Kings of the Underground Tour
Hamburg, Kronensaal / Bambi Galore, 14.05.2022
Ein sonniger Tag in Hamburg und seit einigen Wochen ist das Bambi Galore im Südosten der Hansestadt wieder ein fester Bestandteil unseres Alltages. So haben wir hier in den letzten Wochen einige ziemlich geile Konzerte erlebt. Seit ebenso vielen Wochen ist unsere Vorfreude auf den heutigen Tag riesig, kommt doch heute ein ganz besonderes Package auf gleich beide Bühnen des Kultur Palastes: Die Kings of the Underground Tour. Im großen Kronensaal spielen heute Ambush, Evil Invaders und Enforcer. Im kultigen Bambi Galore Keller gibt es während der Umbaupause eine Vollbedienung an jungen Underground Bands, überwiegend aus heimischen Landen. Nach einer interessanten Anfahrt, heute mal mit dem Navi, weil in Hamburg einiges los ist. Die Strecke kenne ich inzwischen im Schlaf, aber man kann ja auch mal etwas Neues ausprobieren. So erscheinen wir frühzeitig vor den bereits geöffneten Türen und ein großes Hallo setzt ein mit vielen altbekannten Gesichtern, die man teils schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Nach der ersten Begrüßungsrunde und dem Weg zur Tränke führt der nächste Stopp zu dem Second Band Shirts Stand. Diese Organisation sammelt nicht mehr benötige Metal Shirts als Spenden und verkauft diese auf Flohmärkten und Konzerten. Der Erlös geht komplett an soziale Projekte, shoppen für den guten Zweck also. Genau mein Ding und so ist schnell die erste kleinere Lücke im Portemonnaie.
Zum zweiten Hopfensmoothie ist es dann auch schon Zeit, sich in das Bambi zu begeben, denn es steht die erste Band des Abends an. Acid Blade aus Dresden ist ein heißer Geheimtipp in der Szene und auch ich war ziemlich hin und weg, als ich ihr 4-Track Demo im vergangenen Jahr auf Bandcamp entdeckte. Geiler Oldschool Heavy Metal mit einem kauzig rohen Sound. Das Quintett gibt ordentlich Gas und das bereits gut gefüllte Bambi nimmt Fahrt auf. Super Stimmung und schnell sieht man vor der Bühne die ersten Matten kreisen. Acid Blade machen richtig Laune und haben sichtlich Spaß an ihrem Openergig. Selten war das Bambi zu einem Opener so voll wie heute und schnell steht fest, zu Recht! Die Dresdner legen eine anständige Show hin und haben sich sicherlich den ein oder anderen neuen Fan erspielt.
Noch vor dem Ende der Show führt der Weg wieder ans Tageslicht. Eine Rauchen, ein nächstes Bier und ab in den inzwischen geöffneten Kronensaal. Hier steht mein persönliches Highlight des Tages auf dem Zettel. Ambush aus dem südlichen Schweden sind jedem Heavy Metal Fan ein Begriff, haben sie doch seit über zehn Jahren ihre Leistung konstant gesteigert und ein Hammeralbum nach dem anderen auf den Markt geworfen. Zuletzt habe ich die Jungs im vergangenen Oktober in Berlin live gesehen, als sie mit Schizophrenia und den Space Chasers deren Album Release Party zu einer grandiosen Metal Party gemacht haben. Mit einer unglaublichen Energie, die den gesamten Kronensaal im Handumdrehen in einen Hexenkessel verwandelt, geben Ambush alles und haben die Menge sofort auf ihrer Seite. Mit „Infidel“ und „Possessed By Evil“ gibt es reinsten Heavy Metal um die Ohren geballert und die Haare kreisen im Takt. „Barabbas“, der Titeltrack der vor der Tour veröffentlichte Single, fügt sich bestens in die Setlist ein. Die Stimmung kocht und schnell stellt sich mir die Frage, warum der Headliner so früh spielt. Nun ja, zu den Klängen von „Firestorm“ und „Hellbiter“ kommen mir beim Bangen glatt die ersten Freudentränen. Was für eine unglaubliche Power und Spielfreude, die diese Band hier entfesselt. Die Zeit vergeht wie im Fluge und mit „Masters Of The Seas“, „Desecrator“ und dem Nackenbrecher „Natural Born Killers“, bei dem natürlich auch wieder das Publikum einbezogen wird, wird es zu keiner Sekunde langweilig. Fronter Oskar holt bei letzterem noch zwei kleine Ambush Fans auf die Bühne, die ihren Auftritt sichtlich genießen. Was für eine tolle Aktion und schon geht es auf die Zielgerade zu. Aber eine kleine Zugabe gibt es noch in Form von „Don’t Shoot“ und wieder sieht man vor der Bühne nur fliegende Haare und viele Fäuste, die gen Decke gerissen werden. Was für ein Abriss, den Ambush hier hinlegen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Band bei ihrem nächsten Auftritt im Bambi an der Position spielen, die sie verdient haben und das ist als Headliner.
Voller Adrenalin muss das nächste Getränk erst mal herhalten und noch ein kurzer Stop an der frischen Luft, bevor es wieder ins Bambi runter geht. Hier stehen jetzt die Hamburger Blitz auf der Bühne. Entsprechend voll ist natürlich auch das Gewölbe und kaum ein Durchkommen nach vorne möglich. Die Jungs legen mit ihrer thrashigen Heavy / Speed Metal Kombination die Messlatte mal einen Meter höher. Das Bambi brodelt und feiert das Quartett verdientermaßen ab. Starkes Heimspiel und sogar noch etwas kraftvoller und auf einander abgestimmter, als ihr letzter Auftritt im vergangenen Jahr. Hamburg kann echt stolz sein auf solch einen Newcomer. Auch hier verlasse ich dennoch vorzeitig das Bambi, denn der Drang nach Luft und Nikotin zieht mich nach draußen. Dort stehen dann auch einige der Ambush Jungs und die Begrüßung ist herzlich. Mit Langzeitgastbasser Oskar quatschen wir uns fest und auch eine kleine Besichtigungstour durch den Nightliner der drei Headlinerbands mit ihm lassen wir uns nicht entgehen. Entgehen lassen wir uns dadurch dann aber die belgischen Speed Metaller Evil Invaders. Nicht schlimm, den eine kleine Pause mit schwedischen Freunden ist es definitiv mehr als wert! Mit Oskar geht es gemeinsam an den Merchandise Stand, um dort das nächste, diesmal ziemlich große Loch in den Geldbeutel zu reißen. Was muss das muss und wenn Ambush schon so viel neues Merch an den Start bringen, kann man da ja nicht dran vorbei gehen. Tack sa mycket Oskar!
Da der Stand direkt im Kronensaal steht, haben wir doch noch kurz die Möglichkeit, etwas von Evil Invaders zu sehen. Gute Stimmung und viele Headbanger vor der Bühne begleiten die sehr dynamische Saitenfraktion. Solider Auftritt, was ich so mitbekomme und nach der Show sieht man wieder viele zufriedene Gesichter. Durch das abwechselnde Bespielen der beiden Bühnen, bleibt wenig Zeit zwischen den Bands, um mal etwas mit Freunden und Bekannten zu quatschen, aber man hat quasi ununterbrochen die Chance auf geile Mucke. Da wissen auch weit angereiste Gäste zu schätzen, wie etwa Lenni, Veranstalter des Trveheims bei München, der den weiten Weg für dieses fantastische Package auf sich genommen hat.
So führt mich dann auch der Weg schnell wieder zurück ins Bambi, wo sich jetzt Pulver aus Aschaffenburg die Ehre geben. Die Jungs, die überwiegend wirken, als seien sie durch ein Zeitportal direkt aus den 70ern ins Bambi teleportiert worden, begeistern schnell mit ihrer Mischung aus Hard Rock und klassischem Heavy Metal. „Stabiler Auftritt“, vernehme ich neben mir aus einem Gespräch. Interessante Zusammenfassung, die es für mich nicht so ganz trifft. Denn Pulver machen so richtig Laune und das nicht nur bei mir, wie ich vor der Bühne sehe. Hier geht richtig die Post ab und der Fünfer aus Süddeutschland avanciert schnell zu einem meiner Tageshighlights. Mich hat ja schon ihr Debüt „Kings Under The Sand“ beeindruckt, aber live sind die Songs noch etwas knackiger und tighter. Die Show gucke ich mir sogar bis zum Ende an, denn die Show ist echt kurzweilig und viel zu schnell vorbei. Geile Band, die man unbedingt auf dem Zettel behalten sollte!
Im Kronensaal steht schon die letzte Band hier oben auf dem Programm. Enforcer habe ich schon länger nicht mehr gesehen, der letzten Tour; zum für mich sehr schwachen „Zenith“ Album, blieb ich komplett fern. So ist meine letzte Enforcer Show wohl schon einigen Monde her. Das Quartett legt mit „Undying Evil“ einen mächtigen Start hin, der anschließend mit dem Kracher „From Beyond“ unterstrichen wird. Die Stimmung ist gut, auch wenn man nach so vielen Bands im Publikum doch die ersten Ermüdungserscheinungen sieht. Die Schweden lassen sich nicht lumpen und hauen mit „Live For The Night“ eine schöne Speed Metal Nummer raus. Nach einem nebligen Gitarrensolo geht es balladesk weiter, Zeit das Bier wegzubringen und neues zu holen. Astra ist inzwischen übrigens alle, zumindest im Kronensaal. Nach der musikalischen Verschnaufpause geht es dann aber wieder mit „Mesmerized By Fire“ und „Running With Menace“ zügig weiter. Bei letzterem stehe ich neben Ambush Drummer Linus und Evil Invaders Fronter Joe, die sichtlich Spaß am gemeinsamen bangen haben. Mit meinem Lieblingssong „Take Me Out Of This Nightmare“ geht es dem Ende entgegen, aber zwei Songs haben Enforcer noch im Köcher. „Katana“ und der Brecher „Midnight Dice“ beschließen den alles in allem starken Auftritt der Skandinavier kurz nach Mitternacht.
Ein letztes Sammeln der Reserven, bevor es zum Finale wieder ins Bambi runter geht. Cobra Spell aus Holland haben die Ehre, als letztes an diesem Abend zu spielen. Bereits im vergangenen Herbst haben wir diese überwiegend weiblichen Shootingstars auf der Bambi Bühne gesehen. Neu in den Reihen vor dem einzigen männlichen Bandmitglied Drummer Mike ist Fronterin Kris Vega. Mit einem silbernen Glitzermantel hebt sie sich vom Rest der Band stark ab und ist zumindest ein optischer Blickfang. Stimmlich ist sie echt stark, aber es kommt bei mir dennoch keine Begeisterung auf, denn ihre Stimme erreicht mich nicht. Für mich kommt nix rüber, auch wenn die Damen und der Herr sich wirklich ins Zeug legen, verlasse ich zeitnah die Location und verbringe lieber Zeit vor der Tür, wo Detze Veranstalter Janosch und Trveheim Kollege Lenni sich über ihre lustigsten Bandgeschichten austauschen. Schnell stelle ich fest, dass die Entscheidung die richtige ist und viele ebenfalls vorzeitig das Bambi verlassen.
Was soll ich sagen? Ein Abend im Bambi, unserem zweiten Wohnzimmer, ist immer geil, die heutige Ausweitung auf den Kronensaal echt eine super Entscheidung. Ein weiterer fantastischer Abend bleibt uns wohl noch lange im Gedächtnis. Geile Bands, allem voran die übermächtigen Ambush, die für viel Anwesenden DIE Band des Tages war. Für mich folgen mit weitem Abstand dann noch Pulver, Acid Blade und Enforcer, die alle samt eine starke Show abgeliefert haben. Es war super, endlich mal wieder mit so vielen Freunden und Bekannten zusammen unbeschwert Zeit zu verbringen. Auch die Zeit mit den sympathischen Ambush Jungs war fantastisch und ich freue mich schon drauf, die Jungs in Kürze auf dem Muskelrock wieder zu sehen. Selbst der Heimweg mit Janosch und dem Schlenker über die goldene Möwe war ein Erlebnis. Ziemlich glücklich und zufrieden fallen wir kurz vor Sonnenaufgang ins Bett.
Autor & Pics: Tino Sternagel-Petersen