MORBID ANGEL – kingdoms disdained

Knapp sechseinhalb Jahre musste die Fanschar warten, bis der nächste, inzwischen zehnte Longplayer der Florida Death Metal Legende um Gitarrenmagier Trey Azagthoth in den Regalen steht. Die Rede ist natürlich von Morbid Angel. Kaum eine andere Band ist die vergangenen Jahre so kontrovers diskutiert worden wie dieses Quartett. Sei es die Rückkehr des Kult Fronters David Vincent im Jahre 2004, der rein optisch zu dieser Zeit oft als Latexente tituliert wurde oder auch der von vielen verrissene Output „Illud Divinum Insanus“. Nach einer doch ziemlich erfolgreichen „Covenant“ Jubiläumstour 2013/2014 trennte man sich im Folgejahr von David. Trey machte direkt einen Rundumschlag und wechselte den Rest gleich mit aus. Schnell wurde der neue, alte Fronter Steve Tucker, der mit Unterbrechung schon von 1997 – 2004 am Mikro stand und den Tieftöner bedient, präsentiert. Dan Vadim Von, der bereits für das Design der Morbid Angel Webseite verantwortlich ist, wurde als zweiter Gitarrist in die Band geholt. Das neue Line-up komplettiert der 29jährige Scott Fuller, der zukünftig die Felle zerdreschen soll. Schnell geht es ins Studio, um den „Illud Divinum Insanus“-Nachfolger einzuspielen. In den USA konnte man schon die ersten Songs live bewundern. Europäischen Fans blieb dies, angeblich aus Visa-Gründen, bis jetzt verwehrt.

Nun ja, um es gleich mal vorweg zu nehmen, dürfen sich alle alten Fans auf „Kingdoms Disdained“ freuen, neue natürlich auch. Eröffnet wird das mächtige Werk von „Pile Of Little Arms“ mit einer typischen Morbid Angel Nummer, an der dann fast zum Schluss Saitenhexer Trey Azagthoth sein unglaubliches Können mal kurz zu Gehör bringt. „Garden Of Disdain“ ist eine schwere und schleppende Hymne, die auch von der „Covenant“ stammen könnte. Bei „The Righteous Voice“ geht es dann mal ordentlich zur Sache. Trey verewigt sich hier gleich zweimal, der Song drückt und zum Ende wird dann nochmal schön das Tempo angezogen. Aufhorchen musste ich dann bei „The Pillars Crumbling“, in dem unerwartete Rockgitarrenparts durchkommen – cool gemacht! Auch sehr interessant ist dann noch „Declaring New Law (Secret Hell)“, der irgendwie für Morbid Angel Verhältnisse sehr einfach, fast schon leicht und modern daher kommt. Das Teil ist Geschmackssache, aber ich finde es echt stark. „From The Hand Of Kings“ ist dann nochmal ein sehr abwechslungsreiches Stück – brutal und mit Blastbeatparts, die einem das Gesicht zerdrücken.

„Kingdoms Disdained“ ist wohl die Veröffentlichung, die man sich schon seit Jahren wünscht. Das neue Line-up hat hier ordentliche Arbeit abgeliefert. Den einzigen Minuspunkt, den ich hier anbringen kann, ist der etwas zu dünn produzierte Drumsound. Der Rundling braucht auch mehr als einen Durchlauf, um zu zünden, dafür ist es dann umso mächtiger. Die Rückkehr von Steve Tucker ist für viele ein Segen. Mir persönlich fehlt der markante Sound von David, aber das ist ja zum Glück Geschmackssache. Morbid Angel sind wieder zurück und es bleibt abzuwarten, ob die Jungs live auch ohne Hits aus Vincent Tagen überzeugen können.

Wertung: 9/10
Autor: Tino Sternagel-Petersen