MIKE TRAMP‘S WHITE LION, LAST TEMPTATION
Bochum, Matrix, 06.05.2025
Bevor wir nun eine Reise in die Achtziger unternehmen, beschäftigen wir uns zunächst mit dem Support Act. Der nennt sich Last Temptation und kommt aus Frankreich. Sie kommen zwar schnell in den Groove und ihr Sänger schwenkt munter seinen Mikrofonständer mit den daran gebundenen Tüchern a la Aerosmith-Steve, aber ihr Sound vom Bass und der Gitarre kommt völlig übersteuert. Unglücklicherweise sogar so penetrant störend, dass wir uns jetzt keine Meinung darüber bilden können, wie die hardrockigen Melodicsongs der Franzosen live rüberkommen. Vorne wie hinten klatschen die schon recht zahlreich anwesenden Gäste dennoch höflich Beifall. Zum Drumsolo plus eines Mitmachparts bessert sich der Sound sich etwas, doch nach einunddreißig Minuten ist der Auftritt beendet.
In den Achtzigern hatten White Lion einige Hits und waren eine einflussreiche Band für Hardrocker und Metaller. Das Quartett hatte sich schnell den Ruf erspielt, sehr laut zu sein. Davon haben wir uns damals im Jovel zu Münster überzeugen können, Vorgruppe waren übrigens Pink Cream 69. Danach wurde Mister Mike Tramp schon einige Male gebeten, White Lion zu beleben. Dem ist er in den vergangenen Jahrzehnten in verschiedenen Formen nachgekommen, auch akustisch. Dass Mike die White Lion Songs mit seiner heutigen Band Mike Tramp’s White Lion etwas anders interpretiert, als er das mit seinen Mates D’Angelo, LoMenzo und Bratta tat, war zu erwarten. Die aktuelle „Lights And Thunder Over Europe Tour 2025“ beginnt auch mit dem Titelsong des vierten White Lion Albums. Und das Beste ist, Mike hat seine Stimme noch, singt allerdings meist eine Oktave tiefer. Die beiden folgenden Songs „Hungry“ und „Lonely Nights“ bilden die Opener vom 1987er „Pride“ Album, das damals in einschlägigen Gazetten zur Platte des Monats gekürt wurde. Damit ging es erstmal richtig los und die Band hat damit ganz schön was gerissen. Der Sound im Matrixkeller stimmt jetzt glücklicherweise, zusätzliche Keyboards werden allerdings aus dem Back eingespielt.
Mikes im Vorfeld schon gepriesener Gitarrist Marcus Nand, mit dem er bereits in den Neunzigern bei Freak Of Nature spielte, hat einerseits keine Probleme, die Handschrift von Original Gitarrist Vito Bratta darzubringen und ähnliche Techniken zu verwenden, interpretiert aber Soli selbst. Die Soundschärfe in den Soli stimmt überein, inklusive dem gewohnt hohen Hallanteil. Vor „Out With The Boys“ und „All The Fallen Men“ erzählt Mike mal kleine Geschichten aus seiner Vergangenheit und erklärt uns mit Deutschanteilen in seinen Ansagen, er wäre jetzt 64 Jahre alt und ließe nun etwas ruhiger angehen. Die Chöre des Publikums zu „El Salvador“ und der Chorus der Single „Little Fighter“ beeindrucken schon. Schön zu beobachten, wie viele Gäste sogar bei „Living On The Edge“ noch mitsingen können, auch die „Ohohos“ der Single „Tell Me“ funktionieren einwandfrei. Offensichtlich haben es all diese Songs in die heutige Zeit geschafft. Kurz vor Schluss zu „Love Don’t Come Easy“, „Cry For Freedom“ und „Broken Heart“ lässt sich schon resümieren, dass die Band mit ihrer Performance der Songs stellenweise sehr nah an White Lion war und sich ein Besuch schon deswegen sehr gelohnt hat. Ganz zum Schluss muss natürlich noch der Hit „Wait“ und eine etwas längere Version vom unverzichtbaren „Lady Of The Valley“ dargebracht werden. Na, wenn das mal keine anständige Setlist war, auch wenn in den einundneunzig Minuten „Cherokee“ oder der „Warsong“ ungespielt blieben.
Autor & Pics: Joxe Schaefer