SODOM – genesis XIX

Bei den Ruhrpott-Thrashern Sodom ging es in jüngster Zeit ganz schön turbulent zu, was das Besetzungskarussell angeht. Tom Angelripper hat seit dem letzten Longplayer “Decision Day” die komplette Mannschaft ausgetauscht, was ich an dieser Stelle aber nicht weiter erörtern oder gar beurteilen möchte. Erwähnenswert ist hierbei in erster Linie, dass Sodom erstmals als Quartett, also mit zwei Gitarristen, an den Start gehen, und dass einer dieser Gitarristen Rückkehrer Frank Blackfire ist, der bereits zum Line-up auf den wohl immer noch größten Band-Klassikern “Persecution Mania” und “Agent Orange” gehörte. Gravierende musikalische Veränderungen hat das alles erwartungsgemäß trotzdem nicht verursacht. Wo Sodom drauf steht, ist auch Sodom drin, und das ist auch völlig okay so.

Man kann aber schon sagen, dass die Chose im Ganzen etwas old-schooliger und räudiger ausgefallen ist als zuletzt. Begünstigt durch die Doppelbesetzung an der Klampfe sind zudem vermehrt Gitarrensoli zu hören, und es gibt zahlreiche coole Drumfills, die ja schon auf vielen alten Genreklassikern ein beliebtes Stilmittel waren. Zum Einstieg servieren Angelripper & Co. uns direkt einen Brückenschlag in Richtung der 80er-Jahre. Das Instrumental „Blind Superstition“ ist eine Neueinspielung des Intros, das Sodom bereits 1988 auf ihrem ersten Live-Album „Mortal Way Of Life“ verwendet haben, bevor es auf diesem mit dem „Persecution Mania“ Titelsong los geht. Auf jeden Fall ein originelles Gimmick! Das erste volle Stück „Sodom & Gomorrah“ ist seit geraumer Zeit über Youtube bekannt. Geiler, treibender Song mit einem sehr eingängigen Mitgröl-Refrain. Ein gelungener Einstieg! Das folgende „Euthanasia“ lässt mich (wie bereits beim Intro) abermals schmunzeln, hat der Song doch einige mehr als deutliche Parallelen zu „Agent Orange“. Den starken Titelsong kennen wir bereits von der EP „Out Of The Frontline Trench“ aus dem letzten Jahr. Danach wird es Zeit für den fast schon obligatorischen, deutschsprachigen Titel. Dieser war bisher oft für den humorvollen Teil eines Sodom-Albums zuständig, was man in diesem Fall aber nicht behaupten kann. „Nicht Mehr Mein Land“ beginnt mit einem extremen Blastbeat-Part, um dann in fieses, sehr schleppendes Riffing überzugehen, und ist durch und durch angepisst. Nach dem flotten „Glock ‘n’ Roll“ kommt der längste und für mich auch einer der stärksten Tracks, „The Harpooneer“. Toms Bass tönt unheilvoll, bis der Song von einem doomigen Riff eingeleitet wird und im späteren Verlauf sogar eine leicht an Bolt Thrower erinnernde Melodie enthält. „Dehumanized“ ist wieder ein ziemlicher Abgeh-Song, gefolgt von „Occult Perpetrator“, das mich in Sachen Tempo und Riffing ein wenig an „Remember The Fallen“ erinnert. „Waldo & Pigpen“ bietet wieder schön räudigen Old School Thrash, und wird gefolgt von dem kurzen, sehr punkigen „Indoctrination“. Zum Abschluss des Albums wird mit dem rabiaten „Friendly Fire“ das Gaspedal noch mal bis zum Bodenblech durchgetreten. Der Song wird mit Sicherheit live sehr gut funktionieren, und ich sehe vor meinem geistigen Auge, wie im Moschpit die Fetzen fliegen.

Starker Abschluss eines starken Albums, das zwar nicht an die alten Klassiker heranreicht, aber trotzdem in der Gesamtwertung qualitativ im oberen Bereich der bandeigenen Discographie anzusiedeln ist. Ein kleiner Kritikpunkt ist noch bezüglich der Produktion anzumerken. Ich finde den Snare-Sound, speziell bei den schnellen Passagen, ein wenig zu sehr in den Vordergrund gemischt und zudem irgendwie etwas pappig. Das schmälert den Gesamteindruck von „Genesis XIX“ aber nur marginal. Die Zielgruppe wird hier nicht enttäuscht und kann bedenkenlos zugreifen!

Wertung: 8,5/10
Autor: Felix Schallenkamp