PRETTY MAIDS, BLOODY DICE
Kopenhagen (DK), Amager Bio, 06.12.2024
Zwar sind draußen bloß ein paar Plusgrade, doch durch starke Winde fühlt sich das etwas kälter an. Unsere Location ist heute wie gestern das gut beheizte Amager Bio in der dänischen Hauptstadt, mit freundlichem Personal und einer überraschend schnellen Garderobe. Kurzum sind wir sehr froh, heute hier noch einmal zu Gast sein zu dürfen. Das mal gleich vorweg. Heute ist Freitag, die Fans haben Wochenende und dürfen für umgerechnet dreiundfünfzig Euro dabei sein. Als Hintergrundmusik erklingt Led Zeppelin wie am Vorabend, aber so leise, dass man es nur soeben erkennen kann. Auf jeden Fall prangt quer über die ganze Bühnenbreite noch das definitiv nicht zu schmale Backdrop, jedoch ist das des Hauptacts gemeint. Das darüber Hängende vom Opener Bloody Dice hat zwar auch keine kleinen Ausmaße, ist jedoch wesentlich schmaler. Während gewissenhafte Chronologisten heute wieder einen sehr pünktlicher Beginn bemerken, wird der zweite Konzerttag der Pretty Maids wieder einmal mit einer ziemlich dänischen Supportband eröffnet. Zwar kommt Sänger Dagfinn von den Faröer, die wir aus Fußball-Länderspielen kennen, aber das, was sie als No-Nonsense Rock ‚n‘ Roll ankündigen, landet in unseren Gehörgängen tatsächlich auch als nichts anderes. Die vier Vollbärte des sympathischen Vierers kloppen bodenständige Songs und es groovt mit der ersten Note sofort los.
Mit nur einer Gitarre rockt es eher geerdet als kompliziert, sowie leicht warm basslastig. Klar und echt klingt auch die kräftige Singstimme, wie man es auch auf ihrem selbstbetiteltem Debüt-Vinyl, das von Flemming Rasmussen gemastert und gleich hier vor Ort eingetütet wurde, nachhören kann. Die Band hat musikalisch was drauf, kann auch nach Breaks ohne Anzählen tight wieder einsetzen. Vielleicht hat der Vierer schon etwas Led Zep im Sound mit drin, geht aber wesentlich geradliniger zu Werke als die Rock-Dinosaurier, bauen aber in „Live For Today“ einen Teil von „Another Brick In The Wall“ mit ein. Ihre Midtempowalzen lassen von ganz allein Mitwippen. Auf der Bühne stehen einfach vier ehrliche Kumpels von der Ecke, mit denen man gerne am Tresen stehen würde. Nach „Cry For War“ und „Evil Desire“ erklingt zum Schluss mit „Machine“ ein Uptempotrack, und auch hier wird bei dem Quartett nichts zu hektisch. Der Straightrocker geht als schnellstes Stück ihrer dreiunddreißig Minuten durch, und wer bis jetzt noch nicht wach gerüttelt wurde, dem ist nicht mehr zu helfen. Dementsprechend gut fällt auch der Applaus aus. Das war schon ziemlich Klasse und wirkt nach, doch leider hören wir heute keine Pausenmusik mehr.
Setlist: Road To Ruin; Bloody Dice; Slave; Live For Today; Cry For War; Evil Desire; Machine.
Merchpreise von 300 Dänischen Kronen werden für das Tourshirt aufgerufen, das sind ca. vierzig Euro. Zugegriffen haben wir hier nicht, denn das haben wir bereits vor ein paar Wochen im Z7 getan. Es wird Zeit für den Headliner. Müßig zu erwähnen, dass es um Punkt 21:00 Uhr losgeht. Das bekannte Intro ihres überall geschätzten Debütalbums wird etwas länger gestreckt, danach wird „Back To Back“ sofort mitgesungen und Ronnie mit Riesenapplaus empfangen. Wir freuen uns darauf, dass die Pretty Maids für den heutigen, zweiten Konzerttag in Kopenhagen ihre andere Setlist spielen. Der Fünfer ist mit zwei Unterschiedlichen unterwegs, und mit dieser wird, wie im Vorfeld auch so angekündigt, das 1984er Debütalbum komplett dargeboten. Auch zum Titelstück „Red Hot And Heavy“ sehen wir sehr viel Action auf der Bühne und ein Doppelhalssolo mit Ken und Keyboarder wie Teilzeitgitarrist Chris Laney. Die Frontleute machen alle einige Meter. Zu „Waiting For The Time To Come“ ist das Keyboard noch etwas leise, macht aber nichts. In das Intro von „Cold Killer“ bricht Gitarrist Ken Hammer schon früh herein, was sehr gut im heute nicht ganz ausverkauften Amager Bio ankommt. Im Gegensatz zum Vortag scheint heute ein größerer Teil Oldschooler mit Shirts und Kutten anwesend zu sein. Schön, dass diese Fünfertruppe wieder zusammen unterwegs ist. Schwer zu sagen, ob alle Verschiedenheiten ausgeräumt wurden, aber Ronnie Atkins und Ken Hammer besuchen sich in ihrer Performance häufiger und bringen sogar den Eingangslacher zu „Night Danger“ zusammen. Anzumerken bei beiden sind die gesundheitlichen Einknicke der vergangenen Jahre so nicht, besonders Ronnie ist permanent unterwegs, beide Bühnenseiten zu besuchen. Er greift treffsicher auf seinen vollen Stimmumfang zurück, singt aber bestimmte Höhen leiser. Zu „Searching For A Place In The Night“ kommen die Riffs besonders kernig und Ken steht dabei ganz vorne am Bühnenrand. Was ein geiler Livesong. Der ganze Laden singt die „Ohos“ von „Queen Of Dreams“ mit, und die Mitklatsch-Animation funzt sofort, auch ohne längere Ansage zum Thin Lizzy Klassiker „Little Darling“, der das Debütalbum abschließt.
Ken wechselt die Gitarre und nahtlos weiter geht es im zweiten Teil der Show mit dem Titelstück des Kracheralbums „Pandemonium“. Auch „I.N.V.U.“ wird mitgeklatscht und klasse mitgesungen. Echt coole Stimmung hier, trotz ein paar Leuten weniger mindestens ebenso geil wie gestern, denn bei dem Publikumsengagement haben wir gefühlt trotzdem eine fast volle Hütte. Noch einmal wie am Vortag findet das seltenere „Bulls Eye“ den Weg ins Programm und auch heute wieder das noch seltenere „Shelly The Maid“, ein Speedbrett aus der zweiten Reihe ihrer Debüt-EP aus dem Jahr 1983. Sehr coole Sache, uns mit diesen Überraschungen zu beschenken. Das sind jetzt schon drei Bretter in Reihe – was für einen Applaus Kopenhagen darauf spendet. Im Anschluss wird mit „Kingmaker“ und dann noch mit „Serpentine“ nachgesetzt, wie geil ist das denn? Danach zeigt sich „Little Drops Of Heaven“ als ein Mitklatscher sondergleichen, bis „Love Games“ folgt und heute mal nicht als Zugabe gesetzt wird. Das bedeutet bestimmt, die Weihnachtslieder kommen zum Schluss. In der kleinen Pause spendet die Audienz zu den Rufen nach Zugabe Gestampfe, dass es gar nicht lange dauert, bis das Intro zu „Future World“ abgespielt wird. Zu dem Song rockt Basser Rene einmal quer durch den ganzen Fotograben, ist aber zurück, als die Audienz „Please Don‘t Leave Me“ bis hinten in die letzten Reihen mitsingt. „A Merry Jingle“, von ihrer 1990er EP „In Santa’s Claws“, auf der man die Mischung von „Merry Christmas“ und „Jingle Bells“ schon 1990 hören konnte, stellt heute den einzigen Weihnachtssong und auch gleich das Ende der Show. Als aus dem Back der Monty Python Song „Sit On My Face…“ ertönt, messen wir eine Spielzeit von 102 Minuten für 20 Songs. Gestern war es die ‚normale‘ Setlist mit 21 Songs über 117 Minuten, doch das ganze Amager Bio ist restlos begeistert und lässt seinem Jubel freien Lauf.. Natürlich bleiben die sieben Tresen mit je drei verschiedenen Sorten vom Fass noch geöffnet, schließlich haben alle noch Bedarf, über das grad Erlebte zu sprechen, während wir die bis zur Frühstückszeit andauernde Heimreise antreten.
Mal sehen, was bei den Maids als nächstes passiert. Noch ein paar Livedates, das komplette “Future World” Album am Stück, und / oder sogar ein neues Album … wer weiß? In dieser Verfassung erscheint uns alles nicht unmöglich. Nächste Woche spielen die Maids noch in Fredericia, nahegelegen zu ihrer Heimat Horsens. Da müssten wir eigentlich auch noch hin. Na ja, ernsthaft drüber nachgedacht haben wir nach den jüngst erlebten Shows aber auf jeden Fall!
Setlist: O Fortuna; Back To Back; Red Hot And Heavy; Waiting For The Time To Come; Cold Killer; Battle Of Pride; Night Danger; Searching For A Place In The Night; Queen Of Dreams; Little Darling; Pandemonium, I.N.V.U.; Bulls Eye; Shelly The Maid, Kingmaker, Serpentine, Little Drops Of Heaven; Love Games, Future World; Please Don’t Leave Me; A Merry Jingle.
Autor: Joxe Schaefer
Pics: Andreas (Projekt-AB Bild), Joxe Schaefer