ONSLAUGHT, CRYPTOSIS, SPACE CHASER, FABULOUS DESASTER

Essen, Turock, 31.05.2025


Unsere Lieblingsthrasher von Fabulous Desaster zeigen sich derzeit sehr präsent auf den kleineren Bühnen und haben derweil qualitätstechnisch auch schon den Status, dass man sich an ihnen kaum sattsehen kann. Hinzu kommt noch das gerade erschienene Drittwerk „Crucify This“, welches selbstredend wieder der Hammer geworden ist und mit „Misanthropolis“ und „Coffin Dwellers“ gleich zu Beginn gewürdigt wird. Letztens noch als Headliner gesehen, sind sich die Jungs dennoch nicht zu schade, heute als opening Act anzutreten. Wie erwartet, rammelt der Vierer gut nach vorne, nur leider ist das Turock vorne noch nicht so voll, denn man kann noch bequem durch die vorderen Reihen gehen. Die Drums wurden vor das Drumkit von Onslaught auf der Bühne aufgebaut, aber egal, wir erleben grad einen Vollgasabriss mit Stil. Sie sind derzeit eine der tightesten und gleichzeitig zackigsten Thrashbands der Republik. Es wird eine halbe Stunde durchgeholzt, natürlich volle Kanne und mit nur Zündstoff, bei schon ordentlichem Mitgewippe. Einen besseren Opener hätte man heute sicher nicht kriegen können.


Warum genau wissen wir grad auch nicht, aber tatsächlich haben wir die sympathischen Vollthrasher von Space Chaser schon länger nicht mehr live gesehen. Durch eine Rückkopplung geht es vor ihrem wahrlich sehr fettem Banner mit „Signals“ und „Juggernaut“ los, aber wer nun noch auf Shouter Siggi wartet, wird enttäuscht. Der erscheint nicht, ist schon ein paar Tage raus aus der Band und für die Vocals zeichnet sich jetzt Gitarrist Leo zuständig. Die Hauptstädtler geben auf jeden Fall ein ungewohntes Bild mit Gitarrist Leo als Sänger ab. Da wirkt sein vertrautes Shirt von Sodom auch nicht gegen, doch ein gewisser Siggi-Faktor fehlt auf jeden Fall. Dennoch holzen die Berliner gnadenlos die Keule, auch trotz kleinerem Drumkit und durch weniger Action on Stage, da Leo shoutenderweise häufig am Mikrofonständer steht. Er wirft ans Publikum die obligatorische Frage ein, ob wir Thrash Metal mögen und es folgt das neue Stück und Single „Ignite The Skies“. Nach „We Are The Night“, „Dark Descent“ und letztendlich auch „Skate Metal Punks“ erlauben wir uns zu subsummieren, dass der Vierer sich beachtlich geschlagen, und auch mächtig Beifall bekommen hat, auch wenn im Saal in den vierzig Minuten nicht ganz so viel gezappelt wurde, wie bei der Band zuvor.


Ob das jetzt ausgerechnet Cryptosis sein mussten, die den vierzigminütigen Slot des Co-Headliners gewinnen konnten, kann diskutiert werden. Auf der Bühne machen die Niederländer jedenfalls bloß eine solide Figur. Dieser Dreier, formerly known as Distillator, die Explorer von Laurens erkennen wir auch wieder, entfaltet schon ziemlich die Urgewalt. Es sind aber Synthies mit drin, die aus ihrem gleichförmigem Sound herausstechen. Und das ist der Hauptunterschied zu den Zeiten, als sie noch unter dem Banner ihrer alten Band aktiv waren. Zu zackigem Tempo bellschimpfen sie ihre Shouts in die Menge, dabei hält sich ihre Bewegung im Gegensatz zum Gepose in Grenzen. Alle drei Mucker können jedenfalls was, doch ihr blastbeatmäßiger Tiefendruck zündet nur sehr schwer. Vielleicht hätten sie besser beim Oldschool Thrash bleiben sollen, zumal sich die erste Band heute Abend bislang die besten Publikumsresonanzen erkämpfen konnte.


Ohne Zweifel gehören Onslaught zu den ältesten Thrasheinheiten des Vereinigten Königreichs, und endlich ist das letzte verbliebene Originalmitglied, Gitarrist Nige Rockett, mit seiner Truppe wieder am Start. Vor ein paar Tagen haben wir in die neue Compi-Scheibe „Origins Of Aggression“ mit den Neueinspielungen und Covertracks gehört und waren uns einig, dass wir heute hier im Turock zur Stelle sein müssen. Es ist an der Zeit für Onslaught, mal wieder zum Vernichtungsschlag auszuholen, wie sie das in der Vergangenheit bereits mehrfach getan haben. Wir hören Sirenen, das „O Fortuna“ und eine Glocke; der Headliner fährt auf, macht auch gleich mit dem sicheren Opener „Onslaught (Power From Hell)“ keine Gefangenen und die Klamotte darf sich als eröffnet bezeichnen! Der neuer Sänger heißt Dave Garnett, der bereits 2019 schon einige Male für seinen Vorgänger Sy Keeler das Mikrofon übernommen hat. Der Mann hat mehr als adäquate Frontmannambitionen und kommt damit klasse an, wie seine roughe Raunzstimme den Songs eine rohere Färbung gibt. Beim schnellen „Angels Of Death“ scheint die Menge aufzutauen und wir erleben Gebange, Mische und Hey-Rufe. Dieser Pit soll nicht der einzige bleiben. Es herrscht hier ausgesprochen freundliche Stimmung. Wahrscheinlich sind alle froh, die Band, die grad „Let There Be Death“ abfeuert, wieder abfeiern zu können. Es wurde „Killing Peace“ als letztes Stück angesagt und danach verschwindet die Band kurz von der Bühne. Nur Basser Jeff bleibt und animiert die Menge weiter. „Do you want more Rock ‚n‘ Roll?“ Na klar, was für eine Frage, und wir bekommen das Motörhead Cover „Iron Fist“, welches auch eines der Highlights des neuen Compilation-Doppelalbums ist, und natürlich sofort als Zweiervinyl eingesackt werden muss. Keine Ahnung, warum unbedingt nach dem Konzert heute noch ein DJ Programm gestartet werden muss, aber der knappe und stramm durchgeführte Zeitplan, dass um elf alles gelaufen sein muss, sprach leider gegen längere Auftrittszeiten der Livebands.

Autor & Pics: Joxe Schaefer