RAM, PORTRAIT, TRIAL

Essen, Turock, 10.02.2018


Das neue Jahr ist noch recht jung und schon flattert ein Konzerthighlight ins Haus, das wegen des Billings für viele Metaller bereits jetzt verspricht, das erste Highlight des Jahres zu werden. Woran das liegt, ist schnell erklärt. Ram und Portrait gehören zu den wichtigsten Vertretern ihrer Zunft, haben aktuell beide Klassealben im Gepäck, die sich in sehr vielen 2017er Polls wiederfanden.

Mit dabei sind ihre Landsleute von Trial. Deren jüngstes Album „Motherless“ haut zwar nicht ganz so ins Mett wie der Vorgänger „Vessel“, jedoch sind die Schweden noch immer in positiver Erinnerung. Ihr leicht progressiver Oldschool Metal verdient Aufmerksamkeit und ist daher auf dieser Tour bestens aufgehoben. Ein langes Intro zu „Motherless“ nimmt ihnen schon einige Auftrittszeit weg, doch man kommt schließlich noch auf stattliche vierzig Minuten, mehr als manch anderer Opening Act. Der Fünfer liefert einen mehr als soliden Gig ab, geprägt von Bewegung und Ausstrahlung. Besonders Shouter Linus Johansson agiert selbstbewusst in offenem Hemd, nur leider sind seine Vocals vorne nicht hörbar. Das wird weiter hinten im Saal besser, will aber nicht immer mit den Tonlagen harmonieren. Kumpel Tobi will zum Schluss ein geklautes Riff von Dissection gehört haben, doch sonst sind Trial aber progressiver unterwegs.


Für nicht wenige Besucher sind Portrait der Hauptgrund ihrer Anreise, denn der Die-Hard Fan weiß aus eigener Erfahrung, Portrait können so dermaßen ins Mett kloppen, dass es der Headliner schwer haben wird. Vier oberstarke Alben und Überfliegerauftritte wie beim Stormcrusher Festival sind eindeutige Visitenkarten. Die nicht enden wollenden Vergleiche mit King Diamond liegen jedoch nicht wirklich auf der Hand. Wenn jemand so klingt, dann ist das nicht Per von Portrait, sondern Meister Cagliostro von Attic (hier und heute übrigens in der Audienz zugegen). Per kann vergleichbare Höhen bringen, shoutet sonst aber wesentlich flexibler und damit eigenständiger. So kennen wir das von Platte und aus vergangenen Konzerten. Der von Trial zuvor beschriebene Soundmangel, dass die Vocals nicht überall hörbar sind, setzt sich leider auch bei Portrait fort. Nun hat Per heute nicht seinen besten Tag, singt hohe Parts eine Oktave tiefer oder lässt sie ganz weg. Das scheint die Hörerschaft nicht zu jucken, denn schon beim zweiten Song „We Were Not Alone“ gehen die Hände hoch. Portrait machen mit „Mine To Reap“ weiter Dampf und sie haben einfach die Songs, dass vor der Bühne alles rockt. Zum ersten Teil von „Lily“ steht Per alleine vor dem Publikum, wird dabei nur von einer Akustikgitarre aus dem Back begleitet, bis die zu hoch gepegelte Doublebass den zweiten Teil des Tracks völlig zerbombt. Wie vorsichtig Per mit seiner Stimme umgeht, kann man auch im schneller gespielten „Martyrs“ hören, wo er die Höhen mit Mühe biegt. An dem deutlich mehr als solidem, musikalischen Fundament tragen die Livemusiker, Rasmus Grahn an der Gitarre und Drummer Johannes Eklund, die das Line-up vervollständigen, großen Anteil. Und obwohl Kracher wie „Darkness Forever“ und „Pure Of Heart“ oder etwas vom ersten Album gar nicht gespielt wurden, kann man noch von einem okayen Auftritt sprechen.


Portrait und Ram sind befreundet und proben nebeneinander. In der Vergangenheit haben sie sich bereits auf einer Split duelliert, auf der Ram mit einer Gitarrenhalslänge als Sieger hervor gegangen sind. Nach den gut fünfzig Minuten von Portrait heizen Shouter Oscar  und Co., übrigens kräftigster Sänger heute, den Laden weiter auf. Auch jetzt ist der Sound nicht ideal, denn die Doublebass zerballert alles wie schon bei Portrait zuvor, doch haben Ram mehr die knackigen Partysongs, kompakte Banger, bei denen man leichter abfeiern kann. Das stellt auch das fast volle Turock fest, aus dem beim alten Reißer „Sudden Death“ Stagediver die Bühne erklimmen und vorm ungestümen Abgang in die Menge, zum Teil von Basser Tobias noch freundlich von der Bühne geholfen, etwas Elektronik vom Strom trennen, dass kurz eine Gitarre ausfällt. Völlig egal, es geht weiter und Stecker werden wieder eingesteckt. Das neue, einfache wie geniale „Gulag“ entpuppt sich auch live als der Kracher und trägt dazu bei, dass Ram heute beste Band sind. Optisch im Hintergrund cool wirkend sind ihre drei ausgefrästen Buchstaben statt eines Backdrops. Bevor der Abend mit einem metaltauglichen DJ-Programm beendet wird, muss natürlich noch das unverzichtbare „Machine Invaders“ gezockt werden, bis Ram ihren 75 minütigen Auftritt beenden. Die Stimmen nach dem Konzert sind bei Ram nicht gemischt, aber so richtig enttäuscht wurde auch bei Portrait niemand. Die Tour hat gerade begonnen und einige Fans überlegen, weiteren Dates beizuwohnen …

Autor & Pics: Joxe Schaefer