PORTRAIT – at one with none

Portrait gehören seit ihren Demotagen zu einer der Konstanten im metallischen Underground und bilden zusammen mit RAM, Wolf und Enforcer die Speerspitze der “New Wave of Swedish Heavy Metal”, welche in den frühen 2000er Jahren ihren Ursprung hatte.

Ich habe die Band in ihrer frühen Phase (noch mit Philip von Helvetes Port hinter dem Mikro) relativ häufig live gesehen und dabei ihre Rohheit und Ungeschliffenheit immer sehr geschätzt. Auf der Bühne (z.B. Scandinavian Metal Attack, Lille, Januar 2008) agierte die Band teils etwas chaotisch, wirkte dadurch aber auch immer sehr kultig auf mich. Unvergessen bleibt mir der damalige Sänger Philip in Erinnerung, welcher den Gig am Long Live Metal II Festival (wiederum Lille, Mai 2008) per oldschool Kassettenrecorder mitschnitt, und das rumpelige Ergebnis in der Folge jedem vorspielte, der es hören wollte oder auch nicht. Durch den Sängerwechsel von Philip zu Per (2009) wurde der chaotische Teil innerhalb der Band eliminiert, was den Jungs deutlich mehr Struktur und Professionalität verlieh, dafür auch den Kultfaktor etwas reduzierte. Der Qualität der Musik hat der Sängerwechsel sicherlich gut getan und die Band hat über die Jahre hinweg drei hochstehende Alben veröffentlicht, womit man sich aus dem Fahrwasser des fast reinen Mercyful Fate Klons herausmanövrieren konnte. Das vorliegende Album ist sehr stark ausgefallen und kann nahtlos an die Qualität der Vorgängeralben anknüpfen. Die Songs sind retromässig produziert, ohne dass sie jedoch altbacken oder drucklos erscheinen würden. Durchs Band hinweg werden dem geneigten Höhrer druckvolle Riffs und teils sehr eingängige Melodiebögen um die Löffel gehauen. Das Album besticht durch hochstehende Songqualität und einen erfrischenden Abwechslungsreichtum, so dass die zehn teils über neun Minuten langen Titel nie langweiligen werden, die Band ihren Trademarks aber jederzeit treu bleibt. Beim zweiten Song “Curtain (The Dumb Supper)” darf man gar an Blind Guardian erinnernde Songelemente bestaunen. Speziell im letzten Albumdrittel verwursteln die Schweden Riffs und Melodien, welche jedem Maiden Album der letzten 20 Jahre sehr gut zu Gesicht gestanden hätten. Fakten, welche die Stärke des Albums belegen.

Ich ziehe meinen Hut vor einer Band, die zeigt, dass sich Kontinuität und Beharrlichkeit kombiniert mit Qualität durchaus auszahlen kann. Ich freue mich darauf, die Band demnächst wieder live sehen zu können. Der letzte Gig, den ich gesehen hatte (zusammen mit RAM, Februar 2018), ist mir noch in bester Erinnerung.

Wertung: 9/10
Autor: Steph Bachmann