SATAN, ROSS THE BOSS, BULLET, PORTRAIT

Hamburg, Markthalle, 31.10.2018


Die laufende Tour von Ross The Boss, Bullet und Portrait bekommt hier in Hamburg fett Verstärkung. Dem eh schon starken Billing wurde noch ein Headliner draufgesetzt und man nannte das Ganze kurzerhand Heavy Hamburg Halloween. Das sorgt für Ausrufezeichen bei den Fans und so finden sich heute auch von weiter her angereiste Oldschoolbanger in der Markthalle ein. Ein weiteres kleines Highlight sollte den Abend eröffnen, nämlich die angekündigte Videopremiere des neuen Night Demon Clips “Black Widow”, welche auf eine kleine Leinwand hinterm Drumkit gebeamt wird. Selten wird ein Konzertabend so eröffnet und das Publikum spendet schmunzelnd Höflichkeitsapplaus, während danach die Leinwand entfernt wird. Als Opener wird von den meisten Portrait erwartet, doch die Setlist hinter den Monitorboxen führt Songtitel wie “We Are 13 8”, “Skulls” und “London Dungeon” auf. Das sind definitiv keine der Schweden, sondern von einer alten Punkband aus New Jersey. Das Rätsel wird alsbald gelöst, als Night Demon die Bühne entern und inklusive “Blood And Tears” von Danzig ein Misfits Set schmettern. Shouter und Satan Manager Jarvis geschminkt, Drummer Dusty blutverschmiert und der Typ da mit Armands Gitarre muss doch leibhaftig einer der Ami-Punks sein, haha. Die Spatzen pfiffen es schon vorher von den Dächern, dass Night Demon hier und heute einen Überraschungsgig planten. Was aber niemand wusste, war die Setlist des gerne Coverversionen zockenden Trios, die natürlich noch die beiden Dinger von Metallicas “Garage Inc.”-Album “Last Caress” und “Green Hell” beinhaltet und nach fast einer halben Stunde passend zum heutigen Kalendertag mit “Halloween” abgeschlossen wurde. Überraschung geglückt! Kaum zu glauben, dass man trotz straffen Zeitplanes und dem Überraschungsgig noch eine halbe Stunde später begonnen hat. Die folgenden Bands werden also ein paar Tracks streichen und die Umbaupausen fallen noch kürzer aus.


Nun soll es mit Heavy Metal Darkness wieder ernster werden. Die hohe Qualität ihrer Alben können die Schweden von Portrait, auf dem ersten Teil dieser Tour spielten Crystal Viper, eher bei Festivalauftritten auf die Bretter bringen, im Gegensatz zu Supportslots auf Tourneen. Als sie zu Beginn des Jahres mit Ram unterwegs waren, es trat damals noch mit Trial eine dritte Band aus Schweden auf, blieben sie hinter den Erwartungen zurück. Besonders dann, wenn man noch ihre Glanztaten vom Stormcrusher 2015 oder denen des Muskelrocks in Schweden vor Augen hat. Der Fünfer erwischt heute mit “Burn The World” und “The Nightcomers” einen Hammerstart und spätestens zum obergenialen “At The Ghost Gate” sollte jedem klar sein, wo hier der Hammer hängt. Shouter Per unterstreicht jede gesungene Zeile mit großen Gesten, während man von den Gitarristen und Fretless Basser Fredrik nur bangende Haare sieht. Mitsamt “Mine To Reap” sind das zweifellos Songs für die Ewigkeit, die unmöglich in voller Zahl in diesem Set gespielt werden können. Nur sind die großartigten “Darkness Forever”, der Jahrhundert-Song “Martyrs” oder einer ihrer epischen Albumabschließer wieder nicht dabei (wir geben die Hoffnung nicht auf). Dafür aber ein anständiges “Beast Of Fire” zum Finale. Die Fans applaudieren und trotz gekappter Spielzeit verbuchen wir diesen Gig des Fünfers auf der Plusseite. Daumen hoch!


Keine Ahnung, wie oft wir Bullet inzwischen schon live gesehen haben. Das hat viele Gründe, amtliche Qualität gehört vorneweg dazu. Als da „Speed And Attack” fett aus den Boxen knallt, super Soundconditions in der Markthalle, wird wieder mehr auf Partymodus geswitcht. Neubasser Gustav Hector hat sich längst eingefügt und offensichtlich hat der Fünfer mächtig Spaß inne Backen. Gitarrist Hampus begibt sich nur für Soli und Backings ganz nach vorn und ist damit öfter am Bühnenrand als Shouter Hell Hofer zu sehen, der mehr vorm Drumpodest agiert und immer wieder “…Hamburg!” in sein Mikro brüllt. Bullet sind live immer gut, doch heute zündet’s besonders, ertappe ich mich doch zum absoluten Mitgröler “From Dusk Till Dawn” schon mitten im Abfeiermodus. Jetzt kann das natürlich auch sein, weil ich vor einer Bassbox stehe. Jedenfalls zählt grad nur der Moment. Keine Ahnung, welche Songs da auf der Liste zu ihren Füßen mit dem Edding gestrichen wurden, aber “The Rebels Return” könnten sie echt mal wieder spielen. Auf ein episches Intro zu “Stay Wild” und auf eine ausgiebige Bandvorstellung wird jedenfalls nicht verzichtet, auch nicht auf die Ansage zum Midtempostampfer “Dust To Gold“ von Hampus. “Bite The Bullet” macht den Deckel drauf und trotz Rufen nach Zugabe muss Schluss sein. Gibt es etwas schöneres als mit seinen Kumpels in einer mit Metallern gefüllten Markthalle ne absolut coole Band abzufeiern? Party On Wayne …


Wer die alten Manowar mit ihren ersten sechs Alben mag, der steht auch auf Ross The Boss solo. Man muss sich das einfach antun, denn live hat der Klampfer mit seinen Mannen jüngst gut abgeräumt. Eine Auswahl des obergenialen Liedgutes bis “Kings Of Metal” ist purer Stoff der Achtziger, und der wird hier amtlich abgefeiert. “Blood Of The Kings”, “Death Tone” und mein Fave “Wheels Of Fire” eröffnen die Zeremonie, und dass der neue Shouter Marc Lopes in Sachen Volumen und letzter Durchschlagskraft kein neuer Eric Adams ist, war eh klar, aber er bringt aber ein Maximum an Action und singt bei den Manowar-Songs eh nie alleine. Als ich vom Bierholen wieder reinkomme, grölt grad alles “Sign Of The Hammer” mit und alle Arme sind oben. Auch stark bejubelt wird “Fistful Of Hate” vom aktuellen Ross The Boss Album “By Blood Sworn”, das sich nahtlos in des Sets Mitte einfügt. Cooler Schritt, einen der besten Metalbasser in die Band zu holen. Weil Mike LePond (u.a. Symphony X) hauptsächlich nur die Anschläge hämmern muss, wirkt er deutlich unterfordert, hat aber seinen Spaß an der Sache. Abgeschlossen wird furios mit “Fighting The World”, “Battle Hymns und “Hail And Kill”. So muss das. Morgen geht es nach Rheine, dort sollen sie wieder den finalen Slot füllen.


DIe ebenfalls grad auf Tour befindlichen Satan, mit dem aktuellen Hammeralbum “Cruel Magic” im Gepäck, dürfen hier in Hamburg als letztes ran. Die Erfolgstruppe im Line-up von 1983 liefert nur Hammerauftritte, und genau das erwarten wir heute Abend von dem Fünfer. Gemessen am Zuspruch des neuen Albums hängt ein zu kleines Backdrop mit dem Satan-Logo unter den Traversen, größer sind die Songs des Opening-Triples “Trial By Fire”, “Doomsday Clock“ und “2025”. Gitarrist Steve Ramsey bangt sich die Seele aus dem Leib und der bescheidene Gentleman Brian Ross, heute in einem weißen Beatles Shirt gekleidet und noch agiler unterwegs als sonst, zählt noch immer zu den besten Sängern im Genre, und hat es gar nicht nötig, andauernd sein komplettes Können unter Beweis zu stellen. Im Mittelpunkt soll Mister Spiralkabel Russ Tippins stehen, der heute seinen 55. Geburtstag feiert und mal ohne Spiegelbrille auftritt. Sein charismatisches Spiel prägt den Bandsound nach wie vor und er lässt es sich nicht nehmen, für einen halben Song die Gitarre hinter seinem Rücken zu spielen. “Into The Mouth Of Eternity“, “Devils Infantry”, “Break Free” und “Ophidian” titeln die nächsten Erfolgsformeln, die es rappeln lassen wie „Cruel Magic“ und “Testimony“. Einfach wieder mal ein großartiger Gig der sympathischen Briten, bei denen absolut alles stimmt. Daher haben wir keine Ahnung, warum gegen Ende die Halle nur noch halb voll ist. Vielleicht, weil in Hamburg heute Feiertag ist und man morgen wieder an die Schippe muss? Egal, an der Band, den Songs und dem Auftritt kann es keinesfalls gelegen haben. Die Verbliebenen schreien den Bandnamen als wäre die Halle voll und Brian schlägt vor, das mal in einem Supermarkt zu probieren. Wer bis zur letzten Zugabe „Alone In The Dock“ abgefeiert hat, der weiß die Satan-Qualität zu schätzen und wird in der nächsten Zeit definitiv etwas zu berichten haben.

Autor & Pics: Joxe Schaefer