Rock Hard Festival 2017
Gelsenkirchen, Amphitheater, 02.06.2017 – 04.06.2017
Die fünfzehnte Ausgabe des Rock Hard Festivals hat wieder einmal wärmeres Wetter zu bieten, als wie hier im Jahr zuvor hatten. Einzelne Andeutungen von Regen können dieses Jahr die Partylaune nicht trüben. Auch nicht, dass der Einlass zum freitäglichen Tagesbeginn sehr spät beginnt, dass sich sehr lange Schlangen am Eingang bilden. Nicht ganz unverärgert werden jedoch die Bierpreise von nun vier Euronen für einen 0,4-Becher hingenommen. Dies und warum eine Retroband, die hier vor drei Jahren Barfuß auftrat, sich jetzt als Nummer eins Albumband Schuhe leisten könnte, beschreiben wir in den nächsten Zeilen …
Tag 1, Freitag, 02.06.2017: Dust Bolt, Robert Pehrsson’s Humbucker, Mantar, The Dead Daisies, Candlemass, Blues Pills.
Rock Hard Festival 2017, Tag 1 (na ja, wenn man das ca. achtzehnstündige Begrüßungsritual mit Bier am Donnerstag mit dazu zählt, eigentlich Tag 2), 15:00 Uhr, der Himmel über Gelsenkirchen leuchtet königsblau wie es sich gehört, und die Bühne wird traditionell für eine Thrashband bereitet. Das Backdrop der vier Landsberger Dust Bolt erinnert ein wenig an das “Practice What You Preach” Cover von Testament, deren Einfluss die Jungs nicht so ganz verleugnen können. Exodus dürften sie auch öfters gehört haben. Irgendwo zwischen den beiden bewegen sich die Songs mit schönen Twin-Leads, mal schnellen, mal groovigen Parts und jeder Menge Energie, die nach drei Songs für den ersten Moshpit und um 15:30 Uhr bei „Agent Thrash“ für den ersten Crowdsurfer des Festivals sorgen. Bassist Bene ist im Suicidal Tendencies Longsleeve unterwegs und hat passend zum Shirt ordentlich Hummeln im Hintern. Es sind wohl so viele, dass er sich gegen Ende des Sets als Mittelpunkt für den ersten Circlepit von der Bühne ins Amphitheater bewegt und den Pit noch mal anheizt. Nach „Mind The Gap“ vom aktuellen Album “Mass Confusion” ist nach kurzen vierzig Minuten Schluss, man ist für die restlichen drei Tage ordentlich aufgewärmt und geht erst mal ein Bier trinken. So kann es weiter gehen. (Jens Wäling).
Der Oberschwede von Robert Pehrssons Humbucker ist mit dem selbstbetitelten Debütalbum und dem aktuellen “Long Way To The Light” in einigen Magazinen Redakteursliebling, wie auch im Rock Hard. Die logische Konsequenz daraus ist, dass die Schweden hier auftreten. Direkt nach den amtlichen Rabauken von Dust Bolt wirkt der seichte Hardrocksound wie ein relaxtes Nachmittagsprogramm, denn man ist längst nicht so hart unterwegs wie bei Death Breath oder Slingblade, wo Robert zuvor zockte. Auch nicht wie bei Black Trip oder gar Enforcer, wo noch sein zweiter Gitarrist Joseph im Line-up steht. Trotz ihrer ruhigen Art sorgen ihre Songs jedoch für mächtig Gewippe in der Audienz, während das neue “Send Her My Love” bis zum Refrain voll an “Stages” von ZZ Top erinnert. Die vier in Schwarz gekleideten Jungs bringen mit “Haunt My Mind” das erste schnellere Stück und sind auch sonst nicht langsam, wenn es darum geht, ihren Fahrplan einzuhalten, denn sie müssen ohne Autogrammstunde fix weg zurück nach Schweden. (Joxe Schaefer).
Bei so manchem Fan der ersten Stunde macht sich der Verdacht breit, die ziemlich angesagten Tiefgroover von Mantar verwalten nur noch ihren Erfolg, dabei haben die beiden Extremmucker grad erst die EP “The Spell” gebracht. Die beiden fahren mit Effektgeräten und Samples; Shouter und Gitarrist Hanno spielt gleichzeitig über zwei Amps und sorgt auch für die tiefen Töne. Ungewöhnlich auch die Aufstellung auf der Bühne, denn das Duo steht sich gegenüber. Einen Drummer im 90 Grad Winkel von der Seite zu sehen, ist doch eine Seltenheit. Die nach Amerika ausgewanderten Nordlichter fordern und bekommen die Resonanz. In ihren gut fünfzig Minuten Spielzeit gelingt es ihnen, viele Arme im Halbrund nach oben zu kriegen. (Joxe Schaefer).
Die nächste Band um Gitarrist David Lowy, dem einzig verbliebenen Originalmitglied, hat sich zwar mal in Sydney gegründet, besteht inzwischen aber vornehmlich aus amerikanischen Musikergrößen. Auch für das Intro haben sich The Dead Daisies anderswo bedient, denn der Mix von Black Sabbaths “War Pigs” mit Led Zeppelin hat man schon mal vor Konzerten von Black Label Society gehört. Dem Gitarristen Doug Aldritch (ex-Whitesnake, ex-Dio, ex-Lion, ex-Hurricane) gehört die linke Bühnenseite, wo man ihn mit Wah-Wah wie in “The Zoo” von den Scorpions arbeiten sieht. Wie schon bei Thin Lizzy und Whitesnake macht Bassmann Marco Mendoza auch hier einen ziemlich coolen Eindruck. Ebenso selbstbewusst und routiniert wie Shouter John Corabi, der 1994 mal für ein Album bei Mötley Crüe war, wird ein bodenständiger Job geliefert und so das Publikum erreicht. Nur dafür, dass wir es hier mit einer sogenannten Supergroup zu tun haben, wird kein eigener Song geliefert, an den man sich morgen noch erinnern kann. Wohl aber das Cover “We’re an American Band” (nicht Australian!) von den Grand Funk Railroad und eine Version von “Helter Skelter” der Beatles, das Mötley Crüe auch schon mal brachten. Die Daisies allerdings mit einer Led Zeppelin Einlage. Unser Fotomann und Hobbydrummer Andreas (ex-Phoenix Rising) mag die Sperenzchen des Drummers Brian Tichy (ex-Billy Idol, ex- Foreigner, ex-Lynch Mob, ex-Ozzy Osbourne, ex-Whitesnake) besonders, der im Solo seine Sticks zwar hoch fliegen lässt, aber leider keinen ins Publikum wirft. (Joxe Schaefer).
Candlemass, immer noch ohne Messiah Marcolin und auch ohne Leif Edling – man könnte meinen, es inzwischen eher mit einer Coverband zu tun zu haben. Aber mitnichten – die Mannen aus Stockholm konnten dieses Manko mithilfe einer verdammt starken Setlist, einem engagierten Stageacting und viel Spielfreude wettmachen. Bis auf den Opener “Born In A Tank” vom 2005er Album Candlemass gab es nur Knaller der ersten vier Scheiben. Doom-Jünger was willst Du mehr? “Solitude”, “Mirror Mirror” oder “At The Gallows End”, um nur ein paar zu nennen. Wahnsinn. Am ersten Tag mein absolutes Highlight! (Bert Meierjürgen).
Dass die Band um Schwedin Elin Larsson trotz ihrer jungen Jahre richtig Qualität abliefern kann, hat sie im Amphitheater schon 2014 bewiesen. Damals noch am Sonntag Mittag, als das Publikum noch überschaubar war, hatte der ein oder andere Kuttenträger nur am Rande von „den Hippies“ gehört. 2017 in der Running Order Hackordnung auf den Freitagsheadlinerposten aufgestiegen, machen die noch schöner gewordene Elin mit Ihrer mächtigen, seelenvollen Stimme und der Rest der Truppe einmal mehr alles richtig und beweisen, dass Blues Pills tatsächlich die Senkrechtstarter schlechthin sind. Den Einstieg macht der Opener vom gleichnamigen Album „Lady In Gold“. Und die authentische, für den Blues geborene Stimme vom blonden Wirbelwind lässt selbst den härtesten Metaller mitwippen. Es folgt eine gelungene Mischung aus den ersten beiden Alben der Band, abgerundet mit dem Tony Joe White Cover „Elements And Things“ und „Somebody To Love“ von Jefferson Airplane. Der Platz vor der Bühne füllt sich zusehends und auch auf den Stufen kann sich niemand mehr der Energie und dichten Atmosphäre entziehen. Und allerspätestens beim letzten Song „Devil Man“, wie immer mit Sologesangsintro, stellt sich auch das letzte Härchen im Nacken auf. Und nun ist klar, diese Band hat Ihren Stil perfektioniert. (Ines Melman).
Tag 2, Samstag, 03.06.2017: Monument, Ketzer, The Night Flight Orchestra, Skyclad, Asphyx, Exodus, D-A-D, Behemoth.
Der zweite Tag des Festivals beginnt mit klassischem Metal der melodischen Art. Die Briten von Monument bekamen für ihr aktuelles Album “Hair Of The Dog” (hat übrigens nichts mit Nazareth zu tun) super Kritiken und werden mit einigen alten Größen von der Insel verglichen. Der junge Fünfer, hübsch mit eigenem Merch bekleidet, startet gleich mit Feuer- und Rauchsäulen ins Programm. Drummer Giovanni und Gitarrist Lewis sind von White Wizzard, ebenso wie Shouter Peter Ellis, der die Zuschauer schon zur Mittagsstunde nach dem zackigen “Fatal Attack” mit “Rock Hard Festival, Good Evening!” begrüßt. Völlig egal, denn schon nach drei Songs werden der Band mächtige Monument-Rufe entgegen gebrüllt. Ihre Songs haben viele Ohohos zum Mitgrölen was auch bestens funktioniert. Unser Jensenmann meint, wenn sie jetzt noch den Bulldog vom Cover in persona auf der Bühne hätten, dann wären sie der perfekte Maiden-Klon gewesen. Nun ja, diese doppelläufigen Leads haben sie auf jeden Fall … (Joxe Schaefer).
Nicht nur optisch haben sich Ketzer verändert, neben einem neuen Logo weist auch der neuere Sound der aus Deutschland stammenden Band starke Post-Rock Anleihen auf. Mit dem Album „Starless“ wich die einstige Black/Thrash Formation von ihrer bekannten, eher puristischen Ausrichtung ab und erfand sich in Teilen neu. Dass dies immer für Diskussionen sorgt, steht hier wohl außer Frage, und dass dies jedoch auch einen neuen Adressatenkreis erschließen kann, steht ebenfalls außer Frage. Was das letzte Album der Band betrifft, so scheiden sich hier wohl die Geister. Auf der Bühne können Ketzer am heutigen Tag jedoch sehr gut überzeugen, sowohl ältere als auch neuere Stücke werden mit der nötigen Finesse dargeboten und sorgen für die nötige Stimmung. Auch wenn mir die alten Sachen sicher eher zusagen und ich mir somit mehr davon gewünscht hätte. Was unterm Strich bleibt, ist ein solider Auftritt, der sicher auch von der Spielfreude der 2003 gegründeten Band mitgetragen wurde. Dies konnte auch das Publikum in nicht unerheblichem Umfang überzeugen. (Fabian Blackout).
The Night Flight Orchestra, die aktuellste Version des 80er Jahre Melodic-Rocks, AORs oder wie man diese Art Stadionrock auch immer nennen mag, kommen aus Schweden und sind heißer Scheiß, hat nur noch nicht jeder bemerkt. Die Songs der kleinen Supergroup, man zählt sieben Personen auf der Bühne, darunter Sänger Björn Strid und Gitarrist David Andersson von Soilwork, sowie Basser Sharlee D’Angelo von Arch Enemy und den Spiritual Beggars, sitzen und gehen ins Ohr, ohne zu cheesy zu sein. Es rockt ordentlich, ohne dass man jetzt jede Kante abgeschliffen hätte. Und die Band bringt das alles auch mit genügend Spielfreude rüber. Frontmann Björn Strid verkackt zwar hier und da einige der höheren Passagen, hat dafür aber zwei Stewardessen an Bord, die dieses Manko wenig unauffällig beheben. Perfekte Unterhaltung zur Kaffee und Kuchen Zeit und man sieht hier und dort doch einige Ärsche, die zum Takt der Musik geschwungen werden. (Bert Meierjürgen).
Dann Skyclad. Da denke ich gleich an unseren Schweizer Kumpel Steph Bachmann, der auf die Jungs schon deswegen besonders steht, weil Gitarrist Steve Ramsey und Basser Graeme English dort spielen, die von unseren Alltimefaves Satan stammen, yes! Besonders Letztgenannter ist Obersympathikus und die Actiongarantie auf den Brettern. Sänger Kevin weiß auch dann noch die Leute zu animieren, als es leicht zu regnen anfängt. Was diese Band der Neunziger auch heute noch sympathisch macht, ist die Tatsache, auch mal auf ihren nicht immer zündenden Folk-Touch verzichten zu können und etwas mehr Härte Einzug gewähren zu lassen. Kurzweilige Angelegenheit, nicht zuletzt wegen des coolen Covers “Emerald” von Thin Lizzy. (Joxe Schaefer).
Während der Nachmittag etwas träge voran geht, haben es sich Asphyx wohl zur Aufgabe gemacht, die Festivalbesucher wieder in die richtige Stimmung zu versetzen. Zum dreißigjährigen Bandbestehen zeigen sich die Niederländer von ihrer besten Seite. Es schaut alles auf den ‘Neuen’, der heißt Husky und trommelt noch bei Desaster, ist aber auch schon über zwei Jahre dabei. Vorzeigegrowler Martin kriegt die Masse mit sympathischen Ansagen in deutscher Sprache und stellt sich selbst als Andreas Vollenweider vor: “So’n Scheiß gefällt euch!” Aber auch die Unterbrechung wegen Terrorwarnung auf dem zeitgleich stattfindenden “Rock Am Ring” Festival fand Erwähnung, woraufhin die Fans zeigen „Wir lassen uns nicht unterkriegen“. Die Stimmung ist großartig, die Leute in den hinteren Reihen geben sich ganz der Musik hin, während die in den ersten Reihen so sehr springen, dass es die Crowdsurfer schwer haben. Zu “Scorbutics” werden einige mehr von der Security abgefischt und kommen völlig glücklich aus dem Graben gelaufen. Ist aber auch geil mit Asphyx heute, bei denen es im Halbrund endlich richtig voll wird. Alles was man jetzt noch zu diesem Auftritt sagen kann: abgeliefert! Für viele Besucher die Band des Tages. (Bianca Folivora).
A Lesson in Violence nunmehr die Dritte, denn zum dritten Mal spielt diese US- amerikanische Thrash Metal Combo nun auf dem Rock Hard. Zurückgemeldet hat sich Steve “Zetro” Souza, der nun wieder das Mikro übernimmt. Den Auftakt macht am heutigen Abend wie meist üblich “Bonded By Blood”, der Titeltrack des wohl bekanntesten Albums dieser Band, macht aber an sich keinen Abbruch, können Exodus doch auf zahllose Klassiker zurückgreifen. Auf Überraschungen hinsichtlich der Songauswahl wartet man vergeblich, aber auch dies fügt dem Ganzen keinen Schaden zu, sind es doch gerade die Klassiker, die man hören möchte. “The Toxic Waltz”, “Fabulous Disaster”, “And Then There Were None” werden angereichert mit einigen neueren Nummern wie “Blacklist” oder etwa “Body Harvest” vom aktuellen Album, die vom Publikum mit noch mehr Crowdsurfern als bei Asphyx gewürdigt und abgefeiert werden. Seinen Abschluss findet das heutige Set mit “Strike Of The Beast”, welches den Pit nochmal neu einheizt. Einziger Wermutstropfen ist das Fehlen von Gary Holt, der noch immer seinen Verpflichtungen bei Slayer nachkommt. (Fabian Blackout).
Nein, D-A-D arbeiten nicht mit Übertreibungen. Nie. Schon seit Mittag parkte ein Riesenlaster aus Dänemark auf dem Parkplatz, gleich hinter unseren Autos. Was da wohl drin war? Für die Dänen wird eine besondere Bühne aufgebaut. Nachdem sie beim letzten Mal ein Drumpodest auffuhren, das ihren festgeschnallten Drummer über Kopf bis über die Menge klappen konnte, haben sie diesmal analog des Albums “Riskin It All” ein überdimensionales Wohnzimmer mitgebracht, auf dessen Sitzfläche die Drums platziert wurden. Auf den Amps links und rechts davon steht der Songtitel “Overmuch” in der Marshall Schrift. Für Basser Stig, ganz sicher völlig schwindelfrei, ist das wie geschaffen, denn der turnt natürlich überall drauf rum. Zu “Written In Water” wird im Back der bekannte Schädel hochgezogen. Leider haben die als Publikumslieblinge bekannten Dänen nicht ganz so viele Zuschauer wie bei beiden Bands zuvor, wahrscheinlich deswegen, weil es wieder leicht zu regnen beginnt. Trotzdem feiern die Anwesenden Songs wie “Girl Nation” ab, oder auch “Soulbender”, das mit leicht verändertem Riffing überrascht. Das ganz alte “Riding With Sue” ist gesetzt und zu “Bad Craziness” kommt dann endlich der Raketenbass, welcher das Outfit von Stig komplettiert. “Sleeping My Day Away” mit laaangen Improvisationen beschließen das Setende, natürlich nicht ohne das Feuerwerk auf Stigs Helm. (Joxe Schaefer).
Sind Behemoth heftigste Band heute? Eine Herausforderung ist es schon mal für den Fotografen, für nur einen Song in den Graben zu dürfen, zu dem es dann nur blaues Licht gibt. Die Polen haben einen tiefwuchtigen Sound mit viel Doublebass, verwenden einige Samples und setzen optisch noch auf Lichtblitze und Feuersäulen. Was aber niemand wirklich verstanden hat, war die Konfetti abschießende Rauchkanone, wirklich absolut unpassend für Black Metal. Da kann man das weiße Riesenbackdrop mit dem Dreieck schon eher durchgehen lassen und die auffällig langen Pausen zwischen den Songs noch als Teil des Gesamtkunstwerks verstehen. Na gut, wenn man schon seinen blackmetallischen Wurzeln nicht treu bleiben will und etwas modernere Atmosphären mit einfließen lässt, dann ist das weniger toll, wenn die nicht wirklich rüberkommen. Dazu beendet die Band schon zehn Minuten früher. Da kommt für die Polen im Minus einiges zusammen. Auch die Tatsache, dass Fans der Band mit diesem Auftritt ebenfalls nicht besonders glücklich sind. Und zum Abschluss noch etwas nicht wirklich passendes: Beim Abbau der Deko und den aufwendigen Mikrofonständern läuft David Bowie aus der Konserve. Damit waren Asphyx klar die Heftigsten heute. (Joxe Schaefer).
Tag 3, Sonntag, 04.06.2017: Night Demon, Blood Ceremony, Secrets Of The Moon, Demon, Ross The Boss, Fates Warning, Dirkschneider, Opeth.
Die drei Jungs von Night Demon aus Ventura in Kalifornien eröffnen den Sonntag des Rock Hard Festivals. Während sich das Theater noch füllt, fangen die Jungs direkt mit einem satten schnellen Sound an. Mit „Welcome To The Night“ geht das Spektakel los, ein Wachmacher folgt dem anderen ohne lange Pausen. Dann leert sich die Bühne, eine Orgel wird eingespielt und die Schwarze Messe von LaVey ist zu hören. Darauf kommt die Band samt Maskottchen zurück und “The Chalice” dröhnt aus den Boxen. Damit ist vermutlich auch der letzte im Publikum, dessen Anzahl mittlerweile erheblich gewachsen ist, wach und die Menge kommt auch langsam in Bewegung. Erst kurz vor Ende kommt die Begrüßung was dem ganzen aber kein Bruch abtat. Insgesamt war es samt Maiden Cover von „Wasted Years“ ein gelungener Auftritt, denn trotz brütender Mittagshitze war das Theater am Ende voll, die Stimmung am Höhepunkt und das Night Demon Sprechchöre bringende Publikum aufgewärmt. So ist man bereit, den Tag über weiter zu rocken. (Dominic Eisenhuth).
Die kanadischen Blood Ceremony hab ich leider bisher live immer verpasst. Gut, dass das Rock Hard Festival aushelfen kann. Für die klischeehafte Okkultrock Schublade waren die Mannen um Frontfrau Alia O`Brien immer viel zu gut, aber manchmal fehlte den Alben der letzte Punch, um richtig durchzustarten. Der Seventiesrock mit reichlich Jethro Tull und Black Sabbath Referenzen bringt die Leute vor der Bühne ordentlich auf Trab, auch wenn Blood Ceremonys Auftreten ein wenig reserviert rüberkommt. Dafür kommen einige der Songs wesentlich knackiger rüber als auf den vier Platten. Keyboards und Querflöte geben den Songs auf jeden Fall eine eigene Note. Mir gefällt’s, aber die Mitglieder der “Mimimi-ich-mag-keinen-Seventiesrock”-Fraktion gehen ziemlich schnell stiften. (Bert Meierjürgen).
Eigentlich hätten Secrets Of The Moon stimmungstechnisch vor Night Demon spielen müssen. Blood Ceremony auch. Bevor wir wieder Kritik an der eh schon gescholtenen Running Order üben, sieht sich der Verfasser dieser Zeilen bei dem in schlichtem Schwarz gekleideten Vierer an seinen ersten morgentlich Gedanken erinnert, dass heute letzter Festivaltag ist und damit eh alles egal. Denn wenn man sich ohne Erwartungshaltung diesen Niedersachsen nähert, kann man leicht durch dunkles, meist schleppendes Gewummer mit einem Pfund von Dynamik weggeblasen werden. Gegen diese Nachmittagsstimmung mit Sonnendurchbrüchen kämpfen sie schwerfällig, aber behäbig an und kriegen die Menge vor der Bühne. Der Groove packt zu und reißt noch ein paar Skeptiker mehr mit, zumal die Gewaltausbrüche genau zwischen die Augen treffen. Am geilsten kommt’s, wenn sie ordentlich hämmern. Well done! Diese Jungs gucke ich mir wieder an! (Joxe Schaefer).
Mit dieser Band hatte ich bis jetzt keinen Kontakt. NWoBHM-Legende sagte man mir. Nun gut, alte Recken schaut man sich immer gerne an. Die Vorzeichen sind gut, die kurze Regenschauer endet passend zu den einsetzenden Glockenschlägen des Intros. Viele freuen sich auf den Auftritt von Demon, das Gelände füllt sich und Joxe rennt die Treppen hinunter, als würde an der Bühne die letzte Bratwurst des Festivals versteigert werden. Dann betritt die Band die Bühne und steigt mit einem ihrer größten Klassiker ein. Die „Night Of The Demon“ beginnt bei gutem Sound und die fünf Briten präsentieren sich in Spiellaune. Das Publikum ist sofort auf ihrer Seite und feiert die folgenden Songs „Into The Nightmare“ und „Sign Of A Madman“ ab. Der Gute – Laune – Hard Rock der etwas in die Jahre gekommenen Herren bringt das perfekte Kontrastprogramm zu den vorher spielenden Secrets Of The Moon. Leider kann die Band die gute Stimmung nicht über die gesamte Länge ihres Auftrittes halten, sodass bei „Sign Of A Madman“, „Cemetary Junction“ und ihrer allerersten Single „Liar“ hauptsächlich Kopfnicken angesagt ist. Auch die sich über dem Festivalgelände zusammenziehenden dunklen Wolken tragen nicht sonderlich zur Feierlaune des Publikums bei, sodass die Ersten sich bereits aufmachen, um sich einen Unterstand zu suchen. Zum Abschluss können die Briten das Steuer doch noch einmal herumreißen und bringen das Konzert mit dem Klassiker „Don’t Break The Circle“ bei einsetzendem Regen zu einem versöhnlichen Abschluss. (Dominik Herr).
Ein leichter Regenschauer, der jedoch glücklicherweise nicht das Unwetter einleitete, vor dem zuvor noch gewarnt wurde, wirkt sich kurzweilig etwas negativ auf die Stimmung aus, aber die Götter scheinen dem bevorstehenden Abend vorerst hold zu sein und lassen die dunklen Wolken kurzerhand vorbeiziehen. Sichtlich gefüllt hat sich das Amphitheater, als sich der Auftritt vom ex-Manowar Gitarristen in der Terminierung des heutigen Festivaltages wiederfindet. Angekündigt wurde für Ross The Boss ein klassisches Manowar- Set, und das gibt es dann auch. Eingeleitet von „Blood Of The Kings“ wurde schnell klar was zu erwarten ist. Um hier nur mal einige aufzuzählen, folgen weitere Gassenhauer wie „Metal Daze“, „Sign Of The Hammer“ und „Thor“ der US-Metal Legende, die doch bei vielen in Ungnade gefallen ist. Ich bin nach wie vor ein großer Liebhaber alter Manowar Alben und diese Leidenschaft teile ich an diesen Abend mit vielen; die Chöre des Publikums legen hiervon Zeugnis ab. Mit „Hail And Kill“ endet das Set des heutigen Abends und hinterlässt einen positiven Eindruck. (Fabian Blackout).
Eine weitere schlechte Idee macht sich beim Slot von Fates Warning bemerkbar, die besser vor Ross The Boss gespielt hätten, denn es ist es nur noch halb so voll vor der Bühne wie beim Abräumer zuvor. Sie sind noch nie jedermanns Band gewesen, obgleich man weiß, dass die Urprogger echt was drauf haben und ein Großteil ihrer Alben Kritikerfaves sind. Der Typ neben mir hört sie zum ersten Mal und sagt, die anfängliche Erwartungshaltung eines jeden Songs würde nicht erfüllt, weil immer irgendwas fehlt. Nun, einige ihrer Songs erkennt man wieder; dieses Vermögen sollte eine Band eines solches Formates auch haben. Vor ihrem Albumcover “Theories Of Flight” als Backdrop verfügen Sympathieposten Joey Vera am Bass, Sänger Ray Alder und Co über einen super klaren und druckvollen Sound für ihr Spiel, mit dem sie ihre Fans, von denen leider nicht so viele vor der Bühne stehen, glücklich machen. (Joxe Schaefer).
Ähnlich wie schon Ross The Boss verspricht auch Udo Dirkschneider das diesjährige Rock Hard Festival um ein klassisches Set zu bereichern. Wie in alten Tagen betritt der Mann mit einer der wohl charismatischsten Stimmen, die der deutsche Metal je vernommen hat, in der so typischen Camouflage Bekleidung wie einst die Bühne. Es folgen Klassiker wie „Starlight“, „Restless And Wild“, „Living For Tonight“ oder etwa die göttliche Nummer „Son Of A Bitch“ und der Speed Metal Vorhut „Fast As A Shark“. Wegweisende Nummern kann man in ihren Annalen so manche antreffen, soviel ist klar. Das eher ruhigere „Princess Of The Dawn“ wird von den Chören des Publikums mitgetragen und entpuppt sich keineswegs als Stimmungskiller. Die durchweg dargebotene Raffinesse und Spielfreude des heutigen Gigs tut in Verbindung mit Klassikern, die jeder kennen sollte, sein Nötigstes und werden entsprechend gewürdigt. Auch stimmlich kann Herr Dirkschneider zu meiner vollsten Zufriedenheit überzeugen. Sicher einer meiner persönlichen Höhepunkte des diesjährigen Festivals, zumal alte Accept-Nummern einfach zeitlos und schön sind. (Fabian Blackout).
Die Geschichte des O. Opeth sind zum zweiten Mal auf dem Rock Hard Festival. Beim letztes Mal hatten sie eine Videoleinwand im Back und untermalten ihre Songs mit optischen Einspielern, heute genügt oben angeführter Buchstabe auf einem keinesfalls zu großen Backdrop. Inzwischen fanden sie einen Stilwechsel in Richtung Retro- und Vintagesounds ganz lustig, können aber live noch das Wechselspiel von sanfter Akustik zu plötzlich durchschlagenger Urgewalt bringen. “Hallo, Wie Geht’s? Mein Hund ist dunkelblau!” lautet die Begrüßung. Die Schweden punkten mit Mikaels leisen und trockenen Ansagen, während er seine Gitarre stimmt. So wird der drei-Sekunden-Song “You Suffer” von Napalm Death gecovert und weil es so schön war, spielen sie ihn gleich noch einmal. Mikael setzt noch einen drauf und fragt, welche der beiden Versionen die bessere war. Sonst bleibt der Auftritt auch zu älteren, durchschlagenderen Tracks wie “Demon Of The Fall” gewohntermaßen ohne Action, da ist der wütende Malmsteen Keyboarder Joakin hinter seinen Tasten noch der Agilste. Nach der fundamentalen Dirkschneider Bombe aus dem alten Accept-Fundus ist das nun eher ein lockeres Entspannungsprogramm als ein furioser Headlinergig, aber das Thema hatten wir in diesem Artikel ja schon, zumal keiner der Headliner in seinem Slot so richtig passend war. Nächstes Jahr kommen wir trotzdem wieder, denn das Rock Hard Festival ist etablierter Szenetreffpunkt. (Joxe Schaefer).
Autoren: Jens Wäling, Fabian Blackout, Bert Meierjürgen, Ines Melman, Bianca Folivora, Dominic Eisenhuth, Domink Herr, Joxe Schaefer.
Pics: Andreas Herb, Joxe Schaefer