RAVEN, HIRAX, KILL RITUAL 

Essen, Turock, 08.06.2017

kill ritual

Draußen weht ein laues Sommerlüftchen bei Temperaturen von locker über zwanzig Grad und die schwarzgekleideten Idioten begeben sich ins dunkle Turock. Das liegt einfach daran, dass die Irren von Raven und Hirax in der Stadt sind und hier ihren zweiten Tourtag absolvieren. Für das Vorprogramm dürfen die befreundeten Kill Ritual ran. Das muss einen guten Grund haben, jedoch hat keine der drei beteiligten Bands heute Abend ein frisches Album raus. Auch der Fünfer aus San Francisco nicht, dessen jüngstes Werk “Karma Machine” noch aus 2015 stammt. Ihr Linkshandbasser wirbelt von allen Seiten am Hals seines Gerätes und liefert sich posende Duelle mit den Gitarristen. Mit amtlichem Acting, selbstbewusstem Auftreten zu groovigen Thrashsongs mit Ideen, wie das epischere “The Eyes Of Medusa” sie besitzt, können die Kalifornier der überschaubaren Menge im Turock Höflichkeitsapplaus abringen, wenn auch keiner ihrer Songs im Ohr bleibt. Später sehen wir Drummer Koryon Bobikyan noch hinter dem Kit von Raven, aber über die Hintergründe dazu später mehr vom Schreiberkollegen Bert. (Joxe Schaefer).


hirax

Erstmal treten nun Hirax an, für die ein beträchtlicher Teil heute angereist ist. Bei Hirax ist es schon drei Jahre her, als sie “Immortal Legacy” raushauten. Völlig egal, wenn die Thrasher auf Tour sind, wird da hingegangen. Schon ein Besuch am Merchandise lohnt sich, denn es gibt sechs verschiedene Shirts und Vinyl, darunter auch fünf verschiedene Seven-Inches. Obersympathikus Katon ist ein Unikum, der den Thrash liebt und auf seine Fans zugeht wie kein Zweiter. Auf der Bühne sucht er sofort Kontakt mit den ersten Reihen des bereits voller gewordenen Turocks. Der Mann im Thin Lizzy Shirt springt mit Basser Steve und Gitarrist Lance vor mit Chromschädeln und Ketten dekorierten Amps wie ein Derwisch über die Bretter. Nach “Lucifers Infierno” und “Lightning Thunder” erscheint Raven Shouter John Gallagher an der Bühnenseite und schaut zu, bekommt also das hohe Energielevel und die Hirax Rufe zwischen den Songs mit.

hirax

“Thank You For Supporting True Heavy Metal!” ruft Katon in das alte Kino, das etwa zu einem Drittel gefüllt ist. Die Anwesenden stehen vor der Bühne und alle haben so viel Spaß, dass nun ab “Black Snow” und “Hostile Territory” nach jedem Song Hirax Rufe zu hören sind. Das passiert ziemlich häufig, denn die alten Tracks wie das einminütige “Destroy” aus 1985 sind ziemlich kurz. Wer das Turock in Essen kennt, hat über dem Tresen schon mal den überdimensional großen Motörhead Schädel gesehen. Das nimmt Katon zum Anlass, dass alle für Lemmy ihre Becher heben. Der Vierer zeigt sich mal rumpelig, mal chaotisch, aber immer äußerst mitreißend. Es gibt kein besseres Programm für einen Donnerstag Abend. (Joxe Schaefer).


raven

Nach Hirax steht zu befürchten, dass die alten Herren von Raven mit dem Energieniveau von Katons Team nicht mithalten können. Doch weit gefehlt. Raven dürften eine der agilsten und spielfreudigsten Bands sein, deren Altersgrenze jenseits der Fünfzig liegt. Die Herren geben Gas watt das Zeuch hält, berennen jeden Zentimeter der Bühne und versprühen Spiel, Spaß und Freude am Rock ‘n’ Roll. Klar, die Setlist besteht aus alten Kamellen – Ausnahme: der Opener, der gleichzeitig Eröffner des aktuellen “ExtermiNation” Albums ist. Danach gibt es vom feinsten der ersten drei Alben – “Hard Ride”, “Hell Patrol”, “Rock Until You Drop” und “Don`t Need Your Money” vom “Rock Until You Drop” Debüt, “All For One”, “Mind Over Metal”, “Hung, Drawn And Quartered” und “Break The Chain” vom “All For One” Album und “Faster Than The Speed Of Light” von “Wiped Out” – überraschenderweise werden von dem eher ungeliebten Album “Stay Hard” zwei Songs gebracht, den Titelsong und die Single “On And On”.

raven

Über langatmige Solo-Eskapaden kann man streiten, zumindest muss man den Gallagher Brüdern zu Gute halten, dass sie Ihre Soli mit reichlich Humor und Klamauk über die Bühne bringen. Als Abschluss gibt es noch das Steppenwolf-Cover “Born To Be Wild”, welches nur auf der gleichnamigen Maxi mit Udo Dirkschneider verfilmt wurde. Fazit: Vielleicht etwas kurz, aber das Publikum ist glücklich und bekam was es wollte – ein verdammt starkes Konzert! Bei den Gallagher Brüdern ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht, und auch wenn Drummer Joe Hasselvander krankheitsbedingt fehlte, wurde dieser würdig vom Drummer der Vorband Kill Ritual vertreten. (Bert Meierjürgen).

Autoren: Bert Meierjürgen, Joxe Schaefer

Pics: Joxe Schaefer