KING DIAMOND – songs for the dead LIVE

Es gibt wohl kaum einen Künstler, der überfälliger mit einem würdigen Live-Dokument war, als King Diamond. Nach unerfüllten Ankündigungen vor bereits einigen Jahren liegt nun endlich eine amtliche Doppel-Live-DVD bzw. Blu-Ray plus CD vom König vor, die jeden Fan begeistern sollte und in Sound- und Bildqualität keine Wünsche offen lässt. Auf ausufernde Menü-Führungen, Making Of´s, Behind the Scenes-Gedöns und ähnliches Füllmaterial wurde komplett verzichtet. Man konzentriert sich auf das, worauf es ankommt.

Enthalten sind zwei vollständige Konzerte von der „Abigail In Concert“-Tour, das eine aus dem Fillmore in Philadelphia im November 2015 (welches auch auf der Audio-CD zu hören ist), das andere vom Graspop Metal Meeting im Juni 2016. Durch die vielen eingesetzten Kameras, unter anderem in Abigails Sarg oder an Grandmas Rollstuhl, sowie die fantastische Lichtshow, heben sich die Konzertmitschnitte optisch deutlich vom üblichen Standard ab. Beide Konzerte sind von der Machart und der Setlist (bis auf einen Unterschied in der Reihenfolge) im Prinzip zwar gleich. Dennoch unterscheiden sich die Auftritte.

Beim Graspop trat der King auf einer großen Festivalbühne vor einem fünfstelligem Publikum auf, was dem genialen Bühnenbild in voller Größe besonderen Bombast verleiht und viel Raum für das Stageacting aller Beteiligten bietet. Teilweise mutet das Ganze fast wie ein Theaterstück an. Die Show wird nicht von der Band alleine dargeboten, sondern durch weiteren Akteurinnen bereichert, die wie Bühnenschauspielerinnen das ganze Szenario noch intensivieren, angepasst an die Texte der gerade laufenden Songs. Der König selbst wird ebenfalls von einer Background-Sängerin unterstützt, die gerade die extrem hohen Passagen dezent, aber passend ergänzt. Das soll aber nicht heißen, dass der King schwächelt, im Gegenteil – die Gesangsleistung ist phänomenal und zeigt den Dänen in Bestform! Auch der Rest der Truppe spielt über jeden Zweifel erhaben, und besonders Stamm-Gitarrist Andy LaRocque zelebriert sein Instrument wie ein Gott und lässt 99% aller anderen Klampfer ziemlich blass erscheinen.

Beim Philadelphia-Auftritt, der in einer gut 2000 Personen fassenden Halle aufgenommen wurde, ist alles ein wenig kleiner. Dennoch herrscht auch hier eine Wahnsinns-Stimmung, das Publikum zeigt sich extrem textsicher und feiert den King frenetisch! Große Kronleuchter unter der Hallendecke tun ihr Übriges für das tolle Ambiente. Die Songauswahl beinhaltet nur Klassiker. Neben dem kompletten Abigail-Album gibt es jeweils einen Song pro Album von „Melissa“ von Mercyful Fate (von denen ein paar Klassiker natürlich immer ihren Platz bei einem King Diamond-Gig finden) bis „The Eye“, akustische (Zwischen-) Intros und Outros nicht mitgezählt.

Los geht´s wie üblich mit dem obligatorischen Auftritt der Grandma bei „Welcome Home“, danach kommen „Sleepless Nights“, „Halloween“ und „Eye Of The Witch“ (beim Graspop, in Philadelphia sind die beiden letzten vertauscht). Nach diesem geilen Auftakt kommt es noch dicker, es folgen zwei der besten Mercyful Fate-Songs. Mein persönliches Highlight der DVD ist „Melissa“, welches der King mit einer derartigen Hingabe singt, dass mir die Tränen kommen. Und auch der folgende Gott-Song „Come To The Sabbath“ jagt mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken und lässt mich ehrfürchtig vor dem Fernseher niederknien … was für eine Erhabenheit! Nach dieser Vollbedienung gibt es mit dem Instrumental „Them“ eine kurze Verschnaufpause, nach der mit dem Intro „Funeral“ das Herzstück der Tour eingeläutet wird. Es folgt das komplette „Abigail“-Album in Original-Reihenfolge. Das ganze Spektakel ist wieder gespickt mit diversen Spielszenen, die Songs sind – wie der Rest auch – über alles erhaben und kommen in dem fetten Sound der DVD sehr frisch rüber.

Wer sich zur Fangemeinde von King Diamond zählt, muss bei diesem Release ohne Wenn und Aber zugreifen, allen anderen ist es empfohlen. „Songs For The Dead“ ist für mich die essenziellste Live-Veröffentlichung der letzten Jahre und zieht mich völlig in seinen Bann. Eine Punktewertung bei Live-Sachen ist ja immer so eine Sache… aber wenn, bleibt hier für mich nur die Höchstnote, eine glatte 10 von 10! Alles andere wäre Majestätsbeleidigung. Lang lebe der König!!

Autor: Felix Schallenkamp