Rock Hard Festival
Gelsenkirchen, Amphitheater, 26.05.2023 – 28.05.2023
Tag 1, Freitag, 26.05.2023: Screamer, Motorjesus, Holy Moses, Vicious Rumors, Benediction, Triptykon.
Die Geschehnisse unserer Zeit hinterlassen auch Spuren an unserem Rock Hard Festival. Ohne im Einzelnen über gestiegene Preise zu diskutieren, bemerken wir auch Einsparungen in der Organisation, und einige auch im Billing. Aber was noch einen kleinen Schatten warf, ist das Schicksal zweier Festivalbesucher, die Anfang Mai ihr gesamtes Hab und Gut bei einem Hausbrand verloren haben. Zu diesem Zweck machen es sich Dark Sun zu ihrem Auftrag, jeden der drei Festivaltage um 11:00 Uhr in der Partyzone als musikalische Untermalung für Spenden an ihre Kumpels einen Akustikset zu spielen. Das eigentliche Festival beginnt dieses Jahr wieder nicht mit Thrash Metal, sondern mit den Schweden von Screamer. Ihr melodischer Metal soll die ersten Fans im Halbrund anheizen und bei bestem Sommerwetter gelingt das den weißen Westen ziemlich gut. Die Besucher haben Bock auf Beschallung und bekommen den „Kingmaker“. Ein paar kleine Soundprobleme sind schnell behoben, eine zu große Basslast dröhnt aber erstmal noch weiter. Die Schweden spielen jetzt vor einem noch größeren Backdrop eine frische Version vom alten Klopper „Keep On Running“ und es gehen die ersten Arme hoch. Ihr neuer Gitarrist Jonathan lässt sich auf allen Bühnenseiten sehen, während Dejan, mit Drummer Henrik noch zur Urbesetzung gehörend, den seriösen Riffschub gibt. Mit „Shadowhunter“ und „Out For The Dark“ sieht man sich nach vierzig Minuten mit dem Set durch und sie hinterlassen eine inzwischen gut gefüllte Arena und ein aufgewärmtes Publikum. (Joxe Schaefer).
Auch die zweite Band des diesjährigen Rock Hard Festival macht keinen Thrash Metal, was ist denn nun hier los? Ordentlicher Rock ‚n‘ Roll aus Mönchengladbach kann aber normalerweise auch nicht schaden. Zum vierten Mal geben sich Motorjesus auf dem Rock Hard Festival die Ehre, die Bühne ist mit Zapfsäulen und Ölfässern dekoriert, das Wetter passt. Ob nun allerdings die hier genutzten Kemper Amps die besten Arbeitsgeräte für diese Musik sind, bleibt fraglich. Bei dieser Art von Musik geht es ja eigentlich genau um was anderes als modernste Technik und total klare Sounds. Chris Howling Birx betritt dieses mal ohne Biertüte die Bühne, aber das Tempo will an diesem frühen Nachmittag noch nicht anziehen. Dass Lead Gitarrist Andreas heute krankheitsbedingt durch Tim ersetzt werden muss, macht es wohl auch nicht leichter. Die ersten Crowdsurfer geben beim ersten Song zwar ihr bestes, aber der Gig hat in der Anfangsphase einfach zu viel Midtempo, um das Amphitheater wirklich aufzuheizen. „Fist Of The Dragon“ kommt in diesem Jahr ohne Bruce Lee Ansage aus und auch das Titelstück der gerade aktuellen „Hellbreaker“ Platte fehlt das letzte bisschen Drive nach vorn. Mit „King Of The Dead Road“ kommen dann so langsam die Klassiker des Gesamtwerks zum Zuge, das Tempo zieht endlich ein bisschen an, auch wenn die Band leider immer noch sehr statisch auf der Bühne wirkt. „The Howling“ wird endlich mal flott, auch wenn das Lied irgendwie der menschlichen Rückenbehaarung gewidmet wurde. Kaum hat man doch mal das Gaspedal gefunden, geht der Gig schon dem Ende zu. Zu „A New War“ verteilt nun auch ein Roadie im Jesus Kostüm Dosenbier ins Publikum. Das beste kommt hier zum Schluss, für den Verfasser dieser Zeilen der eigentliche Anpfiff des Rock Hard Festivals: Sacred Reichs „Independent“ ist nun das erste richtig flotte Stück des Festivals. Dieses Energielevel hätte es gern von Anfang an sein können. (Jens Wäling).
So, genug Ramontik, jetzt gibt es endlich eine Thrash Metal Band. Die Aachener von Holy Moses machen im 43. Jahr ihres Bestehens auf ihrer letzten großen Rundreise noch einmal Station in Gelsenkirchen. Frontfrau Sabrina Classen tritt mit ihren 59 Jahren immer noch in ihrer ersten Kutte auf und bewegt sich direkt beim Opener „Def Con II“ vom „The New Machine Of Liechtenstein“ Klassiker mehr als die zwei Bands zuvor. Hier kommt mal was von der Bühne. Ihre Backing Band könnte technisch gesehen nur aus ihren Söhnen bestehen, aber das merkt man der Dame definitiv nicht an. Man bleibt mit „Panic“, „SSP“ und „Near Dark“ direkt auf dem oben genannten Kult Album, wozu der erste Circle Pit durch das Amphitheater tobt. Holy Moses haben in diesem Jahr auch ein neues Album mit dem Titel „Invisible Queen“ heraus gebracht, von dem es das Titelstück und „Cult Of The Machine“ gibt. Beide Stücke knallen am heutigen Nachmittag wie die alten. Wenn man allerdings viel altes Zeug im Archiv hat, kann man auch viel altes Zeug spielen. „Nothing For My Mum“ vom 1991ger „Terminal Terror“ Album wird Sabrinas Mutter gewidmet, dann gehts es zurück ins Jahr 1990 zu „World Chaos“ und dem Titelstück. Tierlieb wird nun ein Dreierblock aus „Hellhound“, „Undead Dogs“ und dem Klassiker „Finished With The Dogs“, zu dem der alte Bandchef Andy Classen sich noch einmal in einem originalen S.O.D. Shirt die Ehre an der Gitarre auf der Bühne gibt. Dieses Kultalbum von 1987 liefert mit den beiden Rausschmeißern „Life’s Destroyer“ und „Current Of Death“ einen würdigen Schlusspunkt der Show. In dieser Form müssten Holy Moses nicht an den für das Jahresende angepeilten Abschied denken, aber vielleicht ist es genau deswegen so gut. Schön, diese Band noch einmal gesehen zu haben, das Tourshirt wurde jedenfalls direkt mitgenommen. (Jens Wäling).
Amphitheater Gelsenkirchen Nordsternpark … an sich schon eine geile Location. Noch geiler, wenn das relativ kleine Rock Hard Festival dort stattfindet. Seit dem ersten Mal immer dabei (also seit 2003 im Amphitheater) und für mich quasi ein Heimatfestival. Kommen wir zur Musik: Vicious Rumors gehören seit den frühen Achtzigern zu den Größen der Metal Szene, Ami-Metal mit einem einzigartigen Doppelgitarrengewitter, welches das Markenzeichen der Band ist. Nach immer wieder neuer Sängersuche (alle waren gut, aber keiner passte so richtig als Frontman dort rein, außer Brian Allen), haben sie nun ein wirklich starkes Zugpferd an Ihrer Seite. Der nicht ganz unbekannte Ronny Munroe hatte bereits mit Metal Church in den Zweitausendern einige Alben eingesungen, aber auch sonst unzählige Werke eingespielt. Er ist seit Carl Albert in der Lage, der Musik den “Kick” der alten Zeiten zurückzubringen! Allerdings hörte ich aus internen Kreisen (direkt von der Band), dass es da auch schon wieder knistert. Lassen wir uns überraschen wie es mit der Combo weitergeht. Ein durchaus interessantes Set mit Songs, die schon länger nicht auf der Liste standen, bot sich hier an: Mit “On The Edge” vom selbstbetitelten Album ging es los. Ich glaube da hat es im Publikum schon gezündet. Es war zu dieser Zeit (Freitag 18:20 Uhr) tatsächlich schon gut gefüllt! Weiter ging es mit Klassikern wie “Abandoned”, “You Only Live Twice” (von der “Welcome To The Ball”), “Down To The Temple” und zu guter Letzt noch “Don’t Wait For Me”. Wobei ich auch der Meinung bin, dass in der jüngeren Phase der Band einige gute Songs zu spielen wären, da alle letzten Auftritte immer mit Oldschool Sets kamen. Aber gut, es war gut und das ist gut! (Peppi Stensen).
Endlich eine Death Metal Band im Amphitheater, auch wenn es dieses Jahr die einzige ist, die wir hier zu Gesicht bekommen. Der Sound ist top und das Quartett sowieso, denn Benediction ziehen auch nach über dreißig Jahren amtlich die Falten aus dem Arsch. Natürlich liegt der Schwerpunkt des Sets auf dem immer noch aktuellen Album. Dave Ingram erwähnt dann eher beiläufig als hochtrabend „Now we play a few tracks from ´Transcend The Rubicon“, was natürlich Jubelstürme bei so einigen Fans, die übrigens beim Co-Headliner an diesem Tag am zahlreichsten erschienen sind, auslöst. Den Sack machen die Engländer dann mit “Rabid Carnality” von der aktuellen Platte zu und hinterlassen ein sichtlich zufriedenes Halbrund. (Martin Hil).
Der Freitag ist ja traditionell immer der Tag auf dem Rock Hard Festival, an dem es musikalisch, insbesondere beim Headliner, eher düster zugeht. Und das ist auch anno 2023 nicht anders. Mit großer Spannung erwarte ich den Auftritt der lebenden Legende Thomas Gabriel Fischer, besser noch bekannt als Tom Warrior, und seiner aktuellen Band Triptykon, die das Publikum mit einer early Celtic Frost Performance auf eine Reise in die mittleren 80er Jahre nehmen. Schon beim Anblick des Backdrops mit dem „To Mega Therion“ Cover habe ich die erste Gänsehaut. Fünfzehn Minuten später als im Vorfeld angekündigt, bricht dann mit „Into The Crypts Of Rays“ die Hölle los. Der Sound ist megafett und das Gesamtbild kommt sehr authentisch rüber, so dass die Vorfreude und die hohen Erwartungen voll und ganz erfüllt werden. Es reiht sich ein Hit an den nächsten, und Toms legendäre „Oooouuhs“ fehlen natürlich auch nicht. Von der Setlist her geht man chronologisch vor, das heißt, es werden zuerst die EPs „Morbid Tales“ und „Emperors Return“ bedacht, bevor es zu den Songs des „To Mega Therion“ Albums geht. Den krönenden Abschluss macht der Übersong „Necromantical Screams“, bei dem mir wirklich ein Schauer nach dem nächsten über den Rücken läuft. Es ist natürlich ein wenig schade, dass der Gig nur 75 statt 90 Minuten lang war, aber bei diesem grandiosen Auftritt waren hinterher wohl alle ausgepowert und glücklich. Danke für diesen großartigen Trip in die Anfangszeit des Extrem-Metal! (Felix Schallenkamp).
2. Tag, Samstag, 27.05.2023: Midnight Rider, Knife, Depressive Age, Voivod, Brian Downey, Nestor, Sodom, Testament.
Wenn man für einen von drei Festivaltagen 600 km Anreise auf sich nimmt und um 04:00 Uhr morgens losfährt, um sicher rechtzeitig vor Ort zu sein, muss der Tag schon ein gutes Line-up aufweisen. Eigentlich haben wir primär wegen Knife die lange Anfahrt auf uns genommen, aber wenn man schon mal früh da ist, kann man sich auch den Opener zur Mittagsstunde geben. Midnight Rider aus Koblenz durften den Samstag das diesjährigen Rock Hard Festivals eröffnen. Die Band gibt es bereits seit 2004 und hat nach einer EP im Jahre 2008 und dem Debütalbum „Manifestation“ 2017, letztes Jahr mit „Beyond The Blood Red Horizon“ das zweite Album vorgelegt. Nach dem Ende von Metal Inquisitor dürfte sich der Fokus von Blumi (Gitarre) wohl nun auf Midnight Rider verlagern. Die Band startet pünktlich und mit amtlich Schwung in ihren Set. Die Bewegungsfreiheit von Blumi war durch einen Gipsfuß natürlich stark eingeschränkt, was ihn aber nicht davon abhielt, druckvolle Riffs ins Publikum abzufeuern. Die zu Beginn etwas dünn besetzten Reihen vor der Bühne wusste die Band durch einen sehr gelungenen Set über die 40 Minuten hinweg deutlich zu verdichten und aufzufüllen. Auch wenn mir der Sound der Band deutlich zu hardrocklastig ist, konnte das Quartett aus Koblenz das Publikum sehr schnell auf seine Seite ziehen, und zum Mitmachen animieren, so dass zum Schluss gar eine Zugabe gefordert wurde, welche die Band mit einem breiten Grinsen im Gesicht gerne ins Publikum abfeuerte. Man hatte den Eindruck, dass der positive Zuschauerzuspruch der Band fast etwas unangenehm war. Ich fand jedoch, dass sich die Jungs um Sänger Wayne das tolle Feedback der Fans durch einen sympathischen, sehr soliden und sauber gespielten Gig, der Songs von beiden Alben umfasste, redlich verdient hatten. Sänger Wayne und Basser Cliff dürfen noch etwas mehr Bewegung in ihre Performance bringen, dann könnte aus Midnight Rider ein noch besserer Liveact werden. Der zweite Festivaltag war jedenfalls sehr gut lanciert worden. Eine starke Performance des Openers, welchen Knife aber locker toppen konnten, oder Felix? (Steph Bachmann).
Die Marburger Knife sind für viele der geilste Newcomer der letzten Jahre, und diesem Ruf werden sie auch beim diesjährigen Rock Hard Festival wieder gerecht. Samstagmittag um 13:30 Uhr entern die jungen Wilden die Bühne und feuern eine Show ab, die jeden Kutten-, Nietenarmband-, und/oder Patronengurtträger sofort in Wallung bringt. Ihr Stil, den sie selbst als „Blackened Speed Metal Punk“ bezeichnen, trifft auf jeden Fall den Geschmack einer beachtlich großen Meute vor der Bühne, und man muss attestieren, dass Knife nicht nur die Fähigkeit besitzen, echte Underground-Hits zu schreiben, sondern auch live immer stärker und selbstbewusster rüberkommen. Jeder Song ist ein echter Killer, und mit dem arschgeilen Bathory-Cover „Sacrifice“ endet der mehr als gelungene Auftritt. Von den Jungs werden wir sicher noch viel hören – weiter so! (Felix Schallenkamp).
Auf Depressive Age aus Berlin bin ich dann sehr gespannt. Die Band war in den frühen 1990er Jahren sehr aktiv und hatte zwischen 1992 und 1996 wohl ihre beste Phase, obwohl sie mit ihrem technischen Thrash den Puls der Zeit nicht mehr wirklich trafen. Anfangs dieses Jahrtausends warf man dann das Handtuch, und löste sich auf. Nach mehreren Versuchen wieder zurück zu kommen, scheint der neueste Anlauf der vielversprechendste und wohl auch seriöseste zu sein, wurde die Band doch für einige Festivals gebucht und es wird heute auch ein neuer Songs zum Besten gegeben. Neben Sänger Jan Lubitzki ist mit Gitarrist Jochen Klemp immerhin ein zweites Gründungsmitglied mit an Board. Der Auftritt auf dem diesjährigen Rock Hard Festival wurde dann auch als offizielle Reunionsshow ausgerufen. Der Start in den Set gelingt der Band nicht so richtig und die ersten zwei, drei Songs kommen etwas holperig daher. Die fehlende Bühnenpräsenz der letzten Jahre ist dabei merklich spürbar, auch wenn sich das Quintett sichtlich bemüht. Dem Publikum scheint die anfänglichen Holperer jedoch egal zu sein, feiert es die Band doch sehr gut ab und man sieht viele eifrig fliegende Matten in den vorderen Reihen. Im Laufe des Auftritts fängt sich die Band dann merklich und der Sound wird deutlich tighter. Das brachiale „Electric Scum“, vom gleichnamigen 1994er Album, bei dem Sänger Jan zusätzlich auf die Trommeln haut, kommt sehr druckvoll daher und gefällt mir im Set von Depressive Age am besten. Für den neuen Song („War“) wird Sänger Jan durch den deutlich aggressiver und druckvoller singenden Brutus unterstützt, was der Qualität der Musik positiv zu Gesichte steht und für deutlich mehr Variabilität sorgt. Dieser Song gefällt mir eigentlich ganz gut und deutlich besser als vieles von dem, was ich von den Berlinern heute zu hören bekomme. Brutus hat auch das Publikum besser dirigieren können, als es Jan während des restlichen Gigs tut. Die Setlist umfasst die ganze Diskographie der Band inklusive der ersten Single „Innocent in Detention“ (1992). Für den Rausschmeißer „Eternal Twins“ vom 1993er Album „Lying In Wait“ kehrt Brutus als Co-Sänger wieder auf die Bühne zurück. Generell sollte die Band überdenken, ob sie ihn nicht noch mehr einbinden will, denn bei diesen Songs haben sie ihre besten Momente und am meisten Druck im Sound. Zum Schluss begibt sich Gitarrist Jochen auf eine kurze Crowdsurfing Runde, währenddem vom Publikum lautstark nach Zugaben verlangt wird, welche das enge Zeitmanagement des Festivals jedoch nicht zulässt. Die Mehrheit der Fans der Band dürfte den Auftritt als gelungen bezeichnen, ich fand den Gig sehr durchzogen mit ein paar wenigen Höhen und deutlich mehr Tiefen.
Setlist: Lying In Wait; We Hate Happy Ends; Berlin; World In Veins; Cairo Crabat; Electric Scum; War; Innocent In Detention; Eternal Twins. (Steph Bachmann).
Eigentlich sollten hier die Engländer von Discharge einmal einem Metal Publikum zeigen, wie der D-Beat nun richtig geht, aber leider fiel die Band nicht nur stilistisch aus der Reihe sondern gleich komplett aus. Dafür springen nun die kanadischen Thrasher von Voivod ein, die auf dem Festival wahrscheinlich ebenso wenig breiten Anklang finden wie Discharge. Eigentlich bin ich ein großer Voivod Fan, nur die Tatsache, dass die Band eine für diesen Samstag Abend in Ulm geplante Clubshow so kurzfristig abgesagt wie auf dem Rock Hard zugesagt hat, hinterlässt hier einen faden Beigeschmack. Vielleicht hatte es ja tatsächlich mal logistische Gründe, weil der Nightliner zusammen mit Testament eh in Gelsenkirchen bestiegen werden sollte und man sich so eine Nacht Hotel sparen konnte. Das Amphitheater ist wegen des für den Feld- Wald- und Wiesen – Ruhrpottlers nervenaufreibenden letzten Bundesligaspieltages nur spärlich gefüllt, als Snake und seine Jungs mit „Killing Technology“ ins Set einsteigen. Die Kanadier haben es nicht so mit Fußball und sind bestens aufgelegt. Die Setlist ist eine gelungene Mischung aus alten und neuen Stücken. Nach dem Klassiker gibt es mit „Obsolete Beings“ den Opener des 2018er „The Wake“ Albums, bevor es mit „Macrosolutions To Megaproblems“ zurück in die 80ger zu „Dimension Hatröss“ geht. An dieser Stelle richtet Snake den Kollegen von Discharge Genesungswünsche aus, passend dazu wird „Rise“ vom „Phobos“ Album auf die Menge losgelassen. Die Leute, die im Amphitheater sind, feiern die Band. Voivod war noch nie etwas für jeden, wobei die Setlist heute eher die „leichte“ ist. Für den verstorbenen Gitarristen und früheren Hauptsongwriter gibt es den „Rebel Robot“ von der letzten Platte, an der er noch mitwirken konnte, bevor es mit „Thrashing Rage“ wieder eine Zeitreise in die 80ger gibt. Mit „Holographic Thinking“ gibt es auch etwas vom aktuellen „Snynchro Anarchy“ Album, passend zum „Sleeves Off“ von der gleichen Platte entledigt Snake sich derweil der Lederweste und trägt ein amtliches, altes Saxon Shirt zur Schau. Wie hört der Set auf? Natürlich mit der Bandhymne vom „War And Pain“ Debüt. Voivod liefern einen großartigen Gig im Amphitheater, den ruhig mehr Leute hätten anschauen können, anstatt ihr Datenvolumen für die Bundesliga zu opfern. (Jens Wäling).
Natürlich habe ich bei Brian Downey’s Alive And Dangerous laut „Hier“ geschrien, als es um das Verteilen der Reviews ging. Warum? Ich mag einfach so halbe Tribute-Sachen, denn erstens sind die Songs auch noch nach fast fünfzig Jahren grandios, zweitens ist der Originial-Drummer dabei! Der gute Brian sieht zwar auch aus wie 73, haut aber noch amtlich auf die Felle und Becken. Der Sänger sieht aus wie der leibhaftige Enkel von Phil Lynott und singen kann er auch. Trotzdem bleibt irgendwie ein leicht fader Beigeschmack, denn so richtig die Stimmung wie sonst in Gelsenkirchen, wenn Dirkschneider oder Ross The Boss spielen, kommt nicht wirklich auf. Ach ja, die Batterie der linken Bühnenuhr ist gewechselt, versagt aber auch wie am Tag zuvor und darauf nach einigen Stunden komplett. Vielleicht kam mir der Gig deshalb trotz Songs wie „Still In Love With You“ oder dem von Metallica gecoverten Song von 1763 etwas endlos vor. (Martin Hil).
Eigentlich sollten Nestor bereits um 14:20 Uhr auf der Bühne stehen. Wie wir im Laufe des Auftritts jedoch erfahren, hatte ein Teil der Band Probleme mit gecancelten Flügen und musste von Schweden erst einmal nach Frankreich, um dann von Düsseldorf direkt zur Rock Hard Bühne zu düsen. Für viele war diese Änderung der Running Order sicher ärgerlich, für die Band aber nicht ganz unglücklich, da das Publikum doch um einiges zahlreicher ist als noch am Mittag. Nun aber zum Wesentlichen. Um 18:25 Uhr geht es endlich los und die Herren heizen direkt mit dem Titelsong ihres Albums “Kids In A Ghost Town” ein. Wer die Band noch nicht kannte, weiß direkt, wohin die Reise geht, nämlich in die tiefsten 1980er. Mit ihren schwarzen Outfits und neonfarbenen Akzenten ist die Band sogar optisch passend zum Backdrop und den Modefarben des zitierten Jahrzehnts gekleidet. Jedenfalls verbreiten sie gute Laune und so tanzt das Publikum sich einmal durch die Hits des bisher einzigen Albums, wie “1989” oder “On The Run”. Stilistisch erinnern die Schweden immer wieder an Journey und Van Halen, letztere vor allem durch das großartige Spiel des Gitarristen Jonny Wemmenstedt, der gerne noch ein paar längere Soli in die Songs einbauen könnte. Insgesamt wirkt die Band entspannt und gut drauf und der ein oder andere Patzer wird sympathisch überspielt. Ruckzuck sind neun Songs gespielt, und das obligatorische Bandfoto mit Publikum wird natürlich auch gemacht. Da noch etwas Zeit bleibt, wird als Zugabe noch ein gelungenes Cover von Whitney Houstons “I Wanna Dance With Somebody” nachgelegt, bevor dann wirklich Schluss ist. (Julia Saloustros).
Exodus können leider nicht zum Rock Hard Festival kommen und Sodom werden als Ersatz angekündigt… Diese Nachricht wurde recht zwiespältig aufgenommen, da Sodom doch erst letztens gespielt haben. Für mich als Sodom Fan war diese Neuigkeit sehr geil, zumal der Auftritt die perfekte Möglichkeit ist, mein nagelneues Sodomaniacs Shirt zu präsentieren. Das Amphitheater ist am Samstag um 19:45 Uhr gut gefüllt, das Wetter ist super und Band sowie Publikum sind bester Konzertlaune. Sodom legen einen Auftritt hin, der seines gleichen sucht. Bei perfektem Sound dreschen sich Tom und seine drei Mitmusiker durch eine geile Setlist, die alle Schaffensphasen der Band berücksichtigt. Die Band ist perfekt aufeinander eingespielt und zeigt wie Old School Thrash im Jahr 2023 zelebriert werden muss! Im Anschluss an fünfzehn Sodom Songs und dem Tank Cover „Don’t Walk Away“ zum Gedenken an Algy Ward läuft noch das Steigerlied vom Band und das gesamte Amphitheater hat ein fettes Grinsen im Gesicht. Sodom sind meine Tagessieger und wenn ich Testament wäre, dann wäre ich unverrichteter Dinge zurück nach Kalifornien geflogen. Rhein-Herne-Kanal gewinnt ganz klar gegen Bay Area! (Matze Fittkau).
Testament auf dem Rock Hard Festival, der dritte Versuch. Ob es dieses Mal klappt? So felsenfest wie die Band bei ihren Studio Veröffentlichungen ist, so schwankend habe ich die Truppe schon live erlebt. Die letzte Hallen – Show in der Turbinenhalle ist in positiver Erinnerung geblieben, allerdings war da mal eine kleine Pandemie dazwischen, mal sehen wie die Truppe heute drauf ist. Von der „offiziellen“ Besetzung weicht man mit Phil Demmel für Alex Skolnick ab und Chris Dovas gibt wahrscheinlich sein Europadebüt. Ob er Altmeister Dave Lombardo nun dauerhaft an den Drums ersetzt, bleibt abzuwarten. Das Bühnenbild verheißt schon einmal Großes, für die Europatour wurde dick aufgefahren. Allerdings lässt mich der lange Soundcheck schon ein bisschen nervös ob der Show werden. Nach fünf Minuten Verzögerung beginnt mit „Rise Up“ vom 2012er „Dark Roots Of The Earth“ Album der Set und der Sound ist leise und dünn. Chuck Billy klang schon einmal druckvoller. Danach folgt mit „The New Order“ direkt ein Band Klassiker, eigentlich müsste jetzt die Kuh fliegen, die Stagediver über die Köpfe gehen und der Pit anfangen zu toben. Was passiert ist, dass man gegen die PA die Pfiffe der Leute hört und der eine oder andere den Weg zum Mischpult antritt, um dem Tontechniker mal kurz Bescheid zu sagen, dass dessen Schicht gerade angefangen hat. Bei „The Preacher“ als 3. Stück zeigt sich leider das gleiche Bild. Nach einem solchen Beginn hätte das Amphitheater eigentlich Risse bekommen müssen, leider konnte man sich bequem mit seinem Nachbarn unterhalten und die Band hat den 3. Gang auch noch nicht gefunden, spielt die Nummer etwas langsamer als normal. Ich habe den Eindruck, als würde man anstatt des Main Mixes den Monitormix eines Gitarristen hören. So verwirrt, wie Steve DiGiorgio aussieht, könnte es auch sein Mix gewesen sein. Mit „Children Of The Next Level“ und „World War III“ wird das immer noch aktuelle „Titans Of Creation“ Album gewürdigt, in diese beiden neuen Stücke wird „Practice What You Preach“ eingeschoben. Langsam bessert sich glücklicherweise der Sound. „D.N.R.“ vom „The Gathering“ Album klingt schon fast so, als wäre man auf einem Metal Konzert. Allerdings findet sich immer noch viel Midtempo. Gut, „The Gathering“ war eh nicht so schnell, also geht es im mittleren Tempo mit „3 Days In Darkness“ weiter. Die „Legacy“ Platte kommt nun mit „The Haunting“ zum Zuge, dem allerdings auch so ein bisschen der Drive fehlt. Mit „Night Of The Witch“ und More Than Meets The Eye“ gibt es noch mal ein wenig aktuelles Material, bevor mit „Over The Wall“ das Finale eingeleitet wird. Der Sound ist mittlerweile irgendwie okay, aber man merkt der Band an, dass es die erste Show der Tour ist. Viele Thrasher sind scheinbar schon einen trinken gegangen, so dass bei dieser Nummer anstatt des Kampfes um die Luftherrschaft eher das Motto „Crowdsurfer Ladies Night“ gilt. Ich habe selten so viele Damen bei Testament auf der Menge gesehen. Testament fehlt es ja nun wirklich nicht an Hits, so dass hier nun mal eben „Into The Pit“ und „Disciples Of The Watch“ nachgeschoben werden können. Die Setlist als solche lässt bei mir keine Wünsche offen, die Umsetzung dafür um so mehr. Wenn dann Chuck Billy noch Phil Demmel vorstellt und erwähnt, dass der gute Mann keine Probe mit der Band hatte, dann erklärt dieses so einiges, was man auf der Bühne gesehen hat. Als Hobbymusiker kenne ich das Zeitproblem nur zu gut, aber die Herren dort auf der Bühne werden eigentlich nicht zu schlecht dafür bezahlt, so dass man erwarten könnte, dass die sich die Zeit nehmen. Beim Rausschmeißer „Alone In The Dark“, den eine kleine unbekannte Band mit Förderturm im Logo auch im Programm hat, wurde dieses besonders deutlich. Wenn die originalen Profis sich an den gleichen Stellen verspielen wie wir Amateure im Proberaum, muss man schon ein wenig lachen. Wenn Phil Demmel während des Solos Steve DiGiorgio genau so ratlos anschaut wie mein Rhythmus Gitarrist mich an der gleichen Stelle, dann auch ein bisschen viel. Irgendwie soll es wohl nicht sein mit Testament und dem Rock Hard Festival. Wenn man der Truppe noch eine vierte Chance geben möchte, sollte man vielleicht in den Vertrag schreiben, dass der Tour Tontechniker den Abend frei machen kann (das Sportparadies in GE ist sehr schön um diese Jahreszeit) und hoffen, dass man eher am Ende einer Tour liegt, so dass die Band zwangsläufig schon ein paar mal zusammen gespielt haben muss. So war es leider ein Satz mit X. (Jens Wäling).
Tag 3, Sonntag, 28.05.2023: Iron Fate, Undertow, Wucan, Legion Of The Damned, Enforcer, Tankard, Katatonia, MSG.
Den dritten Festivaltag eröffnen Iron Fate aus Goslar um 12:00 Uhr mittags. Schon in der Ansage wird die Band unmittelbar mit den frühen Queensrÿche verglichen. Das lässt natürlich hohe Erwartungen aufkommen, aber wer die Band kennt, weiß, dass der Vergleich absolut zutreffend ist. Zum High Noon ist erstmal noch nicht viel los vor der Bühne, was sich im Laufe des Auftritts deutlich ändert. Beim Opener, dem Titeltrack des neuen Albums “Crimson Messiah”, ist der Ton noch nicht optimal. Der Bass dröhnt in der Brust, der Gesang ist kaum hörbar. Das macht der Mischer beim zweiten Song “Hellish Queen” schon deutlich besser, sodass jetzt auch die immer wieder beeindruckend kraftvolle Stimme von Sänger Denis Brosowski voll zur Geltung kommt. Das Publikum ist jetzt nicht nur zahlreicher, sondern auch bereits voll wach. Die lauten Iron Fate-Rufe aus der Menge zeigen, dass die Band gut ankommt. Der Sound bleibt weiterhin recht basslastig und insgesamt klingen die Songs etwas metallischer als die der Vorbilder der Band. Nach einem kraftvollen “Lightning Bolt” vom ersten Album und “Malleus Maleficarum” von der neuen Scheibe bringt die Band mit “Strangers” noch eine Ballade in die Setlist. Mit “We Rule The Night” endet leider bereits die Liste der eigenen Songs und im Finale wird mit einem grandiosen “Walk In The Shadows” der Bogen zur anfänglichen Queensrÿche-1986-Ansage geschlagen. (Julia Saloustros).
Mit viel Rauch für weniger Action kommen Undertow auf die Bretter. Zwar haben wir sie noch nie live gesehen, doch die Vergleiche mit Crowbar sind noch immer zutreffender als nur wegen des Titels mit dem gleichnamigen Album von Tool, denn nach dem krassen Wechsel eines Pianointros auf thrashige Speedkante knallen die Baden-Württemberger der Audienz erstmal das volle Bassdruckbrett vor den Latz. Ganz gewisslich kann sich hier niemand über zu geringe Härtegrade beschweren. Bei mit und ohne Doublebass, sowie mit und ohne Klargesang raunzt und brüllt Sänger Joachim seine roughen Parts durch mehrere Stimmlagen. Am geilsten werden die Mannen in fiesen Flächengroovern und in den Stampfparts. Natürlich wird Material der aktuellen Platte „Bipolar“ präsentiert, aber etwas weniger gewöhnlich dann der Auftritt des Gastshouters Björn Gooßes von The Very End, der für einen Song auf der Bühne mitwirkt. Der Stil der Band mag für manchem eine kleine Spur zu modern sein, aber der heutige Opener bekam wesentlich mehr Feedback vom Publikum. Außer Kopfnicken und Fußwippen kommt plötzlich doch noch laute Reaktion aus dem unteren Halbrund, trotz praller Mittagssonne. Darüber hinaus folgte nach deutlichen Undertow-Sprechchören von der Band noch mehr, es war noch ein Song drin. (Joxe Schaefer).
Pünktlich um 14:10 Uhr steht die vierköpfige Truppe Wucan aus Dresden auf der Bühne, angekündigt als der heimliche Headliner. Bei bestem Wetter legen sie mit ihrem außergewöhnlichen Sound los. Dabei ist alles vertreten Flöte, Theremin, Keyboard. Wobei die Sängerin permanent zwischen Flöte, Gesang, Theremin, Gitarre und Tanzeinlagen hin und her wechselt. “Ich bin hier ans Mikrofon gekettet, aber ihr müsst euch bewegen” sagt sie während einer Songankündigung. Ich war etwas verwirrt, immerhin ist sie vorher noch wie ein Flummi über die Bühne gehüpft. Insgesamt war die Show genial. Das Konzept der 70er / 80er Psychedelic Schiene geht voll auf und auch alte Ost-Rock Cover wie “Zwischen Liebe Und Zorn” passen ins Konzept. Der gesamte Auftritt war genial, die Menge hatte Spaß und auch die Band selbst. Als ihr Part vorbei war und sie schon die Bühne verließ, konnte man sie trotzdem noch im Backstage tanzen sehen. Eine Band, die Bock hat auf das was sie macht und diese Freude daran auf das Publikum überträgt. Ein gelungener Auftritt und mein persönliches Highlight des Festivals. (Dominic Eisenhuth).
Auf Legion Of The Damned habe ich mich tierisch gefreut, war es denn zuletzt ein Ohrenschmaus und auch die neue CD ist vorbestellt. Mag es an der Mittagshitze, den starken Undertow ein paar Stunden zuvor oder einfach nur am Gig selbst liegen, heute packt es nicht nur mich nicht wirklich. Ein unbekannter Drummer einiger, doch gar nicht mal so unbekannter Bands aus Dortmund meint, es läge daran, dass der Schlagzeuger neben dem Takt spielt. Ich als Nicht-Musiker hätte mir einfach von den Holländern mehr schnelle Songs gewünscht. Und welche Band, die auf acht Alben zurückgreifen kann, hört mit einem unveröffentlichten Song auf? Obacht! Der Auftritt der Band um Sänger Maurice Swinkels war natürlich immer noch gut! Jetzt geht es erstmal zum veganen Stand, Essen fassen. (Martin Hil).
Nach dem Knüppel auf den Kopf von Legion Of The Damned wird es bei Enforcer deutlich melodischer. Die vier Schweden sind als gute bis sehr gute Liveband bekannt und liefern auch hier einen beachtlichen Auftritt ab. Eingerahmt von zwei Pyrokanonen, von denen eine jedoch nicht wirklich funktioniert, wird gepost was das Zeug hält. Sänger, Gitarrist und Mastermind Olof legt auf der Bühne locker einen Halbmarathon hin. Abgesehen von einigen Lautstärkeschwankungen an den Drums ist auch hier der Sound gut. Vom aktuellen Album „Nostalgia“ und dem Vorgänger „Zenith“ gibt es leider jeweils nur einen Song. Ansonsten ist die Setlist gut gemischt von „Diamonds“, „Death By Fire“ und „From Beyond“. Ich freu mich, Enforcer in zwei Wochen wieder auf dem „Der Detze Rockt“ zu sehen und bin entsetzt darüber, dass die Band nächstes Jahr schon ihr zwanzigjähriges Jubiläum feiert. Ihr „Into The Night“ Album, das in der Setlist leider gar keine Rolle mehr spielt, kam doch eigentlich letztens erst raus… (Matze Fittkau).
Die Frankfurter Institution Tankard sind bei dem in diesem Jahr äußerst Thrash Metal-lastigen Billing die letzten Vertreter dieses Genres und stürmen am frühen Sonntagabend die Bretter. Natürlich hat man Tankard schon sehr oft live gesehen, aber mit ihrem Gute-Laune-Thrash passen sie immer super auf ein Festival. Man darf sich von dem Spaß-Image auch nicht täuschen lassen, denn die Jungs sind musikalisch auf einem ordentlichen Niveau unterwegs und gehören zu Recht zur Speerspitze der deutschen Szene. Los geht es mit „Rectifier“, und für ungefähr die erste Hälfte der Zeit gibt es einen Querschnitt durch die Diskografie, natürlich angereichert mit Songs des extrem starken neuen Albums „Pavlov’s Dawgs“. Mit „Chemical Invasion“ und „Zombie Attack“ werden dann auch endlich die großen Klassiker gezückt, was die Stimmung noch weiter anhebt. Die Band zeigt viel Spielfreude, und Fronter Gerre lässt es sich wie üblich nicht nehmen, gelegentlich seine (gegenwärtig wieder etwas geschrumpfte) Plauze zu präsentieren. Der obligatorische Rausschmeißer ist – oh Wunder – „Empty Tankard“, bei dem Sabina Classen mit auf die Bühne kommt, um mit Gerre im Duett zu singen. Und somit endet eine wie gewohnt starke und sehr kurzweilige Thrash Metal Party mit den letzten Moshpits des diesjährigen Rock Hard Festivals! (Felix Schallenkamp).
Katatonia sind eine Wundertüte, du weißt einfach nicht was Du bekommst. War der Gig auf dem letztjährigen PartySan ein fantastischer Abräumer in Mannschaftsstärke, erscheinen die Schweden heute ohne Gitarrist Blakkheim – dessen Parts vom Band kommen eher in lethargischem Zustand auf die Bühne. Distanziert, ohne Esprit, recht statisch und dazu noch ein eher undifferenzierter Sound, das Ganze wirkt arg zäh. Sänger Renske steht irgendwie neben sich und nuschelt hier und da mal eine völlig konfuse Ansage ins Mikro und sorgt für fragende Gesichter um mich herum. Lichtblick ist Bassist Niklas Sandin, der zumindest wirkt, als ob er Bock hat und dem man abnimmt, dass er begriffen hat, grad auf einer Rockshow zu sein. Wir müssen nicht über musikalische Qualität reden, die ist zweifelsohne da, mit „My Twin“ wird auch ein kleiner Hit rausgeholt, aber insgesamt macht das wenig Spaß, wirkt langatmig und verhalten. Fazit: sehr enttäuschend. (Bert Meierjürgen).
Jetzt mal ganz ehrlich. Die letzten Scheiben von Michael Schenker waren um Längen nicht so prall wie die zu Beginn seiner Karriere oder seine Achtziger Platten unter dem Banner MSG. Seine letzte grandiose Großtat war für den Verfasser dieser Zeilen das Mittneunziger Werk „Walk On Water“ mit den grad wiedervereinten Ufo im Siebziger Line-up. MSG auf den letzten Touren haben wir uns deswegen nicht gezogen, obwohl er seine früheren Sänger dabei hatte. Jetzt auf dem Rock Hard Festival sind wir aber am Start und bekommen nach einem amtlichen „Highway To Hell“ aus den Boxen einen gutgelaunten Michael Schenker zu sehen, der auch gleich selbst seinen instrumentalen Opener „Into The Arena“ ansagt. Kann man übrigens gleichsetzen mit „From The Moon“ von Y & T oder „The Hellion“ von Judas Priest. Mit Unterstützung des zwischenzeitlich renommierten Sängers Ronnie Romero, den wir von den jüngsten Rainbow Konzerten kennen, einen Freddy Mercury-mäßigen Mitsingpart einbaut, sowieso alle Schenker-Sänger kann, geht es mit „Cry For The Nations“ und schon sehr früh sein wohl bekanntestes Stück „Doctor Doctor“ weiter. Sehr bekannt nicht nur deswegen, weil damit alle Shows von Iron Maiden eingeleitet werden. Wir erleben eine Hammer Setlist, auf der gefühlt jedes zweite Stück von Ufo 1973-1978 stammt. Wie geil ist das denn? Auf den Rängen hält uns jedenfalls nix mehr, zu groß ist der Zappeldrang. So werden wir Zeuge von einer grandiosen Version von „Lights Out“, Shoot Shoot“ und auch „Let It Roll“, wo es mitsamt Mittelteil kracht. Seine jüngeren MSG Songs wie „Emergency“ gehen einfach unter, die haben keine Chance gegen „Natural Thing“, „Armed And Ready“, „Assault Attack“ und ein erwartungsgemäß grandioses „Rock Bottom“. Mitten im Solo macht er mit seinem Handy mit der anderen Hand weiterspielend Selfies von sich und der Menge, und bemerkt dadurch vielleicht selbst, wie er dabei unter der Riesenfellmütze aussieht, bemerkt der abrockende Mann neben mir. „Want one more?“ Klar wollen wir und es folgen noch „Too Hot To Handle“ und „Only You Can Rock Me“. Klasse Auftritt. Schade nur, dass wir unten vor den Rängen sehr viel Platz zum Abrocken hatten, denn nicht wenige Besucher hatten bereits den Heimweg angetreten. Zu blöd aber auch, dieses Programm freiwillig verpasst zu haben. Und noch sehr Schade die tatsächliche Begebenheit, dass Ronnie einen Tag später bei Schenker ausstieg, obwohl er musikalisch bei der MSG super aufgehoben war.
Gut aber, die MSG so noch einmal gesehen zu haben, auch dieses Jahr Rock Hard wieder dabei gewesen zu sein und wir freuen uns auf das Rock Hard Festival im nächsten Jahr, welches zwar noch nicht angekündigt wurde, pfingsttechnisch jedoch am 17.05.2024 – 19.05.2024 stattfinden sollte. (Joxe Schaefer).
Autoren: Jens Wäling, Peppi Stensen, Martin Hil, Felix Schallenkamp, Matze Fittkau, Bert Meierjürgen, Steph Bachmann, Julia Saloustros, Dominic Eisenhuth, Joxe Schaefer.
Pics: Wolfgang Haupt