieser Stelle möchten wir die schlechte Qualität unserer Fotos anmerken, denn wir bekamen auf Anfragen nach einem Fotopass leider keine Antwort und haben so die Fotos von irgendwo aus den ersten Reihen geschossen. Und weil sonst NWoBHM Bands auf dem KIT, im Gegensatz zu heute, meist bloß nachmittags spielen, wird zum Abend hin unser Janosch hellwach und übernimmt die Schreiberei der restlichen Bands. Applaus für Janosch! Welche Bands hätten wir noch gerne gesehen? Vielleicht Tysondog oder Spartan Warrior… (Joxe Schaefer).


Jetzt geht’s nach dem Teutonen-Klassiker Gravestone mit einem solchen weiter: Tyrant aus Ulm, seit Anno Tobak nicht mehr auf der Bühne gewesen. Vereinzelt haben da Bandmitglieder zwar mal in anderen Projekten ausgeholfen, aber man merkt den Herren an, dass da irgendwie der Spirit für Tyrant nicht so ganz da ist. Sänger Kermit ist stets bemüht, ein wenig Action zu machen, aber irgendwie kommt das nicht so richtig rüber. Ich frag auch mal so um mich rum bei ein paar Veteranen, die die Gruppe auch früher schon sahen, wie das so ankommt und die Meinung ist einhellig: dünn. Nichtsdestotrotz sind sogar zwei neue Stücke im Programm, was wohl darauf hindeutet, dass Tyrant wohl mehr vorhaben. Aber natürlich wollen alle „Free For All“, „Blood Sucking Woman“ und „Killer Cat“ hören. Hits sind nun mal Hits und in biergeschwängerter Atmosphäre werden die auch ordentlich gefeiert. Am Schluss gibt’s noch „Making Noise And Drinking Beer“ und „Wanna Make Love“, da fliegen natürlich auch noch ein paar Fäuste gen Hallendecke und Tyrant können mit keinem ganz so schlechten Gig dann auch wieder im Backstage verschwinden. (Janosch Besen).


Die erste Band, die mit leichter Verspätung anfängt, was wohl an Flugverspätungen oder –ausfällen lag. Das Warten lohnt sich aber, wie man schon vermuten konnte. Am Tag vorher hatte Brian ja schon mit Blitzkrieg brilliert und jetzt kommt die zweite Kapelle, die tatsächlich ja auch in Originalbesetzung weiterhin zusammen musiziert. Wer bei Satan denkt, dass nur die erste Scheibe toll sein kann, weil aus den 80ern, da is aber ganz schön auf dem Holzweg. Alle Releases der letzten knapp zehn Jahre (vier Full-Length an der Zahl) sind absolute Spitzenklasse. Und so sind zum Glück auch heute einige der neueren Stücke im Gepäck: „Into The Mouth Of Eternity“ ist richtiges Meisterwerk, ähnlich wie „The Doomsday Clock“. Aber trotzdem müssen natürlich auch „Trial By Fire“, „Blades Of Steel“ und „Break Free“ ins Set. Bei „Blades Of Steel“ gabs wohl kurz mal Amp Probleme, die aber schnell ausgemerzt wurden. Einfach Profis. Während die beiden Bands vorher wohl eher so Landesligaformat hatten, bekommen wir hier die absolute Spitzenklasse der Champions League zu sehen. Ganz großes Kino – wie immer! (Janosch Besen).


Jetzt kommt hier ein speziell gebuchter Act auf die Bühne, Riot V haben einen großen Katalog an Releases, wovon auch viele recht erfolgreich waren, obwohl die meisten davon wohl den Preis für die beschissensten Album Cover mit weitem Abstand gewinnen würden. Hier und heute dürfen sie aber erstmal nur eins davon spielen. Zum Glück das Beste, wie ich finde: „Thundersteel“. Naja, die Setlist zu beschreiben, macht an dieser Stelle erstmal wenig Sinn, weil ja „Thundersteel“ von A bis Z in Originalabfolge durchgezockt wird. Das allerdings mit einem Druck auf dem Kessel, dass du die Ohren anlegst. Also die Haare waren hinterher geföhnt. Sänger Todd ist wie gewohnt perfekt bei Stimme, sodass es bei „Magic Maker“, im Anschluss an die „Thundersteel“-Abfolge, schon fast ein bisschen Schade ist, dass Harry Conklin zum Mitträllern dazu kommt. Naja, der muss ja irgendwie immer irgendeine Rolle beim KIT spielen – kann man cool finden, muss man aber nicht. Am Ende gibt’s noch „Swords And Tequila“, also auf der Bühne als Song, alles andere wäre uns in unserem Zustand nicht gut bekommen. Den goldenen Abschluss bildet natürlich der allmächtige „Warrior“. Geiles Konzert, Riot liefern einfach immer! (Janosch Besen).


Hier gab es im Vorfeld große Ankündigungen: Special Hammersmith 1984 Stage Show, wo wohl der Bühnenaufbau von selbigem Konzert nachgespielt werden sollte. Ich weiß ja nicht, das einzige was ich erstmal erkennen konnte ist, dass der Schlagzeuger vier Bassdrums da zu stehen hat – viel mehr erstmal nicht. Aber vielleicht bin ich da auch zu wenig Ästhet, dass ich das erkenne. Später gabs aber dann noch bisschen Feuerwerk, was dann doch mehr an so 80er Venom Auftritte erinnerte. Was viel mehr an 80er Venom erinnert, ist die Performance der drei Schurken von Venom Inc.. Leider ja nur noch mit Mantas ein Originalmember dabei, aber Experten wissen, dass Tony ‚Demolition Man‘ Dolan mittlerweile der Bessere Venom Sänger ist und das bestätigt er auch heute wieder. Ein sehr, sehr langes Set mit insgesamt neunzehn Stücken verlangt dem Publikum alles ab, was es aber auch gerne bereit ist herzugeben. Ein Klassiker jagt den nächsten, es gibt kaum Verschnaufpausen. Mantas sägt dir mit seinem Riffing ne Kerbe in die Fontanelle und Demolition Man haucht dir satanisches Gedankengut da rein (alles im Sinne einer guten Show natürlich). Was ein Abriss. Wenn man sich einen gelungenen Abschluss für so ein NWOBHM-lastiges KIT wünschen kann, dann das. Fazit: Das wohl beste KIT, das ich persönlich bislang erlebt habe. (Janosch Besen).

Autor: Janosch Besen, Joxe Schaefer
Pics: Joxe Schaefer