Ruhrpott Metal Meeting

Oberhausen, Turbinenhalle, 09.12.2022 – 10.12.2022


Tag 1, Freitag, 09.12.2022: Witchburner, Warrant, Knife, Picture, Benediction, Torch, Unleashed, Killer, Coroner, Overkill.

Boh glaubste, mit so einer Band wie Witchburner kann man ein Festival stilecht beginnen. Zwar liegt ihr letztes Album fast zehn Jahre zurück, aber die Thrasher aus Fulda waren live immer an der Front und sind in so guter Erinnerung, dattze heute auf dem Billing stehen. In der großen Halle bollert schon der Sound, während wir noch in der Schlange am Einlass stehen. Das geht zügig voran und wir stehen zu „Possessed By Hellfire“ aus 1996 schon vor der Bühne. Das ist um diese Uhrzeit noch problemlos möglich, denn die Turbohalle ist noch nicht proppe, aber füllt sich zusehends. Wir erleben richtig geiles Gebolze und der Fünfer gibt sich hochgeschwindigkeitsliebend und oldschool as fuck, könnte jetzt vielleicht noch mehr die Bühnenbreite ausnutzen, aber da scheißt der Hund drauf. Trotzdem schön, die Hesse mal auf einer großen Bühne gesehen zu haben, aber ein kleiner Club ist echter für die Band, da verhallt das Drumgeboller nicht so. Ein Umstand, mit dem hier alle Bands noch zu kämpfen haben werden, dafür ist die Turbohalle bekannt. Aber richtig Kagge sind die Überschneidungen der Spielzeiten, denn nebenan spielen schon Warrant seit einer Viertelstunde, als hier um Punkt fünf Schluss ist. (Joxe Schaefer).


Ruhrpott Metal Meeting, mittlerweile eine Institution im Ruhrgebiet, die auch viele Gäste von außerhalb anlockt. Dass das Festival nicht ausverkauft ist, kann man dennoch stark spüren. Es war die letzten Male deutlich voller. So kann man sich zumindest etwas freier bewegen, was allerdings recht angenehm ist. Auf der Flötz-Stage geht es los mit den kultigen Thrashern von Warrant aus Düsseldorf, die eine Spiellaune an den Tag legen, die jedoch soundtechnisch leider unten nicht so ankommt wie ich es mir gewünscht hätte. Es war eher ein Brei mit rumpelnder Bassdrum, einer viel zu leisen Snare und nicht genügend dominanten Gitarren zu verzeichnen, was sich während des gesamten Gigs leider auch nicht viel bessert. Sind die Songs einem nicht geläufig, ist es schwierig, hier überhaupt etwas zu erkennen. Ich habe in der Mitte des Gigs jedoch eine Position gefunden, wo es etwas besser ist. Somit wird mir, zumindest ab da, ein wenig Hörspaß gegeben. Zwei brandneue Songs werden gespielt, der erste davon heißt “Demons”, der in gewohnter Manier herunter gethrasht wird, der zweite (wenn ich richtig gehört habe) heißt “Falling Down” der auch im Publikum deutlich besseren Anklang findet als der erste. Aktuell noch nirgends zu hören, bin ich sehr gespannt auf das neue Material. Optisch gibt es auch einiges zu bieten: Der “Vollstrecker” ist mit seiner Axt unterwegs und versucht (vergebens) sämtliche Musiker hinzurichten! Dann geht es weiter mit 1984… Die Klassiker werden ausgepackt. “Torture In The Tower” und “The Enforcer” geben sie zum besten, wobei der Enforcer noch einmal sein Glück versucht, die Mucke durch Blutvergießen zu beenden. Da die Spielzeit allerdings ohnehin vorbei ist, verlassen die Opener danach freiwillig die Bühne. Noch mal Glück gehabt… (Peppi Stensen).


Knife gehören für mich zu den besten Newcomern der letzten Jahre und beackern fleißig die Bühnen des Landes. Und das ist gut so! Die Marburger werden von Mal zu Mal routinierter und tighter, und begeistern mit einem energiegeladenen Gig die Meute. Mit ihrem Sound irgendwo zwischen klassischem Metal und Black Thrash treffen sie beim Publikum voll ins Schwarze, und die Songs ihres hervorragenden Debütalbums haben ohne Ausnahme echtes Hit-Potential. Gekrönt wird der Auftritt dann noch durch das Bathory-Cover „Sacrifice“. Von den Jungs können wir hoffentlich noch viel erwarten, und sie liefern einen der stärksten Gigs des gesamten Festivals! (Felix Schallenkamp).


Gerade spielen Knife in der großen Halle einen Hammergig, den wir gerne noch zu Ende gesehen hätten, doch die selbstauferlegte Pflicht ruft und wir müssen rüber. Das war echt ein geiles Erlebnis, als die Haudegen im Jahr 2017 auf dem ‚Der Detze Rockt Festival‘ zündeten, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Damals sogar noch im originalen Line-up von 1979. Heute haben sie den Blondschopf und ex-Vandenberg Sänger Peter Strykes am Mikro, und der kann was und weiß nicht nur beim Gitarrensolo agil zu performen, als er Bierdeckel mit dem Picture-Logo in die Menge fliegen lässt. Picture haben mindestens einen Hit, weil Hammerfall „Eternal Dark“ coverten, und den Track deutlich im Grad seiner Bekanntheit anhoben. Die Holländer spielen ihn schon in der ersten Hälfte ihres Sets. Für ihren hardrockigen Stil bringen sie auch live ziemlich viel härteren Metalsound ein, der manchmal etwas saxonmäßig, oder sogar nach Motörhead kommt. Dafür lieben wir den Fünfer. Außerdem bollert es hier in der kleineren Turbohalle nicht ganz so derbe wie in der großen nebenan. Der Mann an den Reglern wirft viel buntes Licht auf die Bretter und die Holländer machen mächtig Laune, wozu besonders die Mädels schnell inne Tanze übergehen. (Joxe Schaefer).


Die Briten Benediction läuten am frühen Abend die Death Metal Phase des diesjährigen Ruhrpott Metal Meetings ein. Mit ihrem fetten, furztrockenen Old School Sound haben sie die Banger-Schar schnell im Griff und bieten einen Querschnitt durch das Schaffen ihrer mittlerweile über dreißigjährigen Bandgeschichte. Neben einigen Songs des aktuellen Albums wird gelegentlich tief und die Mottenkiste gegriffen, und es kommt auch Material von „The Grand Leveller“ und „Subconscious Terror“. Das meiner Auffassung nach stärkste Album „Transcend The Rubicon“ bleibt zwar leider unberücksichtigt, dennoch legen die Jungs um Fronter Dave Ingram einen coolen Gig hin, der niemanden enttäuscht. (Felix Schallenkamp).


Hömma, da krisste endlich ma wieder Benediction auffe Backen, da musse auch schon wieder rüber zur nächsten Band in die kleinere Halle. Echt Schitte da jetzt wegzugehen, zumal die Briten nach professioneller Meinung unseres Jensenmanns heute den besten Sound aller Bands in der großen Halle haben. Dafür machen nun nebenan Torch echt was los und sind noch etwas intensiver als in Würzburg auf dem KIT Rising vor ein paar Wochen. Wieder haben die Schweden ihre Riesenaufsteller dabei, mit denen sie sich die ganze Bühne zustellen. Na gut, die großen Kilometerstrecken werden nicht zurückgelegt, aber für das Auge des Betrachters wirkt das erschlagend und ist vielleicht etwas too much. Über fünfzig Minuten bleiben solche Songs wie „Electric Kiss“ mehr so im Midtempo und der Verfasser dieser Zeilen ertappt sich immer mehr dabei, allen von den Livequalitäten von Killer zu erzählen, die hier später noch angesagt sind. Bemerkenswert bis lustig finden wir noch die Kippenverkäufer, die mit einem beleuchteten Bauchladen durch die Menge laufen, wo in der Halle gar nicht geraucht werden darf. Weniger lustig sind übrigens die 0,4er Einwegbierbecher aus Plastik, die ohne Pfand zum Wegwerfen sind. Da steht zwar hübsch das Logo von Kö-Pi drauf, sind aber auch nicht mehr wert als der wässrig schmeckende Chemo-Inhalt und werden später überall zum Teppich unter den Sohlen. (Joxe Schaefer).


Nach Benediction kommt mit den Schweden Unleashed die zweite klassische Death Metal Band an die Reihe. Front-Wikinger Johnny Hedlund und seine Mannen entern mit dem Klassiker „To Asgard We Fly“ die Bühne und geben von der ersten Minute an Vollgas. Ein wenig zu kämpfen haben sie anfangs mit dem recht halligen, matschigen Sound, für den die große Turbinenhalle leider bekannt ist, und der auch bei einigen der anderen Bands problematisch ist. Im Laufe des Gigs wird es aber besser, und Unleashed schaffen es, nach dem starken Auftritt ihrer Kollegen von Benediction noch einen drauf zu legen, da sie einfach auf ein noch größeres Repertoire an Hits zurückgreifen können. Als Abschluss gibt es mit „Before The Creation Of Time“ nochmal die volle Breitseite. Nach diesem Doppelschlag zweier lebender Legenden ist wohl jeder Old School Death Metal Fan äußerst glücklich. (Felix Schallenkamp).


Grad hat der Dreier noch das ‚All Star Fest‘ in Flandern in Schutt und Asche gelegt, wir waren Zeuge und berichteten, sollte jetzt das Ruhrpott Metal Meeting dran sein. Daher großes Lob an die findigen Veranstalter, Killer geholt zu haben. Spätestens seit 1983, als „Wall Of Sound“ erschien, sollte der Freund des straighteren Hau-Drauf Metals wach geworden sein. Für einige Zeit verschwanden die drei Belgier von der Bildfläche, kommen aber mit einer Urgewalt zurück. Heute spielt Shorty in einer anderen Setlist endlich mal seine Flying V, die er beim All Star Fest gar nicht angerührt hatte. Es kann auch mal ein „Fly To The Rainbow“ Zitat drin sein, aber „Monsters Of Rock“ und „Kleptomania“ lassen derart wummern und braten, dass die Menge zappelt und mosht. Aber leider wurden für ein Medley sechs Songs zusammengefasst. Die Zeit von einer Stunde genügt eben nicht, alle Hits auszuspielen. Natürlich begeben sich beide Fronter wieder auf einen Marsch zockend durch das Publikum, da werden von ihren beiden Securities mit Cowboyhut und Bandshirts Umherstehende schon mal etwas unsanfter zur Seite gestoßen. Zum Schluss steht der Bandhit und Titelstück des ersten Albums „Ready For Hell“ an und Shorty stellt seine drei Fragen, ob wir Alkohol, Sex und Heavy Metal mögen. Einige Besucher riefen tatsächlich nach dem Zweitem ihr „Yeah!“ lauter als beim Dritten. Bei den folgenden Shows in der großen Halle, aus der kleinen wurden wir zügig rausgekehrt, mischt sich die Band unters Volk und steht für allerhand Selfies und Bandfotos zur Verfügung. Dabei immer erwähnend, dass im Januar 2023 das neue Album erscheint! (Joxe Schaefer).


Coroner machen von Sekunde eins an alles richtig. Die Bühne wirkt sehr aufgeräumt, der Keyboarder steht nicht mehr wie auf dem Rock Hard Festival 2018 versteckt am Rand, sondern als vollwertiges Mitglied mitten auf der Bühne. War der Sound bei den vorherigen Bands oft noch verbesserungswürdig, so kommt dieser jetzt glasklar aus den Boxen. Los geht es mit „Golden Cashmere Sleeper, Part 1“ von selbstbetitelter Compilation. Es folgen nicht nur Standards wie „Semtex Revolution“ oder „Masked Jackels“, sondern auch eher selten Gespieltes wie „Sacrificial Lamb“. Das Publikum frisst Coroner spätestens beim Schlusstriple „Grin (Nails Hurt)“, „Reborn Through Hate“ und „Die By My Hand“ aus den Händen und man sieht nur zufriedene Gesichter. Coroners progressiver und nicht ganz leicht verdaulicher Thrash funktioniert also auch als Co-Headliner bestens! Schade, dass der Mischer bei der folgenden Thrash Band nicht auch nur ansatzweise einen so guten Sound hinbekommt. (Martin Hil).


Bereits vielfach gesehen, ist es dennoch immer wieder eine Freude, diese besondere Liveband wieder live zu erleben. So ist Bobby Blitz und seine Mannen mit seinen 63 Lenzen ein wichtiger Bestandteil der weltweiten Thrash Gemeinschaft und er scheint auch in Zukunft nicht müde zu werden! Mit “Deny The Cross” liefern Overkill einen fetzigen Einstieg, dessen Hörgenuss jedoch (wieder mal) durch brachial wummernden und viel zu lauten Sound gedämpft wurde! Es ist in großen Hallen, wie der Turbinenhalle, sicher nicht einfach, abzumischen, dennoch erlaube ich mir zu sagen, dass bei Eintrittspreisen von jenseits der 90 Euro, den Besuchern auch ein Hörerlebnis darzubieten ist, wo auch Neulinge Songstrukturen heraushören könnten. Okay, genug gemeckert, über “Electric Rattlesnake” geht es direkt zum ersten Klassiker “Hello From The Gutter”, wo sich nach mehreren Positionswechseln meinerseits und aber auch durch einpegeln des Mischers, sich das Soundgewand zwar deutlich bessert, es aber trotzdem bis zum Ende noch Ohrenbetäubend laut ist. Bei “Rotten To The Core” und “Bring Me The Night” kommt mal richtig Bewegung ins Publikum. Dann kamen wir irgendwann zu “Horrorscope”, eindeutig mein Favorit an diesem Abend. Dazu das geile Bühnenoutfit in Overkill typischem grün beleuchtet, gibt mir dann doch ein Gefühl der Zufriedenheit. Zum Ende hin gibt es natürlich noch mal richtig was auf die Mütze mit “Ironbound”, “Elimination” und als Zugaben noch Kracher wie “In Union We Stand”, „Welcome To The Garden State“ und natürlich “FUCK YOU”, was nicht fehlen kann… habe ich dann aber auch gedacht, ich war nämlich sehr kaputt und mein Schädel dröhnte. Gute Heimreise Jungs, nächstes Mal gerne wieder, aber für mich nicht mehr in der Turbohalle! (Peppi Stensen).


Tag 2, Samstag, 10.12.2022: Accuser, Poltergeist, Snow White Blood, Assassin, The Night Eternal, Darkness, Nestor, Angel Dust, Tiamat, Tankard, Danko Jones, Saxon.

Als erste Band des zweiten Tages legen am Samstag Accuser in der kleinen Halle los. Als Opener dient man ja meist erst mal als Sound Experiment, so wie auch hier. Erst denke ich, da ist ein Ghetto Blaster an. An der Front kann ich jedoch die Qualitäten dieser immer noch sehr unterschätzten Band einfangen. Mit hervorragender Spiellaune geht es zur Sache. Tatsächlich gibt es die Siegener bereits seit 1986. Aus der Heimatstadt meiner Freundin stammend (Kreuztal), läuft man sich dort schon mal über den Weg und vom Drummer Olli erfahre ich, dass das Label sie aus unerfindlichen Gründen herausgekickt hat. Das letzte Album von 2020 ist noch unter Metal Blade Records erschienen und somit sind die neuen Songs live natürlich nagelneu (Corona-Album) und kommen auch gut an. In gewohnter Manier ein ‚Old School Thrash Kracher‘, aber in modern, wenn man das so beschreiben kann. Beim Siegener Publikum rocken allerdings am besten Klassiker wie “Who Dominates Who”, wobei ich persönlich die letzten Outputs grandios finde und da sollte man auf jeden Fall mal ein Ohr riskieren! Unspektakulär und ohne Zugabe endet der Gig und ich hoffe, die Jungs können sich noch drölf Bier genehmigen! (Der Vorteil wenn man Opener ist, haha). (Peppi Stensen).


Nach den Siegenern Accuser geht es geographisch weiter den Berg rauf zu den Schweizern von Poltergeist. Die Schweizer um V.O, Pulver und André Griedler waren in den letzten Jahren ein sehr seltener Gast auf deutschen Bühnen, was sich hoffentlich mit der aktuellen Platte „Feather Of Truth“ ändern könnte. Die Bühnendeko sieht auf jeden Fall danach aus, als ob man mehr Liveaktivitäten vor hätte. Der Sound in der Turbinenhalle 2 ist deutlich besser als beim Opener, so dass auch die melodischen Gesänge von André und die vielseitige Gitarrenarbeit gut ankommen. Sonst wäre der an Position 2 gespielte Übersong „Empty Inside“ von der 1994er Scheibe „Nothing Lasts Forever“ nicht so gut zur Geltung gekommen. Deutlich aggressiver geht es mit „And So It Has Begun“ von der 2016er Comeback Scheibe „Back To Haunt“ weiter, und springt danach mal zur ersten Scheibe „Depression“, die mit „Writing On The Wall“ gewürdigt wird. Das Stück könnte auch von Testament sein. Warum Poltergeist nie solche Größe erreichten, verstehe ich bis heute nicht. Saturday night is alright for rocking“, Behind My Mask“ und Depression passen alle hintereinander, als würden keine 30 Jahre zwischen den Stücken liegen. Beendet wird der Set passenderweise mit „Nothing Lasts Forever“, wobei es bei dieser Band gerne mehr als 45 Minuten hätten sein können. (Jens Wäling).


Prinzipiell bietet das Ruhrpott Metal Meeting auch samstags ein super Billing, wie es aber Snow White Blood auf die Hauptbühne geschafft haben, ist mir ein Rätsel. Ähnlich wie Danko Jones später fällt die Band mit ihrem Symphonic-Gothic-Pop-Metal stilistisch aus dem Rahmen. Gut, Nestor machen auch 80s Rock und Tiamat Gothic-Metal, aber Snow White Blood machen leider Gottes einfach nur grottige Musik. Das sieht das Publikum ähnlich, denn in einer kurzen Verschnaufpause bei Assassin ist es in der kleinen Halle vor der Flöz-Stage mindestens genauso voll. Inhaltlich geht es bei dem Vierer übrigens um Märchen, und auch Sängerin Ulli Perhonen sieht prinzessinnenhaft aus, doch Snow White Blood wären auf dem Wave Gothic Treffen oder vielleicht noch als Support von Nightwish besser als hier und heute in der Turbinenhalle aufgeboben gewesen. (Martin Hil).


Bergab geht es nun nur geographisch. Die tägliche Delegation aus der Landeshauptstadt wird heute von Assassin gestellt. Den Japan Einfluss auf Düsseldorf kann Basser Joachim Krämer jedenfalls nicht leugnen, seine Brust-Tattoos sehen so aus, als wäre er nun Yakuza-Mitglied geworden. Die 2002 reformierte Combo legt direkt mit dem Intro aus „Forbidden Reality“ vom „The Upcoming Terror“ Kultalbum los, um dann mit „Fight“ von der gleichen Scheibe direkt klar zu machen, wo der Hammer hängt. Es geht hier deutlich weniger filigran als noch bei Poltergeist zur Sache, was auch daran liegen könnte, dass Frank Blackfire nun festes Bandmitglied ist. So bekommen die Düsseldorfer direkt eine ordentliche Ruhrpott Schlagseite. Der Fokus liegt heute nicht nur auf altem Scheiß, mit „Swarp Thing“ gibt es den Opener, der noch aktuellen „Bestia Immundis“ Platte von 2020. Sänger Ingo legt den Fokus für das mittlere Drittel eher auf neueres Material. Da man bei einem solchen Line-up nicht ohne alten Scheiß auskommt, was Kumpel Dennis aus Ulm, der am Vortag seinen 50. Geburtstag feierte, mit „Ich komm mir vor, als wäre ich wieder 15 und würde auf der Terrasse sitzen und meinen Kassettenrekorder laufen lassen“ kommentiert, gibt es als nächstes „Baka“ vom 1988er „Interstellar Experience“ Album. Ingo versucht, die Leute zum Mitbrüllen zu bewegen. „Baka“ ist Japanisch, bedeutet so viel wie Idiot und wird fast wie Bäcker ohne Punkte geschrieben. Nach der Erklärung klappt es auch mit dem Mitbrüllen und erste kleine Moshpits bilden sich. Frank Blackfire gönnt sich eine kleine Pause, ein mir unbekannter Gitarrist mit Namen Steve übernimmt. Als Rausschmeißer darf natürlich noch die Bandhymne nicht fehlen, bei der Sänger Ingo zum Ausdruckstanz auffordert. Bis darauf, dass mal wieder „Bullets“ gefehlt hat, ein super Gig der
Düsseldorfer. (Jens Wäling).


Es heißt für mich The Night Eternal zum Vierten dieses Jahr, also was kann man noch großartig Neues schreiben? Natürlich, die Ruhrpottler haben sich spätestens dieses Jahr vom kleinen Newcomer zum Frühabend-Act auch auf großen Bühnen entwickelt und das liegt vor allem an ihrer Klasse. „Shadow´s Servants“ als Einstieg funktioniert bestens, „Mark Of Kain“ ist leider das letzte verbliebene Stück vom Demo und mit „Rhiannon“ kommt das Publikum in den Genuss eines neuen Songs. Eben jener wird auf dem kommenden Album zu hören sein, welches nächstes Jahr erscheint. Dann darf auch wieder mit mehr Abwechslung in der Setlist zu rechnen sein. Aber auch so läuft beim Publikum der klassische Heavy Metal gut rein und die Fans verlassen nach dem Auftritt zufrieden die Halle, entweder um sich zu stärken, oder um sich den Rest von Darkness zu geben. (Martin Hil).


Ein Ruhrpott Metal Meeting ohne Ruhrpott Thrash geht nicht und wer sollte das nun besser übernehmen als Altenessens letzte echte Thrash Band? Darkness entern zum „Invading Sector 12“ Intro die Bühne und mit „Critical Threshold“ geht direkt die Post ab. Wenn man schon mal beim „Death Squad“ Debüt ist, gibt es direkt den Titelsong hinterher. Ein Auftakt nach Maß und man hat eigentlich jetzt schon keine Fragen mehr. Sänger Lee schildert die Probleme einer Thrashband in heutigen Zeiten: In allen Songtexten wird immer irgendwie jemand umgebracht. Um nun bei keiner Minderheit anzuecken, bringen Darkness in den Texten also einfach Fabelwesen um. Es geht also mit „Tinkerbell Must Die“ vom 2016er „The Gasoline Solution“ Album. Die „Defenders Of Justice“ Platte wird mit „They Need A War“ gewürdigt, bevor es zurück zu neuerem Material mit „The Gasoline Solution“ geht. Vor der Nummer war es Lee eh schon zu viel Diskussion und mit „Armageddon“ wird das letzte Drittel des Sets würdig eingeläutet. Die Festival – Situation lässt es dieses Mal wohl leider nicht zu, dass wieder Textblätter ausgeteilt werden, wie bei der „First Class Violence“ Releaseparty. Wo wir schon bei diesem Thema sind, das Titelstück dieser Platte wird direkt hinterher gefeuert. Was fehlt noch? Dem geneigten Darkness Fan eigentlich noch vieles, aber der Zeitplan lässt leider nicht mehr zu. So gibt es „Iron Force“ vom Debüt als Rausschmeißer und Lee dirigiert den ersten Circle Pit der kleinen Halle. Danach heißt es Knochen sortieren zum Kinderchor aus „I Betray“, der wohl das standardisierte Outro der Band zu werden scheint. Wieder mal ein energiegeladener Gig der Altenessener Institution, der dieses Mal sogar ohne größere Pannen aufgefallen ist. Nur einmal eine kaputte Fußmaschine ist seltsam perfekt für die sympathischen Chaoten. (Jens Wäling).


Call The Police!!! Mit „On The Run“ starten Nestor ihren Auftritt beim diesjährigen Ruhrpott Metal Meeting und es zeigen sich direkt einige textsichere Fans in den vorderen Reihen. Mit ordentlich Energie auf der Bühne, inklusive Luft-Kicks, Mikrofongewirbel und jeder Menge Bewegung auf der Bühne schmettern die Jungs ihre Gute Laune Hits wie „Kids In A Ghosttown“, „Perfect 10“, „Signed In Blood“ oder „Firesign“ und holen sich zur Ballade „Tomorrow“ stimmgewaltige, weibliche Unterstützung dazu. Einzig ihren Hit mit dem Titel „1989“ spielen Sie, vermutlich aufgrund der streng limitierten Spielzeit, leider nicht mehr. Diese wurde nämlich von einem Herrn in dramatischem Undertaker-Look am Bühnenrand rigoros kontrolliert. (Julia Saloustros).


Gegen 19:00 Uhr entern die Rückkehrer Angel Dust die Flöz Stage in der kleinen Turbinenhalle. Ihr letztes Album liegt bereits 20 Jahre zurück, und ich stelle fest, wie lange ich mir die Scheiben der Dortmunder nicht mehr angehört habe. Die Erinnerung kommt aber schnell zurück, und Songs wie „Border Of Reality“ oder „Nightmare“ machen auch anno 2022 noch Spaß und werden vom Publikum wohlwollend angenommen. Ein neuer Song des bald erscheinenden Comeback-Albums wird ebenfalls präsentiert und macht neugierig. Den Höhepunkt des Auftritts bilden die beiden alten Klassiker „To Dust You Will Decay“ vom gleichnamigen zweiten Album und besonders „Gambler“ vom kultigen Debütalbum. Sänger Dirk Thurisch widmet die beiden Songs dem vor einem guten halben Jahr verstorbenen Original-Bassisten Frank Banx, der heute Abend würdevoll von Allround-Musikgenie Waldemar Sorychta vertreten wird. Welcome back Angel Dust! (Felix Schallenkamp).


Die Schweden Tiamat fallen zunächst durch ihre etwas eigenwillige Optik auf. Die Bandmitglieder tragen Hut, Fronter Johan Edlund hat zudem ein recht geisterhaftes Corpsepaint aufgelegt. Leider fehlt ein Backdrop, wodurch die Show sehr spartanisch wirkt. Dafür ist der Sound aber besser als bei den meisten anderen Bands in der großen Halle. Zum Einstieg gibt es das Doppel „Whatever That Hurts / The Ar“ vom „Wildhoney“-Album. Dann kommt noch „Visionaire“, bevor mit „In A Dream“ und dem Titelsong endlich das göttliche „Clouds“-album an der Reihe ist. Entgegen der Ankündigung beschränken Tiamat sich (leider) nicht auf diese beiden Alben, sondern integrieren auch neueres Material in ihr Programm. Mit dem Gänsehaut-Song „Gaia“ endet der gute, sehr atmosphärische Gig, und ich mache mich auf in Richtung Flöz Stage, um noch ein wenig von Tankard zu sehen. (Felix Schallenkamp).


Durch die Überschneidung mit Tiamat komme ich leider erst verspätet zur Flöz Stage, bekomme aber noch die knappe Hälfte von Tankard mit. Genau zur Ansage von „Chemical Invasion“ bin ich zur Stelle und sehe das absolute Kontrastprogramm zum düster-melancholischen Tiamat-Sound. Gerre & Co. sind in Bestform und feuern ein Gute-Laune-Thrash-Feuerwerk par Excellence ab. Der Mob tobt, es gibt einen Circle-Pit mit Crowdsurfern, der Sound knallt und ist deutlich besser als in der großen Halle. „Zombie Attack“ geht ab wie Sau, und auch vom fantastischen neuen Album ist mir in Form von „Ex-Fluencer“ noch ein Song gegönnt. Zum Abschluss dieser wilden Party kommt selbstredend noch das obligatorische „(Empty) Tankard“, das die Stimmung im Saal endgültig überkochen lässt. Einer der stärksten Auftritte des gesamten Festivals! (Felix Schallenkamp).


Was macht man, wenn Tankard schon fertig sind und Saxon noch nicht spielen?
So, Frankfurts hübscheste Tanzkapelle hat die Flöz-Stage des Ruhrpott Metal Meetings würdig beendet, man wird von der Security höflich, aber bestimmt in Richtung des Foyers geschoben, was nun? Gut, man geht sich ein Tankard Shirt kaufen und bekommt dabei aus der Halle 1 mit, dass Danko Jones schon angefangen hat. Was genau Kanadas schlimmster Musikexport seit Celine Dion nun auf einem Metal Festival will, verstehe ich nicht so wirklich. Vielleicht war der auch einfach in dem Radio Bob Aufblaszelt versteckt und hat sich so in die Halle geschlichen. Der College-Frisösen-Rock mit dem Härtegrad von Vanillemilch und der Authentizität eines Karneval-Schminksets löst bei mir erst einen akuten Fluchtreflex aus. Also geht es in den Metalmarkt, um sich einfach mal ein bisschen hinzusetzen. Diese Idee hatten aber scheinbar schon sehr viele andere, so dass das auch keine Option ist. Gut, man hat ja noch ein VIP-Bändchen und kann so noch auf weitere Sitzgelegenheiten ausweichen. Diese haben nur den Nachteil, dass man Danko dabei hören muss. Diese Zwangsbeschallung löste aus, dass ich erst einmal die Sanitären Anlagen des VIP-Bereiches der Turbinenhalle aufsuchen musste. Diese kann ich hier nur lobend erwähnen. Wunderschön renoviert, die anthrazitfarbenen Fliesen könnte ich mir auch bei mir daheim vorstellen und auch auf dem letzten Meter vor dem Headliner war es noch sehr sauber, so dass man in akustischer Abgeschiedenheit der Hauptbühne erst einmal in Ruhe eine Sitzung halten konnte. Wenn mich also jemand fragt, wie ich Danko Jones finde, antworte ich: „Kann man super zu Kacken gehen“. (Jens Wäling).


Der Co-Headliner des diesjährigen Samstags beim Ruhrpott Metal Meeting sind Danko Jones. Und schon liegt der erste Fehler bei der Planung vor, denn die Kanadier spielen wahre, laute, dreckige Rockmusik, aber bei weitem kein Metal. Natürlich sind Farbtupfer im Billing akzeptabel, aber vielleicht nicht unbedingt als Co-Headliner geht. So dürfte es zu diesem Zeitpunkt nur deswegen schon so voll sein, weil die Flöz-Stage schon zu hat und hier gleich noch Saxon spielen. Nun gut, genug gemeckert, los geht es passenderweise mit „Saturday“ und auch der Uralt-Hit „First Date“ schafft es früh ins Set, aber nach einer halben Stunde ist man das ständige „in der Strophe abgehackt und etwas härter, dafür im Refrain mehr Melodie“ in jedem Song auch satt, aber man muss sich das noch eine weitere halbe Stunde antun. Zugegeben nicht nur Danko selbst, sondern auch die Band gibt sich redlich Mühe und sympathisch kommen die Jungs auch daher. Der Schweiß fließt auf der Bühne, jedoch bei nur wenigen vor der Bühne, denn die Stimmung ist nicht gerade am Überkochen. Mit „My Little RnR“ wird am Ende der Sack übrigens bei bestem Sound zugemacht und das Publikum muss nur noch eine halbe Stunde auf Saxon warten. Trotz allem haben Danko Jones den ein oder anderen Fan dazugewinnen können. (Martin Hil).


Die britische Metal-Legende Saxon ist der Hauptact des heutigen Abends, und leider offenbart sich ein weiteres Mal das Problem mit dem Sound in der großen Turbinenhalle, von dem auf dem diesjährigen Ruhrpott Metal Meeting am stärksten die Headliner betroffen sind. Ganz so schlimm wie bei Overkill, deren Sound schon an Körperverletzung grenzte, ist es zum Glück nicht. Aber auch bei Saxon sind die Gitarren matschig, und der Gesamtsound hallt zu stark, ist übersteuert und zu laut. Das ist bei Saxon eigentlich nicht üblich, denn grundsätzlich gehören sie für mich zu den stärksten und verlässlichsten Live-Bands überhaupt. An der Performance gibt es auch nichts zu meckern. Die Songauswahl ist super, und es gibt einen guten Mix aus Klassikern und Material vom überragenden neuen Album, dessen Titelsong den Set eröffnet. Die Spielfreude der ja nicht mehr allerjüngsten Herren ist unverändert da, und Biff Byford ist und bleibt einer der charismatischsten Fronter unserer Szene. Dennoch ist durch den verkorksten Sound der Spaß bei mir ein wenig getrübt. Sehr schade. Umso mehr freue ich mich auf den nächsten Saxon-Gig, der hoffentlich nicht lange auf sich warten lässt!

Fazit: Das Ruhrpott Metal Meeting 2022 hat im Ganzen sehr viel Spaß gemacht und war vor allem sehr gut organisiert. Alle Abläufe haben bestens funktioniert, und es gab grundsätzlich keine langen Wartezeiten. Das Angebot an Speisen und Getränken war gut und die Preise für die heutige Zeit absolut fair. Die Bandauswahl war super, und die angekündigte Running-Order wurde verlässlich eingehalten. Zwei Kritikpunkte sind jedoch anzumerken. Erstens: Die beiden Hallen sind extrem unterschiedlich geheizt. Während es in der großen Halle relativ luftig und kühl ist, strahlt in der kleinen Halle eine übertriebene Heizungswärme von der Decke, so dass man schon ohne Konzert ins Schwitzen kommt. Und zweitens: Der Sound in der großen Halle. Bei Coroner, Tiamat und Danko Jones war der Sound richtig gut, aber alle anderen Bands hatten das Problem, dass die Gitarren relativ matschig klangen und es grundsätzlich zu viel Hall gab. Am schwierigsten war es ausgerechnet bei den Headlinern, die zusätzlich übersteuert und zu laut klangen. Insbesondere bei Overkill war der Sound derart katastrophal, dass ich nach drei Songs mit fast schmerzendem Ohrensausen die Halle verlassen habe. (Felix Schallenkamp).


Mit dem Ausdruck der Freude auf ein nächstes RMM im nächsten Jahr geht an dieser Stelle wie gewöhnlich unser Dank raus an alle Beteiligten, jedoch diesmal nicht ohne den unschätzbaren Wert zu loben, was jeder helfenden Hand in diesen Zeiten zuteilwerden sollte. Darüber hinaus gehört in eigenem Hause ganz besonders der Bereitschaft Dank ausgesprochen, das Pensum von unserem erkrankten Schreibers Steph Bachmann zu übernehmen, wie auch der professionellen Arbeit unseres Fotografen, der trotz seiner familiären Hiobsbotschaft während des Fests sukzessive noch seinen Job bis zum Ende erledigte. Alles Gute Wolfgang, wir wünschen dir viel Kraft und treffen dich hoffentlich bald zurück in alter Stärke! (Joxe Schaefer im Namen der gesamten Redaktion).

Autor: Felix Schallenkamp, Martin Hil, Julia Saloustros, Jens Wäling, Peppi Stensen, Joxe Schaefer.

Pics: Wolfgang Haupt