SAVATAGE, INDUCTION
Oberhausen, Turbinenhalle, 14.06.2025
Gar keine Frage, ob wir heute das Konzert von Savatage besuchen. Auch wenn viele sagen, dass für sie Savatage ohne Jon Oliva kein Savatage wären, haben wir doch die sympathische „Dead Winter Dead“ Mannschaft am Start, die einen arschvoll Klassiker spielt. Schwierig, da einen musikalisch passenden Opener zu finden. Aber irgendwer muss den Job ja machen und sicher waren für uns Induction für den Kauf der Tickets nicht ausschlaggebend. Dem tschechisch/deutschen Fünfer wurde die gesamte Bühnenbreite zur Verfügung gestellt, sowie auch das volle Licht. Power Metal heißt nun das Spiel und Synthesizereinsätze untermalen auch beim Cover von Europe’s „The Final Countdown“, doch die Tasten kommen aus dem Back. Man sieht zwar schon die beiden Keyboards im Back für den Headliner aufgebaut, aber keinen Keyboarder. Der Aufwärmer spult einiges an einstudiertem Gepose ab, doch der Gitarrist rechts bleibt recht statisch. Der Mann heißt Tim, ist der Sohn eines gewissen Kai Hansen und es bleibt immer bei englischen Ansagen. Auch bei Sänger Gabriele Gozzi, der in der Stimmfarbe irgendwo zwischen Edguy-Tobias und Axxis-Bernhard einzuordnen ist. Die Menge in der vollen Sold-out Halle, in der es an diesem Sommertag sehr aufgeheizt wird, schaut die dreiundvierzig Minuten brav zu, aber es warten eh alle auf den Headliner.
Ich bin selten mit einer derartigen Skepsis auf ein Konzert einer zurückkehrendern Legende gefahren wie an diesem Samstag. Einerseits sind Savatage nicht irgendeine Band, sondern eine meiner Lieblingsbands. Andererseits habe ich zu viele halbgare solcher Reunionen gesehen und auch die YouTube Videos der Südamerika Gigs im April konnten mich im Vorfeld nicht wirklich überzeugen. Was das Septett (weshalb zwei Keyboarder?) dann aber auf die Bühne zaubert, ist magisch und allererste Sahne! Dass die Instrumentenfraktion liefern wird, steht zu keiner Zeit zur Diskussion. Aber kann Sänger Zak Stevens an seine Glanzzeiten in den 90ern anknüpfen? Spätestens nach dem dritten Song „Jesus Saves“ ist die Antwort klar. Ja, er kann … und wie! Wenn seine Stimme mal leicht ins Wackeln gerät in den knapp zwei Stunden, dann eher bei den tieferen Passagen, die hohen Schreie passen punktgenau. Beim anschließenden „Sirens“ kocht die ausverkaufte Turbinenhalle! Bis zur letzten Reihe sind die Hände oben und es wird lauthals mitgesungen. Gänsehautatmosphäre pur. Die Band ist demütig und von den positiven Publikumsreaktionen sichtlich überwältigt. Welche Band kann nach 23 jähriger Tourabwesenheit derart glorreich zurückkehren? Bei „This Is The Time“ kämpfe ich mit den Tränen, verbindet mich dieses Stück mit ganz speziellen Erinnerungen, welche nun wieder hochkommen.
Das anschließende „Strange Wings“ haut mir wieder Tränen aus den Augen. Neben Chris Caffery hatten Savatage nach dem Tod von Criss Oliva immer wieder exzellente Klampfer mit auf der Bühne. Alex Skolnick, Jack Frost oder auf der 2002er Sommer-Tour gar Annihilator Mastermind Jeff Waters. Keiner dieser ausgezeichneten Gitarristen kann diese melodiösen Parts aber besser ausfüllen als Al Pitrelli. Diese Tatsache wird mir vor allem bei „Temptation Revelation / Mozart And Madness“ wieder bewusst. Deshalb passt Al auch deutlich besser zu Savatage als zu Megadeth. Lobenswert, dass Savatage nicht einfach jeden Abend ihren Stiefel runterspielen, sondern sich in der Setlist von Abend zu Abend Flexibilität gönnen. Währenddem die Klassiker grundsätzlich wenig angetastet werden, wechselt man gerne mal die Songs von „Handful Of Rain“ oder „Wake Of Magellan“ aus. Bei „Edge Of Thorns“ ist das Publikum derart laut, dass ich befürchte, dass das Hallendach einstürzt. Das anschließende „Believe“ wird von Jon Oliva via Videoeinspielung eingeläutet, wobei der Rest der Band dann zur zweiten Strophe einsteigt. Als zum Gitarrensolo auch noch Bilder von Criss eingeblendet werden, habe nicht nur ich nahe am Wasser gebaut. Ich habe selten derart viele stattlich gebaute Männer hemmungslos weinen sehen. Nach „Taunting Cobras“ beschließt eine fulminante Version von „The Hall Of The Mountain King“ den offiziellen Set. Nach kurzer Pause und unter lauten Zugabebekundungen hämmert die Band eine grandiose Version von „Power Of The Night“ ins Publikum. Raising the Fist of the Metal Child! Eine triumphale Rückkehr, die Appetit auf mehr macht. Einem neuen Album stehe ich zwar noch etwas skeptisch gegenüber, aber in dieser Verfassung dürfen uns Savatage aber jederzeit wieder beehren. Die Musikalität dieser Truppe ist einfach unglaublich. Aufgrund des tollen Auftrittes beschließe ich, mir noch ein Ticket für die Show in Zürich am kommenden Mittwoch zu gönnen. Madness Reigns! (Steph Bachmann)
Setlist: Intro; Welcome, Jesus Saves; Sirens; Another Way; The Wake Of Magellan; This Is The Time (1990); Strange Wings; The Storm; Morning Sun; Handful Of Rain; Chance; Starlight / I Am; Temptation Revelation / Mozart And Madness; Dead Winter Dead; The Hourglass; Gutter Ballet; Edge Of Thorns; Believe; Taunting Cobras; Hall Of The Mountain King; Power Of The Night.
Autoren: Steph Bachmann, Joxe Schaefer
Pics: Joxe Schaefer