RAGE – seasons of the black
Das nunmehr dreiundzwanzigste Studioalbum der nun seit zwei Alben in der aktuellen Besetzung agierenden Rage startet nach kurzem Intro mit dem Opener und Titeltrack „Season Of The Black“ durch. Sofort fällt einem der stark an die endneunziger Phase der Herner Urgesteine angelehnte, extrem kraftvolle und fast thrashmetallische Härte erreichende Sound auf. So wurde mal Power Metal definiert, bevor aus Italien mehr Keyboards als Gitarren eingespült wurden. Natürlich fehlt es trotz der angesprochenen Härte, wie z.B. auch im zweiten Song „Serpents In Disguise“, nicht an sehr melodischen und hymnischen Parts, wie bei Rage seit langem üblich. „Blackened Karma“ startet mit einem doch stark an einen sehr bekannten Song von Gary Moore angelehnten Drumpart, entwickelt sich dann zu einem eher im mittleren Tempo gehaltenen Banger. Das gedrosseltere Tempo werfen Rage auf „Time Will Tell“ direkt wieder etwas über Bord und erste Backgroundgesänge ergänzen Peavy bei diesem sehr geradlinigen, aber nicht stumpfen Song. Mit „Septic Bite“ widmet man sich interessanterweise einer T-Rex Attacke…warum auch nicht. Der Song ist generell etwas düsterer und sehr riffig gestaltet und Peavy suggeriert eine gewisse dunkle und verregnete Jurassic Park Atmosphäre. Ich kann mir irgendwie recht gut vorstellen, wie eine ganze Konzerthalle mitsingt „His Jaws Are Coming Over Me…“. Ein Dinoschrei als Outro zum Song krönt das Ganze (allerdings finde ich es durchaus fraglich, dass das größte jemals lebende Landraubtier auch zusätzlich noch giftig gewesen sein soll, das aber nur am Rande).
„Walk Among The Dead“ gemahnt an die trotz Ihrer Härte stets melodischen „Black In Mind“ und „End Of All Days“ Scheiben. Flott gezockt, hart, trotzdem melodisch. „All We Know Is Not“ ist ein typischer Rage Banger ohne große Überraschungen, der aber ordentlich rockt und qualitativ nicht abfällt. „Gaia“ fungiert als Opener zu dem vierteiligen Abschlusspaket des Albums. „Justify“ verwebt hervorragend die typischen Trademarks klassischer Ragesongs, es ist hymnisch, dramatisch, melodisch und packt einen an Nacken und am Unterarm und ich muss auch schon zur Luftgitarre greifen. Ein Hit, der in seiner letzten Minute das Tempo stark drosselt, um einen Übergang zum düster startenden, dann stark Fahrt aufnehmenden „Bloodshed In Paradise“ zu schaffen. Ein cooler, deftiger Banger, der einem nur kurze Verschnaufpausen gönnt. „Farewell“ beginnt bombastisch und stampft majestätisch aus den Boxen, um dann zu einer Rage-typischen, kraftvollen Ballade zu werden, bei der ich bei einem Konzert schon etliche Feuerzeuge erwarten würde. Hymnisch, gewohnt gut gesungen und kraftvoll, top.
Fazit: Der Gitarrensound hat durchweg ordentlich Eier, es wird mehr gehobelt als gefiedelt und man hat die ganze Zeit das Gefühl, dass Peavy bei den Gesangsparts durchgehend gegrinst haben muss, Spielfreude pur. Man erfindet mit dieser Scheibe natürlich nicht das Rage-Rad neu…muss man aber auch nicht. Rage waren Mitte/Ende der Neunziger eine meiner ersten Metalbands und ich freue mich sehr, dass eines der Flaggschiffe des German Power Metal aktuell mit derart viel Power agiert, ohne Selbstdarstellung an den einzelnen Instrumenten. Aufgrund der objektiv mangelnden Innovation, die ich allerdings ehrlich gesagt gar nicht vermisse (und weil noch Luft nach oben bleiben muss), ziehe ich einen Punkt ab. Ich finde, „Seasons Of The Black“ ist allerdings tatsächlich das beste Rage Album seit Ende der Neunziger.
Wertung: 9/10
Autor: Ralf Uhlenbrock
Label: | NUCLEAR BLAST |
VÖ-Datum: | 28.07.2017 |
Running Time: | 51:46 |
Format: | Vinyl, CD, Mp3 |
Erhältlich bei:
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