SATAN, PORTRAIT, AFTER ALL

Essen, Turock, 26.10.2022


Gerade waren wir noch in Amstelveen und haben dort zwei hervorragende Auftritte von Satan und Portrait gesehen, finden wir uns heute im Turock ein und besuchen das Doppel auf ihrer laufenden Tour noch einmal. Weil geht nicht anders. Diesmal allerdings fungieren die Belgier von After All als Opener, die wir schon in vielen vergangenen Jahren immer wieder einmal gesehen haben, und jedes Mal im Supportslot. Wir erinnern uns da vor allem an das Konzert vor Agent Steel und Vicious Rumors in einem sehr kleinen Venue in Dortmund. Heuer hat der Fünfer augen- und ohrenscheinlich derbe zugelegt, mischt Speed, Thrash und groovigen Metal und hat obendrein mit „Eos“ noch eine neue Scheibe am Start. Außerdem dürfen sich alle Anwesenden an einem besonders lauten und aggressiven Mix erfreuen. Heuer wird eine Speedbombe wird nach der nächsten gezündet und viele große Gesten und sympathische Ansagen von Shouter Mike, der definitiv auch die Höhen kann, unterstreichen auch die Willensbereitschaft der Band, hier und heute etwas zu reißen. Das geschieht mit „Elegy For The Lost“ vom neuen Album technisch einwandfrei, aber ohne wirklich hohen Wiedererkennungswert. Gerade schon einen auffälligen Tieftöner gehört, besitzt der Marschierer „The Grand Illusion“ gleich noch so ein markanten Basslauf. After All prügeln immer wieder mal einen Abholzer rein, und ein paar Matten kreisen zu „Parasite Within“ vom 2012er „Dawn Of The Enforcer“ Album und zum neuen „Kindred Spirits“. Mit dem letzten Song „ bekommen wir noch einmal ordentlich vor den Koffer, doch schon nach siebenunddreißig Minuten muss Schluss sein und After All verabschieden sich zufrieden mit Dank an die Anwesenden. Wir haben einen ziemlich anständigen Eröffner gesehen und vielleicht klappt es für die Band in naher Zukunft mal, diesen Status in Richtung einer Stufe nach oben verlassen zu können. (Joxe Schaefer).


Nachdem After All aus Belgien mit ihrem thrashigem U.S. Metal der speedigen Bauart die knapp einhundert Gäste halbwegs warm gespielt haben, ist es nun Zeit für die Schweden von Portrait, die einfach ‘nur‘ Heavy Metal spielen und sind. Los geht’s mit “Beast Of Fire” und sofort merkt man, wie die Spielfreude mit gekonntem Gepose seitens Sänger Per Lengstedt und der gesamten Axtfraktion auf das Publikum überspringt und sich von Song zu Song steigert, was sich im aufflammenden Applaus niederschlägt. Doch Portrait lassen in erster Linie die Musik sprechen und die überzeugt, insbesondere mit den neuen Songs vom aktuellem Album “At One With None” in Form von “Phantom Fathomer” und “Curtains” auf ganzer Linie. Alle weiteren Alben werden zumindest mit einem Song bedacht. Das Finale läutet dann der Titeltrack des vorletzten Albums ein, bevor der Fünfer im Midtempo und gar nicht mal so hohen Screams, wie ihnen teils nachgesagt wird, den Sack nach fünfzig Minuten zumachen. Der Fünfer zeigt mit diesem Auftritt, dass sie neben RAM zu den führenden, mittlerweile auch schon nicht mehr ganz so jungen Bands aus Schweden und darüber hinaus gehören. Sollte die alte Garde der NWoBHM im nächsten Jahrzehnt endgültig abtreten, Portrait wären eine der Bands, die die Fahne des Metals auch weiterhin (zurecht) hochhalten. (Martin Hil).


Man muss keine hellseherischen Fähigkeiten besitzen, um zu erkennen, dass sich die altehrwürdigen NWoBHM Recken wieder einmal mehr von ihrer allerbesten Seite zeigen. Dies gilt nicht nur für ihre konstant starken Studioalben, sondern zeigt sich ganz besonders auch auf dem Livesektor. Leider wohnen heute zu wenige Freunde des guten Geschmacks diesem Spektakel bei, aber wenigstens ist man unter sich und kann die Bands gebührend abfeiern. Nach dem starken Auftritt der Schweden Portrait legen Satan noch ein paar Scheite mehr ins Feuer, als das stimmungsvolle Intro „Into The Fire“ pünktlich um 22:15 Uhr ertönt. Mit einen glasklaren Sound beginnt die musikalische Reise ins Jahr 1983 zur Zeiten des Bandklassikers „Court In The Act“. Es ist eine wahre Freude zu sehen, wie sich die beiden Gitarristen Russ Tippins und Steve Ramsey die Leads zuwerfen und gerade das Eröffnungsdoppel „Trial By Fire“/“Blades Of Steel“ bietet sich hierfür an. Generell ist die Spielfreude zu jeder Sekunde spürbar und man sieht eine bestens aufeinander eingespielte und in Würde gealterte (wenn überhaupt) Band. Dies gilt auch für Zeremonienmeister Brian Ross, der einmal mehr gut bei Stimme ist und durch seine sympathischen und manchmal belustigende Ansagen für eine ausgelassene Stimmung sorgt. Besonders hat es ihm die britische Science Fiction Serie „Doctor Who“ angetan, worauf er sich gerne bezieht, um den nächsten Song anzukündigen. Dies ist im diesem Falle das rasante „Doomsday Clock“ vom 2018er Album „Cruel Magic“. Schon hier wird klar wie gut sich die Songs der Neuzeit zu den Klassikern in die Setlist einfügen lassen. Wir betreten jetzt erneut die Tardis (eine Art Zeitmaschine aus Doctor Who) und reisen in die Gegenwart. Jetzt kommt mit dem Mercyful Fate-lastigen „Burning Portrait“ endlich auch ein Song vom aktuellen Album „Earth Infernal“ zum Zuge. Neben der gewohnt brillanten Gitarrenarbeit steuert Mr Tippins ebenfalls gekonnt Backing Vocals bei (…und die ersten Lead Vocals vom Opener „Trial By Fire“, weil Brian Ross sich genau wie beim letzten Mal hier im Turock mit dem längeren Weg zu seinem Mikrofonständer verschätzt, Anm. d. Red.).

Mit dem ‘Flotten Dreier‘ „Twenty Twenty Five“/“The Devil‘s Infantry“/“Into The Mouth Of Eternity“ verweilen wir noch ein wenig in der Neuzeit, bevor es mit dem Klassiker „Break Free“ wieder schlagartig in die seeligen Achtziger geht, und das Gitarrenduo mit ihrem perfekten Zusammenspiel angehende Gitarristen das Fürchten lehrt. Diese Gitarrenharmonien in der Mitte des Songs killen einfach alles. Spätestens hier brechen bei Mr Ramsey alle Dämme und zeigt einen völlig losgelösten Gitarristen, der immer mehr zum Aktivposten der Band wird. Selbstredend muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass auch die übrigen Musiker, bestehend aus Graeme English (Bass) und Sean Taylor (Drums) unabdingbar für den Gesamtsound der Band sind und ebenfalls vor Spielfreude glühen. Cool, dass Satan immer noch im Original Line-up von 1983 zusammen sind. Das macht die Briten umso sympathischer und bodenständiger, als so manchen anderen hochgelobten Künstler unserer geliebten Musik. Im Laufe des Konzertabends lassen sich Mr Tippens und Mr Ramsey es nicht nehmen die Gigs der Support Bands aufmerksam zu verfolgen und mehr als wohlwollend zu applaudieren. Sehr sympathisch. Doch zurück zum Konzert. Weiterhin energisch geht es mit dem zweiten neuen Song des Abends „From Second Sight“ und dem nicht minder genialen „Testimony“ vom 2013er Comeback Album „Life Sentence“ weiter, bevor der alte Gassenhauer „Alone In The Dock“ den regulären Teil des Sets beendet. Selbstverständlich kann das noch nicht alles gewesen sein. Die Band kommt unter frenetischem Applaus noch einmal auf die Bühne zurück und spielt mit „Ascendency“ ein weiteres Stück vom aktuellen Album. Übrigens ist es das erste Mal, dass dieser Song live gespielt wird. Danach ist dann leider schon Feierabend. Paulchen Panthers Motto „Heute ist nicht aller Tage, ich komme wieder – keine Frage!“ ist schon jetzt in Stein gemeißelt. (Michael Staude).

Autor: Joxe Schaefer, Martin Hil, Michael Staude
Pics: Joxe Schaefer